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MS-Multipler Sklerose: B-Zellen + T-Zellen

Medizin am Abend Berlin Fazit: B-Zellen sind mitverantwortlich für Hirnschäden bei MS

Ein Forscherteam von UZH und USZ weist nach, dass bei Multipler Sklerose nicht allein bestimmte T-Zellen zu den Entzündungen und Schädigungen im Gehirn führen. 

Mitverantwortlich ist auch ein anderer Typ von Abwehrzellen: B-Zellen. 

Diese aktivieren im Blut die T-Zellen. 

Die Entdeckung erklärt, wie neue MS-Medikamente wirken und eröffnet neue Therapieoptionen. 
 Bei der Multiplen Sklerose greift das Immunsystem die Myelinhülle der Nervenfasern an (weiss).
 Bei der Multiplen Sklerose greift das Immunsystem die Myelinhülle der Nervenfasern an (weiss). Ralwel/iStockphoto
 
  • Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems. 
  • Körpereigene Abwehrzellen greifen die Isolationsschicht der Nervenfasern in Gehirn und Rückenmark an und schädigen sie. 

Dadurch wird die Signalübertragung zwischen den Nerven gestört. Die Krankheit, die weltweit rund 2,5 Millionen Menschen betrifft, bricht meist bei jungen Erwachsenen aus. Frauen sind besonders häufig betroffen.

  • MS kann zu schwerwiegenden neurologischen Behinderungen wie Gefühlsstörungen, Schmerzen und Lähmungserscheinungen führen.

B-Zellen aktivieren T-Zellen

Ein Team der Universität Zürich (UZH), des Universitätsspitals Zürich (USZ) und des schwedischen Karolinska Instituts unter der Leitung von Neurologe Roland Martin und Immunologin Mireia Sospedra hat nun einen entscheidenden Aspekt in der Entstehung und Entwicklung von MS entschlüsselt. «Wir konnten erstmals zeigen, dass bestimmte B-Zellen – die antikörperproduzierenden Zellen des Immunsystems – jene T-Zellen aktivieren, die die Entzündung im Gehirn und die Schädigung der Nervenzellen auslösen», sagt Roland Martin, Leiter des Klinischen Forschungsschwerpunkts Multiple Sklerose der UZH.

Neue MS-Medikamente greifen B-Zellen an


Bis vor Kurzem konzentrierte sich die MS-Forschung vor allem auf die T-Zellen, die sogenannten T-Helfer-Lymphozyten. Sie sind die Wächter der Immunabwehr, die beispielsweise bei Infektionen mit Viren oder Bakterien Alarm schlagen.

Bei etwa jeder tausendsten Person gerät die Fähigkeit der zellulären Aufpasser, zwischen körpereigenen und fremden Strukturen zu unterscheiden, durcheinander.

Resultat ist, dass die fehlgeleiteten T-Zellen das eigene Nervengewebe attackieren – der Beginn von MS.

Allerdings sind die T-Zellen nicht allein verantwortlich.

«Auf die Spur, dass auch die B-Zellen eine wichtige Rolle in der Pathogenese spielen, führte uns eine Klasse von MS-Medikamenten namens Rituximab und Ocrelizumab», erläutert Roland Martin. 

Diese beseitigen die B-Zellen, was die Hirnentzündung und die Krankheitsschübe der Patienten sehr wirksam hemmt.

Rolle der B-Zellen als «Mittäter» entlarvt


Die konkrete Rolle der B-Zellen ermittelten die Forschenden mit Hilfe eines experimentellen In-vitro-Systems, mit dem Blutproben untersucht werden können. Im Blut von MS-Betroffenen zeigte sich eine erhöhte Aktivierung und Zellteilung jener T-Zellen, die sich gegen die körpereigenen Nervenfaserhüllen richten. Auslöser waren B-Zellen, die mit den T-Zellen interagieren.

Wurden die B-Zellen eliminiert, hemmte dies sehr wirksam die T-Zellvermehrung. 

«Damit», so Martin, «ist es uns gelungen, den bisher noch unklaren Wirkmechanismus dieser MS-Medikamente zu entschlüsseln.»

  • Aktivierte T-Zellen wandern ins Gehirn

  • Das Team entdeckte zudem, dass sich unter den aktivierten T-Zellen im Blut insbesondere solche befinden, die bei Krankheitsschüben von MS-Patienten auch im Gehirn auftreten. 
  • Vermutlich sind sie für die Entzündungsherde verantwortlich. 

Weitere Untersuchungen zeigten, dass diese T-Zellen Strukturen eines Proteins erkennen, das sowohl von den B-Zellen wie auch von Nervenzellen im Gehirn produziert wird.

Nach der Aktivierung im peripheren Blut wandern die T-Zellen ins Gehirn ein, wo sie das Nervengewebe zerstören.

«Unsere Resultate erklären nicht nur, wie die neuen MS-Medikamente wirken, sondern bahnen auch den Weg für neue Ansätze in der MS-Grundlagenforschung und -therapie», folgert Roland Martin.

Finanzierung
Das Forschungsprojekt wurde massgeblich vom «ERC Advanced Grant» des Europäischen Forschungsrates unterstützt. Weitere Mittel stammen vom Klinischen Forschungsschwerpunkt Multiple Sklerose der UZH, der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft, dem Schweizerischen Nationalfonds sowie mehreren schwedischen Förderinstrumenten.

B-Zellen sind mitverantwortlich für Hirnschäden bei MS


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Prof. Dr. med. Roland Martin
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Schweiz
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Kurt Bodenmüller
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Originalpublikation:
Ivan Jelcic, Faiez Al Nimer, Jian Wang, Verena Lentsch, Raquel Planas, Ilijas Jelcic, Aleksandar Madjovski, Sabrina Ruhrmann, Wolfgang Faigle, Katrin Frauenknecht, Clemencia Pinilla, Radleigh Santos, Christian Hammer, Yaneth Ortiz, Lennart Opitz, Hans Grönlund, Gerhard Rogler, Onur Boyman, Richard Reynolds, Andreas Lutterotti, Mohsen Khademi, Tomas Olsson, Fredrik Piehl, Mireia Sospedra, and Roland Martin. Memory B Cells Activate Brain-Homing, Autoreactive CD4+ T Cells in Multiple Sclerosis. Cell. August 30, 2018. DOI: 10.1016/j.cell.2018.08.011


The Big Five Project: Vorbereitung auf: TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT

Medizin am Abend Berlin Fazit: Die psychologische Deutschlandkarte

Wissenschaftler der Uni Jena erforschen regionale Persönlichkeitsmerkmale und Migrationsmuster 
 
Der Norddeutsche gilt als unterkühlt, der Süddeutsche eher als gemütlich – Großstädter sind weltoffen, Landbewohner dagegen reserviert.

Es gibt nicht wenige Vorurteile gegenüber den Bewohnern einzelner Regionen in Deutschland, zum Beispiel auch im Ost-West-Vergleich. 

Doch wie viel Wahrheit steckt in solchen Zuschreibungen wirklich und wie kommt es zu regionalen Persönlichkeitsunterschieden? Wirtschaftswissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben nun gemeinsam mit Psychologen aus Australien, Großbritannien und den USA eine Antwort auf diese Fragen gefunden: Viele der zugeschriebenen Stereotypen treffen zu.

Die Ergebnisse ihrer Studie werden die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Psychologische Rundschau“ vorstellen. 



Studienautor Studienautor Prof. Dr. Michael Fritsch von der Uni Jena. Er hat die Deutschlandkarten gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland, Australien, Großbritannien und den USA erstellt.

Studienautor Studienautor Prof. Dr. Michael Fritsch von der Uni Jena. Er hat die Deutschlandkarten gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland, Australien, Großbritannien und den USA erstellt. Foto: Jan-Peter Kasper/FSU

  • Kulturelle Unterschiede von Regionen

Für ihre „psychologischen Landkarten“ haben die Wissenschaftler die Ausprägungen fünf verschiedener Persönlichkeitsmerkmale betrachtet.

Sie analysierten Daten von über 73.000 Personen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren, die an einer Online-Persönlichkeitsstudie im Rahmen des internationalen „The Big Five Project“ teilgenommen haben http://de.outofservice.com/bigfive/

 „Die Forschung zu kulturellen Unterschieden von Regionen hat dank solcher großen Datensätze in den vergangenen Jahren wichtige Fortschritte gemacht, so dass wir nun zum ersten Mal psychologische Landkarten für Deutschland erstellen und auswerten können“, sagt Prof. Dr. Michael Fritsch, der gemeinsam mit seinem Kollegen PD Dr. Michael Wyrwich an der Universität Jena zu dem Thema forscht. „Im Fokus unserer Arbeit standen dabei die sogenannten Big Five. Dabei handelt es sich um fünf Persönlichkeitsmerkmale, die ab dem Erwachsenenalter relativ konstant bleiben und mit denen sich die Persönlichkeitsstruktur eines erwachsenen Menschen umfassend beschreiben lässt“, erläutert Prof. Dr. Martin Obschonka von der Queensland University of Technology.

