Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Studie: Wie (un)beliebt ist die „Corona-Warn-App“?
Forscher*innen aus Berlin und Bochum untersuchten, welche Personen die „Corona-Warn-App“ in Deutschland nutzen, welche nicht und wie sie ihre Entscheidung begründeten.
In ihrer Studie setzen vor allem Angehörige einer Risikogruppe sowie jüngere Personen die App zur Kontaktverfolgung ein.
Männer nutzen sie häufiger als Frauen, Vollzeit-Beschäftigte eher als Personen in Ausbildung. Personen, die die „Corona-Warn-App“ nicht nutzen, sind in dieser Studie im Durchschnitt älter, weiblich und gesünder.
Sie
vertrauen anderen im Allgemeinen weniger und befinden sich eher in
Ausbildung oder Studium.
Dagegen hängen weder Bildungsjahre noch Elternschaft signifikant mit der Nutzung der Kontaktverfolgungs-App zusammen.
Dies fand ein Forschungsteam um Dr. Susanne Bücker von der
Ruhr-Universität Bochum und Prof. Dr. Kai Horstmann von der
Humboldt-Universität zu Berlin heraus. Die Expert*innen für
Persönlichkeitspsychologie befragten im Rahmen der Bochum Berlin
Covid-19 Längsschnitt-Studie online 1.972 Deutschen im Alter von 18 bis
88 Jahren, ob diese die App nutzen und warum, beziehungsweise warum
nicht. Die Studie ist im European Journal of Public Health erschienen.
Unter den 1.972 Studienteilnehmer*innen nutzten 1.291 die
„Corona-Warn-App“. Als Begründung nannten sie vor allem, dass es keinen
Grund gäbe, sie nicht einzusetzen. Außerdem würden die Vorteile der App
ihre Risiken aufwiegen und sie helfe dabei, die Pandemie zu
verlangsamen. Die 681 Studienteilnehmer*innen, die die „Corona-Warn-App“
nicht nutzen, hegen vor allem Bedenken in Bezug auf den Datenschutz,
die Effektivität der App zur Eindämmung der Pandemie oder sie verfügen
über unzureichende technische Möglichkeiten.
Die „Corona-Warn-App“ wurde von der Bundesregierung und dem
Robert-Koch-Institut entwickelt, um die Ausbreitung von SARS-CoV-2
einzudämmen.
- Sie erfasst Begegnungen per Bluetooth-Funktion und warnt die Nutzer*innen, wenn sie mit einer Person in Kontakt waren, die kürzlich positiv auf das Corona-Virus getestet wurde – sofern diese den positiven Befunde selbst in die „Corona-Warn-App“ eingetragen hat.
- Kontaktverfolgungs-Apps wie die deutsche „Corona-Warn-App“ sind allerdings erst dann besonders effektiv, wenn sie von vielen Personen aktiviert werden.
Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Warn-App-Kampagnen vor
Veröffentlichung der App die Bedenken von App-Ablehner*innen zum
Datenschutz und zur Effektivität nicht vollständig ausräumen konnten.
Das Forschungsteam schlägt vor, dass Personengruppen, die die App
durchschnittlich seltener nutzten, Zielgruppe zukünftiger Kampagnen des
Gesundheitswesens in der Bekämpfung der COVID-19 Pandemie sein könnten.
Jedoch ist weitere Forschung zur Infektionsprävention (inkl. Nutzung von
Kontaktverfolgungs-Apps) notwendig, die repräsentative Stichproben
nutzt.
Prof. Dr. Kai Tobias Horstmann
Humboldt-Universität zu Berlin
Psychological Assessment of Person-Situation-Dynamics
mail: kai.horstmann@hu-berlin.de
Frank Aischmann Humboldt-Universität zu Berlin
Unter den Linden 6
10099 Berlin
Deutschland
Berlin
Telefon: +49 30 2093-2694
E-Mail-Adresse: frank.aischmann@hu-berlin.de
Originalpublikation:
“Short report: Who does or does not use the “Corona-Warn-App” and why?” European Journal of Public Health, ckaa239, https://doi.org/10.1093/eurpub/ckaa239
Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Corona-Warn-App auf dem Prüfstand
Studie untersucht, wie die Corona-Warn-App genutzt wird, wie sie Überzeugungen und Verhalten beeinflusst und ob sie sich als Instrument für Notfälle eignet – Förderung durch die VolkswagenStiftung
Im Kampf gegen Corona gehört die Corona-Warn-App der Bundesregierung zu den Eckpfeilern, um Ansteckungsrisiken zu erkennen und Infektionsketten zu unterbrechen.
