Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Niedrigschwellige Vorhofflimmer-Detektion und frühe Rhythmuskontrolle für adäquate rechtzeitige Schlaganfallprophylaxe
Vor dem Hintergrund des hohen Schlaganfallrisikos bei Patient:innen mit Vorhofflimmern (VHF) empfehlen aktuelle Leitlinien, etwa der European Society of Cardiology (ESC), bei bestimmten Patient:innen-Gruppen ein Screening auf VHF.[1] Als Standardmethode der VHF-Identifikation gilt das EKG. Aber auch einfache, niedrigschwellige Screening-Methoden außerhalb von Klinik und Praxis können zum Ziel führen, betonten renommierte Experten im Rahmen eines digitalen Pressegesprächs von Bristol Myers Squibb/Pfizer und dem Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) im Oktober 2021. Und: Patient:innen, deren VHF früh diagnostiziert wurde, können von einer frühen rhythmuserhaltenden Therapie profitieren.
Vorhofflimmern (VHF) ist als häufigste anhaltende
Herzrhythmusstörung mit einem hohen Risiko für ischämische Schlaganfälle
und andere thromboembolische Ereignisse assoziiert.[2] Die
Herzrhythmusstörung nimmt mit dem Alter zu und das Risiko für eine
Entstehung wird durch Faktoren wie Hypertonie, kardiovaskuläre
Erkrankungen oder Diabetes mellitus weiter gesteigert. Das VHF verläuft
oft asymptomatisch und episodenhaft und bleibt daher häufig unentdeckt.
Bei einem relevanten Anteil der Schlaganfallpatient:innen mit VHF
erfolgt daher die Diagnose leider erst nach dem Ereignis.[3,4] Wichtig
ist daher die Früherkennung eines VHF, damit betroffene Patient:innen
rechtzeitig einer adäquaten Schlaganfallprophylaxe zugeführt werden
können.
Diagnostische Methoden zur VHF-Detektion sind Palpation des Pulses und
Ruhe-EKG, wiederholte und längere EKG-Aufzeichnungen können die
Diagnoserate erhöhen. Als Goldstandard gilt das Langzeit-EKG, das über
24 Stunden oder länger kontinuierlich ein EKG aufzeichnet. Nach Ansicht
der Experten können auch einfache opportunistische Screeningmethoden wie
ein Daumen-EKG oder niedrigschwellige apothekenbasierte
Untersuchungsprogramme ein VHF verlässlich identifizieren.
VHF-Detektion: Daumen-EKG schlägt Goldstandard
In der B-SAFE-Studie [5] wurden zwei Methoden zur Detektion von VHF
verglichen: das 24-Stunden-Holter-EKG gegen ein Daumen-EKG, das zwei Mal
täglich über zwei Wochen von Patient:innen selbst ausgelöst und in
einer zentralen Datenbank ausgewertet wurde. Die nicht-interventionelle,
prospektive, multizentrische Studie schloss 1.500 Patient:innen im
Alter von > 70 Jahren ohne bekanntes VHF mit einem erhöhten Risiko
ein, die neben einem Hypertonus mindestens einen weiteren Risikofaktor
aufwiesen. „Im Rahmen des opportunistischen Screenings wurde deutlich,
dass das Daumen-EKG den Goldstandard schlägt“, so Dr. med. Ralph Bosch,
Cardio Centrum Ludwigsburg und Regionalvorstand des Bundesverbandes
Niedergelassener Kardiologen e. V. (BNK) in Baden-Württemberg. Mit einer
Detektionsrate von 4 % war das Daumen-EKG dem Holter-EKG mit 2,2 %
deutlich überlegen (Odds Ratio: 1,85; p=0,0045). Insgesamt erhielt fast
78 % der so neu diagnostizierten VHF-Patient:innen eine anschließende
orale Antikoagulation (OAK). Generell sei die Akzeptanz des Daumen-EKGs
bei den älteren Patient:innen sehr hoch, die zudem die Handhabung als
technisch unkompliziert betrachteten, erklärt Dr. Bosch.
Das Daumen-EKG
könne somit im Alltag eine einfache und dennoch effektive
Screeningmethode darstellen.