Diese fünf Persönlichkeitsmerkmale sind:


  • Extraversion, also eine nach außen gewandte, 
  • aktive und gesellige Haltung, 
  • Verträglichkeit im Sinne von Kooperationsbereitschaft und Altruismus, 
  • Gewissenhaftigkeit, d. h. eine organisierte, sorgfältig planende und zuverlässige Haltung, 
  • Offenheit für neue Erfahrungen, die durch rege Fantasie, 
  • Wissbegierde und eine Vorliebe für Abwechslung gekennzeichnet ist sowie 
  • Neurotizismus (geringe emotionale Stabilität), 
  • also einer Tendenz zu Angst, Nervosität und Unsicherheit.

Verträgliche Bayern, gewissenhafte Mecklenburger

Betrachtet man nun die Ausprägungen der Eigenschaften auf der Landkarte, so ergeben sich – trotz großer Vielfalt – einige charakteristische Profile, die gängige Vorurteile teilweise bestätigen. So kann man etwa herauslesen, dass Süddeutsche und die Bewohner großer Städte, wie Berlin, Hamburg oder München, stärker nach außen gewandt sind als etwa die Menschen an der Küste.

  • Ein ähnliches Gefälle zeigt sich auch zwischen Ost- und Westdeutschland, was das Bild vom introvertierten Ostdeutschen und dem eher extrovertierten Westdeutschen bestätigt. 
  • Die Verträglichkeit ist in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise weniger ausgeprägt als im südlichen Bayern, im Südwesten Deutschlands rund um Freiburg sowie auch im westlichen Sachsen-Anhalt. 
  • Im Gegensatz dazu erreichen die Bewohner der Mecklenburger Seenplatte beispielsweise höhere Werte bei der Gewissenhaftigkeit – anders als beispielsweise die Region rund um die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart. 
Auch sind Menschen in Südwestdeutschland im Durchschnitt emotional stabiler als in Südthüringen oder in der Gegend um Bremerhaven.

„In der Regionalverteilung von Neurotizismus in Deutschland sind wir auf eine Zweiteilung Deutschlands gestoßen, die überraschend klar der historischen Limes-Linie entspricht – mit niedrigeren Werten südlich des Limes. 

Dort weisen die Menschen also eine emotional stabilere Persönlichkeit auf, was mit Wohlbefinden und psychologischer Resilienz in Verbindung steht“, erläutert Fritsch.

Und generell gilt auch: Landbewohner weisen ein geringeres Maß an Offenheit für neue Erfahrungen auf als Städter. Als besonders offen haben sich die Menschen in Berlin und in den Metropolregionen um Hamburg, Köln, aber auch Leipzig und Dresden herausgestellt.

Ost-West-Unterschiede und Migrationsmuster



Psychologische Deutschlandkarte zum Merkmal Gewissenhaftigkeit (rote Werte: hoch, blaue Werte: niedrig).
Psychologische Deutschlandkarte zum Merkmal Gewissenhaftigkeit (rote Werte: hoch, blaue Werte: niedrig). Obschonka, Wyrwich, Fritsch, Gosling, Rentfrow, Potter


Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland fallen relativ gering aus.

  • Dennoch zeigt sich, dass die Ostdeutschen im Schnitt etwas weniger extrovertiert, weniger emotional stabil und weniger offen für neue Erfahrungen sind als Westdeutsche.

Die Wissenschaftler haben auch Migrationsbewegungen genauer unter die Lupe genommen.

„Die Studie zeigt, dass Menschen, die auf dem Land geboren sind und in die Stadt gezogen sind, deutlich höhere Werte im Bereich Offenheit aufweisen, als die Menschen, die auf dem Land bleiben“, sagt Michael Wyrwich.

„Bei Personen, die den umgekehrten Weg von der Stadt aufs Land gehen, sind Extraversion, Offenheit und Verträglichkeit stärker ausgeprägt, und sie sind stärker belastbar.“

Auch sind Ostdeutsche, die nach Westdeutschland ziehen, offener, emotional stabiler, gewissenhafter und extrovertierter als Ostdeutsche, die in ihrer Heimat bleiben.

Warum sich diese Eigenschaften abhängig von der Region unterschiedlich ausprägen, lässt sich durch die Studie nicht beantworten.

„Möglicherweise können wir zwar beispielsweise einen Zusammenhang zwischen einer niedrigeren Belastbarkeit und wirtschaftlich schwächeren Regionen herstellen, allerdings ist damit nicht klar, was zuerst da war“, sagt Fritsch.

„Trotzdem lassen sich aus den Ergebnissen durchaus ökonomisch relevante Informationen ableiten.

Wenn wir uns beispielsweise die vorherrschenden Persönlichkeitseigenschaften in einer Region mit besonders hohen Gründerzahlen anschauen, dann lernen wir beispielsweise etwas über besonders unternehmerisch geprägte Persönlichkeitsstrukturen.“

Solche und andere Analysen wollen die Jenaer Forscher nun auf Basis ihrer „psychologischen Deutschlandkarte“ weiter vorantreiben.

Die psychologische Deutschlandkarte


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07737 Jena
Deutschland
Thüringen 

Sebastian Hollstein Friedrich-Schiller-Universität Jena


Originalpublikation:
Martin Obschonka, Michael Wyrwich, Michael Fritsch, Samuel D. Gosling, P. Jason Rentfrow, Jeff Potter: Von unterkühlten Norddeutschen, gemütlichen Süddeutschen und aufgeschlossenen Großstädtern: Regionale Persönlichkeitsunterschiede in Deutschland, Psychologische Rundschau, 2018

Botenstoff Vitamin D-Mangel,

Medizin am Abend Berlin Fazit: Klares Votum für Vitamin D

Eine systematische Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D empfiehlt Prof. Dr. Armin Zittermann, Forschungsleiter am HDZ NRW, gemeinsam mit anderen internationalen Forschern. 
 
„Vitamin D ist ein ganz besonderer Botenstoff“, sagt Prof. Dr. Armin Zittermann, Leiter der Studienzentrale der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen.

  • „Das Vitamin ist die direkte Vorstufe zu einem wichtigen Hormon, das viele Prozesse in unserem Körper steuert.“ 
  • Ein Vitamin-D-Mangel zeigt sich daher nicht allein an der Knochengesundheit, sondern hat Auswirkungen auf Organfunktion, Immunsystem, Muskeln und Sterblichkeit.

Professor Zittermann ist als ausgewiesener Experte zur Vitamin-D-Forschung international bekannt und hat gemeinsam mit seinem Kollegen Stefan Pilz von der Universität Graz in Österreich und vielen anderen weltweit führenden Vitamin D-Forschern eine Handlungsempfehlung zu Vitamin D publiziert.

Dabei ging es vor allem um die Frage, ob eine systematische Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D ratsam ist, um entsprechende Mangelerscheinungen in der Bevölkerung zu vermeiden und langfristig Kosten für das Gesundheitswesen zu sparen.

Nun ist bekannt, dass über die UV-Strahlung Vitamin D im Körper angereichert wird.


„Bei den meisten Menschen wird zwar im Sommer ein kleines Depot angelegt, doch das reicht bei vielen nicht aus“, sagen Zittermann und Pilz.  

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass 13 Prozent der Bevölkerung einen deutlichen Vitamin-D-Mangel haben.

  • Die Wissenschaftler empfehlen daher, den Bedarf im Winter über Nahrungsergänzungsmittel in Höhe von täglich 800 bis 1000 internationalen Einheiten zu decken. 

Das wäre nicht notwendig, wenn man dem Beispiel der Länder wie Finnland oder den USA folgen würde.

Hier ist man bereits vor einigen Jahren dazu übergegangen, systematisch Milchprodukte mit Vitamin D anzureichern.

 „Heute gibt es in der finnischen Bevölkerung nahezu niemanden mehr, der unter Vitamin-D-Mangel leidet.“

Die Empfehlungen der Forscher lauten hier vor allem für Deutschland und Österreich, sich diesem Vorgehen anzuschließen. 

