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Blutbildende Stammzellen

Medizin am Abend Berlin Fazit: Genetische Landkarte markiert wichtige Schaltstellen in Blutstammzellen

Blutbildende Stammzellen können sich auch nach langer Zeit noch erneuern und teilen. 

Diese besonderen Eigenschaften werden von bestimmten Schaltstellen im Erbgut der Zellen reguliert. 

Wissenschaftlern vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Dresden und Heidelberg ist es nun gelungen, eine präzise Landkarte dieser aktiven, regulatorischen Regionen zu erstellen. 

Sie bietet eine wichtige Grundlage, um künftig die Steuerung dieser Zellen und damit auch die Entstehung von Blutkrebs besser zu verstehen. 

Die Ergebnisse sind am heutigen Donnerstag (5. Juli 2018) auf der Website des Fachmagazins „Cell Stem Cell“ (www.cell.com, DOI 10.1016/j.stem.2018.06.003) veröffentlicht worden. 

https://www.nct-heidelberg.de/fileadmin/media/nct-dresden/das-nct/newsroom/Bild_PM_Blutstammzellen_Virusintegration.jpg
BU: Retroviren integrieren sich an besonders aktiven Stellen im Erbgut. NCT-Wissenschaftler konnten so die Schaltstellen im Genom blutbildender Stammzellen ermitteln. Quelle: Peer Wünsche
 
Im Knochenmark bildet der Körper alle Blutzellen: Dort finden sich sogenannte Stammzellen, aus denen alle Formen der Blutkörperchen entstehen können. An der Spitze des Stammzellsystems stehen Langzeit-Stammzellen. Sie können sich nach Jahren noch selbst erneuern, sich teilen und in verschiedene Blutzellen ausdifferenzieren. Diese hoch komplexe Fähigkeit setzt eine exakte Regulierung aller Gene im Erbgut der Zellen voraus. Wissenschaftlern des NCT ist es nun gelungen, die hierfür verantwortlichen Schaltstellen im Erbgut der Langzeit-Stammzellen mit bislang unerreichter Genauigkeit zu kartieren.

Für ihre Untersuchung nutzten die Wissenschaftler Daten aus einer gentherapeutischen Studie an Patienten mit Wiskott-Aldrich-Syndrom, die aufgrund eines Gen-Defekts an einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen, Blutungen und Krebserkrankungen leiden. Im Rahmen der Studie wurden Blut-Stammzellen der Patienten mithilfe so genannter Genfähren korrigiert, die Fremd-DNA in eine Empfängerzelle übertragen können. Als Genfähren dienten modifizierte Retroviren, die sich stabil ins Erbgut der Stammzellen integrieren. „Durch die Integration dieser Viren erhält jede Stammzelle einen unverwechselbaren genetischen Fingerabdruck, der automatisch an alle Tochterzellen weitergegeben wird. Anhand dieses Fingerabdrucks konnten wir über Jahre nachvollziehen, welche Blutzellen tatsächlich langfristig in der Lage waren, sich selbst zu erneuern und viele spezialisierte Blutzellen hervorzubringen“, sagt Hanno Glimm, geschäftsführender Direktor am NCT Dresden, der neben seiner dortigen Abteilung auch eine Forschungsgruppe am DKFZ in Heidelberg leitet.

Dies ermöglichte es den Wissenschaftlern, Langzeit-Stammzellen mit bislang unerreichter Genauigkeit zu identifizieren. Bislang wurden hierfür vor allem äußere Merkmale – spezifische Oberflächenmoleküle – herangezogen, die jedoch keine zweifelsfreie Identifikation zuließen. „Der eigentliche Clou der Retroviren besteht aber darin, dass sie sich bevorzugt in Enhancern im Erbgut ansiedeln, die zum Zeitpunkt der Virusintegration besonders aktiv sind. Enhancer sind Schaltstellen, die die besonderen Fähigkeiten der Zelle regulieren, indem sie dafür sorgen, dass bestimmte Gene verstärkt abgelesen werden“, erklärt Peer Wünsche vom DKFZ Heidelberg.

„Die Viren fungierten somit also nicht nur als genetischer Fingerabdruck, sondern auch als Wegweiser zu den wichtigen Schaltstellen im Stammzell-Erbgut.“

Über 3.000 solcher regulatorischer Regionen haben die Wissenschaftler bei ihren Analysen ermittelt. Forscher können die so entstandene Landkarte zukünftig als wichtige Orientierungshilfe nutzen, um die Blutbildung sowie die Ursachen von Blutkrebs auf genetischer Ebene besser zu verstehen und neue Therapien zu entwickeln.

Den NCT-Wissenschaftlern selbst gelang es mit Hilfe ihrer Genom-Karte bereits, zwei bisher in der Blutbildung unbeschriebene microRNAs zu ermitteln – kurze Abschriften der Erbsubstanz DNA, die für die frühe Blutbildung eine wichtige Rolle spielen dürften.

P. Wünsche, E. S. P. Eckert et al. (2018) Mapping Active Gene-regulatory Regions in Human Repopulating Long-term HSCs. Cell Stem Cell DOI 10.1016/j.stem.2018.06.003

Das NCT ist eine standortübergreifende Kooperation von Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) auf der einen Seite sowie von DKFZ, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinischer Fakultät der TU Dresden und Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) auf der anderen Seite.

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Dr. Friederike Fellenberg
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
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Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg, der Medizinischen Fakultät Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, zeitnah erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit. In Dresden wird seit 2015 ein Partnerstandort des NCT Heidelberg aufgebaut.

Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Dresden
Dresden ist seit 2015 neben Heidelberg der zweite Standort des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT). Das NCT Dresden ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf. Das NCT hat es sich zur Aufgabe gemacht, Forschung und Krankenversorgung so eng wie möglich zu verknüpfen. Damit können Krebspatienten in Dresden und Heidelberg auf dem jeweils neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse behandelt werden. Gleichzeitig erhalten die Wissenschaftler am NCT durch die Nähe von Labor und Klinik wichtige Impulse für ihre praxisnahe Forschung. Gemeinsamer Anspruch beider Standorte ist es, das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der patientennahen Krebsforschung zu entwickeln. Die jährliche Förderung des NCT Dresden beläuft sich nach der Aufbauphase ab 2019 auf 15 Millionen Euro. Diesen Betrag bringen Bund und Freistaat Sachsen im Verhältnis 90 zu 10 Prozent auf. Für die Errichtung eines NCT-Neubaus stellt der Freistaat Sachsen zusätzlich 22 Millionen Euro bereit.

 

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