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Paranüsse gelten als wahre „Selen-Bomben“ und werden gern als natürliche Nahrungsergänzung konsumiert. Doch sie enthalten nicht nur den lebenswichtigen Nährstoff, sondern auch Spuren potentiell problematischer Metalle wie Barium und radioaktives Radium. Forschende des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und des VKTA – Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf e.V. haben nun erstmals systematisch untersucht, wie viel dieser Elemente beim Verdauungsprozess tatsächlich in den Körper gelangen können. Für Liebhaber des Schalenobstes hat das Team gute Neuigkeiten (DOI: 10.3390/ijms26178312).


Paranüsse sind eine besonders nährstoffreiche Nahrungsquelle: Sie enthalten wichtige Mineralstoffe wie Kalzium und Magnesium, essenzielle Aminosäuren sowie ungesättigte Fettsäuren. Besonders hervorzuheben ist ihr hoher Gehalt an Selen, einem essenziellen Spurenelement, das das Immunsystem unterstützt und Zellen vor oxidativem Stress schützt. Schon eine einzige Paranuss kann den empfohlenen Tagesbedarf von 55 bis 70 Mikrogramm decken.

„Unsere Studie bestätigt den außergewöhnlich hohen Selengehalt in Paranüssen. Gleichzeitig konnten wir zeigen, dass etwa 85 Prozent des Selens während der Verdauung gelöst werden und dem Körper zur Aufnahme zur Verfügung stehen “, fasst Dr. Astrid Barkleit vom Institut für Ressourcenökologie am HZDR eine Kernaussage der Studie zusammen.

Mittels Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR) identifizierten die Forschenden die Hauptform des Selens in den Nüssen: Selenomethionin, eine Aminosäure, die besonders gut vom Körper aufgenommen wird. Damit liefern Paranüsse tatsächlich eine für den menschlichen Organismus sehr hochwertige Selenverbindung.

Unerwartete Begleiter

Neben den gesunden Inhaltsstoffen nehmen Paranussbäume aus dem Boden aber auch andere Elemente auf und speichern sie. Da die Böden im südamerikanischen Regenwald – die Heimat der Bäume – vergleichsweise arm an Kalzium sind, ersetzen chemisch ähnliche Elemente wie Barium und Radium teilweise das Kalzium. Ähnlich wie Kalzium können diese Elemente in Knochen eingebaut werden, was potenziell gesundheitsschädlich sein kann. Radium etwa ist radioaktiv und steht im Verdacht, Knochenschäden oder Krebs zu verursachen. Die Untersuchung zeigte jedoch, dass beide Stoffe im Verdauungstrakt nur sehr schwer löslich sind: Lediglich etwa zwei Prozent des im Nussmaterial enthaltenen Bariums und Radiums sind bioverfügbar, das heißt werden im Verdauungstrakt freigesetzt.

„Selbst bei täglichem Verzehr einer Paranuss ergibt sich laut Berechnung durch die sehr geringe Bioverfügbarkeit eine Strahlendosis von nur etwa 2,4 Mikrosievert pro Jahr. Das ist nur rund ein Tausendstel der natürlichen jährlichen Strahlenbelastung in Deutschland, die vom Bundesamt für Strahlenschutz mit durchschnittlich 2,1 Millisievert pro Jahr angegeben wird. Davon wiederum werden rund zehn Prozent mit der Nahrung aufgenommen. Damit ist die Strahlenbelastung, die vom Radium in Paranüssen ausgeht, deutlich geringer als bisher angenommen“, erläutert Dr. Diana Walther vom VKTA.

Die Forschenden vermuten, dass die geringe Löslichkeit mit pflanzlichen Speicherstoffen zusammenhängt: In den Paranüssen fanden sie Phytinsäure, die Mineralstoffe und Metalle stark bindet und dadurch deren Aufnahme verhindert.

Mit Strontium, Lanthan und Europium analysierten sie weitere Spurenelemente. Strontium verhält sich chemisch ähnlich wie Kalzium und ist zu etwa 50 Prozent bioverfügbar, allerdings in so geringen Mengen, dass keine toxikologische Relevanz besteht. Lanthan und Europium gehören zu den sogenannten Seltenen Erden und waren nur in geringsten Mengen nachweisbar. Ihre Bioverfügbarkeit liegt bei rund 25 Prozent – die Aufnahmemengen bleiben jedoch weit unterhalb der festgelegten Grenzwerte.

Denn nicht jedes Element, das in einem Lebensmittel enthalten ist, wird auch tatsächlich vom Körper aufgenommen. Entscheidend ist, wie viel davon während der Verdauung aus der jeweiligen Nahrung freigesetzt wird – dieser Anteil gilt als „bioverfügbar“. Um das zu testen, simulierten die Forschenden den Verdauungsprozess im Labor mit künstlichem Speichel, Magensaft und Verdauungsenzymen bei Körpertemperatur. So konnten sie feststellen, welche Stoffe in Lösung gehen und theoretisch im Dünndarm aufgenommen werden.

Hochmoderne Analytik für ein uraltes Lebensmittel

Zur Bestimmung der Konzentrationen nutzte das Team Massenspektrometrie, Gamma- und Alpha-Spektrometrie für die radioaktiven Isotope sowie NMR- und Laser-Fluoreszenz-Methoden für die Charakterisierung der chemischen Bindungsform der Elemente.

Darüber hinaus interessierten sich die Forschenden dafür, ob Bestandteile der Paranuss die Wirksamkeit sogenannter Dekorporationsmittel beeinflussen – Verbindungen, die eingesetzt werden, um radioaktive Stoffe nach einer Kontamination aus dem Körper zu entfernen. Das Ergebnis: Die Zusammensetzung der Paranuss hatte nur minimale Auswirkungen auf die Wirksamkeit dieser Substanzen.

„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass Paranüsse ein wertvolles Lebensmittel sind – insbesondere als natürliche Selenquelle“, resümiert Barkleit. „Gleichzeitig zeigen sie, dass die enthaltenen toxischen Elemente aufgrund ihrer geringen Löslichkeit beim Verzehr kaum eine Rolle spielen.“

Diese Arbeit wurde vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) über das Verbundprojekt RADEKOR (FKZ 02NUK057A und D) gefördert.

Publikation:
A. Barkleit, J. Eum, D. Walther, D. Butscher, S. Friedrich, K. Müller, J. Kretzschmar, In Vitro Bioaccessibility and Speciation of Toxic and Nutritional Trace Elements in Brazil Nuts, in International Journal of Molecular Sciences, 2025 (DOI: 10.3390/ijms26178312)

MaAB - Medizin am Abend Berlin Fortbildungen VOR ORT
Dr. Astrid Barkleit
Institut für Ressourcenökologie am HZDR
Tel.: ‪+49 351 260 3136‬ | E-Mail: a.barkleit@hzdr.de

Dr. Diana Walther
VKTA - Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf e. V.
Tel.: ‪+49 351 260 2124‬ | E-Mail: Diana.Walther@vkta.de

Simon Schmitt 
Tel.: ‪+49 351 260 3400‬ | Mobil: ‪+49 175 874 2865‬ | E-Mail: s.schmitt@hzdr.de

Wie Schmerzmittel den Eisenstoffwechsel von Leberkrebszellen beeinflussen

Forschende vom Deutschen Krebsforschungszentrum und der Universität Freiburg zeigen, wie bestimmte Schmerzmittel den Eisenstoffwechsel von Leberkrebszellen beeinflussen und damit zu Eisenmangel und Anämien bei Krebspatienten beitragen können.