Letztendlich ist das auch eine Aufforderung zu politischer Initiative, die Zittermann so erläutert:

„Unsere Publikation und die darin enthaltenen Empfehlungen sollen richtungweisend sein, um notwendige und geeignete Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

Das ist in anderen Ländern längst sicher und mit guter Akzeptanz etabliert.“

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Das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, ist ein international anerkanntes Zentrum zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und Diabeteserkrankungen. Mit 36.500 Patienten pro Jahr, davon 14.600 in stationärer Behandlung, ist das HDZ NRW ein führendes Spezialklinikum in Europa. Unter einem Dach arbeiten vier Universitätskliniken und Institute seit mehr als 30 Jahren interdisziplinär zusammen. Das HDZ NRW ist Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum.

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Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen
Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum
Anna Reiss
Georgstr. 11
32545 Bad Oeynhausen
Tel. 05731 97-1955
Fax 05731 97-2028
E-Mail: info@hdz-nrw.de

Prof. Dr. oec.troph. Armin Zittermann
Wissenschaftl. Leitung
Zentrum für Informationsmanagement
Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie
Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen
azittermann@hdz-nrw.de

Originalpublikation:
Rationale and Plan for Vitamin D Food Fortification: A Review and Guidance Paper. In: Frontiers in Endocrinology, July 2018, Volume 9, Article 373.)

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
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GenderMedizin in der Rettungsstelle: Mikroglia: Männliche und Weibliche Immunzellen

Medizin am Abend Berlin Fazit: Kleine Draufgänger im Gehirn

Mikroglia, die Immunzellen des Nervensystems, unterscheiden sich bei männlichen und weiblichen Mäusen. 

Auf welche Besonderheiten sie jeweils gestoßen sind, berichten Forscherinnen und Forscher des MDC in „Cell Reports“. Ihre Erkenntnisse könnten die Therapien neurologischer Erkrankungen verändern. 
 Die Mikroglia (pink) dient dem Gehirn auch als eine Art Müllabfuhr: Kleine, mit Proteinen ummantelte Latexkügelchen (türkis) werden von den Immunzellen des Gehirns rasch aufgenommen und verdaut.
 Die Mikroglia (pink) dient dem Gehirn auch als eine Art Müllabfuhr: Kleine, mit Proteinen ummantelte Latexkügelchen (türkis) werden von den Immunzellen des Gehirns rasch aufgenommen und verdaut. Bild: Susanne Wolf, MDC
 
  • Wie eine winzige Armee überwacht die Mikroglia rund um die Uhr den Gesundheitszustand des Gehirns. 
  • Wittern die Zellen mit ihren beweglichen Fortsätzen Krankheitserreger oder eine Verletzung, begeben sie sich sofort zum Katastrophenherd – und versuchen dort zu retten, was noch zu retten ist.

Das allerdings tun sie je nach Geschlecht ihres Besitzers auf sehr eigene Art und Weise.

„Wir waren wirklich überrascht, wie viele Unterschiede wir zwischen der Mikroglia weiblicher und männlicher Mäuse gefunden haben“, sagt eine der beiden Seniorautoren der im Fachblatt „Cell Reports“ veröffentlichten Studie, Dr. Susanne Wolf von der Arbeitsgruppe Zelluläre Neurowissenschaften am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin.

Männliche Zellen sind allzeit bereit zum Handeln

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Berliner Charité sowie einer Forschungsgruppe aus Warschau hat Wolf anhand von Hirnschnitten und isolierten Zellen die Struktur und Funktion der Mikroglia untersucht.

„Dabei stellte sich heraus, dass es in den Gehirnen männlicher Mäuse mehr Mikroglia gibt“, sagt Wolf. Gleichzeitig seien die Zellkörper der männlichen Immunzellen größer.

Zudem haben sie und ihr Team ermittelt, welche Gene in den Zellen jeweils aktiv sind und welche Proteine aus ihnen gebildet werden. 

  • „Wir sind dabei auf mehr als 1000 Gene und 300 bis 400 Proteine gestoßen, die bei den Geschlechtern unterschiedlich reguliert sind“, sagt Wolf. 
  • Viele von ihnen seien in der männlichen Mikroglia aktiver – zum Beispiel solche, die an der Herstellung von Abwehrmolekülen beteiligt seien.

Und alles deute darauf hin, dass die männlichen Zellen auch anders agierten als die weiblichen, berichtet die Forscherin:

  • „Die Mikroglia männlicher Tiere ist in permanenter Hab-Acht-Stellung, immer bereit zuzuschlagen und für Ordnung zu sorgen.“ 
  • Schon im Ruhezustand lasse sich beispielsweise an den Membranen der männlichen Zellen eine höhere Spannung nachweisen. 
  • Und auf der Zelloberfläche befänden sich mehr Proteine, die bei einer Entzündung andere Immunzellen, die T-Zellen, anlockten.

In einem weiteren Experiment versetzte das Team die Mikroglia mit dem Botenstoff ATP, der etwa bei Verletzungen des Gehirns vom Körper vermehrt bereitgestellt wird.

„Wir haben festgestellt, dass die männlichen Zellen auf ATP sehr viel entschiedener reagieren als die weiblichen – unter anderem durch stärkere Ionenströme und eine erhöhte Produktion bestimmter Proteine“, erläutert Wolf.


Die weibliche Mikroglia agiert nachhaltiger

Allerdings sei die männliche Mikroglia durch ihre ständige Alarmbereitschaft offenbar auch schneller erschöpft, sagt die Forscherin. 

„In den weiblichen Zellen sind Proteine und Gene, die für den Schutz der Zellen zuständig sind, zum Beispiel DNA-Reparaturgene, aktiver“, erläutert sie. 

„In den männlichen Zellen hingegen sehen wir eine erhöhte Aktivität bei Genen, die den programmierten Zelltod einleiten.“ 

Das bedeute, dass männliche Mikroglia schlechter vor Umwelteinflüssen geschützt sei und schneller bereit sei, das zelluläre Suizidprogramm zu starten.

„Es scheint fast so zu sein, als ob die männlichen Zellen eher als die weiblichen bereit wären, Risiken in Kauf zu nehmen“, ergänzt die Erstautorin der Studie, Dilansu Guneykaya vom MDC. „Sie reagieren fast immer schneller oder stärker, sind dadurch aber vermutlich auch schneller erschöpft.“


Dass das „draufgängerische“ Wesen der männlichen Mikroglia sich nicht in jedem Fall bezahlt macht, hat noch eine andere kürzlich in „Cell Reports“ veröffentlichte Studie gezeigt. „Die italienischen Forscherinnen und Forscher konnten nachweisen, dass die Zellen männlicher Mäuse mit einem künstlich ausgelösten Schlaganfall schlechter zurechtkommen als die Mikroglia weiblicher Tiere“, berichtet Wolf. „Implantierte man in das Gehirn der Mäusemänner jedoch weibliche Immunzellen, waren die Folgen des Gefäßverschlusses auch bei diesen Nagern weniger drastisch.“

Therapien sollten die Unterschiede stärker berücksichtigen

Schon im Jahr 2010 hätten eine Forscherin und ein Forscher im Fachblatt „Nature“ kritisiert, dass in neurowissenschaftlichen Studien viel mehr männliche als weibliche Tiere verwendet würden – und dass dies zu verzerrten Ergebnissen führen könne, sagt Guneykaya. „Unsere Studie bestätigt diese Vermutung nun ganz klar:

Die Gehirne beider Geschlechter agieren sehr unterschiedlich.“ 

Dies sei für die weitere Erforschung neurologischer und insbesondere auch psychiatrischer Erkrankungen unumgänglich zu wissen.

„An der Universität Groningen, mit der wir eng zusammenarbeiten, gibt es bereits Pläne, unsere an Mäusen durchgeführten Experimente mit menschlichem Gehirnmaterial, das frisch Verstorbenen entnommen wird, zu wiederholen“, berichtet Wolf. Doch auch schon jetzt müsse man sich bei Patientenstudien, in denen neue Medikamente gegen neurologische Erkrankungen getestet würden, der Tatsache bewusst sein, dass die Gehirne von Männern und Frauen auf den gleichen Wirkstoff sehr unterschiedlich reagieren könnten.

„Auch bei der Häufigkeit neurologischer Leiden finden sich ja Differenzen zwischen den Geschlechtern“, ergänzt Wolf. 
  • So ist beispielsweise Autismus unter Jungen rund viermal so verbreitet wie unter Mädchen. 
  • An Multipler Sklerose hingegen leiden rund doppelt so viele Frauen wie Männer. 

„Die Unterschiede sind da, werden aber bei der Behandlung noch nicht ausreichend berücksichtigt“, sagt Wolf. Mit ihrer Studie wolle sie dazu beitragen, dass sich das künftig ändere.


Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)
Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) wurde 1992 in Berlin gegründet. Es ist nach dem deutsch-amerikanischen Physiker Max Delbrück benannt, dem 1969 der Nobelpreis für Physiologie und Medizin verliehen wurde. Aufgabe des MDC ist die Erforschung molekularer Mechanismen, um die Ursachen von Krankheiten zu verstehen und sie besser zu diagnostizieren, verhüten und wirksam bekämpfen zu können. Dabei kooperiert das MDC mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin und dem Berlin Institute of Health (BIH) sowie mit nationalen Partnern, z.B. dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DHZK), und zahlreichen internationalen Forschungseinrichtungen. Am MDC arbeiten mehr als 1.600 Beschäftigte und Gäste aus nahezu 60 Ländern; davon sind fast 1.300 in der Wissenschaft tätig. Es wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Berlin finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. http://www.mdc-berlin.de/

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Originalpublikation:
Dilansu Guneykaya et al. (2018): „Transcriptional and Translational Differences of Microglia from Male and Female Brains.“ Cell Reports. doi:10.1016/j.celrep.2018.08.001 http://dx.doi.org/10.1016/j.celrep.2018.08.001

 

Behandlung eines Herzinfarktes: Gefäßwand-residenten Stammzellen

Medizin am Abend Berlin Fazit: Herzinfarkt: Muskelersatz dank Stammzellen

Wissenschaftlern der Universität Würzburg ist es erstmals gelungen, schlagende Herzmuskelzellen aus speziellen Stammzellen zu züchten. 

Sie liefern damit möglicherweise einen neuen Ansatz zur Behandlung eines Herzinfarkts. 
 
Herzinfarkt ist in Deutschland immer noch eine der Haupttodesursachen.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes starben im Jahr 2015 über 49.000 Menschen an seinen Folgen. Dabei ist die Sterblichkeit nach einem Infarkt in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen: Im Vergleich zum Beginn der 1990er-Jahre verringerte sie sich nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) bis 2015 um mehr als die Hälfte. Dies sei unter anderem auf Verbesserungen in Prävention, Therapie und Rehabilitation zurückzuführen, so die DGK.

Nach einem Infarkt bleiben Narben

Das Problem dabei: Bei einem Herzinfarkt stirbt immer auch ein Teil des Herzmuskelgewebes ab – einhergehend mit einer mehr oder minder stark ausgeprägten Narbenbildung. Versuche, das untergegangene Gewebe mit Hilfe von Stammzellen durch einen adäquat funktionierenden Herzmuskel zu ersetzen, haben in den vergangenen Jahren nicht den erhofften Erfolg gezeigt.

Ein aktuelles Forschungsergebnis von Wissenschaftlern der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) zeigt jetzt einen neuen Ansatz zur Behandlung eines Herzinfarkts auf.

Das Team um Professor Süleyman Ergün, Leiter des Instituts für Anatomie und Zellbiologie der JMU, setzt dabei auf eine spezielle Form von Stammzellen, die es in den Wänden von Blutgefäßen entdeckt hat. Die Ergebnisse ihrer Arbeit haben die Forscher in der Fachzeitschrift Circulation Research veröffentlicht.

Hilfe aus den herzeigenen Gefäßen

„Wir konnten erstmalig zeigen, dass in der Wand menschlicher Blutgefäße spezielle Stammzellen sitzen, die die Fähigkeit besitzen, sich unter Kulturbedingungen zu schlagenden Herzmuskelzellen zu entwickeln“, erklärt Ergün.

Zudem konnten die Wissenschaftler zeigen, dass diese „Gefäßwand-residenten Stammzellen“ auch in der Wand der herzeigenen Blutgefäße, den sogenannten „Koronargefäßen“ existieren, und bei einem Herzinfarkt tatsächlich zu einer Reaktion aktiviert werden.

Allerdings haben diese Stammzellen im Falle eines Infarkts bisher keine Chance, sich wie gewünscht zu Herzmuskelzellen zu entwickeln: „In unseren Studien hat sich gezeigt, dass diese Zellen in das Narbengewebe integriert werden und damit ihre Fähigkeit verlieren, sich in Herzmuskelzellen umzuwandeln“, sagt der Anatom. Trotzdem bieten diese Ergebnisse Anlass zu Hoffnung: „Unsere Ergebnisse bieten einen neuen Ansatz, über den man möglicherweise das Verhalten der Stammzellen in der Wand herzeigener Blutgefäße therapeutisch manipulieren und sie somit zur Erneuerung des untergegangenen Herzmuskelgewebes anregen kann“, erklärt Ergün.

Neuer Ansatz für eine Therapie

  • Sollte es tatsächlich gelingen, die jetzt entdeckten Stammzellen aus den herzeigenen Blutgefäßen rechtzeitig und therapeutisch effektiv zu steuern, würde dies einen enormen Fortschritt in der Behandlung der Herzkreislauferkrankungen bedeuten, sind sich die Wissenschaftler sicher. 

Gleichzeitig biete dies die Chance, die therapeutischen Kosten dieser Erkrankungen erheblich zu reduzieren.

Noch beschränken sich die Erkenntnisse der Wissenschaftler allerdings auf Studien an Versuchstieren und im Labor. Bis sie beim Menschen zum Einsatz kommen können, bedürfe es deshalb noch weiterer Studien, in denen die gewonnenen Erkenntnisse vertieft werden müssen.

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Prof. Dr. Süleyman Ergün
Institut für Anatomie und Zellbiologie
T: +49-931 31 82707
sueleyman.erguen@uni-wuerzburg.de

Sanderring 2
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Originalpublikation:
Generation of Cardiomyocytes From Vascular Adventitia-Resident Stem Cells. Subba Rao Mekala, Philipp Wörsdörfer, Jochen Bauer, Olga Stoll, Nicole Wagner, Laurens Reeh, Kornelia Loew, Georg Eckner, Chee Keong Kwok, Erhard Wischmeyer, Mary Eleanor Dickinson, Harald Schulze, David Stegner, Ralf A. Benndorf, Frank Edenhofer, Verena Pfeiffer, Stefanie Kuerten, Stefan Frantz, Süleyman Ergün. Circulation Research, DOI: 10.1161/CIRCRESAHA.117.312526


Psychiatrische Institutsambulanz (PIA): CAVE: PTBS - Posttraumatischer Belastungsstörung

Medizin am Abend Berlin Fazit: Unterdrückte Erinnerungen bei traumatisierten Geflüchteten

Was im Gehirn passiert, wenn Menschen mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) versuchen, Erinnerungen willentlich zu unterdrücken, hat ein internationales Forscherteam analysiert. 

Bei einem Gedächtnistest zeichneten sie mittels Magnetenzephalografie die Hirnaktivität von schwer traumatisierten Geflüchteten auf und verglichen die Ergebnisse bei Teilnehmern mit und ohne PTBS. 

Die Daten geben Hinweise auf die neuronalen Grundlagen von wiederkehrenden traumatischen Erinnerungen und für die Therapie. 
 
Die Studie beschreibt das Team um Dr. Gerd Waldhauser von der Ruhr-Universität Bochum, Dr. Simon Hanslmayr von der University of Birmingham und Prof. Dr. Thomas Elbert von der Universität Konstanz gemeinsam mit Kollegen des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in der Fachzeitschrift Scientific Reports vom 3. September 2018.

Assoziationen im Versuch willentlich vergessen

An dem Versuch nahmen 24 geflüchtete Männer und Frauen teil. Elf von ihnen hatten infolge ihrer traumatischen Erlebnisse eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, das heißt, sie erleben die auslösende emotionale Situation gedanklich immer wieder. Die übrigen Probanden hatten zwar vergleichbar viele schwerwiegende traumatische Ereignisse erlebt, aber keine PTBS entwickelt.

Während ihre Hirnaktivität aufgezeichnet wurde, absolvierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Gedächtnistest, bei dem sie Assoziationen zwischen Bildern von emotional neutralen Alltagsgegenständen lernten. Aufgabe war es anschließend, einige der Assoziationen aktiv zu vergessen, andere zu behalten. Mit der Magnetenzephalografie, kurz MEG, erfassten die Forscher die sensorischen Gedächtnisspuren, die dabei entweder unterdrückt oder verstärkt wurden.

„Die Signalstärke von sehr hohen sogenannten Gammafrequenzen in Hirnregionen, die mit dem Gedächtnisabruf und der sensorischen Verarbeitung zusammenhängen, deutet darauf hin, wie stark eine bestimmte Gedächtnisrepräsentation ist“, erklärt Simon Hanslmayr.

