Medizin am Abend Berlin -MaAB-Fazit: Studie zu neuartigem Epilepsie-Hirnschrittmacher
Kürzlich zugelassenes Gehirn-Stimulationssystem soll mittels Künstlicher Intelligenz beginnende epileptische Anfälle erkennen und unterbrechen / Neue Option bei Medikamentenresistenz / Studie am Universitätsklinikum Freiburg soll Behandlung stark personalisieren
Bei mehr als 250.000 Epilepsiepatient*innen in Deutschland helfen Medikamente nicht oder nicht ausreichend.
- Ende September ist nun der weltweit erste minimalinvasive Hirnschrittmacher für Epilepsiepatient*innen zugelassen worden, der die Anfallshäufigkeit und Stärke deutlich reduzieren kann.
Die europäischen Zulassungsstudien
wurden am Epilepsiezentrum des Universitätsklinikums Freiburg geleitet.
In einer Folgestudie im Rahmen des Projekts Brain-MEP untersucht nun das
Forschungsteam um Prof. Dr. Andreas Schulze-Bonhage, Leiter des
Epilepsiezentrums der Klinik für Neurochirurgie des
Universitätsklinikums Freiburg, wie mittels Künstlicher Intelligenz
bereits erste Anfallssignale erkannt und durch gezielte Stimulation
unterbrochen werden können, sodass es gar nicht erst zu einem Anfall
kommt. Außerdem wollen die Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen
herausfinden, welche Patient*innen von der Behandlung besonders
profitieren, um sie gezielt anbieten zu können. Die Studie läuft
voraussichtlich bis Frühjahr 2024.
„Der Hirnschrittmacher kann das Leben von vielen Epilepsiepatient*innen
fundamental verändern. Wir können damit Menschen, die teils Jahrzehnte
unter einer nicht-behandelbaren Epilepsie gelitten haben, sehr
erfolgreich therapieren“, sagt Studienleiter Schulze-Bonhage. Die dünne
Membran des Stimulators wird unter der Kopfhaut platziert und verringert
das Anfallsgeschehen durch leichte elektrische Impulse, die der
Schrittmacher an das Gehirn abgibt.
Die wirksame Therapie weiter personalisieren
„Wir konnten bereits zeigen, dass der Hirnschrittmacher sehr wirksam
ist, wenn damit ein festgelegtes Hirnareal täglich 30 Minuten lang
leichte elektrische Stimulationen erfährt. Mit der neuen Studie möchten
wir einen Schritt weitergehen. Dann soll die Stimulation sehr schnell
dann erfolgen, wenn Anfall beginnt“, so Schulze-Bonhage. Dabei soll über
ein sogenanntes closed-loop-System die Hirnaktivität anhand eines
eingebauten Elektroenzephalogramms (EEG) dauerhaft gemessen werden.
Mittels Künstlicher Intelligenz sollen dann typische Signale zu Beginn
eines Anfalls identifiziert werden und eine geeignete Stimulation
auslösen. „Außerdem möchten wir noch genauer verstehen, für wen die
Behandlung besonders vielversprechend ist. So könnten wir die
Stimulation gezielt diesen Epilepsie-Patient*innen anbieten“, erklärt
Schulze-Bonhage. Die Studie wird anhand bestehender und neu in der
Studie gewonnener Patient*innendaten durchgeführt.
Kleiner Eingriff, große Wirkung
Der Hirnschrittmacher wurde in bisherigen Studien bei Menschen
eingesetzt, bei denen jahrelange medikamentöse Therapieversuche nicht
ausreichend wirkten und bei denen ein epilepsiechirurgischer Eingriff
ins Gehirn nicht in Frage kam.
Das System wird unter der Kopfhaut
platziert. Ein Öffnen des Schädelknochens ist nicht notwendig, was das
Risiko eines solchen Eingriffs im Vergleich zu einer offenen
Gehirn-Operation weiter reduziert. In den Zulassungsdaten ließ sich für
viele der behandelten Patient*innen ein deutlicher Vorteil nachweisen,
was Häufigkeit und Stärke der Anfälle anging. Ein Patient konnte mit dem
System sogar auftretende Anfälle akut beenden und damit motorische
Anfälle um rund 75 Prozent reduzieren.
Was zunächst für Epilepsie-Patient*innen entwickelt wird, könnte künftig
auch bei weiteren neurologischen Erkrankungen eingesetzt werden, bei
denen es heute nur unzureichende Behandlungen gibt, etwa für die
Rehabilitationsunterstützung nach einem Schlaganfall, die Behandlung von
schweren Depressionen oder von abgegrenzten, chronischen Schmerzen.
Geleitet wird das Gesamtprojekt BRAIN-MEP durch das
Medizintechnik-Unternehmen Precisis GmbH, auch die technische Fakultät
der Universität Freiburg ist mit Projekten an der Weiterentwicklung des
Hirnschrittmachers beteiligt.
Prof. Dr. Andreas Schulze-Bonhage
Leiter
Prächirurgische Epilepsiediagnostik – Epilepsiezentrum
Klinik für Neurochirurgie
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-45250
andreas.schulze-bonhage@uniklinik-freiburg.de
Breisacher Straße 153
79110 Freiburg
Deutschland
Baden-Württemberg
Benjamin Schoch-Waschow
Telefon: (0761) 270 - 19090
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E-Mail-Adresse: benjamin.waschow@uniklinik-freiburg.de
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