Schmerzmittel wie Diclofenac und Paracetamol gehören zu den am häufigsten verwendeten Medikamenten weltweit. 

Sie lindern Schmerzen und Entzündungen und gelten als gut verträglich. 

Eine neue Studie unter Leitung von Ursula Klingmüller am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Jens Timmer von der Universität Freiburg zeigt nun, dass diese Medikamente bei Leberkrebspatienten den Eisenstoffwechsel auf unerwartete Weise beeinflussen und Anämien begünstigen können.

Gemeinsam mit Partnern an den Universitätskliniken in Heidelberg und Leipzig konnten die Forschenden nachweisen, dass beide Schmerzmittel zwar die Entzündungsreaktion abschwächen, gleichzeitig aber die Produktion des Eisen-regulierenden Hormons Hepcidin in den Leberkrebszellen stark erhöhen. 

Es hemmt die Eisenaufnahme aus dem Darm und die Freisetzung von Eisen aus Speichern wie der Leber. 

MaAB-Cave:

Ein übermäßiger Hepcidin-Spiegel kann dazu führen, dass weniger Eisen aufgenommen und das vorhandene Eisen in den Speichern zurückgehalten wird – was wiederum eine Blutarmut (Anämie) begünstigt.

„Unsere Ergebnisse an menschlichen Zelllinien deuten darauf hin, dass die Einnahme gängiger Schmerzmittel bei Krebspatientinnen und -patienten unbeabsichtigte Nebenwirkungen auf den Eisenhaushalt haben könnte“, sagt Studienleiterin Ursula Klingmüller. 

„Besonders bei Leberkrebszellen konnten wir zeigen, dass die Wirkstoffe Diclofenac und Paracetamol Signalwege aktivieren, die die Hepcidin-Produktion verstärken.“

Das Team kombinierte modernste Proteomanalysen mit mathematischer Modellierung, um die zugrundeliegenden Mechanismen zu verstehen. Dabei zeigte sich, dass die Medikamente in den Krebszellen die Aktivität bestimmter Signalwege im Zellinneren verändern – insbesondere die des IL-6- und des BMP-Signalwegs, die gemeinsam die Hepcidin-Produktion steuern. In gesunden Leberzellen trat dieser Effekt nicht oder nur schwach auf.

Die Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven für eine personalisierte Schmerztherapie bei Krebspatienten, die häufig unter Eisenmangel-bedingter Anämie leiden. 

„Unsere Modellrechnungen zeigen, dass eine gezielte Hemmung des BMP-Rezeptors den unerwünschten Anstieg von Hepcidin verhindern könnte“, erklärt Jens Timmer, Ko-Studienleiter von der Universito8ät Freiburg. 

Das könnte langfristig helfen, Eisenmangel und therapiebedingte Anämie zu vermeiden.

Die Studie entstand in enger Zusammenarbeit zwischen dem DKFZ, der Universität Heidelberg, dem Universitätsklinikum Heidelberg, dem Universitätsklinikum Leipzig und der Universität Freiburg.

Publikation:
Anja Zeilfelder, Joep Vanlier, Christina Mölders, Philipp Kastl, Barbara Helm, Sebastian Burbano de Lara, Till Möcklinghoff, Nantia Leonidou, Elisa Holstein, Artyom Vlasov, Alexander Held, Silvana Wilken, Katrin Hoffmann, Gerda Schicht, Andrea Scheffschick, Markella Katerinopoulou, Esther Giehl-Brown, Christoph Kahlert, Christoph Michalski, Daniel Seehofer, Georg Damm, Martina U. Muckenthaler, Marcel Schilling, Jens Timmer, Ursula Klingmüller: Diclofenac and acetaminophen dim the acute-phase response but amplify expression of the iron regulator hepcidin in liver cancer cells.
Cell Systems, 2025, DOI: 10.1016/j.cels.2025.101431

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren

Dr. Sibylle Kohlstädt

Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
T: ‪+49 6221 42 2843‬
E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
www.dkfz.de

Originalpublikation:
Anja Zeilfelder, Joep Vanlier, Christina Mölders, Philipp Kastl, Barbara Helm, Sebastian Burbano de Lara, Till Möcklinghoff, Nantia Leonidou, Elisa Holstein, Artyom Vlasov, Alexander Held, Silvana Wilken, Katrin Hoffmann, Gerda Schicht, Andrea Scheffschick, Markella Katerinopoulou, Esther Giehl-Brown, Christoph Kahlert, Christoph Michalski, Daniel Seehofer, Georg Damm, Martina U. Muckenthaler, Marcel Schilling, Jens Timmer, Ursula Klingmüller: Diclofenac and acetaminophen dim the acute-phase response but amplify expression of the iron regulator hepcidin in liver cancer cells.
Cell Systems, 2025, DOI: 10.1016/j.cels.2025.101431

Episoden von „Raus aus der Depression

In neuen Folgen des Podcasts „Raus aus der Depression“ von ARD Gesund und der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention begrüßen Entertainer Harald Schmidt und Psychiater Prof. Ulrich Hegerl Prominente, die ihre persönlichen Erfahrungen mit ihrer Depression teilen. Gast der ersten Folge am 23. Dezember 2025 ist Klaudia Giez (Klaudia mit K, bekannt aus Germany’s Next Topmodel und erfolgreiche Content Creatorin). Sie berichtet offen über den Beginn ihrer Depression und warum sie sich vor einem Jahr kurz nach den Weihnachtstagen selbst in die Klinik eingewiesen hat.

In neuen Folgen des Podcasts „Raus aus der Depression“ von ARD Gesund und der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention begrüßen Entertainer Harald Schmidt und Psychiater Prof. Ulrich Hegerl ab heute, Prominente, die ihre persönlichen Erfahrungen mit ihrer Depression teilen: Model Klaudia Giez, Schauspielerin Isabell Horn, Autorin Kathrin Weßling, Olympiagewinner Jonathan Hilbert und weitere Gäste. Host Harald Schmidt sagt über die Gespräche: „Viele unserer Gäste glaubten zunächst, sie seien allein mit der Erkrankung – dabei sind sie in bester Gesellschaft. Das zeigt der Podcast immer wieder. Und ich hoffe, dass wir das auch den Zuhörerinnen und Zuhörern vermitteln können.“

Klaudia Giez spricht über Klinikaufenthalt an Weihnachten

Gast der ersten Folge am 23. Dezember 2025 ist Klaudia Giez (Klaudia mit K, bekannt aus Germany’s Next Topmodel und erfolgreiche Content Creatorin). Sie berichtet offen über den Beginn ihrer Depression und warum sie sich vor einem Jahr kurz nach den Weihnachtstagen selbst in die Klinik eingewiesen hat: „Ich bin im Haus meiner Eltern von der einen Wand zur anderen wie ein eingesperrter Fuchs gelaufen. Ich habe die ganze Zeit geweint, hab Freunde und mein Management angerufen und mit meiner Familie gesprochen. Ich wusste nicht weiter. Ich wusste: sie können mir nicht helfen, es geht nicht. Irgendetwas ist falsch bei mir. Ich kann nicht mehr“. Vier Monate verbrachte Klaudia Giez anschließend in der Klinik. Rückblickend sagt sie: „Die Klinik hat mich aufgefangen, vor allem die Menschen dort haben mich aufgefangen. Sonst würde ich nicht hier sein. Sie haben mein Leben gerettet - so kann ich das sagen. Und das ist doch eigentlich das Schönste, was mir passiert ist.“ Heute gehe es ihr gut und sie hat gelernt, Rückfällen vorzubeugen. „Ich lasse es jetzt nicht mehr so weit kommen, ich rede sehr viel oder gehe vielleicht noch einmal mehr zur Therapie, anstatt das wieder runterzuschlucken und mich in Arbeit zu stürzen oder Sport zu machen. Das war mein Fehler, dass ich dachte, es geht noch und andere Sachen gehen vor. Aber nee! Ich gehe vor! Das ist mein Leben und ich möchte nicht mehr in dieser Situation landen wie vor einem Jahr“, sagt Giez im Gespräch.