Die App wurde Mitte Juni 2020 in Deutschland eingeführt und bisher über 20 Millionen Mal heruntergeladen.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz (JGU) untersuchen in einem aktuellen
Forschungsprojekt, wie die Corona-Warn-App mittlerweile beurteilt wird
und wie sie das Entscheidungsverhalten der Bevölkerung beeinflusst. Die
VolkswagenStiftung unterstützt die Forschungen, die im Arbeitsbereich
Technik- und Innovationssoziologie, Simulationsmethoden unter der
Leitung von Prof. Dr. Petra Ahrweiler durchgeführt werden, mit knapp
120.000 Euro.
Einfluss der Corona-Warn-App auf Einstellung und Verhalten der Nutzer im Fokus
Die Forschenden untersuchen in ihrer Fallstudie die Bedeutung der
Corona-Warn-App aus zwei Perspektiven:
aus Sicht von Beteiligten der Regierung, des Robert Koch-Instituts und der Entwickler einerseits und aus Sicht der Nutzer andererseits.
„Wir kontaktieren zurzeit die Akteure, die an der Erstellung der Corona-Warn-App beteiligt waren, um sie nach ihren Absichten und ihren Erwartungen über die Verwendung der App zu befragen“, erklärt Maia Janowitz, Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe von Petra Ahrweiler.
Gleichzeitig ermittelt das Forscherteam, wie Nutzer mit der Corona-Warn-App umgehen und welche Erfahrungen sie gemacht haben.
Hierzu werden insbesondere Studierende
befragt. Schließlich soll erforscht werden, wie sich die Nutzung der App
darauf auswirkt, welche Überzeugungen über die Pandemie vertreten
werden und welches Verhalten zur Infektionseindämmung daraus folgt.
Die Erkenntnisse aus der Fallstudie sollen uns eine bessere Vorstellung
davon geben, wie sich künstliche Intelligenz – hier in Form der
Smartphone-App – auf das menschliche Denken, auf das Notfallmanagement
und auf die Covid-19-Pandemie in Deutschland auswirkt. „Der Erfolg der
App ist ein Eckpfeiler in der Covid-19-Strategie der Bundesregierung“,
so Maia Janowitz. „Die Erkenntnisse über den Einfluss der App auf
Überzeugungen und auf das tatsächliche Verhalten, um das
Ansteckungsrisiko zu verringern, haben eine große Bedeutung für die
Gesellschaft insgesamt.“ Janowitz weist darauf hin, dass die App in nur
50 Tagen entwickelt worden ist und unter anderem aus Datenschutzgründen
nicht genau verfolgen kann, wie sich Covid-19 unter der Bevölkerung
ausbreitet.
Förderung erfolgt als Zusatzmodul zu AI Navi – Einfluss künstlicher Intelligenz auf Populismus
Die VolkswagenStiftung fördert das Projekt mit dem Titel „Artificial
Intelligence Navigation of Complex Social Landscapes (AI Navi) –
Coronavirus Module” im Rahmen ihrer Initiative „Corona Crisis and Beyond
– Perspectives for Science, Scholarship and Society“. Die Förderung
erfolgt als Zusatzmodul zum Hauptprojekt AI Navi, das ebenfalls im
Arbeitsbereich von Petra Ahrweiler angesiedelt ist. AI Navi soll
erforschen, ob und wie künstliche Intelligenz gesellschaftspolitische
Entscheidungen beeinflusst und zu den gegenwärtigen Erscheinungsformen
des Populismus weltweit beiträgt. Die VolkswagenStiftung hat hierzu
einen „Planning Grant“ gewährt. Die Ergebnisse aus der Fallstudie sollen
in diese Vorarbeiten einfließen.
Der Arbeitsbereich Technik- und Innovationssoziologie,
Simulationsmethoden setzt sich in verschiedenen Projekten aktiv mit den
dramatischen Auswirkungen der Corona-Pandemie auseinander: Abgesehen von
den Untersuchungen über den Einfluss der Corona-Warn-App befasst sich
das Team mit Entscheidungshilfen für das Corona-Krisenmanagement und
auch mit Ansätzen zur Verbesserung der Situation von
Einwanderungsarbeitern in der Krise.
Weiterführende Links:
https://technikundinnovation.soziologie.uni-mainz.de/ - Technik- und Innovationssoziologie, Simulationsmethoden
https://www.volkswagenstiftung.de/unsere-foerderung/unser-foerderangebot-im-uebe... - Förderangebot der VolkswagenStiftung
Maia Janowitz
Technik- und Innovationssoziologie, Simulationsmethoden
Institut für Soziologie
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-29240
Fax +49 6131 39-26525
E-Mail: mjanowit@uni-mainz.de
https://technikundinnovation.soziologie.uni-mainz.de/team/maia-janowitz-m-sc/
Petra Giegerich Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Forum universitatis 3
55128 Mainz
Deutschland
Rheinland-Pfalz
Telefon: 06131 39-22369
Fax: 06131 39-24139
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