Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: CRISPR-basierte Schnelltests für Herzinfarkt & Krebs
- Ein CRISPR-basierter Schnelltest namens CrisprZyme könnte Hausärztinnen und -ärzten helfen, Herzinfarkte zu diagnostizieren und Prostatakrebsarten zu unterscheiden.
Dafür sei kein eigenes Labor nötig, berichtet ein internationales Team – darunter Michael Kaminski – in „Nature Nanotechnology“.
Illustration von Nanopartikeln, die aus einem Goldkern und einer Hülle aus Platin bestehen. Sie wirken als Signalverstärker, um mit CRISPR/Cas Enzymen Nukleinsäuren zu ermitteln. Midjourney
Antigen-Schnelltests kennt seit der Pandemie fast jeder.
Sind virale Eiweißfragmente in einem Abstrich enthalten, binden Antikörper sie auf einem Teststreifen und eine Bande entsteht.
Sollen dagegen typische
Erbgutbestandteile (RNA oder DNA) nachgewiesen werden, sind aufwändigere
Verfahren wie die PCR nötig. Das Erbgut muss zuerst aufbereitet und
vervielfältigt werden. Solche Tests dauern länger und sie sind nur in
einem entsprechenden Labor möglich.
Ähnlich ist es bisher bei der CRISPR-basierten Diagnostik, bei der
Cas-Enzyme so programmiert werden, dass sie DNA- oder RNA-Stücke
aufspüren. Die Technologie kann zwar mit einem Teststreifen sehr kleine,
für eine Krankheit oder Infektion typische Segmente einer RNA-Sequenz
(Biomarker) in Proben wie Urin oder Blut aufspüren. Doch zuvor muss man
zumeist die RNA unter kontrollierten Bedingungen und mit teurem Gerät
vervielfältigen, damit das Signal stark genug ist. Wie viel Biomarker in
der Probe war, ist dann nicht mehr nachvollziehbar. Für Ärzt*innen, die
etwa den Verlauf von Krankheiten wie Krebs oder Herzleiden überwachen,
ist diese Information aber zentral.
Eine neue Methode namens CrisprZyme bietet nun diese Signalverstärkung
für CRISPR-basierte Diagnostik, berichtet ein internationales
Forschungsteam vom Imperial College London, vom M.I.T. in Boston und vom
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der
Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) sowie der Charité – Universitätsmedizin
Berlin im Fachmagazin „Nature Nanotechnology“.
- Mit dem Schnelltest könnten Ärztinnen in Zukunft ohne eigenes Labor Biomarker für akute Herzinfarkte schnell aufspüren und bestimmte Prostatakrebsarten unterscheiden.
- Damit sei die Methode vor allem für Hausärzt*innen oder für karg ausgestattete Kliniken im globalen Süden relevant.
Auch bei Raumtemperatur
„Der Test ist einfach handzuhaben und funktioniert selbst bei
Raumtemperatur. Das Ergebnis kann mit bloßem Auge oder auf einem
Papierstreifen ausgelesen werden“, sagt Dr. Michael Kaminski, einer der
Erstautoren und Leiter einer Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe an der Charité
– Universitätsmedizin Berlin und am Berlin Institute for Medical
Systems Biology (BIMSB) des MDC.
„Wenn wir diagnostische Tests
vereinfachen, können Ärzt*innen sie gleich in ihrer Praxis machen – ohne
neue Termine für Folgeanalysen und Bluttests zu vereinbaren“, ergänzt
Erstautorin Dr. Marta Broto vom Imperial College London.
CrisprZyme ersetzt oder verstärkt den Prozess der Vervielfältigung mit
einer kolorimetrischen Analyse. Die Menge des Biomarkers ist anhand
einer Farbskala erkennbar. Möglich war das dank Nanoenzymen, also
winzigen synthetischen Materialien, die sich wie Enzyme verhalten. Sie
verstärken das Signal des Tests, sodass die Kolorimetrie leichter
abzulesen ist. Temperaturkontrolle und weitere Schritte entfallen. Der
Test kann auch nichtkodierende RNA aufspüren, einschließlich mikroRNA,
lange nichtkodierende RNA und zirkuläre RNA.
Noch schneller und nutzerfreundlicher
„Das Verfahren kann uns genau sagen, wie viel Biomarker vorhanden ist.
Es hilft uns also nicht nur bei der Diagnose, sondern wir können damit
auch den Verlauf einer Erkrankung im Laufe der Zeit überwachen und die
Reaktion auf eine Behandlung“, sagt Hauptautorin Professorin Molly
Stevens vom Imperial College London.
Derzeit macht CrisprZyme noch nicht alle Schritte überflüssig.
Die Probe muss vor dem Test mit Chemikalien behandelt werden, um den gewünschten Biomarker zu extrahieren.
„Wir arbeiten aber daran, den Prozess noch schneller und nutzerfreundlicher zu machen“, sagt Kaminski.
Auch wie empfindlich und wie zuverlässig der Test verschiedene Biomarker bei Patientinnen und Patienten erkennt, muss das Team noch sorgfältig validieren.
Das Potenzial allerdings ist groß, meinen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Sie haben die nächsten
Krankheitsbilder bereits im Blick.
Christina Anders
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC)
+49-30-9406-2118
christina.anders@mdc-berlin.de oder presse@mdc-berlin.de
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)
Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der
Helmholtz-Gemeinschaft gehört zu den international führenden
biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück,
geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den
MDC-Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus
rund 60 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen
kleinsten Bausteinen bis zu organübergreifenden Mechanismen. Wenn man
versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ
oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten
vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien
stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch
Patient*innen zugutekommen. Das MDC fördert daher Ausgründungen und
kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der
Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and
Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH)
in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung
(DZHK). Am MDC arbeiten 1600 Menschen. Finanziert wird das 1992
gegründete MDC zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin.
www.mdc-berlin.de
Dr. Michael M. Kaminski
Leiter der MDC-Arbeitsgruppe "Kidney Cell Engineering & CRISPR Diagnostics"
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC)
Michael.Kaminski@mdc-berlin.de
Originalpublikation:
Literatur
Michael M. Kaminski et al (2022): „Nanozyme-catalysed CRISPR assay for
preamplification-free detection of non-coding RNAs“. Nature
Nanotechnology, DOI: 10.1038/s41565-022-01179-0
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
https://www.mdc-berlin.de/kaminski AG Kaminski
https://www.alphagalileo.org/en-gb/Item-Display/ItemId/223779?returnurl=https://...
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