Neben dem persönlichen Erfahrungsbericht des Gastes gibt es in jeder Folge eine fachliche Einordnung von Professor Dr. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Professor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. „In unseren Podcast-Gesprächen wird deutlich, wie ähnlich das Leiden von Menschen mit Depression ist – trotz völlig unterschiedlicher Lebensumstände. Worin ihre Sorgen bestehen, wofür sie sich schuldig fühlen, warum sie hoffnungslos sind und was sie als Auslöser der Erkrankung sehen, unterscheidet sich von Person zu Person. Gemeinsam ist jedoch, dass fast alle unter Schuldgefühlen, Hoffnungslosigkeit und tiefer Erschöpfung leiden. Depression ist mehr als eine Reaktion auf belastende Ereignisse, sie ist eine eigenständige, schwere Erkrankung. Besonders bewegend ist, wie unsere Gäste trotz großen Leids mit professioneller Hilfe wieder ein erfolgreiches, freudvolles Leben führen können", erklärt Ulrich Hegerl.

Die neue Episode von „Raus aus der Depression“ – eine Kooperation von ARD Gesund und der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention – wird ab Dienstag, 23. Dezember, in der ARD Audiothek und auf den gängigen Podcast-Plattformen veröffentlicht. Im Radioprogramm von NDR Info wird die Folge am 4. Januar 2026 um 6.30 und 17.30 Uhr gesendet. Außerdem ist der Podcast als Video auf dem YouTube-Kanal von ARD Gesund zu sehen.

„Raus aus der Depression“: Folgenübersicht und Veröffentlichung in der ARD Audiothek
• 6. Januar 2026: Isabell Horn
• 20. Januar 2026: Kathrin Weßling
• 3. Februar 2026: Jonathan Hilbert

Stiftung Deutsche Depressionshilfe
Heike Friedewald
Goerdelerring 9
04109 Leipzig
Tel: 0341/‪22 38 74 12‬
presse@deutsche-depressionshilfe.de

Norddeutscher Rundfunk
Carolin Stratmann
Presse und Kommunikation
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel.: 040/4156-2300
c.stratmann@ndr.de

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Stiftung Deutsche Depressionshilfe
Prof. Ulrich Hegerl
Vorstandsvorsitzender
Goerdelerring 9
04109 Leipzig
Tel: 0341/‪22 38 74 12‬
presse@deutsche-depressionshilfe.de

Originalpublikation:
https://www.ardaudiothek.de/sendung/raus-aus-der-depression/urn:ard:show:93ca346...

Abdominales Aortenaneurysma

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Einem Forschungsteam der Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) ist es gelungen nachzuweisen, wie die Interaktion verschiedener Blutzellen sowohl zur Entstehung einer Thrombose als auch eines Bauchaortenaneurysmas führen kann. Die CD36–TSP-1-vermittelte Interaktion von Thrombozyten und Erythrozyten ist unmittelbar an der Bildung beider Erkrankungen beteiligt. Die Ergebnisse dieser Studie, die unter der Leitung von Prof. Dr. Margitta Elvers und Prof. Dr. Markus Wagenhäuser entstand, wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Circulation Research publiziert.

Erkrankungen der Blutgefäße wie Thrombosen und Bauchaortenaneurysmen beruhen auf gemeinsamen zellulären Pathomechanismen im Gefäßsystem, wie die Forschenden rund um Prof. Elvers und Prof. Wagenhäuser (beide Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie) nun nachweisen konnten. Das Verständnis der molekularen Ursachen eröffnet daher neue Möglichkeiten für innovative und gezielte Therapieansätze.

Die Aktivierung von Thrombozyten, die meist als Blutplättchen bekannt sind, ist für die Blutstillung lebenswichtig. Gerät dieser Prozess außer Kontrolle, können Thrombosen, also gefährliche Blutgerinnsel, entstehen, die Herzinfarkte und Schlaganfälle verursachen. 

Diese kardiovaskulären Erkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten Todesursachen. 

Neben Thrombozyten können auch die Erythrozyten, umgangssprachlich als rote Blutkörperchen bekannt, gerinnungsfördernde Eigenschaften entwickeln. Entscheidend ist dabei das Zusammenspiel der beiden Zelltypen: Durch direkten Kontakt verstärken sie sich gegenseitig in ihrer gerinnungsfördernden Wirkung. Bereits 2018 konnte die Arbeitsgruppe von Prof. Elvers einen Fas-Ligand-Fas-Rezeptor-vermittelten Signalmechanismus zwischen Thrombozyten und Erythrozyten identifizieren, der die gerinnungsfördernde Aktivität beider Zellen hervorrufen kann (Klatt et al, Journal of Clinical Investigation 2018).

Bauchaortenaneurysmen entstehen hingegen durch eine fortschreitende Schwächung der Gefäßwand, häufig infolge von Arteriosklerose. 

Kommen anhaltende Entzündungsprozesse hinzu, kann die Wand der Hauptschlagader im Bauchraum geschwächt werden und sich krankhaft erweitern. 

Ein abdominales Aneurysma, also ein Aneurysma der Bauchaorta, liegt vor.

Da ein abdominales Aortenaneurysma meist lange Zeit keine Beschwerden verursacht, wird es häufig erst erkannt, wenn es zu einer plötzlichen und lebensbedrohlichen Ruptur der Aorta kommt. Medikamentöse Behandlungsoptionen stehen bislang nicht zur Verfügung. 

Derzeit kann nur eine Operation das Risiko eines lebensbedrohlichen Aortenrisses senken.

Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsprojekts (Transregio 259, Projekt A07) konnte das Team um Prof. Elvers zeigen, dass eine spezifische Wechselwirkung zwischen Thrombozyten und Erythrozyten, vermittelt über die Proteine CD36 und TSP-1, eine zentrale Rolle bei der Entstehung und dem Fortschreiten beider Erkrankungen spielt. In experimentellen Mausmodellen waren Tiere, bei denen diese Signalachse gezielt unterbrochen wurde, sowohl vor Thrombosen als auch vor Bauchaortenaneurysmen geschützt.

„Diese Ergebnisse sind von besonderer klinischer Bedeutung, da sie erstmals einen gemeinsamen molekularen Ansatzpunkt für zwei bislang unterschiedlich behandelte Erkrankungen aufzeigen“, so Prof. Elvers. „Die gezielte Hemmung der CD36–TSP-1-Achse könnte langfristig die Entwicklung medikamentöser Therapien ermöglichen, die das Fortschreiten von Bauchaortenaneurysmen bremsen und gleichzeitig das Risiko von Thrombosen reduzieren.“ Die Studienergebnisse wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Circulation Research veröffentlicht.

