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BMW BERLIN-MARATHON 2015: Gleichgewichtsorgan Innenohr (Rückenmark + Hirnstamm)

Medizin am Abend Berlin Fazit:     Gleichgewichtsorgan - Flexibler Sensor

LMU-Forscher zeigen, wie sich die Sensitivität des Innenohres während einer Bewegung anpasst, – die Voraussetzung, damit der Körper im Gleichgewicht bleibt. 
 
Beim Joggen bewegen sich Kopf und Körper des Läufers stark hin und her, dennoch fühlt sich der Läufer nicht schwindelig, wie es etwa bei einer Achterbahnfahrt der Fall wäre.

http://www.schuetzdeinenkopf.de/LSHT_home/


  • Das verdankt er seinem Gleichgewichtsorgan. 

  • Es sorgt dafür, dass der Läufer Kopf- und Augenbewegungen beim Joggen unbewusst ausgleicht. 

Dafür ist es notwendig, dass die Haarsinneszellen im Innenohr sowohl kleinste als auch große Bewegungen richtig wahrnehmen, um eine angemessene Gegenbewegung auslösen zu können.

Dr. Boris Chagnaud, Roberto Banchi und Professor Hans Straka vom Department Biologie II der LMU in Zusammenarbeit mit Professor John Simmers von der Universität Bordeaux konnten nun erstmals zeigen, wie das Rückenmark über die Entladung von Neuronen die Sensitivität der Haarsinneszellen an den jeweiligen Bewegungsreiz anpasst. Über die Ergebnisse berichten die Neurobiologen aktuell in der Fachzeitschrift Nature Communications.

„Wir haben gar keine Empfindung dafür, was Bewegung wirklich ist, weil unsere Gleichgewichtsorgane sofort gegensteuern. Das Innenohr hält uns im Gleichgewicht, ohne dass wir uns dessen bewusst sind“, sagt Boris Chagnaud.

Am Beispiel von Kaulquappen haben die Forscher untersucht, wie es demselben Sensor, nämlich den Haarsinneszellen im Innenohr, gelingt, sowohl kleine als auch große Bewegungen wahrzunehmen und die jeweils angemessenen Gegenbewegungen auszulösen. Das Gleichgewichtsorgan von Kaulquappen funktioniert nach demselben Prinzip wie das von Menschen. Die einzelnen Bauteile, das heißt die Haarsinneszellen und auch das Rückenmark, sind beinahe identisch aufgebaut.

Entscheidende Impulse

Sobald sich die Kaulquappe bewegt, also schwimmt, senden Nervenzellen im Rückenmark elektrische Impulse aus. „Durch die Entladung der Neuronen wird die Sensitivität im Innenohr während der Fortbewegung heruntergefahren“, sagt Boris Chagnaud. Sobald die Haarsinneszellen weniger sensitiv sind, können sie große Reizamplituden, wie sie beim Schwimmen im Innenohr der Kaulquappe entstehen, wahrnehmen und die entsprechenden Signale senden, die ein angemessenes Gegensteuern veranlassen.

Gesteuert wird der Prozess über das Rückenmark, das in einem ständigen Kreislauf Signale an die sogenannten efferenten Neuronen im Hirnstamm schickt, noch bevor die Muskeln die nächste Bewegung initiieren.

  • Es kündigt quasi an, auf welche Bewegung sich das Gleichgewichtsorgan einstellen muss. 

„Das Feedforward-Prinzip ist entscheidend, um die Sensitivität der Haarsinneszellen auf die nächste Bewegung vorzubereiten“, sagt Chagnaud.

  • „Das Rückenmark übt eine direkte Kontrolle auf die Sensitivität unseres Gleichgewichtsorgan aus. 

Das zeigt nicht nur, wie wichtig die Interaktion zwischen motorischen und sensorischen Systemen ist, sondern auch, wie wichtig das Zusammenspiel verschiedener neuronaler Komponenten – in diesem Fall von Rückenmark und Hirnstamm – ist.

Die Evolution hat somit einen sehr eleganten Weg gefunden, wie sich die Auswirkungen von Bewegungen auf unseren Körper nicht nur vorhersagen, sondern gleichzeitig auch kompensieren lassen.“

In einem nächsten Schritt wollen die Forscher untersuchen, ob alle Haarsinneszellen im menschlichen Innenohr gleichermaßen von Efferenzen betroffen sind oder ob es spezialisierte Haarsinneszellen gibt, die gezielt bei langsamen oder schnellen Bewegungen Signale empfangen.


Medizin am Abend Berlin DirektKontakt:

Dr. Boris Chagnaud
Department Biologie der LMU
Tel.: 089 / 2180-74298
E-Mail: b.chagnaud@lmu.de

http://www.neuro.bio.lmu.de/members/systems_neuro_straka/chagnaud_b/index.html

Luise Dirscherl Ludwig-Maximilians-Universität München

Publikation:
Boris P. Chagnaud u.a.:
„Spinal corollary discharge modulates motion sensing during locomotion“
In: Nature Communications 2015, doi: 10.1038/NCOMMS8982

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