Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Von der Fettleber zur lebensbedrohlichen Erkrankung: Gründe für einen dramatischen Krankheitsverl
Forschende haben herausgefunden, wie sich die nichtalkoholische Fettlebererkrankung zu einer lebensbedrohlichen Komplikation entwickeln kann.
Ihre Erkenntnisse werden die Suche nach Therapiemöglichkeiten beschleunigen.
Die Studie wurde vom Helmholtz Zentrum München in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Heidelberg und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung geleitet.
Lebergewebe mit Fibrose und rot markierten Kollagenfasern Helmholtz Zentrum München / Anne Loft
Die nichtalkoholische Fettlebererkrankung ist die häufigste Lebererkrankung weltweit und tritt bei etwa 25 Prozent der Weltbevölkerung auf.
- Mehr als 90 Prozent der Übergewichtigen, 60 Prozent der Personen mit Diabetes und bis zu 20 Prozent der Normalgewichtigen entwickeln die Krankheit.
Ihr Hauptmerkmal ist die Ansammlung von Fett in der Leber.
Eine Leber kann verfetten und dennoch normal funktionieren.
- Allerdings können die Fettansammlungen auch zu einer nichtalkoholischen Steatohepatitis führen – einer aggressiven Form der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung, die mit Entzündungen und mitunter Fibrose einhergeht.
- Die nichtalkoholische Steatohepatitis wiederum kann zu weiteren Komplikationen wie Leberzirrhose und primärem Leberkrebs führen und lebensbedrohlich sein.
- Erkranken Menschen mit einer nichtalkoholischen Fettleber zusätzlich an einer Leberfibrose, so ist dies ein starkes Anzeichen für ein erhöhtes Langzeit-Sterberisiko.
Die Mechanismen, die zur Verschlechterung des vergleichsweise guten Zustands einer Fettleber hin zur fortgeschrittenen nichtalkoholischen Steatohepatitis mit Fibrose führen, sind noch nicht vollständig bekannt.
„Wenn wir verstehen, welche Mechanismen eine
Fettleber zur lebensbedrohlichen Erkrankung machen, dann haben wir auch
den Schlüssel gefunden, um nach besseren Therapiemöglichkeiten und
präventiven Maßnahmen zu suchen“, sagt Stephan Herzig.
Identitätsverlust führt zu Fehlfunktion
Mithilfe von Genomanalysen untersuchten die Forschenden Mechanismen, die
die Entwicklung und Funktion der Hepatozyten steuern, dem am häufigsten
vorkommenden Zelltyp in der Leber. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass
Hepatozyten während der Weiterentwicklung zur nichtalkoholischen
Steatohepatitis einen teilweisen Identitätsverlust erleiden, sie werden
umprogrammiert“, erklärt Anne Loft, Erstautorin der Studie.
Die Umprogrammierung der Hepatozyten wird durch ein Netzwerk von
Proteinen, die als molekulare Schalter fungieren (sogenannte
„Transkriptionsfaktoren“) streng kontrolliert. Die Aktivität der
Proteine führt zur Dysfunktion der Hepatozyten. Das Proteinnetzwerk
spielt auch eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung einer Fibrose.
„Diese Erkenntnisse sind wichtig, weil sie die zellulären Mechanismen
entschlüsseln, die der nichtalkoholischen Steatohepatitis zugrunde
liegen. Das Wissen um die Rolle der Proteinnetzwerke und den
Identitätsverlust der Hepatozyten liefert uns potenzielle Zielstrukturen
und Interventionsmöglichkeiten für die Entwicklung wirksamer
Therapien“, sagt Ana Alfaro, ebenfalls Erstautorin der Studie.
Ausblick
Basierend auf diesen Erkenntnissen können Forschende nun neue Ansätze
entwickeln, um bestimmte Knotenpunkte im Proteinnetzwerk gezielt
anzugreifen und so das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern oder
sogar eine bestehende Fibrose rückgängig zu machen, was bisher noch
nicht möglich ist.
Zu den Personen
Stephan Herzig ist Direktor des Helmholtz Diabetes Center am Helmholtz
Zentrum München. Er hat den Lehrstuhl für Molekulare
Stoffwechselkontrolle an der Technischen Universität München inne und
ist Honorarprofessor der Universität Heidelberg. Anne Loft und Ana
Alfaro sind Erstautorinnen der Studie und beide am Helmholtz Zentrum
München tätig. Die Wissenschaftler:innen sind allesamt Teil des
Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).
Helmholtz Zentrum München
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Forschungszentrum die
Mission, personalisierte medizinische Lösungen zur Prävention und
Therapie umweltbedingter Krankheiten für eine gesündere Gesellschaft in
einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Es erforscht das
Entstehen von Volkskrankheiten im Kontext von Umweltfaktoren, Lebensstil
und individueller genetischer Disposition. Besonderen Fokus legt das
Zentrum auf die Erforschung des Diabetes mellitus, Allergien und
chronischer Lungenerkrankungen. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in
Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt
rund 2.500 Mitarbeitende und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft,
der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands mit mehr als 43.000
Mitarbeitenden in 18 Forschungszentren.
Prof. Stephan Herzig
Helmholtz Zentrum München
E-Mail: stephan.herzig@helmholtz-muenchen.de
Verena Schulz Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Ingolstädter Landstr.1
85764 Neuherberg
Deutschland
Bayern
E-Mail-Adresse: verena.schulz@helmholtz-muenchen.de
Originalpublikation:
Loft, Alfaro et al., 2021: Liver
fibrosis-activated transcriptional networks govern hepatocyte
reprogramming and intra-hepatic communication. Cell Metabolism, DOI:
10.1016/j.cmet.2021.06.005
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1550413121002758
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