Neben der HHU und dem UKD waren das Deutsche Diabetes-Zentrum, die Johannes Gutenberg-Universität Mainz, das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislaufforschung (DZHK), die Universität Münster, das Universitätsklinikum Tübingen und die OxProtect GmbH an der Studie beteiligt.

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Prof. Dr. Margitta Elvers
Prof. Dr. Markus Wagenhäuser


Originalpublikation:
Interplay Between Thrombospondin-1 and CD36 Modulates Platelet-RBC Interaction in Thrombosis and abdominal Aneurysm Formation
k. J. Krott, T. Feige, A. Bosbach, A. N. Beele, I. Krüger, F. Reusswig, E. Schickentanz-Dey, S. Pfeiler, A. chadt, M. Kelm, N. Gerdes, K. Jurk, K. Kiouptsi, C. Reinhardt, H. Al-Hasani, B. E. Kehrel, S. Karray, M. M. Chatterjee, H. Schelzig, M. U. Wagenhäuser, M. Elvers. Circulation Research 2025

DOI: doi.org/10.1161/CIRCRESAHA.125.326701
Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/CIRCRESAHA.125.326701
https://www.jci.org/articles/view/92077

Blutdruckmanager

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Nationale und internationale Hypertonie-Leitlinien gelten als zu umfangreich und im Praxisalltag nur bedingt umsetzbar. Eine Umfrage unter 437 Ärztinnen und Ärzten, zeigt: Die Implementierung ist mit zahlreichen organisatorischen und technischen Hürden verbunden und scheitert häufig an fehlender Zeit, mangelnden Ressourcen und fehlendem Praxisbezug. Die Umfrage, die auf dem Deutschen Hypertonie Kongress 2025 in Heidelberg vorgestellt wurde, macht zudem deutlich, dass die Patientenperspektive in 


Hyperertonie-Leitlinien stärker berücksichtigt werden sollte.

Die Empfehlungen klinischer Leitlinien sollen zu einer standardisierten und zeitgemäßen medizinischen Versorgung und Behandlung beitragen. Insbesondere die S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Hypertonie, die von 21 medizinischen Fachgesellschaften und Organisationen erarbeitet wurde, ist von vielen Ärztinnen und Ärzten in Deutschland als zentrale Leitlinie akzeptiert. Sie legt unter anderem die Standardbehandlung in der hausärztlichen Versorgung fest, und bietet evidenzbasierte Entscheidungshilfen – etwa zur korrekten Blutdruckmessung und zu geltenden Zielwerten.

Die seit 2023 geltende NVL ist jedoch sehr umfangreich: Sie umfasst in der Kurzfassung 45 und in der Langfassung 119 Seiten. Daneben gibt es für Medizinerinnen und Mediziner zwei europäische und sogar eine kürzlich publizierte amerikanische Leitlinie. „Diese Fülle an Vorgaben kann nur sehr begrenzt rezipiert, differenziert betrachtet und individuell umgesetzt werden“, kritisiert Prof. Dr. Markus van der Giet, Vorsitzender der Deutschen Hochdruckliga. „Konkrete Fragen wie ‚Was muss ich in der Diagnostik unternehmen?‘, ‚Wie sieht die medikamentöse Behandlung aus?‘ und ‚Wie kontrolliere ich die Patientinnen und Patienten?‘ werden darüber hinaus häufig nicht klar beantwortet.“

Zwei Drittel (67 %) der 437 befragten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte geben an, dass die Leitlinien zu umfangreich seien, jeder Zweite (52 %) findet sie zu praxisfern. Die von Juli bis Oktober 2024 bundesweit durchgeführte Befragung zeigt zudem, dass in den geltenden Leitlinien zu wenig berücksichtigt wird, wie Patientinnen und Patienten die Empfehlungen im Alltag umsetzen können. So empfehlen die Leitlinien beispielsweise eine salzarme Ernährung, viel Bewegung und den Verzicht auf Alkohol. „Die Betroffenen sollen ihren Lebensstil ändern, ohne konkrete Angebote, wie das gelingt“, so van der Giet. Diesen Mangel auszugleichen, wird zur Aufgabe von Fachgesellschaften wie der Deutschen Hochdruckliga, resümiert der Vorstandsvorsitzende.

Die Deutsche Hochdruckliga engagiert sich hier stark: Sie bietet praktische Hilfen für die Umsetzung, zum Beispiel eine Kurzfassung der Leitlinien in Form eines Leitfadens, Fortbildungsangebote, Informationsmaterial, digitale Aufklärungsformate und spezielle Initiativen wie den Blutdruckmanager. Die Angebote richten sich sowohl an Fachkreise (Ärztinnen, Ärzte und medizinisches Personal) als auch an Patientinnen und Patienten, um eine einheitliche und evidenzbasierte Versorgung sicherzustellen.

Originalpublikation:
M. van der Giet, B. Schwaab, A. Mayerböck, K. Klein, O. Randerath, O. Weingärtner: Umsetzung klinischer Leitlinienempfehlungen zu kardiovaskulären Erkrankungen in deutschen Hausarztpraxen – Ergebnisse einer Praxisbefragung. In: MMW Fortschritte der Medizin, Jg. 167, 26. November 2025, Supplement 5, Abstracts zum 49. Deutschen Hypertonie Kongress „Hypertonie – mittendrin!“ der Deutschen Hochdruckliga e. V. DHL® – Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention, S. 17
Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.awmf.org/service/awmf-aktuell/nationale-versorgungsleitlinie-hypertonie
https://www.hochdruckliga.de/mediziner/infomaterial-zum-download
https://www.blutdruckmanager.de

Einatmen und Ausatmen

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Einatmen – Ausatmen: LMU-Forschende zeigen, dass die Atmung beeinflusst, wann wir uns am besten erinnern.

In erster Linie atmen wir, um Sauerstoff aufzunehmen – aber möglicherweise hat dieser lebenswichtige Rhythmus auch noch weitere Funktionen. In den vergangenen Jahren haben eine Reihe von Studien gezeigt, dass die Atmung neuronale Vorgänge beeinflusst, unter anderem die Verarbeitung von Reizen sowie Gedächtnisprozesse. LMU-Forschende um Dr. Thomas Schreiner, Leiter einer Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe am Department Psychologie, analysierten in Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und der University of Oxford, wie die Atmung das Abrufen von zuvor erlernten Inhalten beeinflusst und zeichneten auf, was dabei im Gehirn abläuft.

Für das Experiment lernten 18 Probandinnen und Probanden, 120 Bilder mit bestimmten Wörtern zu verknüpfen. Diese Assoziationen wurden anschließend und dann noch einmal nach zwei Stunden Mittagsschlaf abgefragt. Währenddessen zeichneten die Forschenden sowohl die Atmung als auch mittels EEG die Hirnaktivität auf.

