Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Wie die Kommunikation von Hodentumoren mit dem umliegenden Mikromilieu den Therapieerfolg beeinflusst
Forschende des Universitätsklinikums Düsseldorf untersuchen den Einfluss des Tumor-Mikromilieus auf die Resistenzentwicklung bei der Cisplatin-basierten Chemotherapie von Hodentumoren.
- Sie konnten zeigen, dass die Wechselwirkung zwischen Hodentumorzellen mit den umliegenden Zellen des Immunsystems oder des Bindegewebes die Resistenz-Entwicklung der Tumorzellen beeinflusst.
Zudem wurde die Interaktion zwischen Tumor- und Mikromilieu-Zellen detailliert aufgeschlüsselt, um Therapieziele zu identifizieren.
Die Studie wurde von der Wilhelm Sander-Stiftung gefördert und jüngst in der renommierten Fachzeitschrift Molecular Oncology publiziert.
Fluoreszenzaufnahme der Interaktion von Keimzelltumor-Zellen (grün) und Endothelzellen (rot) in einem 3D-Kultursystem (Zellkerne blau). Die linke Hälfte zeigt die einzelnen Zellpopulationen, die rechte Seite deren Interaktion. © HHU / Daniel Nettersheim
- Testikuläre Keimzelltumoren, auch Hodentumoren genannt, treten insbesondere bei jungen Männern im Alter von 15 - 45 Jahren auf.
- Insbesondere in westlichen Ländern steigt die Anzahl der Neuerkrankungen stetig - hier werden Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel die Exposition gegenüber Chemikalien die hormonähnlich wirken, als Ursache vermutet.
Im klinischen Alltag werden diese Patienten in der Regel mit der chirurgischen Entfernung des Hodens und einer Cisplatin-basierten (ein anorganischer Arzneistoff aus der Klasse der Zytostatika mit einem zentralen Platin-Atom) Chemotherapie behandelt.
- Obwohl die Heilungschancen durch die Chemotherapie sehr vielversprechend sind, erleiden bis zu 15 % der Patienten einen Rückfall aufgrund einer Therapie-Resistenzentwicklung, welche mit einer verminderten Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert ist.
Die genauen molekularen
Ursachen, die zu der Entstehung einer Cisplatin-Resistenz führen können,
sind jedoch trotz der fast 50-jährigen Erfahrung in der Klinik
weiterhin nur unzureichend aufgeklärt.
- Die Sensitivität von Tumorzellen gegenüber der Chemotherapie kann durch die um den Tumor umliegenden Immun- oder Bindegewebszellen (z. B. Fibroblasten) beeinflusst werden.
Diese werden dem sogenannten „Tumor-Mikromilieu“ zugeordnet. Aufgrund des direkten Austauschs von Signalproteinen und Wachstumsfaktoren können somit die Zellen des Mikromilieus die Cisplatin-Sensitivität der Tumorzellen negativ beeinflussen.
Das Forscherteam um Prof. Dr. Daniel Nettersheim hat diese Interaktion
zwischen Keimzelltumor-Zellen und Mikromilieu-Komponenten in einem
3D-Modellsystem detailliert analysiert, um neue therapeutische
Zielmoleküle und Signalkaskaden zu identifizieren sowie die molekulare
Kommunikation dieser Tumor-Mikromilieu-Interaktion zu verstehen.
Basierend auf massenspektrometrischen Messungen ist die Gesamtheit der
sekretierten Faktoren der Tumor- und Mikromilieu-Zellen, das sogenannte
Sekretom, erfasst worden. Außerdem untersuchten die Forschenden die
Veränderungen im Transkriptom (Gesamtheit aller RNA-Moleküle) nach
direkten Zell-Zell-Kontakt in einem 3D-Kultursystem. Hier zeigten sie,
dass insbesondere die Interaktion von Keimzelltumor-Zellen mit
Fibroblasten oder Endothelzellen (bilden die innerste Zellschicht der
Blutgefäße), die Sensitivität gegenüber Cisplatin reduziert. So wurden
entsprechende Signalwegsmoleküle, die in der Resistenzentwicklung eine
Rolle spielen könnten, identifiziert. Zudem wiesen sie nach, dass
Bestandteile der extrazellulären Matrix, wie Kollagene und Fibronektine,
die Cisplatin-Sensitivität in den Tumorzellen vermindert, während
tumorfördernde Eigenschaften, wie Migration und Adhäsion, verstärkt
wurden.
„Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen den starken Einfluss des
Mikromilieus auf die Keimzelltumoren sowie den Therapieerfolg und
zeigen, dass diese Tumor-Mikromilieu-Interaktion in weiteren
Forschungsprojekten adressiert werden muss“, fasst Nettersheim die
Studienergebnisse zusammen, welche in der renommierten Fachzeitschrift
Molecular Oncology frei zugänglich publiziert wurden.
„Dieses Projekt verdeutlicht zudem wie wichtig die wissenschaftliche
Kooperation ist und wie Projekte gemeinsam wachsen können“ führt Dr.
Margaretha Skowron, Erstautorin der Studie, weiter aus. In diesem
Forschungsprojekt kooperierten Forschende der Universitätsklinika
Düsseldorf, Bonn, Ulm und Essen. Entscheidende Analysen wurden in enger
Zusammenarbeit mit den „Core Facilities“ „Molecular Proteomics
Laboratory“ und „Genomics & Transcriptomics“ des
Biologisch-Medizinisches Forschungszentrums (BMFZ), der „Core Flow
Cytometry Facility“ und des „Center for Advanced Imaging“ der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf durchgeführt.
Vice versa wird zukünftig ein Fokus der Forschenden auf dem Einfluss der
Tumorzellen auf die Mikromilieu-Zellen liegen. Hier im Besonderen auf
den Fibroblasten, um die Prozesse aufzuklären, die zu einer Aktivierung
dieser Fibroblasten zu krebsassoziierten Fibroblasten führen und die
Zellen so verändern, dass sie das Tumorwachstum unterstützen.
Vereinfachte Zusammenfassung des Aufbaus der Studie. Veränderungen im
Transkriptom wurden nach 3D-Co-Kultur untersucht. Das Sekretom der
Zellpopulationen wurde mittels Massenspektrometrie vermessen. Erstellt
mit BioRender.com. © HHU / Daniel Nettersheim
Susanne Blödgen
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Prof. Dr. rer. nat. Daniel Nettersheim
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Urologisches Forschungslabor
Translationale UroOnkologie
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Originalpublikation:
Skowron MA, Eul K, Stephan A, Ludwig GF, Wakileh GA, Bister A, Söhngen C, Raba K, Petzsch P, Poschmann G, Kuffour EO, Degrandi D, Ali S, Wiek C, Hanenberg H, Münk C, Stühler K, Köhrer K, Mass E, Nettersheim D. Profiling the 3D interaction between germ cell tumors and microenvironmental cells at the transcriptome and secretome level. Mol Oncol. 2022 Jul 11. doi: 10.1002/1878-0261.13282.
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de
http://www.uniklinik-duesseldorf.de/forschungslabor-urologie
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