Medizin am Abend Berlin Fazit: Politischen Handlungsdruck
Studie des IEGUS Instituts und des RWI: Steigender Bedarf an Pflegeplätzen, Fachkräftemangel und erschwerte Bedingungen für Investoren stellen die Altenpflegewirtschaft vor große Herausforderungen
Als Folge der zunehmenden Alterung der deutschen Bevölkerung wird es bis zum Jahr 2030 voraussichtlich 720 000 zusätzliche Pflegebedürftige geben.
Für sie werden zwischen 145 000 und 320 000 neue stationäre Pflegeplätze benötigt werden.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Instituts für europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft (IEGUS) und des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.
- Sie untersucht, was der wachsende Bedarf an ambulanter und stationärer pflegerischer Versorgung für die Weiterentwicklung der pflegerischen Infrastruktur und deren nachhaltige Finanzierung bedeutet.
Der demografische Wandel und der medizinisch-technische Fortschritt ermöglichen die Chance auf ein längeres Leben, auf der anderen Seite sind immer mehr (ältere) Menschen auf pflegerische Unterstützung und Begleitung im Alltag angewiesen.
Den Prognoserechnungen der Studie zufolge werden daher bis zum Jahr 2030 zusätzlich zwischen 31 000 und 72 000 Vollzeitäquivalente in der stationären sowie 30 000 bis 64 000 Vollzeitäquivalente in der ambulanten Pflege benötigt.
„Der zunehmende Fachkräftemangel in der Pflege ist längst bekannt; die Konsequenz ist eine Beeinträchtigung der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung der Branche“, so Ansgar Wübker, stellvertretender Leiter des RWI-Kompetenzbereichs „Gesundheit“.
Zwar ist der Engpass nicht in allen Bundesländern gleich hoch, es gibt jedoch kein Bundesland, in dem das Fachkräfteangebot rein rechnerisch den (gemeldeten) Bedarf deckt.
Nur die Hälfte aller Pflegeeinrichtungen ist wirtschaftlich gesund
- Neben der personellen ist auch die finanzielle Situation vieler Pflegeeinrichtungen schwierig. So waren im Jahr 2011 im Durchschnitt nur 56 Prozent der Einrichtungen voll investitionsfähig, konnten also ihre Kapitalkosten so finanzieren, dass ein reibungsloser Betrieb möglich war. Die Streichung der Investitionsförderung der Bundesländer seit dem Jahr 2011 dürfte dazu beigetragen haben, dass der Anteil der voll investitionsfähigen Pflegeeinrichtungen weiter gesunken ist.
Die Bedeutung von privaten Anbietern sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Pflege nimmt kontinuierlich zu:
Im Jahr 2011 wurden bereits 49 Prozent aller ambulanten und 35 Prozent aller stationären Pflegefälle von privaten Versorgern betreut.
„Durch immer neue Vorgaben, wie etwa die aktuell beschlossenen Heimgesetze auf Länderebene sowie bundeslandspezifische Regularien zur Entgeltabrechnung, erschwert die Politik das dringend benötigte Engagement privater Investoren“, sagt Grit Braeseke, wissenschaftliche Leiterin bei IEGUS.
- Um die Versorgungssicherheit bei weiter steigender Nachfrage zu gewährleisten, sind die Kommunen in besonderer Weise auf privates Kapital angewiesen. Steigen doch die Ausgaben der Kommunen für die Hilfe zur Pflege, einer bedarfsorientierten Sozialleistung, seit einiger Zeit wieder an.
- Während die effektive Ausgabenbelastung im Jahr 2007 noch um 17 Prozent durch Einnahmen gesenkt werden konnten, waren es im Jahr 2012 nur noch 13,5 Prozent.
Mit Prävention und Qualifikation dem demografischen Wandel begegnen
Um den ökonomischen Herausforderungen in der Altenpflegewirtschaft wirkungsvoll zu begegnen, empfehlen die Wissenschaftler folgende Maßnahmen:
- Aktive Nutzung der Präventionspotenziale, um den Eintritt des Pflegebedarfs zu verzögern. Dies lässt sich durch eine sektorenverbindende Versorgung erreichen. Des Weiteren sollten die Kommunen zur Verbesserung der pflegerischen Infrastruktur eine stärkere Rolle in der Planung und Koordination der einzelnen Akteure vor Ort einnehmen.
- Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, ist u. a. das Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsqualifikationen bundesweit zu vereinheitlichen. Nach dem Vorbild Niedersachsens sollte die Ausbildung zur Pflegeassistenz in allen Bundesländern eingeführt werden.
- Zur Förderung und Stärkung privater Investoren sollten rechtliche Vorgaben auf das Notwendigste begrenzt bleiben und auf Einzelvorschriften, z. B. zu Einrichtungsgrößen, verzichtet werden.
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt:
Dr. Grit Braeseke (IEGUS), Tel.: 030 / 98 31 22 24, E-Mail: grit.braeseke@iegus.eu
Prof. Dr. Ansgar Wübker (RWI), Tel.: 0201 / 81 49 242, E-Mail: ansgar.wuebker@rwi-essen.de
Katharina Fischer (RWI), Tel.: 0201 / 81 49 244
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.rwi-essen.de/media/content/pages/publikationen/rwi-projektberichte/rw...- Endbericht: Ökonomische Herausforderungen der Altenpflegewirtschaft
http://www.rwi-essen.de/media/content/pages/publikationen/impact-notes/rwi_impac...
- RWI Impact Note "Herausforderungen für die Altenpflege der Zukunft"
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