Atemrhythmus hilft beim mehrstufigen Prozess des Erinnerns

Wie die jetzt im Fachmagazin The Journal of Neuroscience veröffentlichten Ergebnisse zeigen, konnten sich die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer besser an die Begriffe und die dazugehörigen Bilder erinnern, wenn die Hinweiswörter während oder kurz vor dem Einatmen präsentiert wurden. „Im EEG wird jedoch sichtbar, dass der eigentliche Erinnerungsabruf eher während der anschließenden Ausatmung stattfindet“, berichtet Schreiner. „Unsere Daten sprechen also für eine Art funktionale Zweiteilung: Das Einatmen ist ein günstiger Moment, um den Hinweisreiz aufzunehmen, und das Ausatmen ein günstiger Moment für die eigentliche Rekonstruktion der Erinnerung im Gehirn.“ So zeigt sich, dass der Atemrhythmus das zeitliche Zusammenspiel von Wahrnehmung und effektivem Erinnern prägt.

In den EEG-Aufzeichnungen fanden die Forschenden zwei charakteristische Signaturen erfolgreichen Erinnerns, die Einblicke in die zugrundeliegenden neuronalen Muster geben: Zum einen schwächten sich bestimmte Hirnwellen ab, genauer die Alpha- und Beta-Aktivität. Das weist möglicherweise darauf hin, dass das Gehirn eine Erinnerung aktiviert und sich stärker auf den Abruf fokussiert. Zum anderen konnten sogenannte Gedächtnisreaktivierungen beobachtet werden. Das bedeutet, dass beim erfolgreichen Erinnern die neuronalen Muster wieder auftauchten, die auch beim Lernen aktiv waren.

Im Versuch konzentrierten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ganz auf die Gedächtnisaufgabe, während sie ihren natürlichen Atemrhythmus beibehielten. „Um herauszufinden, ob sich aus unseren Erkenntnissen alltagstaugliche Strategien ableiten lassen, wären Studien mit gezielter Atemmanipulation notwendig“, sagt Erstautor Esteban Bullón Tarrasó. Auch bestehe Forschungsbedarf bezüglich länger zurückliegender Erinnerungen. „Die zugrundeliegenden Mechanismen lassen aber vermuten, dass die Atmung auch hier eine Rolle spielt.“

Wie stark gedächtnisrelevante Hirnprozesse mit der Atmung synchronisiert sind, kann individuell variieren. Die Forschenden fanden graduelle Unterschiede zwischen den teilnehmenden Personen und schließen daraus, dass die Atmung bei manchen Menschen effizienter mit neuronalen Prozessen verknüpft ist als bei anderen. Und je besser Hirn und Atmung zusammenspielen, desto besser funktioniert vermutlich das Erinnern: „Die Atmung ist ein natürlicher Taktgeber für Gedächtnisprozesse und das verdeutlicht, wie eng Körper und Gehirn miteinander interagieren.“

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Dr. Thomas Schreiner
Klinische Neuropsychologie
Department Psychologie
Phone: ‪+49 (0)89 2180 5592‬
Thomas.Schreiner@psy.lmu.de
https://www.schreiner-lab.com

Originalpublikation:
Esteban Bullón Tarrasó, Fabian Schwimmbeck, Marit Petzka, Tobias Staudigl, Bernhard Staresina & Thomas Schreiner: Respiration shapes the neural dynamics of successful remembering in humans. The Journal of Neuroscience 2025

https://www.jneurosci.org/content/early/2025/11/26/JNEUROSCI.1221-25.2025

Infektion mit dem Waschbärspülwurm


Kontinuierliche Ausbreitung: Waschbärspulwurm in neun europäischen Ländern nachgewiese

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Der Waschbärspulwurm Baylisascaris procyonis kann beim Menschen schwere Erkrankungen bis hin zu tödlichen Hirnschädigungen auslösen. Ein Frankfurter Forschungsteam des Verbundprojektes ZOWIAC hat nun die erste umfassende Analyse für Europa vorgelegt: Der Parasit ist bereits in neun Ländern etabliert und breitet sich kontinuierlich aus. Die Studie kombiniert neue Untersuchungen von 146 Waschbären aus Deutschland mit einer umfassenden Auswertung aller verfügbaren europäischen Daten und wurde im Fachjournal Parasitology Research publiziert.


FRANKFURT. Während die Ausbreitung des Waschbären in Europa oft diskutiert wird, bleibt sein Begleiter eher unbeachtet: Der Waschbärspulwurm Baylisascaris procyonis reiste bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit den ersten Waschbären aus Nordamerika ein. Seit der Freilassung bzw. dem Entkommen aus Pelztierfarmen hat sich der Waschbär unkontrolliert über weite Teile Mitteleuropas verbreitet – und mit ihm sein Parasit. Deutschland gilt heute als Hauptverbreitungsgebiet für beide Arten in Europa.

Gefährlicher Begleiter des Waschbären
„Dieser Parasit kann auch den Menschen infizieren und eine sog. Larva migrans verursachen, bei der wandernde Larven Gewebe und Organe schädigen können“, erklärt Prof. Dr. Sven Klimpel von der Goethe-Universität Frankfurt und dem Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum. Menschen infizieren sich durch das versehentliche Verschlucken infektiöser Eier, die im Boden, in Gewässern oder auf Gegenständen vorkommen, die mit Waschbärkot kontaminiert sind.
Ein Forschungsteam des Verbundforschungsprojektes ZOWIAC (Zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Carnivoren) hat nun untersucht, wie weit sich der Parasit in Europa bereits verbreitet hat.

Heimtückischer Lebenszyklus
Der Lebenszyklus des Parasiten ist komplex: Erwachsene Spulwürmer leben im Dünndarm des Waschbären. Die Weibchen produzieren täglich bis zu ‪180.000‬ Eier, die über den Kot in die Umwelt gelangen. An sogenannten Waschbärlatrinen – bevorzugten Kotstellen – sammeln sich die widerstandsfähigen Eier an. In der Umwelt entwickeln sie sich bei ausreichender Temperatur und Luftfeuchtigkeit innerhalb von zwei Wochen zu infektiösen Larven, die mehrere Jahre überleben können.

Kleinkinder besonders gefährdet
Eine Infektion des Menschen mit dem Waschbärspulwurm wird als Baylisascariose bezeichnet. Anne Steinhoff von der Goethe-Universität Frankfurt und Erstautorin der Studie erklärt: „Gelangen die Larven in das zentrale Nervensystem, kann die Erkrankung schwerwiegende Folgen haben. Aufgrund des häufigen Hand-Mund-Kontakts erkranken vorrangig Kleinkinder.“ Die meisten bekannten Fälle treten in Nordamerika auf, dem natürlichen Verbreitungsgebiet von Waschbär und Spulwurm. Dort führte die Erkrankung in den meisten dokumentierten Fällen zu bleibenden neurologischen Schäden oder gar zum Tod.
„Darüber hinaus wird angenommen, dass viele Fälle aufgrund der unspezifischen Symptome unentdeckt bleiben oder falsch diagnostiziert werden“, ergänzt Klimpel.

 „In Europa wird die Diagnose beim Menschen durch das Fehlen spezifischer diagnostischer Testmöglichkeiten zusätzlich erschwert.“ Eine definitive Diagnose ist derzeit nur bei den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA und Kanada möglich.