Gedächtnisspuren blieben erhalten


Probanden ohne PTBS konnten Assoziationen erfolgreich unterdrücken. Bei ihnen waren die sensorischen Gedächtnisspuren für die willentlich vergessenen Assoziationen geringer ausgeprägt als für erinnerte Assoziationen. Anders sah es bei Probanden mit PTBS aus. Je ausgeprägter die Krankheitssymptome waren, desto schwieriger war es für die Teilnehmer, Assoziationen zu unterdrücken.

„Die MEG-Daten zeigen, dass das willentliche Unterdrücken von Erinnerungen bei Probanden mit posttraumatischer Belastungsstörung eher einen gegenteiligen Effekt hat“, sagt Hanslmayr. Die sensorischen Gedächtnisspuren von unterdrückten Erinnerungen blieben erhalten und wurden tendenziell sogar verstärkt.Diese Ergebnisse liefern einen Hinweis auf die neuronalen Grundlagen von wiederkehrenden traumatischen Erinnerungen und auf die fehlende Gedächtniskontrolle bei PTBS-Patienten“, so Gerd Waldhauser aus der Bochumer Abteilung für Neuropsychologie.

Hinweise für die Therapie

Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass sie nur eine kleine Stichprobe für ihre Studie untersuchen konnten. „Diese experimentell und diagnostisch aufwendige Studie ließ sich nur mit wenigen so stark belasteten Probanden durchführen. Wir konnten allerdings dafür sorgen, dass andere Faktoren, die das Ergebnis hätten beeinflussen können – wie die Stärke von depressiven Symptomen oder die Anzahl an schweren traumatischen Erlebnissen – in den beiden Gruppen vergleichbar waren“, ergänzt Gerd Waldhauser.

Von den Ergebnissen erhoffen sich die Forscher Hinweise auf neue Strategien zur Therapie der posttraumatischen Belastungsstörung sowie auf Faktoren, die Menschen vor der Krankheit schützen können.

  • „Unsere Daten deuten daraufhin, dass die Fähigkeit zum willentlichen Unterdrücken von Erinnerungen möglicherweise vor einer PTBS schützt – oder aber dass eine PTBS zu einer schlechteren Gedächtniskontrolle führt“, sagt Waldhauser. 

„Gleichzeitig sollte das Unterdrücken von unerwünschten Erinnerungen nicht leichtfertig als therapeutische Strategie empfohlen werden, da es offenbar genau den gegenteiligen Effekt haben kann: 

Die Erinnerung verstärkt sich oder bleibt zumindest erhalten.“ 

Diese Phänomene müssten weiter erforscht werden, um in präventiven oder therapeutischen Strategien münden zu können.

Förderung

Die Arbeiten wurden gefördert von dem Swedish Research Council (VR 435-2011-7163), dem Young Scholar Fund der Universität Konstanz (83946931), dem Europäischen Forschungsrat (ERC-2012 AdG 323977 und Grant-Agreement-Nummer 647954), der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 874 sowie der Projekte DFG HA 5622/1-1 und AX82/2-1 und von der Wolfson Society und Royal Society.

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Dr. Gerd Waldhauser
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Ruhr-Universität Bochum, Dr. Julia Weiler 

Originalpublikation:
Gerd T. Waldhauser, Martin J. Dahl, Martina Ruf-Leuschner, Veronika Müller-Bamouh, Maggie Schauer, Nikolai Axmacher, Thomas Elbert, Simon Hanslmayr: The neural dynamics of deficient memory control in heavily traumatized refugees, in: Scientific Reports, 2018, DOI: 10.1038/s41598-018-31400-x

Chronische Entzündungen: Berauschende Wirkung von Cannabis: Endocannabinoide

Medizin am Abend Berlin Fazit: Teufelskreis führt zu Verlust von Gehirnzellen im Alter

Der so genannte CB1-Rezeptor ist für die berauschende Wirkung von Cannabis verantwortlich. 

Zusätzlich dient er aber wohl auch als eine Art „Sensor“, mit dem Neuronen die Aktivität bestimmter Immunzellen im Gehirn messen und kontrollieren. 

In diese Richtung deutet zumindest eine aktuelle Studie der Universität Bonn. 

  • Fällt der Sensor aus, können chronische Entzündungen die Folge sein – vermutlich der Auftakt zu einem gefährlichen Teufelskreis. 

Die Publikation ist online in der Zeitschrift „Frontiers in Molecular Neuroscience“ erschienen. 

Dr. Andras Bilkei-Gorzo und seine Kollegen haben einen Weg aufgeklärt, über den Endocannabinoide entzündliche Reaktionen im Gehirn dämpfen.
Dr. Andras Bilkei-Gorzo und seine Kollegen haben einen Weg aufgeklärt, über den Endocannabinoide entzündliche Reaktionen im Gehirn dämpfen.
© Foto: Kerstin Nicolai/Uni Bonn
 
Bei der Hirn-Alterung spielt die Aktivität der so genannten Mikrogliazellen eine wichtige Rolle.

Diese sind Teil der Immunabwehr im Gehirn: 

  • Sie spüren zum Beispiel Bakterien auf und verdauen sie, eliminieren aber auch erkrankte oder defekte Nervenzellen. 
  • Über Botenstoffe informieren sie zudem andere Abwehrzellen und setzen so eine konzertierte Aktion in Gang, um das Denkorgan zu schützen: eine Entzündung.

Dieser Schutzmechanismus hat unerwünschte Begleiterscheinungen; so kann er auch Schäden in gesundem Hirngewebe anrichten.

Entzündungen werden daher in der Regel streng kontrolliert. 

„Man weiß, dass dabei die so genannten Endocannabinoide eine wichtige Rolle spielen“, erklärt Dr. Andras Bilkei-Gorzo vom Institut für Molekulare Psychiatrie der Universität Bonn.  


„Das sind vom Körper gebildete Botenstoffe, die quasi als Brems-Signal wirken: Sie unterbinden die entzündliche Aktivität der Gliazellen.“

Endocannabinoide entfalten ihre Wirkung, indem sie an spezielle Rezeptoren binden. Davon gibt es zwei verschiedene Sorten, CB1 und CB2 genannt. „Mikrogliazellen haben jedoch so gut wie keine CB1-Rezeptoren“, betont Bilkei-Gorzo. „Sie sind daher auf dem CB1-Ohr taub. Und dennoch reagieren sie auf die entsprechenden Brems-Signale – warum, war bislang rätselhaft.“

Neuronen als „Mittelsmänner“

Die Bonner Wissenschaftler konnten nun Licht ins Dunkel bringen. Demnach sprechen die Brems-Signale nicht direkt zu den Gliazellen, sondern über Mittelsmänner – eine bestimmte Gruppe von Neuronen. Denn diese verfügt über eine große Zahl von CB1-Rezeptoren. „Wir haben Labormäuse untersucht, in denen der Rezeptor bei diesen Neuronen ausgeschaltet war“, erklärt Bilkei-Gorzo. „In den Tieren war die entzündliche Aktivität der Mikrogliazellen dauerhaft erhöht.“

In Kontrollmäusen mit funktionsfähigem CB1-Rezeptor waren die hirneigenen Abwehrtruppen dagegen im Normalfall inaktiv. Das änderte sich erst, wenn es Anzeichen für eine Infektion gab. „Wir nehmen aufgrund unserer Ergebnisse an, dass die Neuronen die Aktivität der Mikrogliazellen kontrollieren“, sagt Bilkei-Gorzo. „Ob das in Menschen ebenfalls so ist, können wir allerdings noch nicht sagen.“

In Mäusen könnte das Ganze folgendermaßen ablaufen: Sobald Mikrogliazellen einen bakteriellen Angriff oder einen Defekt entdecken, schalten sie in den Entzündungs-Modus. Sie beginnen dann auch damit, selbst Endocannabinoide zu produzieren. Diese aktivieren den CB1-Rezeptor der Neuronen in ihrer Nachbarschaft. Dadurch informieren sie die Nervenzellen darüber, dass gerade im Gehirn eine Abwehrschlacht tobt. Die Neuronen können dann gegebenenfalls die Immunreaktion zügeln. Dazu produzieren sie Proteine, die an ihre Oberfläche wandern und dort Kontakt zu den Mikrogliazellen aufnehmen. Als Folge fahren diese ihre Entzündungsreaktion wieder herunter. Ähnliche Regulations-Mechanismen scheint es auch bei einer anderen Sorte von Gliazellen zu geben, den Astro-Gliazellen, wie die Wissenschaftler zeigen konnten.

Im Alter, aber auch bei Demenzerkrankungen wie Alzheimer, bildet das Hirn immer weniger Endocannabinoide. 

