Medizin am Abend Fazit: Mögliche Therapie der Alzheimer-Demenz durch nuklearmedizinische Verfahren
Die Anzahl der Patienten mit Erkrankungen wie beispielsweise Demenzen nimmt durch die zunehmende Lebenserwartung der Bevölkerung stetig zu. Leider sind Ursachen und Mechanismen der Alzheimer-Erkrankung derzeit immer noch nicht vollständig geklärt. Mehrere neue nuklearmedizinische Techniken könnten hier nun die Lösung bringen. Sie ermöglichen die Erkennung von speziellen Eiweißablagerungen im Gehirn, die der Alzheimer-Demenz vorausgehen und diese später auslösen. Nun besteht die Hoffnung, dass diese nuklearmedizinischen Techniken auch dazu beitragen können, Substanzen zu entwickeln, die gegen diese krankheitsauslösenden Eiweißablagerungen der Alzheimer-Demenz gerichtet sind.
Zwei Formen von krankhaften Eiweißablagerungen im Gehirn gelten als Kernmerkmale der Alzheimer-Erkrankung: die sogenannten Amyloid-Plaques, die sich im Zellzwischenraum ablagern, sowie die Tau-Neurofibrillen oder „Tangles“, die sich in den Nervenzellen selbst finden. Bereits Alois Alzheimer beschrieb im Jahr 1901 diese beiden charakteristischen Auffälligkeiten im Gehirn der ersten dokumentierten Patientin und auch heute werden diese Veränderungen noch als Ursache der Alzheimer-Demenz gesehen. Der genaue Wirkeffekt der Eiweißablagerungen ist bisher nicht bekannt. Man geht davon aus, dass die frühen Formen dieser verklebten Eiweißbruchstücke die Funktion der Synapsen – also der Nervenübertragungsstellen – und damit der Nervenzellen insgesamt beeinträchtigen. Sie sind auch für andere typische Erscheinungen der fortschreitenden Nervenschädigung wie entzündliche Reaktionen, Funktionsstörungen der Nervenzellen und schließlich den Gehirnfunktionsverlust verantwortlich. Als gesichert gilt, dass diese Veränderungen bereits viele Jahre vor Beginn einer messbaren Demenz im Gehirn beginnen.
Bisher war der Nachweis der krankhaften Eiweißablagerungen im Gehirn – und damit eine definitive Diagnose der Ursache einer Demenzerkrankung – nur mittels mikroskopischer Untersuchung des Gehirngewebes bei der Autopsie eines verstorbenen Patienten möglich. Seit einiger Zeit steht hierfür nun aber das hochempfindliche, nuklearmedizinische Verfahren der Amyloid-Bildgebung mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET) zur Verfügung. Bei lebenden Menschen können hierdurch nicht-invasiv – d.h. ohne einen Eingriff in den Körper – die Eiweißablagerungen im Gehirn sichtbar gemacht werden. Für diese Art der molekularen Bildgebung wird eine kleine, sehr gering radioaktiv markierte Menge einer speziellen Spürsubstanz in eine Armvene injiziert. Diese Substanz bindet an die krankhaften Eiweißablagerungen im Gehirn, so dass diese über die hochempfindlichen PET-Kameras dargestellt werden können. Als eine Art „Mikroskopie von außen” kann dieses Bildgebungsverfahren so zu einer zuverlässigen und frühzeitigen Diagnose der Alzheimer-Erkrankung beitragen.
Auch für die Alzheimer-Forschung ist das Verfahren von großem Nutzen. Für die vielen aktuellen Therapiestudien, die sich mit der Bekämpfung des Amyloid-Eiweißes beschäftigen, ist die Amyloid-Bildgebung ein sehr wichtiger Faktor, um die Eiweißablagerungen zu belegen und später bekämpfen zu können.
Bisher können jedoch leider noch nicht alle offenen Fragen durch die Amyloid-Bildgebung beantwortet werden. Beispielsweise existieren auch eine Reihe von Demenzerkrankungen, die zwar Tau-Ablagerungen aber keine Amyloid-Ablagerungen aufweisen (z.B. Formen der sogenannten frontotemporalen Demenz).
Weiter ist auch noch nicht bekannt, wie viel Zeit zwischen dem ersten Nachweis der Amyloid-Plaques und dem tatsächlichen Auftreten der Demenzsymptome verstreichen kann. Durch die Amyloid-Bildgebung konnte zwar die Annahme bestätigt werden, dass sich die Eiweiß-Ablagerungen offenbar bereits viele Jahre vor Symptombeginn im Gehirn anreichern. Wichtig ist aber, dass der Nachweis von Amyloid im Gehirn noch nicht automatisch mit dem Nachweis einer Demenz gleichzusetzen ist. So ließen sich bei bis zu 30 Prozent der untersuchten, geistig völlig gesunden älteren Menschen mit der Amyloid-Bildgebung bereits auffällige Ablagerungen nachweisen.
Die Amyloid-Bildgebung stellt zudem kein geeignetes Werkzeug für die Verlaufsbeobachtung der Demenz-Erkrankung dar, da sich die Amyloid-Ablagerungen im späteren Erkrankungsstadium offenkundig nicht mehr stark verändern, wohin gegen die Symptomatik der Demenz weiter fortschreitet.
Um Antworten auf diese Fragen finden zu können, erscheint die Kombination der Amyloid-Bildgebung mit anderen Biomarkern als sinnvoll. Aussichtsreich ist hier die neue nuklearmedizinische Technik der Tau-Bildgebung: Als Pendant zur Amyloid-Bildgebung existieren für sie bereits erste Marker, die ebenfalls mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomographie einen Nachweis der Tau-Ablagerungen (Tangles) im Gehirn ermöglichen könnten. Da es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Tau-Ablagerungen im Gehirn und dem Erkrankungsstadium der Demenz zu geben scheint, besteht hierdurch jetzt die Möglichkeit, dass die Tau-Bildgebung den tatsächlichen Beginn des Nervenzellschadens und damit den funktionellen Beginn der Erkrankung sehr viel besser abbildet als die Amyloid-Bildgebung. Die Tau-Bildgebung könnte somit ein geeignetes Werkzeug für die Verlaufsbeobachtung der Alzheimer-Erkrankung darstellen. Da eine gesicherte Diagnose dieser Erkrankung nur durch den Nachweis sowohl der Amyloid- als auch Tau-Ablagerungen gestellt werden kann, erscheint eine Kombination beider Werkzeuge als am besten geeignet.
Die Alzheimer-Demenz bildet ein Schwerpunktthema auf der 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V., der NuklearMedizin 2015. Die Tagung findet vom 22. bis 25. April 2015 in Hannover statt. In bewährter Weise bietet die Kombination aus Kongress, für den national und international renommierte Referenten gewonnen werden konnten, einem interaktiven Fortbildungsprogramm sowie der in Deutschland größten, branchenspezifischen Industrieausstellung eine ideale Plattform für wissenschaftlichen Austausch und Weiterbildung. Damit zählt die NuklearMedizin 2015 zu den international bedeutendsten und größten Tagungen für Nuklearmedizin. In diesem Jahr werden rund 2.000 Teilnehmer – Mediziner, Naturwissenschaftler und medizinisch-technisches Personal – erwartet.
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