Erste umfassende Europa-Analyse
Ziel der Studie war es, einen aktuellen Überblick über die Verbreitung des Parasiten in Europa zu erstellen und den Forschungsbedarf zu identifizieren. Dazu untersuchte das Team um Klimpel und Steinhoff Waschbären aus Deutschland mittels Sektion und ergänzte diese neuen Daten durch eine umfassende Analyse verfügbarer wissenschaftlicher Studien und Befallsdaten aus Europa.
Von den 146 untersuchten Waschbären waren 66,4 Prozent mit Baylisascaris procyonis infiziert: in Hessen waren 77,4 Prozent, in Thüringen 51,1 Prozent und in Nordrhein-Westfalen 52,9 Prozent. Für Thüringen lieferte die Studie erstmals Prävalenzdaten. „Die Ergebnisse zeigen sowohl eine Ausweitung des Verbreitungsgebiets des Spulwurms sowie eine stabiles Infektionsvorkommen auf hohem Niveau in den deutschen Waschbärpopulationen“, führt Klimpel aus. Die Analyse ergab, dass der Spulwurm in neun europäischen Ländern bei wildlebenden Waschbären vorkommt, vorrangig in Zentraleuropa – teilweise mit extrem hohen Befallszahlen. In drei weiteren Ländern wurden Infektionen bei Waschbären oder anderen Tierarten in Gefangenschaft nachgewiesen.

Ausbreitung gekoppelt an Waschbärpopulationen
„Die Studien zeigen eine stetige Ausdehnung des Verbreitungsgebiets in Europa. Dabei ist die Verbreitung des Spulwurms an die stetige Ausbreitung des Endwirts Waschbär gekoppelt, der inzwischen europaweit vorkommt“, führt Klimpel weiter aus. „Die tatsächliche Verbreitung des Spulwurms wird wahrscheinlich aufgrund unzureichender oder fehlender Datenerhebungen erheblich unterschätzt.“
Besonders besorgniserregend: Die Urbanisierung der Waschbärpopulationen erhöht die Wahrscheinlichkeit von Kontakten zwischen Menschen und kontaminierten Bereichen. Drei dokumentierte Fälle von Baylisascariose in Europa sind bekannt – alle resultierten in dauerhafter Sehbehinderung.

„Die Ergebnisse der vorliegenden Studie machen deutlich, dass weitere Forschung zum Waschbärspulwurm in Europa dringend erforderlich ist – insbesondere vor dem Hintergrund wachsender Waschbärpopulationen und ihrer zunehmenden Anpassung an städtische Lebensräume“, schließt Klimpel.

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Prof. Dr. Sven Klimpel
Institut für Ökologie, Evolution und Diversität
Goethe-Universität Frankfurt
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
069 798-42237
klimpel@bio.uni-frankfurt.de
https://zowiac.eu/

Originalpublikation:
Anne Steinhoff, Robin Stutz, Anna Viktoria Schantz, Norbert Peter, Dorian D. Dörge & Sven Klimpel. Baylisascaris procyonis on the rise in Europe: a comprehensive review and analysis of occurrence data. Parasitology Research (2025). https://doi.org/10.1007/s00436-025-08611-z

Chronische Schmerzerkrankungen

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Eine neue Studie unter Federführung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit zeigt, dass Menschen mit Depression und Fibromyalgie nahezu identische Muster einer gestörten Gefühlsregulation aufweisen und dass Stress in beiden Gruppen Schmerzen und Stimmung deutlich verschlechtert. Die Ergebnisse verdeutlichen die enge Verflechtung von Schmerz, Stress und Emotionen und unterstreichen die Bedeutung psychotherapeutischer Behandlungsansätze.


Fibromyalgie ist eine chronische Schmerzerkrankung, die durch generalisierte Beschwerden in Muskeln sowie Sehnen und Bändern gekennzeichnet ist. Wie Depression zählt sie zu den häufigsten Ursachen für starke Beeinträchtigungen im Alltag. Beide Erkrankungen treten zudem oft gemeinsam auf und können sich gegenseitig verstärken.

Eine aktuelle Studie, an der Forschende des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim, der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg sowie der Universitätsklinika Heidelberg und Mainz beteiligt waren, zeigt, dass Patientinnen und Patienten mit Fibromyalgie ebenso wie Personen mit Depression unter vergleichbaren Schwierigkeiten in der Regulation ihrer Gefühle leiden. Sie grübeln verstärkt, machen sich häufiger selbst Vorwürfe und haben Probleme, Emotionen angemessen zu steuern. Stress wirkt dabei als zentraler Verstärker: Er verschlimmert sowohl Schmerzen als auch depressive Stimmung.

Stress als Verstärker von Schmerz und Depression

„Unsere Daten zeigen eindrücklich, dass Schmerz und Stimmung untrennbar miteinander verbunden sind und dass Schwierigkeiten in der Emotionsregulation beide Krankheitsbilder prägen“, sagt Prof. Dr. Dr. Heike Tost, Leiterin der Arbeitsgruppe Systemische Neurowissenschaften in der Psychiatrie (SNiP) am ZI und Letztautorin der Studie.
Im Alltag zeigte sich ein eindeutiger Zusammenhang. Belastende Situationen führten nicht nur zu schlechterer Stimmung, sondern auch zu einer deutlichen Zunahme der Schmerzintensität. Dies war bei Menschen mit Fibromyalgie ebenso zu beobachten wie bei Personen mit Depression. Viele Betroffene erleben diesen Teufelskreis täglich.

Um diese Wechselwirkungen umfassend abzubilden, kombinierten die Forschenden mehrere Methoden. Die Teilnehmenden beantworteten wissenschaftliche Fragebögen, berichteten per Smartphone mehrmals täglich über ihr aktuelles Befinden und wurden im MRT untersucht. Dabei zeigte sich unter anderem, wie gut sie ihre emotionale Reaktion regulieren konnten und wie aktiv dabei die Amygdala war. Die Amygdala ist eine zentrale Hirnregion für die Bewertung emotionaler Reize.

Bei Personen mit Fibromyalgie zeigte sich zusätzlich eine erhöhte Empfindlichkeit schmerzverarbeitender Gehirnareale. Dies liefert einen möglichen Erklärungsansatz dafür, warum Schmerzen in dieser Gruppe häufig intensiver und anhaltender erlebt werden.
„Stress erhöht den Schmerz und Schmerz erhöht den Stress. Diese Wechselwirkung zu verstehen, ist ein wichtiger Schritt für eine wirksame Behandlung“, sagt Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des ZI und Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie.

Neue Perspektiven für Behandlung und Prävention

Die Studie belegt die hohe Relevanz psychotherapeutischer Verfahren, die gezielt auf eine Verbesserung der Emotions- und Stressregulation abzielen. Solche Ansätze könnten die Behandlung sowohl bei chronischen Schmerzen als auch bei Depression weiter verbessern.

