Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Erstmals S3-Leitlinienempfehlungen für Gallenblasen- und Gallenwegkrebs erschienen
Das Leitlinienprogramm Onkologie hat unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS) die S3-Leitlinie zum hepatozellulären Karzinom aktualisiert und um die Tumorentität der biliären Karzinome erweitert.
Somit gibt es nun erstmals S3-Leitlinienempfehlungen zu biliären Karzinomen, zu denen das Gallenblasenkarzinom und Tumoren der Gallenwege zählen.
Die Leitlinie soll dazu beitragen, für Betroffene mit Leberkrebs oder biliären Karzinomen eine angemessene und evidenzbasierte Gesundheitsversorgung sicherzustellen.
- Leberkrebs zählt – wie auch die biliären Karzinome – in Deutschland zu den seltenen Krebserkrankungen.
Im Jahr 2016 haben 2.750 Frauen und
6.220 Männer die Diagnose Leberkrebs erhalten (Quelle: Robert
Koch-Institut). Die relativen 5-Jahresüberlebensraten sind niedrig, sie
liegen bei Frauen und Männern bei 15 Prozent. Biliäre Karzinome zählen
zu der Gruppe der Leberkrebstumoren, sie treten noch seltener auf. Laut
dem Robert Koch-Institut erkrankten im Jahr 2016 2.740 Frauen und 2.550
Männer daran. Auch hier sind die relativen 5-Jahresüberlebensraten
niedrig, bei Frauen liegen sie bei 18 Prozent, bei Männern bei 22
Prozent.
Biliäre Karzinome
- Tumoren der Gallenblase und Gallenwege werden oftmals operativ entfernt und aufgrund des hohen Rezidivrisikos im Anschluss noch mit einer Systemtherapie behandelt.
„Biliäre Karzinome können molekulare Veränderungen aufweisen, die Angriffspunkte für neue gezielte Therapeutika darstellen.
- Art und Häufigkeit der Veränderungen unterscheiden sich aber erheblich zwischen den verschiedenen Typen, umso wichtiger ist eine histologische, immunhistologische und gegebenenfalls auch molekularpathologische Differenzialdiagnostik.
Die Leitlinie gibt
hier entsprechende Empfehlungen“, so Prof. Nisar Malek, Medizinische
Klinik Universitätsklinikum Tübingen. Zusammen mit Prof. Peter Galle,
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Prof.
Michael Bitzer, ebenfalls vom Uniklinikum Tübingen, ist er Koordinator
der S3-Leitlinie.
Hepatozelluläres Karzinom
„Angesichts der schlechten Prognosen beim Leberkrebs ist die
Weiterentwicklung der therapeutischen Verfahren, insbesondere im Bereich
der medikamentösen Therapie, sehr wichtig“, sagt Galle.
Bisher konnte
für Leberkrebs in der Leitlinie nur ein Proteinkinaseinhibitor
evidenzbasiert empfohlen werden. „Inzwischen sind aber weitere
Substanzen – unter anderem eine Kombinationstherapie zur Behandlung des
fortgeschrittenen hepatozellulären Karzinoms – hinzugekommen, deren
Wirksamkeit in mehreren Studien belegt werden konnte. Die Leitlinie
haben wir entsprechend aktualisiert“, so Galle.
- Als kurative Behandlungsformen können eine Lebertransplantation, eine Operation oder eine Thermoablation, also das Zerstören des Tumorgewebes durch Hitze, infrage kommen.
- Als Standardmethode der lokalablativen Verfahren war bisher nur die Radiofrequenzablation empfohlen.
Aufgrund neuer Studien zur Mikrowellenablation ist dieses Verfahren nun auch in die S3-Leitlinie mit aufgenommen worden.
Die Mikrowellenablation ist eine minimal-invasive Behandlungsmethode, bei der eine Sonde in den Tumor eingeführt wird und das Gewebe von innen durch Mikrowellen zerstört wird.
Darüber hinaus gibt die S3-Leitlinie auch modifizierte
Empfehlungen für weitere interventionelle Therapieverfahren, wie etwa
der transarteriellen Chemoembolisation, bei der ein Chemotherapeutikum
in den Tumor eingebracht wird und die Blutgefäße, die diesen versorgen,
verschlossen werden.
Steht eine Lebertransplantation an, werden in Deutschland die
sogenannten Mailand-Kriterien zur Priorisierung herangezogen. „Als
wichtige Ergänzung stellt die Leitlinie fest, dass eine
Lebertransplantation auch bei geeigneten Patienten außerhalb der
Mailand-Kriterien erfolgen kann, wenn die UCSF-Kriterien erfüllt sind:
Diese fordern eine Tumorgröße ≤ 6,5 cm bei einem solitären Herd oder
maximal 3 HCC-Herde mit einem Maximaldurchmesser ≤ 4,5 cm bei einer
maximalen Summe der addierten Tumordurchmesser ≤ 8 cm", so Bitzer.
An der S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie des hepatozellulären
Karzinoms und biliärer Karzinome waren insgesamt 60 ehrenamtlich
arbeitende Fachexpert*innen aus 33 Fachgesellschaften und Organisationen
beteiligt. Die Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hcc-und-biliaere-karzinom...
Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert.
Android-Smartphone- und iPhone-Nutzer können die Leitlinien-App hier
herunterladen: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app/
Das Leitlinienprogramm Onkologie (OL)
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für
Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei
speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches
Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer
Versorgung dar. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft
e. V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008
gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die
Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich
begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und
zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 30
S3-Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als laienverständliche
Patientenleitlinien vorliegen. Mehr unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/home/
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
Die DGVS wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur
Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als
6000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem
Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und
Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv
den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS,
die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die
Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum
Wohle des Patienten. Mehr unter: https://www.dgvs.de/
Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Angelina Gromes
Kuno-Fischer-Straße 8
14057 Berlin
Tel: 030 3229329-82
presse@krebsgesellschaft.de
Dr. Katrin Mugele
Tel: 030 3229329-60
presse@krebsgesellschaft.de
Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
Juliane Pfeiffer
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711-89 31 693
E-Mail: pfeiffer@medizinkommunikation.org
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