Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Mit der Darmflora Infektionen bekämpfen
Ein internationales Forschungsteam um David Berry vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften der Universität Wien untersuchte, ob mit Hilfe der natürlichen Darmflora eine Magen-Darm-Infektion (Clostridioides difficile) nach Antiobiotika-Behandlungen verhindert werden kann.
- Erste Erfolge erzielten die Mikrobiolog*innen mit Darmbakterien, die Zucker aus der Darmschleimhaut als Energiequelle nutzen.
Diese Bakterien verlangsamen das Wachstum von C. difficile und können so eine Infektion abschwächen.
Die Ergebnisse erscheinen aktuell im Fachmagazin "Nature Communications".
- Nach Antibiotika-Behandlungen kommt es häufig zu Magen-Darm-Infektionen, da die natürliche Darmflora, die intakt auch Schutz vor Krankheitserregern bietet, gestört ist.
Eine mögliche Strategie, um diese Infektionen zu verhindern, ist die Verabreichung von nützlichen Darmmikroben als Probiotikum.
Hier bedarf es jedoch
gezielter Forschung, um die zu Grunde liegenden Mechanismen zu
verstehen. Nur dadurch ist es möglich, auf die Infektion abgestimmte
Probiotika zu entwickeln.
Eine gesunde Darmflora schützt vor Infektionen
Der menschliche Körper ist dicht mit Mikroben besiedelt, von denen die
Mehrheit im Magen-Darm-Trakt lebt und dort die Darmflora bildet. Diese
spielt eine wichtige Rolle für unsere Gesundheit. Die nützlichen
Mikroorganismen, die man typischerweise in einem gesunden Darm
vorfindet, genannt "kommensale" Mikroorganismen, können uns unter
anderem vor Infektionen durch schädliche Mikroben, also
Krankheitserreger, schützen. Da eine gesunde Darmflora direkt mit
Krankheitserregern um die Energieressourcen im Darm konkurriert, kann
sie ein Anwachsen der schädlichen Mikroben verhindern.
Infektionen mit Clostridioides difficile nach Antibiotika-Behandlungen
Manche Medikamente, wie etwa Antibiotika oder Immunsuppressiva, können
als Nebenwirkung jedoch auch kommensale Mikroben stören oder sogar
abtöten. In diesem Fall kann es dann zu einer starken Vermehrung von
Krankheitserregern kommen – Infektionen oder Krankheiten sind die Folge.
In Industrieländern ist das Bakterium Clostridioides difficile der
Hauptauslöser von Magen-Darm-Infektionen nach Antibiotika-Behandlungen.
Forscher*innen suchen daher nach kommensalen Mikroorganismen, die ein
Anwachsen von C. difficile im Darm von vornherein verhindern.
Direkte Konkurrenten von C. difficile als Schlüssel
Um zu verstehen, welche kommensalen Darmmikroben hier eine
Schlüsselrolle spielen, hat ein Team bestehend aus Forscher*innen des
Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften sowie der
Fakultät für Chemie an der Universität Wien, der ETH Zürich und des
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ unter der Leitung von David
Berry kommensale Mikroben identifiziert, die sich von denselben Zuckern
in der Darmschleimhaut ernähren, die auch C. difficile als Energiequelle
dienen.
Zur Bestimmung der Mikroorganismen verwendeten die Forscher*innen
schweres Wasser, das von den Mikroben gemeinsam mit den untersuchten
Zuckern aufgenommen wird. Auf diese Weise markierte Organismen wurden
dann mit Hilfe sogenannter Raman-Mikrospektroskopie in Verbindung mit
Zellsortierung durch Optofluidik und mit Hilfe hochauflösender
Massenspektrometrie aussortiert und untersucht. Das Forschungsteam
konnte durch diese Methodik 51 unterschiedliche kommensale
Mikroorganismen identifizieren, die dieselben Zucker der Darmschleimhaut
verarbeiten wie Clostridioides difficile.
Mix aus kommensalen Mikroorganismen kann Infektion durch C. difficile abschwächen
Anschließend untersuchten die Forscher*innen mit Hilfe von Tests an
Mäusen, ob ein Mix aus 5 dieser identifizierten kommensalen
Mikroorganismen eine Infektion durch C. difficile verhindern kann. Wie
sich heraus stellte, konnte die Zugabe der identifizierten Mikroben eine
Infektion mit C. difficile nicht vollkommen verhindern, wohl aber
abschwächen. "C. difficile kann Energie wohl auch aus alternativen
Quellen gewinnen und sich so im Darm etablieren. Der Schlüssel, um eine
Infektion endgültig zu verhindern, liegt potentiell in einer komplexeren
Mischung aus kommensalen Darmmikroben. Eine Mischung, die zusätzliche
Organismen enthält, die mit C. difficile dann auch um diese alternativen
Energiequellen konkurrieren. Es bedarf weiterer Forschung, um dies zu
klären", so Erstautorin Fatima Pereira vom Zentrum für Mikrobiologie und
Umweltsystemwissenschaften.
Publikation in "Nature Communications":
Pereira et al., Rational design of a microbial consortium of mucosal
sugar utilizers reduces Clostridiodes difficile colonization;
DOI: 10.1038/s41467-020-18928-1
Assoz.-Prof. David Berry
Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung
Universität Wien
1090 - Wien, Althanstraße 14
+43-1-4277-766 12
david.berry@univie.ac.at
Alexandra Frey Universität Wien
Universitätsring 1
1010 Wien
Österreich
Wien
Universität Wien, Forschung und Lehre
Telefon: 0043 / 1 / 4277 - 175 33
Fax: 0043 / 1 / 4277 - 9175
E-Mail-Adresse: alexandra.frey@univie.ac.at
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