Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Mitochondrien übertragen Signale im Immun- und Nervensystem
Neue Einblicke in die Funktion von Mitochondrien bringen Licht in die Schnittstellen zwischen Nerven- und Immunsystem.
Mitochondrien sind vor allem als die Kraftwerke der Zellen bekannt.
Diese Zellorganellen sind aber nicht nur für die Energiebereitstellung von Bedeutung:
Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Konstanze Winklhofer an der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum konnte zeigen, dass Mitochondrien auch eine wichtige Rolle bei der Übertragung von Signalprozessen im angeborenen Immunsystem spielen.
- Sie regulieren einen Signalweg, der zur Ausschaltung von Krankheitserregern führt, aber bei zu langer Aktivierung durch chronische Entzündungen Schaden anrichten kann.
Das Forschungsteam berichtet in der Zeitschrift EMBO Journal vom
17. November 2022.
Schutz vor Bakterien und Viren
- Bestimmte Botenstoffe, aber auch sogenannte intrazelluläre Erreger wie Viren und einige Bakterien aktivieren den Transkriptionsfaktor NF-κB.
Er reguliert die Expression verschiedener Gene.
„Je nach auslösendem
Stimulus und Zelltyp werden dadurch Zellen vor dem Zelltod geschützt und
vermehrt solche Proteine hergestellt, die zur Eliminierung von
Bakterien und Viren beitragen“, erläutert Konstanze Winklhofer. Bei
exzessiver und längerdauernder Aktivierung dieses eigentlich schützenden
Signalweges kann es allerdings zu chronischen Entzündungen kommen.
„Daher ist eine effiziente Regulierung dieser Signalprozesse von großer
medizinischer Relevanz, um pathologische Prozesse infolge einer
ineffizienten oder überschießenden NF-κB-Aktivierung zu vermeiden.“
Zwei Vorteile von Mitochondrien: Sie sind mobil und besitzen eine große Oberfläche
Die aktuelle Studie zeigt erstmals, dass Mitochondrien an der Regulation
des NF-κB-Signalwegs beteiligt sind. Innerhalb weniger Minuten nach
Aktivierung dieses Signalweges formiert sich ein Signalkomplex an der
äußeren mitochondrialen Membran, der die Aktivierung von NF-κB
bewerkstelligt. „Aufgrund der großen Oberfläche von Mitochondrien wird
dadurch das Signal verstärkt“, erklärt Konstanze Winklhofer. „Darüber
hinaus haben Mitochondrien eine weitere Eigenschaft, die sie als
Organellen für Signalweiterleitung prädestiniert: Sie sind mobil und
können an Motorproteine in der Zelle andocken.“ Das Forschungsteam
beobachtete, dass Mitochondrien den aktivierten Transkriptionsfaktor
NF-κB in räumliche Nähe zu seinem Wirkort, dem Zellkern, transportieren
und somit die Aufnahme in den Zellkern erleichtern.
Mitochondrien sind aber nicht nur an der effizienten Aktivierung des
NF-κB-Signalweges beteiligt; sie tragen auch zur Abschaltung und somit
Regulation des Signals bei. Dies wird gewährleistet durch ein Enzym an
der äußeren Membran der Mitochondrien. Es macht eine Veränderung
bestimmter Proteine, die für die Aktivierung notwendig ist, wieder
rückgängig.
Warum Parkinson-Patienten für manche Infekte anfälliger sind
An der mitochondrialen Regulation des NF-κB-Signalweges sind zwei Gene
beteiligt, deren Mutation zur Parkinson-Erkrankung führt:
PINK1 und Parkin.
- „Unsere Daten erklären, warum ein Funktionsverlust von PINK1 oder Parkin zu vermehrtem Zelltod von Nervenzellen unter Stressbedingungen führt“, so Konstanze Winklhofer.
- „Bemerkenswert ist der Befund, dass Parkinson-Patienten mit Mutationen im Parkin- oder PINK1-Gen anfälliger sind gegenüber verschiedenen Infektionen, die durch intrazelluläre Erreger ausgelöst werden. Somit tragen unsere Einblicke auch dazu bei, Schnittstellen zwischen dem Nervensystem und dem Immunsystem besser zu verstehen.“
Förderung
Die Arbeiten wurden gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft
im Rahmen der Forschungsgruppe FOR 2848 und im Rahmen der
Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder im Exzellenzcluster Ruhr
Explores Solvation RESOLV – EXC 2033 – 390677874 – sowie durch die
Michael J. Fox Foundation for Parkinson’s Research.
Prof. Dr. Dr. Konstanze F. Winklhofer
Lehrstuhl Molekulare Zellbiologie
Institut für Biochemie und Pathobiochemie
Medizinische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 28428
E-Mail: konstanze.winklhofer@rub.de
Meike Drießen Ruhr-Universität Bochum
Universitätsstr. 150
44780 Bochum
Postfach 10 21 48
44780 Bochum
Deutschland
Nordrhein-Westfalen
E-Mail-Adresse: info@ruhr-uni-bochum.de
Telefon: 0234/32-26952Fax: 0234/32-14136
E-Mail-Adresse: meike.driessen@presse.rub.de
Originalpublikation:
Zhixiao Wu et al.: LUBAC assembles a ubiquitin signaling platform at mitochondria for signal amplification and transport of NF-ĸB to the nucleus, in: EMBO Journal 2022, DOI: 10.15252/embj.2022112006
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