Niedrigschwelliges Screening identifiziert VHF und assoziiertes Mortalitätsrisiko
„Auch ein apothekenbasiertes Screening mittels EKG-Stab über die Dauer
einer Minute kann ein bis dahin unbekanntes Vorhofflimmern einfach und
schnell identifizieren und auf ein möglicherweise erhöhtes Risiko für
Mortalität oder kardiovaskulär-bedingte Hospitalisierung bei älteren
Menschen hinweisen“, erklärte Dr. med. Matthias Zink, Klinik für
Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin, Uniklinik
RWTH Aachen. „Die Bereitschaft der beteiligten Apotheken für diese Art
von Screening war sehr hoch und wurde durch die einfache Anwendung von
der Bevölkerung sehr positiv angenommen“, ergänzte Dr. Zink. Zu diesen
Ergebnissen kommt die prospektive Aachener Apotheken-Studie, deren Daten
im Rahmen der Aktion „Aachen gegen den Schlaganfall“ erhoben wurden.[6]
Bei insgesamt 7.107 Proband:innen im Alter über 65 Jahre wurde mit
einem mobilen 1-Kanal-EKG einmalig über 60 Sekunden der Herzrhythmus
aufgezeichnet und automatisch ausgewertet. Bei 6,1 % der
Teilnehmer:innen wurde ein VHF festgestellt, für 3,6 % der Gesamtgruppe
sei es eine Erstdiagnose gewesen, so Dr. Zink, der gemeinsam mit Prof.
Dr. med. Nikolaus Marx die Studie leitete. Über die Follow-up-Dauer von
400 Tagen verstarben 2,3 % der Patient:innen mit detektiertem VHF
verglichen mit 0,8 % in der Gruppe mit normalem EKG (Hazard Ratio [HR]:
2,94; 95 %-KI: 1,49-5,78; p=0,002). Die Hospitalisierungsrate aufgrund
kardiovaskulärer Probleme war in der VHF-Gruppe doppelt so hoch wie in
der Vergleichsgruppe (10,6 % vs. 5,5 %; HR: 2,08; 95 %-KI: 1,52-2,84;
p<0,001). „Die Studie zeigt, dass ein niedrigschwelliges einfaches
Screening Vorhofflimmern identifizieren kann und dass bisher nicht
identifizierte Personen ein deutlich erhöhtes Mortalitätsrisiko im
folgenden Jahr im Vergleich zu Personen ohne Vorhofflimmern aufweisen“,
schlussfolgerte Dr. Zink. „Diese Art des VHF Screenings kann die
Voraussetzung für eine rechtzeitige Schlaganfallprophylaxe bilden. Die
Hoffnung ist, dass ein flächendeckendes Screening die Mortalität senken
und Folgekosten im Gesundheitssystem verringern kann. Dies müssten aber
weitere Studien zeigen.“
Frühe rhythmuserhaltende Therapie verbessert die Prognose von VHF-Patient:innen
Professor Dr. med. Paulus Kirchhof, Direktor der Klinik für Kardiologie,
Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) und Vorstandsvorsitzender des
Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) verwies darauf, dass
VHF-Patient:innen trotz eines verbesserten Managements der Erkrankung
weiterhin ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen tragen.
Kann dieses Risiko durch eine frühe Rhythmuskontrolle das Auftreten von
Schlaganfall, Herzinsuffizienz oder Angina pectoris senken? Diese Frage
untersuchte die EAST-AFNET-Studie[7], die 2.789 Patient:innen mit frühem
VHF (Diagnose innerhalb eines Jahres vor Randomisierung) und
kardiovaskulären Problemen einschloss. Beim Vergleich mit der
Standardbehandlung VHF-bezogener Symptome („usual care“) erwies sich der
frühe Rhythmuserhalt mit Antiarrhythmika oder Katheterablation
(innerhalb von 36 Tagen nach Diagnose) in den meisten Studienendpunkten
als überlegen. Nach einem Follow-up von fünf Jahren trat die Kombination
aus kardiovaskulärem Tod, Schlaganfall und Hospitalisierung wegen
dekompensierter Herzinsuffizienz oder akutem Koronarsyndrom unter früher
Rhythmuskontrolle signifikant seltener auf als in der Kontrollgruppe
(Inzidenz pro 100 Patient:innenjahre: 3,9 % vs. 5,0 %; HR: 0,79; 95
%-KI: 0,66-0,94; p=0,005). „Das entspricht einer relativen
Risikoreduktion von 21 Prozent“, erklärte Studienleiter Prof. Kirchhof.