Dadurch komme es möglicherweise zu einer Art Teufelskreis, vermutet Bilkei-Gorzo:

  • „Da die neuronalen CB1-Rezeptoren nicht mehr genügend aktiviert werden, sind die Gliazellen fast ständig im Entzündungsmodus. 
  • Als Folge sterben weitere Neuronen ab, so dass die Immunreaktion nun noch weniger gebremst wird.“

Eventuell lässt sich dieser Teufelskreis mit Medikamenten durchbrechen.

So hofft man unter anderem, mit Hilfe von Cannabis das Fortschreiten einer Demenz verlangsamen zu können. 
  • Denn dessen Inhaltsstoff, das Tetrahydrocannabinol (THC), ist ein starker Aktivator des CB1-Rezeptors – und zwar auch in Dosen, die so gering sind, dass sie keinen Rausch verursachen. 
Im vergangenen Jahr konnten die Bonner Forscher bereits zusammen mit Kollegen aus Israel zeigen, dass Cannabis bei Mäusen die Alterungsprozesse im Gehirn umkehren kann.




Dr. Andras Bilkei-Gorzo und seine Kollegen haben einen Weg aufgeklärt, über den Endocannabinoide entzündliche Reaktionen im Gehirn dämpfen.
Dr. Andras Bilkei-Gorzo und seine Kollegen haben einen Weg aufgeklärt, über den Endocannabinoide entzündliche Reaktionen im Gehirn dämpfen.
© Foto: Kerstin Nicolai/Uni Bonn

Publikation: Frank Ativie, Joanna A. Komorowska, Eva Beins, Önder Albayram, Till Zimmer, Andreas Zimmer, Dario Tejera, Michael Heneka und Andras Bilkei-Gorzo: Cannabinoid 1 Receptor Signaling on Hippocampal GABAergic Neurons Influences Microglial Activity; Frontiers in Molecular Neuroscience

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Dr. Andras Bilkei-Gorzo
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Johannes Seiler
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Originalpublikation:
https://doi.org/10.3389/fnmol.2018.00295

 

ZNA-Rettungsstelle RETTUNGSKANZEL: CAVE: Suizidalen Verhalten

Medizin am Abend Berlin Fazit: Lässt sich ein Suizid vorhersagen?

Etwa fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung entwickeln im Laufe ihres Lebens Suizidgedanken. 

Eine genaue Vorhersage, wer diesen Gedanken auch Taten folgen lässt, ist der aktuellen Forschung zufolge nicht sicher möglich. 

  • Dennoch brauchen Ärzte und Therapeuten Anhaltspunkte, um das Risiko suizidalen Verhaltens abschätzen zu können. 

Wissenschaftler der Leipziger Universitätsmedizin untersuchen eine Theorie zur Vorhersage von suizidalen Gedanken und Handlungen. Die Ergebnisse stellen sie auf dem gemeinsamen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Psychologie und der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie vor. 


  • Wann sollte ein suizidgefährdeter Patient stationär aufgenommen und versorgt werden? 
  • Darf ein Patient die Klinik über das Wochenende verlassen oder ist die Gefahr eines Suizids zu hoch? 

Diese Fragen müssen Ärzte und Therapeuten regelmäßig beantworten und anhand von bestimmten Faktoren das Risiko einschätzen.

Es gibt zwar etablierte Risikofaktoren für suizidale Handlungen, wie männliches Geschlecht, Substanzmissbrauch oder ein bereits erfolgter Suizidversuch, deren praktische Bedeutung für die Vorhersage von suizidalen Handlungen ist im Einzelfall jedoch kritisch zu sehen. 

„Die Studienlage aus den vergangenen Jahrzehnten ist eindeutig: 

Wir können einen Suizid bislang nicht sicher vorhersagen“, sagt Prof. Dr. Heide Glaesmer, Psychologische Psychotherapeutin und stellvertretende Abteilungsleiterin der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie. „Wir wollen die Vorhersage von suizidalen Handlungen verbessern und untersuchen deshalb Theorien suizidalen Verhaltens in empirischen Studien.“

Theorie suizidalen Verhaltens empirisch geprüft
In einer aktuellen Untersuchung prüften Wissenschaftlerinnen die Evidenz zur Interpersonalen Theorie suizidalen Verhaltens von Thomas Joiner.

Sie besagt, dass drei Komponenten einen möglichen Suizid bedingen:

  • Betroffene empfinden sich als Last für andere
  • und fühlen sich keiner wertgeschätzten Gruppe der Gesellschaft zugehörig

Der dritte Aspekt beschreibt die „capability for suicide“, also die Fähigkeit durch Suizid zu sterben. 

Denn nicht jeder Mensch ist in der Lage, sich Schmerzen und Verletzungen zuzufügen, die zum Tod führen können.

  • Diese Eigenschaft können Betroffene etwa durch traumatische Erfahrungen wie Missbrauch oder Krieg erwerben, aber auch durch bereits erfolgte Suizidversuche. 

Die Theorie ging bislang davon aus, dass sie erworben wird und dann zeitlich eher stabil bleibt.

Patienten per Smartphone zu Befinden befragt

Die Studie der Leipziger Wissenschaftler zeigt etwas Anderes:

  • Die Fähigkeit, sich selbst diese Verletzungen zuzufügen, kann von Tag zu Tag variieren. 

Stationäre Patienten, die an Depressionen litten und Suizidgedanken hatten, nahmen an der Studie teil. Für die Untersuchung wurden sie an sechs Abenden hintereinander per Smartphone um eine Einschätzung gebeten, ob sie heute großen körperlichen Schmerz hätten aushalten können und wie furchtlos sie heute gegenüber dem Tod waren. „Ein gewisser Prozentsatz der Probanden hat immer gleich geantwortet. Die Mehrheit hingegen gab jeden Tag eine etwas andere Antwort. Die Fähigkeit, durch Suizid zu sterben, hat somit nicht ausschließlich mit den vorangegangen Lebensereignissen und -erfahrungen zu tun, sondern auch mit dem aktuellen Befinden“, sagt Dr. Lena Spangenberg, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Leiterin der Studie. Aktuell wird eine weitere Studie gemeinsam mit Kollegen aus Aachen und Bochum durchgeführt. In dieser wurden rund 300 Patienten, die nach einem Suizidversuch oder wegen akuter Suizidalität in psychiatrische Kliniken aufgenommen wurden, befragt. Sie werden nun nach sechs, neun und zwölf Monaten erneut befragt. Ziel dieser Studie ist es, die Bedeutung der Interpersonalen Theorie suizidalen Verhaltens für die Vorhersage von Suizidalität in dieser Hochrisikogruppe genauer unter die Lupe zu nehmen.

Über 250 Teilnehmer zur Tagung erwartet
Die Ergebnisse der Untersuchung werden nun erstmals auf der gemeinsamen Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Psychologie und der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie vom 26. bis 28. September vorgestellt.

Unter dem Motto „Von globalen Herausforderungen der Gesundheitsversorgung zu gemeindebasierten und individuellen psychosozialen Interventionsstrategien“ werden in Leipzig etwa 300 Wissenschaftler aus Deutschland erwartet.

„Wir beschäftigen uns auf der Konferenz mit den aktuellen Herausforderungen einer globalisierten Welt.

Dazu zählen die älter werdende Bevölkerung mit einer hohen Morbidität und spezifischen Versorgungsbedürfnissen, die zunehmende Bedeutung psychischer Störungen, wie Depression und Angsterkrankungen, sowie die Zunahme von Adipositas und deren Folgeerkrankungen in den Industriestaaten“, sagt Prof. Dr. Anja Mehnert-Theuerkauf, die die Abteilung und die Tagung leitet.

Der Kongress bietet die Möglichkeit des Austauschs zwischen Wissenschaftlern und Klinikern sowie allen in der Medizinpsychologie und Medizinsoziologie tätigen Berufsgruppen. 

Ein Schwerpunkt liegt auf der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung und der Fortbildung.

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Prof. Dr. Heide Glaesmer
Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie
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Dr. Katarina Werneburg Universität Leipzig

Ritterstraße 26
04109 Leipzig
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Sachsen 

Dr. Katarina Werneburg
Telefon: 0341-9735021
E-Mail-Adresse: katarina.werneburg@medizin.uni-leipzig.de

 


Medizin am Abend Berlin: Interdiziplinäres FortbildungsTeam: VOR ORT

CAVE: Mangelernährung - Malnutrition: Mangelernährung im Alter“ (MaNuEL)

Medizin am Abend Berlin Fazit: Ehe schützt vor Mangelernährung im Alter

Immer mehr alte Menschen leiden an Mangelernährung. 