Aufbauend auf den aktuellen Erkenntnissen startet nun eine Folgestudie, in der eine innovative Kurzintervention zur Stressreduktion erprobt wird. Das Verfahren orientiert sich an EMDR („Eye Movement Desensitization and Reprocessing“) und nutzt augengeleitete Desensibilisierung, um emotionale Belastungen schneller abzubauen. Ziel ist zu prüfen, ob sich dadurch Fehlregulationen im Gehirn gezielt beeinflussen und der Teufelskreis aus Schmerz und Stress nachhaltig durchbrechen lässt.
Interessenten können sich über diesen Link anmelden und einen Fragebogen ausfüllen. Das Studienteam meldet sich dann und prüft die Eignung für die Studie. Anmeldung:
https://redcap2.zi-mannheim.de/surveys/?s=C47Y4EECDXNMWDFF

Weitere Informationen:
Die vorliegenden Ergebnisse der Studie sind Teil des Sonderforschungsbereichs SFB1158 „Von der Nozizeption zum chronischen Schmerz“ an der Universität Heidelberg. Weitere Informationen zum SFB:
https://sfb1158.de/

Über das ZI

Das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) steht für international herausragende Forschung und wegweisende Behandlungskonzepte in Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Suchtmedizin. Die Kliniken des ZI gewährleisten die psychiatrische Versorgung der Mannheimer Bevölkerung. Psychisch kranke Menschen aller Altersstufen können am ZI auf fortschrittlichste, auf internationalem Wissensstand basierende Behandlungen vertrauen. Über psychische Erkrankungen aufzuklären, Verständnis für Betroffene zu schaffen und die Prävention zu stärken ist ein weiterer wichtiger Teil unserer Arbeit. In der psychiatrischen Forschung zählt das ZI zu den führenden Einrichtungen Europas und ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (dzpg.org). Das ZI ist institutionell mit der Universität Heidelberg über gemeinsam berufene Professorinnen und Professoren der Medizinischen Fakultät Mannheim verbunden und Mitglied der Health + Life Science Alliance Heidelberg Mannheim (health-life-sciences.de)

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Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
Prof. Dr. Dr. Heike Tost
E-Mail: heike.tost@zi-mannheim.de

Originalpublikation:
Renz MP, Schmidt H, Drusko A, Berhe O, Zidda F, Sebald C, Andoh J, Wieland S, Tesarz J, Treede RD, Meyer-Lindenberg A, Tost H. Neural, psychological, and daily life evidence for a transdiagnostic process of affective dysregulation in depression and chronic widespread pain. Pain. 2024. DOI: 10.1097/j.pain.‪0000000000003800‬.
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC12617658/

Chronische Bauchschmerzen

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Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) leiden oft auch zwischen den akuten Entzündungsschüben der Krankheit unter Bauchschmerzen. Das könnte damit zu tun haben, dass sich bei den Betroffenen die Art und Weise verändert, wie Schmerz in Abhängigkeit von Furcht verarbeitet wird. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum um Dr. Hanna Öhlmann. Die Forschenden haben die Schmerzwahrnehmung von gesunden und an CED erkrankten Personen in einem Lernexperiment verglichen. Basierend auf den Ergebnissen empfehlen sie die Entwicklung personalisierter Therapien, die solche psychologischen Mechanismen mitberücksichtigen.


Die Studie ist am 26. November 2025 in der Fachzeitschrift „PAIN“ erschienen: https://journals.lww.com/pain/fulltext/9900/fear_induced_hyperalgesia_in_quiesce...

Der Zusammenhang von Furcht und Schmerz

„Die Tatsache, dass Patientinnen und Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oft auch in Ruhephasen der Erkrankung Symptome wie Bauchschmerzen erleben, deutet darauf hin, dass neben akuten Entzündungsprozessen andere Mechanismen den Schmerz aufrechterhalten“, sagt Hanna Öhlmann aus dem Zentrum für Medizinische Psychologie und Translationale Neurowissenschaften der Ruhr-Universität Bochum. „Eine Möglichkeit ist, dass die emotionale Verarbeitung von Schmerz bei ihnen verändert ist.“

Die Furcht spielt im Zusammenhang mit Schmerz eine wichtige Rolle: Bauchschmerzen signalisieren potenzielle Gewebeschädigungen oder drohende Beschwerden, weshalb wir schnell lernen, wenn Ereignisse oder Reize in zeitlicher Nähe zu Bauchschmerz auftreten. Dann fürchten wir uns und versuchen, diese Reize zu vermeiden. Das ist gut und schützt uns. Aber: Von anderen chronischen Schmerzerkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom ist bekannt, dass Betroffene schmerzbezogene Furcht stärker lernen als Gesunde. „Zusammen mit anhaltendem Vermeidungsverhalten kann das dazu führen, dass Bauchschmerz als immer bedrohlicher wahrgenommen und so aufrechterhalten wird“, sagt Hanna Öhlmann.

Den Schmerz fürchten lernen

Um herauszufinden, ob das auch bei CED-Betroffenen so ist, gewannen die Forschenden 43 Versuchspersonen für ihre experimentelle Studie. Davon hatten 21 eine diagnostizierte Colitis ulcerosa – eine Unterform der CED, die hauptsächlich den Dickdarm betrifft. Die übrigen waren gesunde Kontrollpersonen.

Am ersten Studientag wurden den Teilnehmenden verschiedene Symbole auf einem Bildschirm gezeigt. Ein Symbol war wiederholt mit einem schmerzhaften Hitzereiz am Unterbauch verbunden, ein anderes Symbol niemals. So lernten die Versuchspersonen, welches Symbol den Schmerz nach sich zog. Anschließend folgte eine Extinktionsphase, in der alle Symbole ohne schmerzhafte Reize gezeigt wurden und die schmerzbezogene Furcht vor dem Symbol, das ursprünglich mit dem Hitzereiz gekoppelt war, wieder abnahm.

Am zweiten Studientag wurde die Extinktionsphase wiederholt. Dann wurden die Teilnehmenden unerwartet, also ohne visuellen Hinweis, erneut den Hitzereizen ausgesetzt. „So wollten wir testen, ob CED-Betroffene den Schmerz nach dem Furchtlernen anders wahrnehmen als Gesunde und ob dies mit der Stärke des Furchtlernens zusammenhängt“, erklärt Hanna Öhlmann.

Patientinnen und Patienten empfinden Schmerz unangenehmer und intensiver

Die Ergebnisse zeigen: CED-Betroffene empfanden den Schmerz bei erneuter Konfrontation als unangenehmer und auch intensiver als Gesunde. Mehr erlernte schmerzbezogene Furcht am ersten Studientag ging mit einer unangenehmeren und intensiveren Schmerzwahrnehmung am zweiten Studientag einher – und zwar ausschließlich bei CED-Betroffenen. Weitere Analysen zeigten, dass das Furchtlernen vor allem die empfundene Unangenehmheit des Schmerzes prägte und nur indirekt auf die Schmerzintensität wirkte. Die emotionale Färbung des Schmerzes spielte also eine wichtige Rolle.

„Interessant ist aber, dass die CED-Betroffenen am ersten Tag nicht mehr schmerzbezogene Furcht erlernt hatten als die gesunden Teilnehmenden“, unterstreicht Hanna Öhlmann. „Es war also nicht das Furchtlernen an sich verändert, sondern vielmehr, wie die Furcht mit der Schmerzwahrnehmung zusammenhängt.“ Das deute darauf hin, dass die wiederkehrenden starken Entzündungsschübe möglicherweise langfristig verändern, wie Schmerz in Abhängigkeit von der Furcht zentral verarbeitet wird. Schmerzen werden dann intensiver erlebt, ohne dass die Furcht selbst übermäßig stark ist. Für diese Möglichkeit sprechen auch frühere Studien, die strukturelle und funktionelle Veränderungen im Gehirn von CED-Betroffenen zeigen, und zwar insbesondere in Hirnregionen, die an der Verarbeitung von Furcht und Schmerz beteiligt sind.