Auch für die einzelnen Komponenten des primären Endpunkts waren die
Unterschiede durchweg signifikant (kardiovaskulärer Tod, Schlaganfall)
bzw. deutlich (Hospitalisierung). Hinsichtlich des primären
Sicherheitsendpunkts (Schlaganfall, Tod jeglicher Ursache, schwere
Komplikationen unter rhythmuserhaltender Behandlung) war kein
signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen zu verzeichnen. Der
Nutzen der rhythmuserhaltenden Therapie fand sich bei Patient:innen mit
Herzinsuffizienz unabhängig von der linksventrikulären Funktion.[8] Eine
aktuelle Subanalyse der Studie zeigte jetzt, dass auch asymptomatische
Patient:innen (800 Patientinnen und Patienten, 30,4 % der
Gesamtpopulation) von einem frühem Rhythmuserhalt profitierten[9]: Das
relative Risiko für den primären Studienendpunkt konnte um 24 %
reduziert werden (HR: 0,76; 95 %-KI: 0,57-1,03; p=0,848). Die Ergebnisse
der EAST-AFNET-Studie können dazu beitragen, die Handlungsempfehlungen
bei Patient:innen mit kürzlich diagnostiziertem VHF zu ändern und eine
frühe Rhythmuskontrolle als neue Strategie zu wählen, resümierte Prof.
Kirchhof.
Über die Allianz von Bristol Myers Squibb und Pfizer
Im Jahr 2007 schlossen Bristol Myers Squibb und Pfizer eine
internationale Partnerschaft zur Entwicklung und Vermarktung von
Apixaban – einem von Bristol Myers Squibb entdeckten oralen
Antikoagulans (Faktor-Xa-Inhibitor). Diese globale Allianz vereint die
langjährige Erfahrung und Kompetenz von Bristol Myers Squibb und Pfizer
in der Entwicklung und Vermarktung kardiovaskulärer Präparate.
Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) ist ein interdisziplinäres
Forschungsnetz, in dem Wissenschaftler und Ärzte aus Kliniken und
Praxen deutschlandweit zusammenarbeiten. Ziel des Netzwerks ist es, die
Behandlung und Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern in
Deutschland, Europa und weltweit durch koordinierte Forschung zu
verbessern. Dazu führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V.
wissenschaftsinitiierte klinische Studien (investigator initiated trials
= IIT) und Register auf nationaler und internationaler Ebene durch. Der
Verein ist aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) geförderten Kompetenznetz Vorhofflimmern hervorgegangen. Seit
Januar 2015 werden einzelne Projekte und Infrastrukturen des AFNET vom
Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert.
Quellen
[1] Hindricks G und Potpara T et al. Eur Heart J. 2021; 42(5):373–498. doi: 10.1093/eurheartj/ehaa612
[2] Camm AJ et al. Eur Heart J. 2010; 31(19):2369–2429. doi: 10.1093/eurheartj/ehq278
[3] Haeusler KG et al. Int J Stroke. 2012; 7(7):544–550. doi: 10.1111/j.1747-4949.2011.00672.x
[4] Leyden JM et al. Stroke. 2013; 44(5):1226–1231. doi: 10.1161/STROKEAHA.113.675140
[5] Bosch R. Management of thumb-ECG detected subclinical atrial
fibrillation in high risk patients – The B-SAFE Study; Late Breaking
Clinical Trials I (V433), 87. Jahrestagung der DGK, 7. April 2021
[6] Zink MD et al. Europace 2021; 23:29–38. doi: 10.1093/europace/euaa190
[7] Kirchhof P et al. N Engl J Med 2020; 383:1305-1316. doi: 10.1056/NEJMoa2019422
[8] Rillig A, et al. Circulation. 2021;144:845–858.doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.121.056323
[9] Willems S. et al. Eur Heart J. 2021; 00:1–12. doi: 10.1093/eurheartj/ehab593
Pfizer Deutschland GmbH
Monika Zureck
Corporate Affairs Germany
Linkstr. 10
10785 Berlin
Tel: +49 160 / 97238684
Mail: presse@pfizer.com
Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA
Christian Nork
Corporate Affairs
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80636 München
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Mail: christian.nork@bms.com
Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
Emilia Czarnecki
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Mendelstraße 11
48149 Münster
Tel: +49 251 980 1340
Mail: emilia.czarnecki@af-net.eu
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