  • Besonders betroffen sind Unverheiratete und getrennt oder geschieden Lebende – während verheiratete und verwitwete Männer und Frauen besser für sich sorgen. 
  • Auch wer Probleme beim Gehen oder Treppensteigen hat oder vor Kurzem im Krankenhaus war, leidet häufiger an Mangelernährung als seine Altersgenossen. 
Das ist das Ergebnis einer Metaanalyse von Prof. Dr. Dorothee Volkert und ihrem Team vom Institut für Biomedizin des Alterns (IBA) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). 
 
Mangelernährung kann in jedem Alter auftreten, doch ältere Menschen ab 65 Jahren sind besonders davon betroffen.

„Wir sprechen von Mangelernährung oder Malnutrition, wenn Menschen viel zu wenig Nahrung aufnehmen und dem Körper deshalb Energie und Nährstoffe fehlen“, erläutert Prof. Dr. Dorothee Volkert den Begriff, für den es derzeit keine verbindliche wissenschaftliche Definition gibt.

„Die Folgen der Mangelernährung sind vielfältig. 
  • Sie reichen von Gewichtsverlust über eine Schwächung des Immunsystems bis hin zu funktionellen Beeinträchtigungen der Muskulatur und aller Organe. 
  • Der Körper greift auf alle Reserven zurück.“

MaNuEL vernetzt Forscher

Den Ursachen der Mangelernährung im Alter ist die Ernährungswissenschaftlerin der FAU zusammen mit Forschern aus sieben Ländern auf der Spur. Im Verbundvorhaben „Mangelernährung im Alter“ (MaNuEL) arbeiten 22 Forschungsgruppen aus Österreich, Frankreich, Deutschland, Irland, Spanien, den Niederlanden und Neuseeland zusammen Das Projekt startete im März 2016 mit einer Laufzeit von zwei Jahren und wird mit rund 1,9 Millionen Euro finanziert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), nationalen Förderorganisationen in Österreich, Irland und den Niederlanden sowie Sachleistungen der beteiligten Forschungsgruppen.

Die Forscher tauschten im Rahmen von MaNuEL ihr Know-how auf dem Gebiet der Mangelernährung bei älteren Menschen aus und wollen nun in einem nächsten Schritt auf Grundlage der gemeinsamen Datenbasis Empfehlungen zum Screening und zur Prävention von Mangelernährung bei älteren Menschen aussprechen. Eine der beiden Koordinatorinnen des Projekts ist Prof. Dr. Dorothee Volkert vom Institut für Biomedizin des Alterns (IBA) an der FAU.

Erste Metaanlayse zur Entstehung von Mangelernährung

Am IBA ist das Arbeitspaket „Determinanten von Mangelernährung“ angesiedelt. „Bisher wussten wir leider nicht, welche Faktoren entscheidend für eine Mangelernährung sind“, so Volkert. Die Ernährungswissenschaftlerin ging deshalb mit ihrem Team der Frage nach, welche von insgesamt 23 Variablen – von Kaubeschwerden und Schluckstörungen über kognitive Beeinträchtigungen bis hin zu Einsamkeit und Depression oder den Umzug in ein Pflegeheim – eine entscheidende Rolle bei der Mangelernährung spielen. „Sechs vorhandene Datensätze aus Studien mit alten Menschen über 65 Jahren wurden von den beteiligten Forschungspartnern anhand eines gemeinsamen Schemas neu ausgewertet. Die Ergebnisse haben wir in einer Metaanalyse zusammengeführt“, erläutert Prof. Dr. Volkert.

Das Gesamtergebnis:

„Erstaunlich wenig Faktoren haben einen Einfluss auf die Entstehung von Mangelernährung bei älteren Menschen gezeigt. 
  • Nur das Alter, der Familienstand, Einschränkungen beim Gehen und Treppensteigen sowie Krankenhausaufenthalte spielen eine signifikante Rolle“, fasst die Koordinatorin die Ergebnisse der Metaanalyse zusammen.  

Keine Rolle spielte dagegen Appetitlosigkeit, die oft als wesentliche Ursache von Mangelernährung gilt.

Das Durchschnittsalter der 4.844 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der sechs zugrundeliegenden Studien lag zwischen 72 und 85 Jahren.

Alle Befragten leben in Privathaushalten in Deutschland, Irland, den Niederlanden und Neuseeland. Zwischen 4,6 und 17,2 Prozent der Teilnehmer in den eingeschlossenen Studien entwickelten im Verlauf der Studien eine Mangelernährung.

„Je älter die Menschen sind, desto wahrscheinlicher ist Mangelernährung“, so Prof. Dr. Dorothee Volkert. „Jedes neue Lebensjahr erhöht das Risiko ein kleines bisschen.“

Weitere Studien nötig

Um weiteren Faktoren auf die Spur zu kommen, empfiehlt die Wissenschaftlerin Folgestudien mit einer einheitlichen Vorgehensweise. „Wir brauchen eine gemeinsame Definition von Mangelernährung und müssen unser Studiendesign vereinheitlichen. Nur so kommen wir zu vergleichbaren Ergebnissen und können Empfehlungen für präventive Maßnahmen geben.“

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Prof. Dr. Dorothee Volkert
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Tel.: 0911/5302-96168
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Dr. Susanne Langer
E-Mail-Adresse: susanne.langer@fau.de


Originalpublikation:
Die aktuellen Erkenntnisse wurden im „Journal of the American Geriatrics Society“ veröffentlicht: link einfügen DOI: 10.1111/jgs.15553

Prof. Dr. A. Krause: Rheuma-Patienten und die Herz-Kreislauf-Erkrankung

Medizin am Abend Berlin Fazit: Behandlung von Nebenerkrankungen bei Rheuma braucht fachkundiges Personal

  • Rheumapatienten haben ein um bis zu 70 Prozent erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, ebenso haben sie häufiger Infektionen oder auch Depressionen. 
  • Als chronische Entzündungen betreffen rheumatische Leiden meist nicht nur ein Organ, sondern ziehen prinzipiell den ganzen Körper in Mitleidenschaft. 

Beim Gelenkrheuma etwa können je nach Ausprägung und Schweregrad auch die Haut, die Gefäße oder die inneren Organe befallen sein. 
 
Rheumatische Erkrankungen sind in der Regel auf eine Fehlfunktion des Immunsystems zurückzuführen, bei der sich Immunzellen unkontrolliert gegen körpereigene Strukturen richten.

 „Diese systemische Entzündungsneigung ist aber nur die eine Seite der Erkrankung“, sagt Professor Dr. med. Andreas Krause, Chefarzt der Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie am Immanuel Krankenhaus Berlin. „Oft führt die immunologische Fehlfunktion auch zu einer gestörten Infektabwehr.“Menschen mit Rheuma ziehen sich daher häufiger als Gesunde Infektionen zu, die zudem einen schwereren Verlauf nehmen können.


In der Therapie stehen sich diese beiden Aspekte des Rheumas im Wegdenn die autoimmune Grunderkrankung wird in der Regel mit Medikamenten behandelt, die das Immunsystem hemmen. 

  • Damit aber wird die Infektabwehr zusätzlich ausgebremst. 

„Besonders problematisch ist die Behandlung mit Kortisonpräparaten“, erläutert Krause. 

Diese sollten daher so niedrig dosiert und so kurz wie möglich eingesetzt werden. 

Stattdessen kann die Entzündung mit gezielter wirkenden Biologika zurückgedrängt werden.  

  • Als wichtigsten Baustein der Infektionsprävention sieht Krause jedoch einen umfassenden Impfschutz.


Ein weiterer Aspekt, den Ärzte bei der Behandlung dieser Rheuma-Patienten im Auge behalten müssen, ist deren erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungenausgelöst durch die chronische Entzündung, die einer Arteriosklerose Vorschub leistet. 

  • „Patienten mit klassischem Gelenkrheuma haben ein bis zu 70 Prozent erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden“, sagt Krause. 
  • Zu allem Überfluss erhöhen auch einige Rheuma-Medikamente bei längerfristiger Einnahme das Herz-Kreislauf-Risiko – ein Faktor, der gerade bei Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen berücksichtigt werden muss.
  • Auch die Atemwege sind häufig in Mitleidenschaft gezogen: 
  • Entzündungen von Lunge und Bronchien können die Langzeitprognose der Erkrankung erheblich verschlechtern und zählen zu den häufigsten Todesursachen von Rheumapatienten. 

Hier sollte auf Rauchverzicht gedrungen und möglichst früh ein Lungenfacharzt hinzugezogen werden.

Nicht zuletzt ist auch die Psyche der Patienten von der Erkrankung betroffen. 

Auf Nachfrage berichten 20 bis 30 Prozent der Rheuma-Patienten von depressiven Symptomen, die nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Therapietreue beeinträchtigen können.