Folgen für die Behandlung

Die Behandlung von CED zielt bislang vorrangig auf die Kontrolle der Entzündung im Magen-Darm-Trakt ab. Doch auch psychologische Faktoren – etwa Stress, anhaltende Vermeidung oder schmerzbezogene Furcht – könnten eine entscheidende Rolle spielen. „Deswegen sollte chronischer Bauchschmerz als wichtiges Merkmal der Krankheit anerkannt und gezielt behandelt werden“, so Hanna Öhlmann. „Vor allem Betroffene, die trotz erfolgreicher Kontrolle der Entzündung weiter unter Bauchschmerzen leiden, könnten von einer ganzheitlicheren Sichtweise profitieren. Unsere Daten legen nahe, dass psychologische Verfahren – etwa aus der kognitiven Verhaltenstherapie, die gezielt an Furcht und Vermeidung ansetzen – systematisch untersucht werden sollten, auch bei anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen, die mit Schmerzen einhergehen, wie Rheuma oder Endometriose.“

Förderung

Die Arbeit wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert: Projektnummer ‪316803389‬ – Sonderforschungsbereich 1280 Extinktionslernen.

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Dr. Hanna Öhlmann
Zentrum für Medizinische Psychologie und Translationale Neurowissenschaften
Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: ‪+49 234 32 11962‬
E-Mail: hanna.oehlmann@ruhr-uni-bochum.de

Originalpublikation:
Hanna Öhlmann, Liubov Rohde, Jost Langhorst, Adriane Icenhour, Harald Engler, Sigrid Elsenbruch: Fear-induced Hyperalgesia in Guiescent Inflammatory Bowel Disease, in: PAIN 2025, DOI: 10.1097/j.pain.‪0000000000003853‬https://journals.lww.com/pain/fulltext/9900/fear_induced_hyperalgesia_in_quiesce...

Hauptursachen für eine Demenz

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Forschende des LMU Klinikums haben aufgeklärt, wie Erkrankungen kleiner Blutgefäße im Gehirn entstehen. Die sogenannte zerebrale Kleingefäßerkrankung kann zu weit verbreiteten Folgen führen wie Durchblutungsstörungen, Blutungen und oft schweren Schlaganfällen; und sie gilt als eine der Hauptursachen für eine Demenz. Die Ergebnisse der Wissenschaftler wurden jetzt im renommierten Fachblatt „Nature Neuroscience“ veröffentlicht.


Angesichts der Häufigkeit dieses ernsten und lebensgefährlichen Leidens – Schlaganfälle zum Beispiel sind die häufigste Ursache für langfristige Behinderungen und die zweithäufigste Todesursache – ist es erstaunlich, „dass die Medizin bisher vergleichsweise wenig über die zellulären und molekularen Mechanismen bei der Entstehung der zerebralen Kleingefäßerkrankung wusste“, sagt Prof. Dr. Martin Dichgans, Direktor des Instituts für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD) des LMU Klinikums München. Denn es ist einerseits kaum möglich, die winzigen Adern im menschlichen Gehirn direkt zu untersuchen. Andererseits „standen bisher kaum geeignete experimentelle Modelle zur Verfügung, mit denen sich im Reagenzglas oder auch im Organismus untersuchen lässt, was genau auf zellulärer oder molekularer Ebene bei Kleingefäßerkrankungen passiert“, sagt Prof. Dr. Dominik Paquet, Professor für Neurobiologie am Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD).

Doch in den vergangenen Jahren haben die Münchner Wissenschaftler Endothelzellen sowohl in Mäusen als auch in einem aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS) entwickelten menschlichen Modell genetisch so verändert, dass sie bestimmte Proteine nicht mehr produzieren können. Endothelzellen bilden die innerste Schicht der Gefäßwände, an denen das Blut entlangfließt: und sie sind der Schauplatz, an dem die Erkrankung häufig beginnt. Durch die gezielte Ausschaltung des Foxf2-Gens - eines von den Forschern zuvor identifizierten Risikogens für Schlaganfall - fehlt den Zellen das entsprechende Protein, was zu einer Verschlechterung der Funktion von kleinen Hirngefäßen führt, vor allem zu einer Störung der Blut-Hirn-Schranke, die das Gehirn vor schädlichen Einflüssen schützt. „Damit“, erklärt Martin Dichgans, „ist das Fehlen von Foxf2 ohne Zweifel eine der grundlegenden Ursachen der zerebralen Kleingefäßerkrankung.“

Nun ist Foxf2 ein Transkriptionsfaktor, der viele weitere Gene aktiviert - unter anderem, wie die Münchner Forschenden herausfanden, das Gen Tie2 und dessen nachgeschaltete Gene im sogenannten Tie-Signalweg. Ein in Endothelzellen normal aktiviertes Tie2-Gen beziehungsweise ein normal arbeitender Tie2-Signalweg sind entscheidend daran beteiligt, die Gefäße gesund zu halten. Ohne Tie2 steigt zum Beispiel das Risiko für Entzündungsreaktionen in den Endothelzellen größerer Gefäße, das wiederum fördert Arteriosklerose („Arterienverkalkung“) und das Schlaganfall- und Demenz-Risiko. „Wir haben unsere Ergebnisse auf verschiedenen molekularen Ebenen abgesichert“, sagt Prof. Martin Dichgans, Direktor des Instituts für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD). „Und wir konnten ihre Relevanz für den Menschen auch in Experimenten mit unserem neuentwickelten menschlichen Blutgefäßmodell bestätigen“, sagt Paquet.

Last not least haben die Forschenden auch eine Therapie gegen die gestörte Funktion der kleinen Hirngefäße getestet, die auf ihren neuen Erkenntnissen beruht. Der Medikamenten-Wirkstoff AKB-9778 aktiviert spezifisch Tie2. „Durch die Behandlung konnten wir nicht nur den Tie2-Signalweg normalisieren, sondern auch die gestörte Gefäßfunktion wiederherstellen“, sagt Neurologe Dichgans. Mit dieser Therapie könnte eventuell auch das Risiko für Schlaganfall und Demenz gesenkt werden.

„Ich würde jetzt gerne verkünden, dass wir schon eine Studie mit Patienten vorbereiten, in denen dieser Wirkstoff geprüft wird“, sagt Dichgans, „aber es ist augenblicklich nicht ganz einfach an die Substanz heranzukommen, weil sie gerade in klinischen Studien für den Einsatz bei Augenerkrankungen geprüft wird.“ Die Forschenden suchen nun nach verwandten Wirkstoffen, die sich für die klinische Erprobung bei Kleingefäßerkrankungen eignen

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Prof. Dr. med. Martin Dichgans
Direktor des Instituts für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD)
LMU Klinikum München
Campus Großhadern
Tel: ‪+49 89 4400-46018‬
E-Mail: Martin.Dichgans@med.uni-muenchen.de

Prof. Dr. rer. nat. Dominik Paquet
Professor für Neurobiologie
Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD)
LMU Klinikum München
Campus Großhadern
Tel: ‪+49 89 4400-46123‬
E-Mail: Dominik.Paquet@med.uni-muenchen.de

Originalpublikation:
Todorov-Völgyi, K., González-Gallego, J., Müller, S.A. et al. The stroke risk gene Foxf2 maintains brain endothelial cell function via Tie2 signaling. Nature Neuroscience (2025).
DOI: https://doi.org/10.1038/s41593-025-02136-5