Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit:Wie die Schilddrüse stressbedingte Herzprobleme beeinflusst
- Brustschmerz, Atemnot, Herzstolpern und Herzklopfen:
Diese Symptome charakterisieren nicht nur einen Herzinfarkt, sondern können auch durch ein anderes, noch wenig erforschtes Krankheitsbild hervorgerufen werden.
Bei der sogenannten Takotsubo-Kardiomyopathie handelt es sich um eine seltene, aber lebensbedrohliche Erkrankung des Herzens, die bei extremen Stressereignissen eintreten kann.
Teams aus Herz- und Hormonforschung in Bochum und Mannheim haben jetzt gezeigt, dass offenbar ein starker Zusammenhang besteht zwischen dem Auftreten eines Takotsubo-Syndroms und einer gestörten Schilddrüsenfunktion von Betroffenen.
Johannes Dietrich und Assem Aweimer (rechts) haben das Broken Heart Syndrome näher untersucht. M. Kalwey M. Kalwey, Bergmannsheil
Die multizentrische Studie, an der federführend das
Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinikum Bergmannsheil, Klinikum
der Ruhr-Universität Bochum (RUB), beteiligt war, wurde am 12. November
2020 im Journal of Internal Medicine publiziert.
- Schwerwiegende Funktionsstörung des Herzmuskels
Die Takotsubo-Kardiomyopathie – auch Stress-Kardiomyopathie oder Broken
Heart Syndrome genannt – ist als Krankheitsbild erst seit rund 30 Jahren
bekannt.
- Sie ist gekennzeichnet durch eine akute schwerwiegende Funktionsstörung des Herzmuskels, meist ausgelöst durch eine extreme emotionale und psychische Belastungssituation.
Frühzeitig erkannt und richtig behandelt, ist die Prognose für die meisten Patienten günstig.
Allerdings kann es in der Akutphase der Erkrankung zu komplizierten und sogar lebensgefährlichen Verläufen kommen.
- Forscher vermuteten schon länger, dass es eine enge Beziehung zwischen dem Auftreten einer Takotsubo-Kardiomyopathie und Erkrankungen der Schilddrüse gibt.
Eine
Arbeitsgruppe aus Bochum und Mannheim hat jetzt in einer größeren
Fallserie Patienten mit Takotsubo-Syndrom systematisch hinsichtlich
ihres Schilddrüsenstoffwechsels untersucht und sie mit Gesunden und mit
Personen nach einem Herzinfarkt verglichen.
Mithilfe künstlicher Intelligenz und systembiologischen Modellen fand
sich ein starker Zusammenhang zwischen Schilddrüsenfunktion und
Takotsubo-Syndrom, und zwar in zwei Unterformen.
Bei der einen Form,
endokriner Typ genannt, liegt eine Überfunktion der Schilddrüse vor, die
zur Entwicklung der Herzkrankheit beiträgt.
Die zweite Form, der
sogenannte Stresstyp, ist durch einen erhöhten Sollwert der
Schilddrüsenregulation bedingt, der wahrscheinlich direkt mit dem
Stressereignis zusammenhängt. Hierbei ist kein direkter Beitrag der
kreislaufrelevanten Schilddrüsenhormone auf das Herz nachweisbar.
Wie Hormone die Herzempfindlichkeit beeinflussen
„Es war bislang unklar, warum sich Stressereignisse sehr unterschiedlich
auf das Herz auswirken“, erklärt Dr. Assem Aweimer, Oberarzt der
Kardiologischen Klinik im Bergmannsheil.
„Die Ergebnisse unserer Studie liefern ein neues Erklärungsmodell, das eine erhöhte Empfindlichkeit des Herzmuskels für Stresshormone auf eine Sensibilisierung durch Schilddrüsenhormone zurückführt.“ Privatdozent Dr. Johannes Dietrich, Oberarzt der Medizinischen Klinik I im Bergmannsheil, ergänzt:
„Die Ergebnisse der Studie streichen die Bedeutung psychoendokriner Zusammenhänge auch bei schweren Erkrankungen heraus.
Die
Schilddrüsenfunktion könnte künftig als Biomarker für den individuellen
Entstehungsmechanismus eines Takotsubo-Syndroms dienen und helfen, die
medikamentöse Therapie personalisiert zu optimieren.“
Originalveröffentlichung
Assem Aweimer et al.: Abnormal thyroid function is common in Takotsubo
syndrome and depends on two distinct Mechanisms: Results of a
multicenter observational study, in: Journal of Internal Medicine, 2020,
DOI: 10.1111/joim.13189, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/joim.13189
Robin Jopp
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH
Tel.: +49 234 302 6125
E-Mail: robin.jopp@bergmannsheil.de
Meike Drießen Ruhr-Universität Bochum
Universitätsstr. 150
44780 Bochum
Postfach 10 21 48
44780 Bochum
Deutschland
Nordrhein-Westfalen
E-Mail-Adresse: info@ruhr-uni-bochum.de
Telefon: 0234/32-26952Fax: 0234/32-14136
E-Mail-Adresse: meike.driessen@presse.rub.de
Originalpublikation:
Assem Aweimer et al.: Abnormal thyroid function is common in Takotsubo syndrome and depends on two distinct Mechanisms: Results of a multicenter observational study, in: Journal of Internal Medicine, 2020, DOI: 10.1111/joim.13189, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/joim.13189
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