„Die Diagnose und Behandlung der vielfältigen Folge- und Nebenerkrankungen ist ein wichtiger Bestandteil der rheumatologischen Versorgung und bedarf einer fundierten internistischen Weiterbildung“, ergänzt Professor Dr. med. Christoph Fiehn, Kongresspräsident von Seiten der DGRh. 
  • Leider stehe für eine optimale Umsetzung weder ausreichend Personal noch eine gesicherte Vergütung zur Verfügung. 

Mit der Ausbildung rheumatologischer Fachassistenten, Patientenschulungen und dem Aufbau von Ärztenetzwerken habe man aber den richtigen Weg eingeschlagen, um die Versorgung von Rheuma-Patienten weiter zu verbessern.

Bei der  Pressekonferenz in Mannheim diskutierten Rheumaexperten gemeinsam, welche Faktoren für die optimale Versorgung von Rheumapatienten entscheidend sind.

Wie häufig diese Neben- und Folgeerkrankungen sind und wie sie sich auf die Patienten und die Therapie auswirken, darüber haben Experten auf der Pressekonferenz der DGRh diskutiert, die im Rahmen des 46. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in Mannheim stattfand.




Behandlung von Nebenerkrankungen bei Rheuma braucht fachkundiges Personal


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Janina Wetzstein und Sabrina Hartmann
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
Kongress-Pressestelle
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-457, Fax: 0711 8931-167
wetzstein@medizinkommunikation.org
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Wilhelmine-Gemberg-Weg 6, Aufgang C
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E-Mail-Adresse: info@dgrh.de

Anna Julia Voormann
Generalsekretärin
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Fax: 030 24 04 84 79
E-Mail-Adresse: anna.voormann@dgrh.de


Barbara Gundelach
Telefon: 030 / 240484 - 72
Fax: 030 / 240484 - 79
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Harnsäure - Uricase Enzym

Medizin am Abend Berlin Fazit: Schon unsere Vorfahren vor 12,5 Millionen Jahren aßen Süßes und entwickelten Fettleibigkeit

Forscher der Universität Tübingen untersuchen Zivilisationskrankheiten und ihre evolutiven Ursachen 
 
Die Wurzel heutiger Zivilisationskrankheiten liegt möglicherweise in einer genetischen Mutation bei unseren Vorfahren vor etlichen Millionen von Jahren, verbunden mit hohem Zuckerkonsum und der Anlage größerer Fettreserven.

Diabetes, Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Gicht sind Krankheiten, welche nicht nur jährlich laut der Weltgesundheitsorganisation WHO Millionen von Menschenleben fordern, sondern auch bei unseren nächsten lebenden Verwandten Orang-Utan, Gorilla und Schimpansen auftreten.

Seit etwa zehn Jahren vermuten Wissenschaftler, dass die menschliche Veranlagung für diese Zivilisationskrankheiten in der gemeinsamen Evolutionsgeschichte von Mensch und Menschenaffen begründet sei. 

Unseren Verwandten und uns Menschen fehlt, im Gegensatz zu anderen Affen, das Enzym Uricase im Stoffwechsel. 
  • Dadurch kommt es zur Anreicherung von Harnsäure im Blut und in der Folge auch zur Anreicherung von Körperfett. Fruchtzucker (Fruktose) ist, im Gegensatz zum Traubenzucker (Glukose), in der Lage, diese Effekte zusätzlich zu verstärken. 

Gemäß der Uricase-Theorie trat die genetische Mutation, die zum Verlust der Uricase führte, bei den letzten gemeinsamen Vorfahren von Menschenaffen und Menschen vor 15 Millionen Jahren in Europa auf.

Tübinger und Dresdener Forscher haben nun erstmals einen paläontologischen Beleg für diese Theorie entdeckt. Zu dem Team gehören Professorin Madelaine Böhme und Jochen Fuß von der Universität Tübingen und dem Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment sowie Gregor Uhlig vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. An 12,5 Millionen Jahre alten Zähnen des Dryopithecus carinthiacus, des ältesten Vertreters der afrikanischen Menschenaffen und des Menschen, fand das Forscherteam Zahnkaries im fortgeschrittenen Stadium. Die Zähne waren 1953 in Kärnten, Österreich, geborgen worden. „Dieser Befund war für uns sehr überraschend, da das Entstehen des Krankheitsbildes Karies bisher stets mit der Erfindung des Ackerbaus – der Neolithischen Revolution – vor etwa zehntausend Jahren in Zusammenhang gebracht wurde. Seit dieser Zeit wurde mehr gekochte Stärke verzehrt“, erklärt Madelaine Böhme, die Leiterin der Studie. Eine umfangreiche vergleichende Untersuchung des Zahnstatus von 365 Schimpansen aus der freien Wildbahn von Liberia in Westafrika erbrachte, dass nur 0,17 Prozent von deren Zähnen kariös waren. „Die beobachtete Karies bei den Schimpansen ist zudem deutlich schwächer ausgeprägt als beim fossilen Menschenaffen“, ergänzt Jochen Fuß.

Hoher Zuckerkonsum

Im Gegensatz zur archäologisch häufig belegten Zahnfäule bei frühen Bauern ist die Karies bei Dryopithecus carinthiacus jedoch auf einen hohen Zuckerkonsum zurückzuführen. Um dies zu belegen, nutzen die Forscher fossile Pollen von Bäumen, Sträuchern und Lianen, die sich in den Kärntner Ablagerungen am Fundort des 12,5 Millionen Jahre alten Unterkiefers fanden. Sie stießen dabei auf mindestens neun Arten, deren Früchte stark zuckerhaltig sind wie unter anderem Wein, Maulbeere, Erdbeerbaum, Esskastanie, Ölweide sowie Vertreter von Kirsche und Pflaume. Außerdem fanden sie 46 honigtragende Pflanzen, wodurch Honig als zusätzlicher Zuckerlieferant in Frage kommt. Gemäß ihrer Studie war daher Zucker in neun bis zehn Monaten des Jahres, von März bis Dezember, im Miozän in der Landschaft Kärntens verfügbar. Während heutige Menschenaffen in Phasen von Fruchtknappheit junge Blätter als Notnahrung nutzen, war dies den europäischen Menschenaffen nicht möglich. „Aufgrund der geringen Lichteinstrahlung beziehungsweise der kurzen Tageslänge im Januar und Februar gab es trotz nahezu tropischer Temperaturen in den nördlichen Mittelbreiten im Spätwinter keinen Blattaustrieb“, erklärt Böhme. Der Chemiker Gregor Uhlig setzt hinzu: „Um diese Hungerperiode zu überstehen, mussten unsere Vorfahren Fettreserven anlegen.“

Vermehrte Bildung von Körperfett

Tatsächlich stellten die Forscher fest, dass die von Dryopithecus vermutlich konsumierten Früchte am Ende der Wachstumsperiode im frühen Winter von November bis Dezember einen erhöhten Gehalt an Fruchtzucker besitzen. Dieser führte aufgrund der ihnen fehlenden Uricase unmittelbar zur vermehrten Bildung von Körperfett. Die daraus ableitbare Vermutung, dass europäische Menschenaffen eine substanzielle Fettreserve besaßen, konnten die Forscher am bisher einzigen kompletten Skelett eines Menschenaffen aus Europa bestätigen: dem acht Millionen Jahre alten Oreopithecus bamboli aus der Toskana. In seinem bis heute erhaltenen Weichgewebe fanden sich dicht gepackte Fettzellen, die in Größe und Form an weißes Fettgewebe heutiger Menschen erinnern.

„Viele klinische Studien der Vergangenheit haben gezeigt, dass ein erhöhter Harnsäuregehalt des Blutes zu erhöhtem Blutdruck führt“, sagt Böhme. 

Gemäß der Uricase-Theorie könnte neben den Fettreserven ein stabil hoher Blutdruck während der Hungerphasen ein wichtiger selektiver Vorteil der Menschenaffen im Miozän Europas gewesen sein.

Denn diese Voraussetzungen erlauben körperliche Aktivität auch bei Nahrungsknappheit.

„Eine vor Millionen von Jahren aufgetretene Mutation war maßgeblich dafür, dass frühe Menschenaffen Eurasien besiedeln und eine enorme Artenvielfalt hervorbringen konnten“, resümiert Böhme. „Wir tragen noch heute ihr Erbe in uns. Dieser Vorteil ist jedoch in einer Welt industriell gefertigter Nahrungsmittel in ein Handicap umgeschlagen.“

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Originalpublikation:
Fuss, J., Uhlig, G., Böhme, M: Earliest evidence of caries lesion in hominids reveal sugar-rich diet for a Middle Miocene dryopithecine from Europe". PLOS ONE, http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0203307