Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Lebensbedrohliche Pilzinfektionen im Fokus
Sonderforschungsbereich erhält Förderzusage der DFG für weitere vier Jahre
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert den
Sonderforschungsbereich/Transregio (SFB/TR) „FungiNet“ für weitere vier
Jahre mit knapp zehn Millionen Euro. Damit erforschen
Wissenschaftler*innen in Jena und Würzburg gemeinsam im einzigen
Sonderforschungsbereich, der sich mit krankheitserregenden Pilzen
befasst, Infektionsprozesse und neue Therapieoptionen.
Axel Brakhage ist Sprecher des Sonderforschungsbereichs/Transregio (SFB/TR) FungiNet Anna Schroll Leibniz-HKI
Pilzinfektionen sind eine große Herausforderung für die moderne Hochleistungsmedizin.
- Besonders gefährdet sind ältere oder abwehrgeschwächte Patienten, beispielsweise mit Leukämie oder nach einer Organtransplantation.
- Die lebensbedrohlichen Infektionen werden oft zu spät erkannt, Therapiemöglichkeiten sind äußerst begrenzt und die Erreger sind zunehmend resistent gegen die eingesetzten Medikamente.
COVID-19 verschärft das Problem: „SARS-CoV-2 infizierte Patienten haben ein höheres Risiko, ausgehend von den Atemwegen Pilzinfektionen zu entwickeln.
Dabei nimmt auch der Schweregrad der Erkrankungen dramatisch zu“, warnt Axel Brakhage, Sprecher des Sonderforschungsbereichs. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II am Universitätsklinikum Würzburg und Co-Sprecher des SFB/TR ergänzt: „Die in den vergangenen Jahren gewonnenen Erkenntnisse in der Grundlagenforschung ermöglichen uns mehr und mehr, konkrete Anwendungen in der Diagnose und Therapie von schweren Pilzinfektionen zu entwickeln.
In unserer Klinik behandeln wir häufig betroffene Patienten und wissen sehr genau, wo hier die Defizite liegen.
Die FungiNet-Projekte der neuen Förderperiode konzentrieren sich daher besonders auf die Translation der Forschungsergebnisse.“
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im SFB/TR FungiNet untersuchen die krankmachenden Eigenschaften von Pilzen im Labor. Anna Schroll Leibniz-HKI
Lebensbedrohliche Pilzinfektionen verstehen
Wissenschaftler*innen und Mediziner*innen aus Jena und Würzburg haben
sich deshalb zusammengeschlossen, um lebensbedrohliche Infektionen
besser zu verstehen und neue, dringend benötigte Therapieansätze zu
entwickeln. Die DFG richtete bereits 2013 den
Sonderforschungsbereich/Transregio 124 Pathogene Pilze und ihr
menschlicher Wirt: Netzwerke der Interaktion – kurz „FungiNet“ ein und
fördert diesen europaweit einzigartigen Forschungsschwerpunkt.
Expert*innen der Bereiche Mikrobiologie, Immunologie, Klinik,
Bioinformatik und Chemie führten in den ersten beiden Förderperioden
gemeinsam grundlagenorientierte Studien mit den Pilzen Aspergillus
fumigatus und Candida albicans durch. Beide Erreger verursachen in
Europa am häufigsten invasive Pilzinfektionen.
So entwickelten die Forschenden zum Beispiel eine neue
Mikroskopie-Methode, mit der sie die Ausbreitung des Schimmelpilzes
Aspergillus fumigatus in der Lunge untersuchen. Mittels
Lichtblattmikroskopie lässt sich die ganze Lunge betrachten und die
Interaktion zwischen Immunzellen und Pilz wie auf einer 3D-Landkarte
kartieren.
Darüber hinaus konnten die FungiNet-Partner*innen wichtige Erkenntnisse
über Infektionen durch den Hefepilz Candida albicans gewinnen.
- Beispielsweise klärten sie auf, wie dieser durch bestimmte Immunzellen abgetötet werden kann oder wie das Mikrobiom im Darm die Ausbreitung des Pilzes beeinflusst.
Klinische Anwendungen entwickeln
„In den vergangenen Jahren haben wir viel über die Infektionsmechanismen
gelernt. Wir haben sogenannte Virulenzfaktoren – also die
krankmachenden Eigenschaften der Pilze – identifiziert und verstehen
heute viel besser, wie das Immunsystem darauf reagiert“, bilanziert
Brakhage, Direktor des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und
Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut –, der zugleich einen Lehrstuhl
für Mikrobiologie und Molekularbiologie an der
Friedrich-Schiller-Universität Jena innehat.
„Unser Fokus liegt im dritten Förderabschnitt klar auf der Translation,
der Übertragung dieser Erkenntnisse in klinische Anwendungen zum
Patienten“, betont der SFB-Sprecher weiter. Deshalb wird das
FungiNet-Team in der kommenden Förderphase von Wissenschaftler*innen aus
dem klinischen Umfeld verstärkt. Die Forschenden wollen unter anderem
sogenannte Biomarker identifizieren, um die schwierige Diagnose der
Pilzinfektionen zu verbessern. Darüber hinaus werden sie neue
Therapieansätze in präklinischen Studien evaluieren. Große Erwartungen
liegen auf bestimmten Zellen des Immunsystems, wie den T-Zellen oder den
Natürlichen Killerzellen. Sie sind lernfähig und lassen sich
trainieren, um eindringende Pilzerreger zu bekämpfen. Dazu zählt auch
die Evaluierung von extrazellulären Vesikeln von Immunzellen als neue
therapeutische Option. Auch technologische Fortschritte in der
Bioinformatik und der Bildgebung will der SFB FungiNet vorantreiben und
ein virtuelles Infektionsmodell optimieren.
Der Sonderforschungsbereich im Überblick
Seit Oktober 2013 arbeiteten gut 30 leitende Wissenschaftler*innen der
Universität Jena, des Universitätsklinikums Jena und des Leibniz-HKI
gemeinsam mit Kolleg*innen der Universität Würzburg und ihrem Klinikum
in 18 Teilprojekten zusammen. Obendrein entstehen mehr als 30
Arbeitsplätze für Promovierende und Postdocs in Jena und Würzburg. Die
Gesamtfördersumme für alle drei Förderperioden und einen Gesamtzeitraum
von zwölf Jahren liegt bei insgesamt rund 27 Millionen Euro.
In der zweiten Förderperiode von 2017 bis 2021 konnten die
Wissenschaftler*innen insgesamt 190 gemeinsame Publikationen
veröffentlichen, darunter in Fachzeitschriften wie Cell, Nature, Nature
Communications oder Science Immunology.
Aufgrund dieser wissenschaftlichen Erfolge hat FungiNet einen großen
Teil zur Entwicklung beider Standorte beigetragen: So war der SFB/TR ein
wichtiger Ausgangspunkt für den Exzellenzcluster Balance of the
Microverse in Jena.
Prof. Dr. Axel A. Brakhage
Sprecher Sonderforschungsbereich / Transregio „FungiNet“
axel.brakhage@leibniz-hki.de
Dr. Michael Ramm Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (HKI)
Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
Deutschland
Thüringen
Telefon: +49 3641 5321011
Fax: +49 3641 5320801
E-Mail-Adresse: michael.ramm@leibniz-hki.de
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