Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Nächtliche Hitze erhöht das Risiko für Schlaganfälle deutlich
In einer aktuellen Studie zeigen Forschende von Helmholtz Munich und der Universitätsklinik Augsburg, dass nächtliche Hitze das Risiko für Schlaganfälle deutlich erhöht.
Die Erkenntnisse können dazu beitragen, präventive Maßnahmen zu entwickeln:
Mit ihnen kann sich die Bevölkerung besser vor den Risiken des Klimawandels mit zunehmend häufiger auftretenden heißen Nächten schützen.
- Zudem lässt sich mit dem Wissen um die Folgen heißer Nächte die Patientenversorgung in Kliniken verbessern.
Der Klimawandel hat immer mehr extreme Wetterereignisse zur Folge.
Dazu gehören extrem heiße, sogenannte tropische Nächte. Das Forschungsteam um Dr. Alexandra Schneider hat die Auswirkungen nächtlicher Hitze auf das Schlaganfallrisiko untersucht.
„Wir wollten
verstehen, inwiefern hohe Nachttemperaturen ein Gesundheitsrisiko
darstellen“, sagt die Leiterin der Arbeitsgruppe Environmental Risks bei
Helmholtz Munich. „Das ist deshalb von Bedeutung, weil durch den
Klimawandel die nächtlichen Temperaturen deutlich schneller zunehmen als
die Tagestemperaturen.“
Daten zu 11.000 Schlaganfällen aus 15 Jahren
In ihrer Untersuchung haben die Forschenden Daten des
Universitätsklinikums Augsburg analysiert. Dessen Abteilung für
Neurologie hatte über 15 Jahre Daten zu rund 11.000 Schlaganfällen
erhoben. Die Auswertung zeigt, dass extreme nächtliche Hitze das
Schlaganfallrisiko um sieben Prozent erhöht. „Insbesondere ältere
Menschen und Frauen sind gefährdet, wobei in den Kliniken nach heißen
Nächten vor allem Schlaganfälle mit milden Symptomen diagnostiziert
werden“, sagt der Erstautor der Studie, Dr. Cheng He: „Unsere Ergebnisse
machen deutlich, dass Anpassungen in der Stadtplanung und im
Gesundheitswesen extrem wichtig sind, um die Risiken durch die
steigenden Nachttemperaturen zu verringern.“ Dies gelte umso mehr, da
„wir zeigen konnten, dass das Risiko eines Schlaganfalls in Verbindung
mit hohen nächtlichen Temperaturen in der Periode 2013 bis 2020 im
Vergleich zur Periode 2006 bis 2012 deutlich zugenommen hat“, wie Prof.
Michael Ertl, Leiter der Stroke Unit und der neurovaskulären
Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Augsburg betont. So hatten heiße
Nächte von 2006 bis 2012 im Untersuchungsgebiet jährlich zwei
zusätzliche Schlaganfälle zur Folge, von 2013 bis 2020 waren es jährlich
33 zusätzliche Fälle.
Empfehlungen für Anpassungsstrategien und Stadtplanung
Die Forschenden planen, ihre Ergebnisse nutzbar für die Praxis zu
machen. Dazu arbeiten sie an Empfehlungen für öffentliche
Anpassungsstrategien und Stadtplanung mit, um beispielsweise die
Intensität städtischer Hitzeinseln zu reduzieren. Ziel ist es, die
Bevölkerung vor den Auswirkungen nächtlicher Hitze besser zu schützen.
Außerdem soll die Studie als Grundlage für weitere Forschung dienen, um
gezielte Präventionsmaßnahmen gegen schlaganfallfördernde Faktoren zu
entwickeln. „Je früher diese Präventionsmaßnahmen zum Einsatz kommen,
desto besser“, sagt Alexandra Schneider. Auch für Kliniken sind die
Ergebnisse der Studie von großer Bedeutung. Sie können sich in Zukunft
auf die Schlaganfallhäufigkeit besser einstellen:
Wenn die Wetterprognose eine heiße Nacht vorhersagt, ist zu erwarten, dass mehr Fälle in die Kliniken kommen.
Diese können dann vorsorglich mehr
Personal für die Versorgung der Patient:innen bereitstellen, erklärt
Prof. Markus Naumann, Direktor der Neurologischen Uniklinik in Augsburg.
Hintergrund: Was sind Tropische Nächte?
- „Tropische Nächte“ werden anhand des so genannten „Hot Night Excess Index“ (HNE) definiert. Er misst, wie stark die Temperaturen nachts über einen gewissen Schwellenwert steigen.
Der Schwellenwert ist diejenige
Temperatur, die nur in den fünf Prozent wärmsten Nächten während des
gesamten Untersuchungszeitraums überschritten wird. In der vorliegenden
Studie liegt dieser Wert bei 14,6 °C. Wenn die Temperaturen nachts über
diesen Wert steigen, wird das als tropische Nacht gewertet. Der
HNE-Index summiert, wie viel Grad die Temperaturen über diesem
Schwellenwert in den Nachtstunden liegen, um die Intensität der Hitze zu
bestimmen.
Über die Wissenschaftler:innen
Dr. Alexandra Schneider, Leiterin der Arbeitsgruppe Environmental Risks bei Helmholtz Munich
Dr. Cheng He, Postdoc und Erstautor der Studie bei Helmholtz Munich
Prof. Michael Ertl, Leiter der Stroke Unit und der neurovaskulären Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Augsburg
Prof. Markus Naumann, Direktor der Neurologischen Uniklinik in Augsburg
Über Helmholtz Munich:
Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum.
Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere
Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln.
Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren umweltbedingte
Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes,
Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels
künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden
ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich
zählt mehr als 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in
München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr
als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte
Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich
(Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit
und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de
Verena Coscia
Ingolstädter Landstr.1
85764 Neuherberg
Deutschland
Bayern
Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Dr. Alexandra Schneider, Leiterin der Arbeitsgruppe Environmental Risks bei Helmholtz Munich:
https://www.helmholtz-munich.de/en/epi/pi/alexandra-schneider
Originalpublikation:
Cheng He et al., 2024: Enhanced risk of all and ischemic stroke associated with nighttime heat exposure. European Heart Journal. https://academic.oup.com/eurheartj/article-lookup/doi/10.1093/eurheartj/ehae277
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