Medizin am Abend Berlin Fazit: Neue chemische Verbindung zur Erleichterung der Geburt entwickelt
Medizinchemiker entdeckt Alternative zu "Liebeshormon" Oxytocin
Markus Muttenthaler von der Fakultät für Chemie hat gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam eine neue chemische Verbindung entwickelt, die ähnlich wie das "Liebeshormon" Oxytocin wirkt, aber in der Anwendung sicherer und nebenwirkungsärmer ist.
Diese Verbindung hat das Potential, zukünftig für verschiedenste Studien und therapeutische Anwendungen herangezogen zu werden, wo der Oxytocin-Rezeptor eine Rolle spielt.
Die Studie erscheint aktuell in "Science Signaling".
Medizin am Abend Berlin ZusatzFilm: Laborhinweise
Markus Muttenthaler erhielt auch kürzlich einen hochdotierten ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrates. Copyright: Anjanette Webb, Capture Studio
- Oxytocin und Vasopressin sind Peptidhormone, die beim Menschen viele wichtige physiologische Funktionen regulieren, wie zum Beispiel Reproduktion, Herz-Kreislauf, soziales Verhalten und Lernen.
- Oxytocin ist vor allem als "Liebeshormon" bekannt, regelt beispielsweise Prozesse wie die Mutter-Kind-Bindung und ist auch für die Einleitung der Geburt sowie das Stillen verantwortlich.
- Beide Hormone agieren über vier Rezeptoren, die strukturell sehr ähnlich aufgebaut sind.
So kann eine Aktivierung des Oxytocin-Rezeptors beispielsweise Verbesserungen im sozialen Verhalten von autistischen Kindern bewirken, Schmerzen bei Migräne und chronischen Darmproblemen lindern oder die Geburt eines Kindes erleichtern.
Die Aktivierung eines Vasopressin-Rezeptors hemmt Wasserausscheidungen und wird bei Diabetes Insipidus eingesetzt.
Ein anderer Vasopressin-Rezeptor wiederum ist ein Ziel für Herz-Kreislauf-Probleme, da er an der Kontraktion von Blutgefäßen beteiligt ist.
Obwohl es viele medizinische Anwendungsmöglichkeiten für diese Signalsysteme gibt, geht die medizinische Entwicklung von wirksamen Substanzen nur schleppend voran.
Ein Hauptgrund dafür ist die Schwierigkeit, selektive Verbindungen herzustellen, die nur einen von den vier Rezeptoren aktivieren, um ungewünschte Nebeneffekte auszuschließen.
Ein weiteres Problem ist, dass die Selektivität von solchen Verbindungen oftmals nur bei Tieren gegeben ist, jedoch nicht bei Menschen.
Der Medizinchemiker Markus Muttenthaler hat sich diesem Problem gewidmet und über einen neuen Ansatz Oxytocin-Rezeptor-selektive Verbindungen hergestellt, welche die Selektivität bei Tieren und bei Menschen beibehalten.
In seiner Studie untersuchte er die therapeutische Anwendung beim klinischen Einsatz von Oxytocin zur Erleichterung der Geburt.
- Oxytocin kann nämlich bei zu hoher Dosis oder zu langer Anwendung Nebenwirkungen für Mutter und Kind verursachen, die mit der Aktivierung des Vasopressin-Rezeptors V1a zu tun haben.
- Muttenthalers neu entwickelte Verbindung konnte die Kontraktionen des Uterus ähnlich wie mit Oxytocin verstärken, jedoch in einer viel geregelteren Art und Weise.
- Außerdem hatte die neue Verbindung – [Se-Se]-Oxytocin-OH – keine Aktivierung von Herzmuskelzellen zur Folge, was die Sicherheit in der Anwendung verbessert.
Über Markus Muttenthaler
Der Medizinchemiker Markus Muttenthaler erhielt heuer einen hochdotierten ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrates. Er erforscht nun am Institut für Biologische Chemie der Universität Wien neue therapeutische Ansätze gegen gastrointestinale Erkrankungen und überprüft unter anderem das therapeutische Potenzial des Oxytocin-Rezeptors.
Markus Muttenthaler, geboren 1978 in Steyr (Österreich), studierte Technische Chemie an der TU Wien (Diplomingenieur 2005) und erhielt seinen Doktor (PhD) in Biologischer und Medizinischer Chemie 2009 an der University of Queensland in Brisbane, Australien. Danach absolvierte er drei Postdoc-Aufenthalte an international renommierten Forschungsinstituten: dem Institute for Molecular Bioscience, Brisbane (Australien), dem Scripps Research Institute, La Jolla (USA) und dem Institute for Research in Biomedicine, Barcelona (Spanien). 2015 erhielt er ein hochangesehenes australisches Forschungsstipendium, das ihm ermöglichte, seine eigene Forschungsgruppe am Institute for Molecular Bioscience in Brisbane aufzubauen. Seit 2017 ist er nun an der Universität Wien tätig, wo er das "Neuropeptide Research"-Labor leitet.
Publikation in "Science Signaling"
Subtle modifications to oxytocin produce ligands that retain potency and improved selectivity across species: M. Muttenthaler, Å. Andersson, I. Vetter, R. Menon, M. Busnelli, L. Ragnarsson, C. Bergmayr, S. Arrowsmith, J. R. Deuis, H. S. Chiu, N. J. Palpant, M. O’Brien, T. J. Smith, S. Wray, I. D. Neumann, C. W. Gruber, R. J. Lewis, P. F. Alewood, Subtle modifications to oxytocin produce ligands that retain potency and improved selectivity across species. Sci. Signal. 10, eaan3398 (2017).
DOI: 10.1126/scisignal.aan3398
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt3
www.medizin-am-abend.blogspot.com
Über Google: Medizin am Abend Berlin
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.
Ass.-Prof. Dipl.-Ing. Markus Muttenthaler, PhD
Institut für Biologische Chemie
Universität Wien
1090 Wien, Währinger Straße 38
T +43-1-4277-705 15
markus.muttenthaler@univie.ac.at
Mag. Alexandra Frey
Universität Wien
Forschung und Lehre
1010 Wien, Universitätsring 1
T +43-1-4277-175 33
M +43-664-602 77-175 33
alexandra.frey@univie.ac.at
Stephan Brodicky
Telefon: +43-650-772-0405
E-Mail-Adresse: stephan.brodicky@univie.ac.at
Offen für Neues. Seit 1365
Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Universitäten Europas: An 15 Fakultäten und vier Zentren arbeiten rund 9.700 MitarbeiterInnen, davon 6.800 WissenschafterInnen. Die Universität Wien ist damit auch die größte Forschungsinstitution Österreichs sowie die größte Bildungsstätte: An der Universität Wien sind derzeit rund 94.000 nationale und internationale Studierende inskribiert. Mit über 175 Studien verfügt sie über das vielfältigste Studienangebot des Landes. Die Universität Wien ist auch eine bedeutende Einrichtung für Weiterbildung in Österreich. http://www.univie.ac.at
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen