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Behandlung von Adipositas und Typ-2-Diabetes

Zur Behandlung von Adipositas und Typ-2-Diabetes werden auch Medikamente eingesetzt, die an die Rezeptoren für die Hormone GLP-1 und GIP binden und diese aktivieren. 

Derzeit werden Wirkstoffe entwickelt, die den GIP-Rezeptor nicht nur aktivieren (Agonisten), sondern auch blockieren (Antagonisten). 

Auch sie reduzieren das Körpergewicht. 

Ein Team von Helmholtz Munich, dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hat nun herausgefunden, warum die gleichzeitige Aktivierung und Blockade des GIP-Rezeptors die Gewichtsabnahme fördert. Diese neuen Erkenntnisse könnten den Weg für gezieltere Medikamente gegen Übergewicht ebnen.

Agonisten und Antagonisten des GIP-Rezeptors beeinflussen durch verschiedene Mechanismen im Gehirn das Körpergewicht und die Nahrungsaufnahme. 

Dies zeigen Untersuchungen unter Leitung des DZD-Wissenschaftler Prof. Dr. Timo Müller von Helmholtz Munich. Die aktuellen Ergebnisse haben Forschenden von Helmholtz Munich, dem DZD, dem Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie, der LMU und Eli Lilly jetzt in Nature Metabolism veröffentlicht.

Inkretine wirken auch auf das zentrale Nervensystem:::


Zum Hintergrund: Im Darm gebildete Hormone (Inkretine) wie GLP-1 (Glucagon-like Peptide-1) und GIP (Glucose-dependent Insulinotropic Polypeptide) spielen eine zentrale Rolle bei der Regulation des Blutzuckerspiegels und des Energiestoffwechsels. 

Nach der Nahrungsaufnahme werden sie im Darm freigesetzt und entfalten eine Vielzahl von Effekten. 


So fördern sie abhängig vom Blutzucker die Ausschüttung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse – ein Mechanismus, der als Inkretin-Effekt bekannt ist. 


Gleichzeitig hemmt insbesondere GLP-1 die Freisetzung von Glukagon, einem Hormon, das den Blutzuckerspiegel erhöht.

Darüber hinaus verlangsamt GLP-1 die Magenentleerung, wodurch der Anstieg des Blutzuckers nach dem Essen abgemildert wird. 

Beide Hormone wirken außerdem auf das zentrale Nervensystem – vor allem GLP-1 reduziert über spezifische Sättigungszentren im Gehirn das Hungergefühl. 

Auch GIP scheint über andere neuronale Wege Einfluss auf Appetit und Nahrungsaufnahme zu nehmen.

MaAB CAVE: 

Agonisten und Co-Agonisten helfen beim Abnehmen
Dass GLP-1-Agonisten wie Semaglutid bei der Gewichtsreduktion helfen, ist wissenschaftlich gut untersucht. Noch stärkere Effekte lassen sich erzielen, wenn zusätzlich der GIP-Rezeptor stimuliert wird – zum Beispiel durch Tirzepatid, das beide Rezeptoren gleichzeitig aktiviert (Polyagonist). Überraschend ist: 

Auch Medikamente, die den GIP-Rezeptor blockieren – GIPR-Antagonisten – können in Kombination mit GLP-1-Agonisten das Gewicht senken.

Frühere Studien haben gezeigt, dass GIPR-Agonisten im Gehirn unabhängig vom GLP-1-Rezeptor wirken. Sie tun dies über Neuronen, die den hemmenden Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure (GABA) freisetzen (GABAerge Neuronen). Wie jedoch GIPR-Antagonisten ihre Wirkung entfalten, war bislang unklar.

Wie GIPR-Agonisten und -Antagonisten das Körpergewicht senken::


In ihrer Studie haben die Forschenden transgene Mäuse eingesetzt, bei denen der GIP-Rezeptor in GABAergen Neuronen gezielt ausgeschaltet worden ist. Zusätzlich führten sie Einzelzell-RNA-Sequenzierungen (scRNA-seq) bei Wildtyp-Mäusen durch. Ziel war, herauszufinden, wie und an welchen Stellen im Gehirn GIPR-Agonisten und -Antagonisten den Energiestoffwechsel beeinflussen.

„Unsere Studie zeigt, dass GIPR-Agonisten und -Antagonisten zwar beide zu Gewichtsverlust und geringerer Nahrungsaufnahme führen. 

Dies geschieht jedoch über völlig unterschiedliche und voneinander unabhängige Mechanismen. Unsere Arbeiten erklären, wie GIPR-Agonisten und -Antagonisten im Gehirn wirken, um den Energiestoffwechsel zu regulieren“, sagt Letztautor der Studie Timo Müller, der auch Direktor des Institute for Diabetes and Obesity ist. 


MaAB - CAVE:

So ist der Effekt von GIPR-Agonisten nur möglich, wenn das GIPR-Signal in GABAergen Neuronen im Gehirn intakt ist.


 „Bei GIPR-Antagonisten spielt dieses Signal hingegen keine Rolle“, ergänzt der ko-korrespondierende Autor, Prof Matthias Tschöp, CEO und Wissenschaftlicher Geschäftsführer von Helmholtz Munich. „Umgekehrt gilt: Die Wirkung von GIPR-Antagonisten hängt entscheidend von einer funktionierenden GLP-1R-Signalübertragung ab, während GIPR-Agonisten davon unabhängig wirken“, sagt Robert Gutgesell, der gemeinsam mit Ahmed Khalil Erstautor der Publikation ist.

Einzelzellanalysen liefern zusätzliche Hinweise: 

Nur GIPR-Antagonisten – nicht jedoch Agonisten – aktivieren im Hinterhirn ähnliche Signalwege wie der GLP-1-Rezeptor. 


Das Hinterhirn gilt als wichtige Schaltzentrale für die Steuerung von Appetit und Energiehaushalt.

„Unsere Daten haben endlich ein Rätsel der biomedizinischen Forschung gelöst“, fasst Müller zusammen. „Obwohl beide Wirkstoffklassen ähnliche Effekte erzielen, setzen sie an völlig unterschiedlichen Stellen im Gehirn an – mit einer Schlüsselrolle des GLP-1-Rezeptors speziell für die Wirkung der GIPR-Antagonisten.“ Die neuen Erkenntnisse können den Weg für eine gezieltere Entwicklung von Medikamenten ebnen, die auf das GIP-System im Gehirn abzielen.

Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. www.helmholtz-munich.de

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD e.V.) ist eines der acht Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. www.dzd-ev.de

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Prof. Dr. rer. nat. Timo Müller
Director, Institute for Diabetes and Obesity (Helmholtz Munich)
Professur für Molekulare Pharmakologie des Energie- und Glukosestoffwechsels an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München
Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie
Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg
Telefon: +4989 3187 2106
E-Mail: timodirk.mueller@helmholtz-munich.de

Originalpublikation:
Robert M. Gutgesell et al.: GIPR agonism and antagonism decrease body weight and food intake via different mechanisms in male mice. DOI: 10.1038/s42255-025-01294-x, Nature Metabolism

Ein verpflichtendes Primärarztsystem

Gerade im Falle eines Unfalls ist eine schnelle und kompetente medizinische Versorgung entscheidend. 

Insbesondere bei akuten Verletzungen, wie sie im Sport oder im Alltag häufig vorkommen, zeigt die aktuelle Diskussion um ein verpflichtendes Primärarztsystem für gesetzlich Krankenversicherte, das Union und SPD im Koalitionsvertrag vorschlagen, aus Sicht der zuständigen Fachgesellschaft DGOU und der Berufsverbände BDC, BVOU und BNC gravierende Schwächen auf. 

Sie warnen eindringlich vor den Folgen eines solchen Systems und fordern, den Direktzugang zu Unfallärztinnen und -ärzten im Gesundheitssystem zu erhalten.

„Wir sehen keinen Vorteil darin, dass jeder Unfall zunächst über den Hausarzt beziehungsweise die Hausärztin laufen soll“, erklärt Professor Dr. Dietmar Pennig, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). 

„Ein verpflichtendes Primärarztsystem würde bedeuten, dass Betroffene mit akuten Verletzungen des Bewegungsapparates, wie einem Armbruch beim Radfahren oder einer Knieverletzung beim Treppensturz, zunächst eine Hausarztpraxis aufsuchen müssen –das verursacht mehr Bürokratie und ist vor allem ein gefährlicher Zeitverlust. Die Realität zeigt zudem, dass Hausarztpraxen weder personell noch strukturell darauf ausgelegt sind, akute Verletzungen zeitnah angemessen zu diagnostizieren und dann auch zu behandeln.“

Gefahr von Fehlsteuerungen im Gesundheitssystem

Die unfallchirurgischen Ärzte und Ärztinnen fordern, dass das bewährte System der unmittelbaren Unfallversorgung durch entsprechend qualifizierte Fachärzte für gesetzlich Versicherte erhalten bleibt. Gerade bei Verletzungen des Bewegungsapparates sei eine schnelle und kompetente Versorgung entscheidend, um Folgeschäden und langwierige Behandlungen zu vermeiden.

Ein verpflichtendes rein hausärztlich gesteuertes Primärarztsystem birgt aus ihrer Sicht die Gefahr, das Gesundheitssystem zusätzlich zu belasten und Fehlsteuerungen zu begünstigen:

1. Überlastung der Hausarztpraxen: Hausärzte wären mit einer Flut an Patienten konfrontiert, die sie weder effizient noch angemessen behandeln können.
2. Verzögerung der Behandlung: Akute Verletzungen müssten erst begutachtet und überwiesen werden, bevor eine fachärztliche Behandlung erfolgen kann – mit schwerwiegenden Folgen für die Genesung.
3. Steigende Kosten: Mehr Bürokratie und unnötige Überweisungen würden das System verteuern, ohne die Versorgung zu verbessern.

Geplantes System funktioniert nicht – Notaufnahmen würden überrannt

Jan Henniger, Vorsitzender des Berufsverbands der niedergelassenen Chirurgen (BNC), erklärt: „Die Realität ist, dass die niedergelassenen chirurgischen Praxen zurzeit sowohl die Hausärzte als auch die Kliniken entlasten. Zukünftig werden die Patienten aber den direkten Weg in die Notaufnahme nehmen, wenn sie nicht mehr unmittelbar von fachärztlichem Personal behandelt werden können. Im Kontext der Notfallreform ist die Idee eines verpflichtenden Primärarztsystems daher widersinnig.“

Ein bewährtes System: Unfallversorgung durch D-Ärzte

Verbände und Fachgesellschaft verweisen zudem auf das bestehende System der Durchgangsärzte (D-Ärzte), das sich bei der Behandlung von Arbeitsunfällen seit Jahrzehnten bewährt habe. Dieses Netzwerk spezialisierter Fachärztinnen und -ärzte gewährleiste eine schnelle und qualitativ hochwertige Versorgung Unfallverletzter – ohne unnötige Umwege.
„Aus gutem Grund bestehen die Berufsgenossenschaften auf der verpflichtenden Primärversorgung durch qualifizierte D-Ärzte, weil am Ende Kosten eingespart werden durch Minimierung teurer Langzeitschäden.“ erklärt Dr. Jörg-A. Rüggeberg, Vizepräsident des Berufsverbands der Deutschen Chirurgie (BDC). „Warum sollte ein solches System nicht auch für Kassenpatienten ohne Arbeitsunfälle gelten?“

Fazit: Keine Zeit für Umwege – Unfälle gehören in die Hände von Fachärztinnen und -ärzten

„Ein verpflichtendes Primärarztsystem mag in der Theorie sinnvoll erscheinen, in der Praxis muss es jedoch intelligent und flexibel ausgestaltet werden, sonst bringt es nur mehr Kosten, mehr Bürokratie und unter Umständen mehr Gefahren für die Patienten, insbesondere bei der Versorgung von Unfallverletzten. Daher: Der Direktzugang zu spezialisierten Unfallärztinnen und -ärzten muss für alle gesetzlich Versicherten erhalten bleiben. Schnelle und fachgerechte Hilfe rettet nicht nur Leben, sondern auch die Lebensqualität der Patienten“, erklärt Dr. Burkhard Lembeck, Präsident des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU).

Über den BDC
Der Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V. ist mit rund 17.000 Mitgliedern europaweit die größte chirurgische Vereinigung. Er repräsentiert Chirurginnen und Chirurgen aller Fachdisziplinen in Klinik und Praxis in der Bundesrepublik Deutschland. Die BDC|Akademie organisiert jährlich fast 200 Veranstaltungen für Ärztinnen und Ärzte aller Karrierestufen. Damit fördert der BDC eine kontinuierliche und professionelle Fort- und Weiterbildung in der Chirurgie.

Über den BNC
Der BNC ist der Berufsverband der freiberuflichen Chirurginnen und Chirurgen in Deutschland, deren Interessen er durch einen Bundesvorstand sowie regionale Landesverbände (ANC) vertritt. Er engagiert sich für die Aus- und Weiterbildung seiner Mitglieder und setzt sich für eine Förderung der ambulanten chirurgischen Behandlung sowie des interdisziplinären Austauschs ein. Der Verband führt hierzu auf Bundesebene den Dialog mit Politik, Krankenkassen, Wirtschaft und anderen Berufsverbänden.

Über den BVOU
Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) ist die berufspolitische Vertretung für mehr als 7.000 in Praxis und Klinik tätige Kollegen und Kolleginnen. Der BVOU setzt die beruflichen Interessen seiner Mitglieder durch, indem er zum Vorteil der Patienten und des Gemeinwohls gemeinsam mit den wissenschaftlichen Gesellschaften den Standard orthopädisch-unfallchirurgischer Versorgung entwickelt, die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen prägt und dadurch die öffentliche Wahrnehmung seiner Mitglieder als Experten für orthopädisch-unfallchirurgische Versorgung gestaltet.

Über die DGOU
Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) ist eine medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft mit rund 10.400 Mitgliedern. Die DGOU vertritt die übergeordneten und gemeinsamen Interessen des Faches Orthopädie und Unfallchirurgie im Bereich der Forschung und der Lehre, der Fort- und Weiterbildung, in Klinik und in Praxis sowie auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik, um die Rahmenbedingungen für das Fach O und U entsprechend zu gestalten.

Olivia Paessler
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC)
Tel.: 030/28004-203
paessler@bdc.de
www.bdc.de

Caroline Backes
Berufsverband der niedergelassenen Chirurgen Deutschland (BNC) e.V.
Bundesverband der Arbeitsgemeinschaften der niedergelassenen Chirurgen (ANC)
Tel.: 04532/268 75 60
info@bncev.de
www.bncev.de

Janosch Kuno
Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V.
Tel.: 030 797 44455
presse@bvou.net
www.bvou.net

Susanne Herda, Swetlana Meier
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU)
Tel.: 030 – 340 60 36 -06/-16
presse@dgou.de
www.dgou.de

Nach einer ambulanten Operation

Nach einer ambulanten Operation schnell nach Hause – das möchten die meisten Patient:innen. 

Doch was ist dann? 

Welche Belastung ist in Ordnung? 

Was geht schon alleine, wo braucht es noch Unterstützung? 

Ein neues Forschungsprojekt der Universität Duisburg-Essen erarbeitet in den nächsten drei Jahren genau für diesen Fall gesundheitspolitische Handlungsempfehlungen sowie laienverständliches Zusatzmaterial. Während die Handlungsempfehlungen auf das Gesundheitswesen als Ganzes abzielen, soll das Zusatzmaterial Patient:innen dabei helfen, nach einer ambulanten OP ihren Genesungsprozess optimal mitzugestalten und so den Behandlungserfolg zu unterstützen.

Für das gemeinsame Projekt mit dem Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie der Berliner Charité und der Techniker Krankenkasse * stehen 1,2 Millionen Euro vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschuss zur Verfügung.

Menschen werden immer älter und brauchen deshalb über einen längeren Zeitraum medizinische Versorgungsleistungen. Um diese möglichst effizient zu gestalten, werden viele Krankenhausaufenthalte zugunsten von ambulant durchgeführten Operationen ersetzt, was auch das Fach- und Pflegepersonal entlastet.

 „Allerdings sind damit Herausforderungen für die Betroffenen verbunden. So fehlt beispielsweise das Wissen darüber, wie stark man sich nach einer Operation belasten darf, wem man zuhause Fragen stellen kann oder wie man Unterstützung im Alltag organisiert“, so Projektleiter Prof. Dr. Jürgen Wasem vom Lehrstuhl für Medizinmanagement.

Im neuen Projekt „Power-AOP – Patient-Empowerment im Kontext ambulanter Operationen am Beispiel der Orthopädie“ wertet das Team die bereits vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse aus. 

Dieser Fachbereich bietet sich besonders an, da in der Orthopädie viele OPs ambulant durchgeführt werden können und ein breites Patientenspektrum in Bezug auf das Alter, das Geschlecht sowie den sozioökonomischen Status abdeckt wird.

Die Forschenden befragen zudem 30 Patient:innen und Leistungserbringende, wie beispielsweise ambulant tätige Chirurg:innen in der Orthopädie, welche Herausforderungen und Hürden der reibungslosen Planung, Durchführung und Nachsorge ambulanter Operationen entgegenstehen und wo sie Lösungen sehen. 

Anschließend wenden sich die Forschenden aufbauend auf den Ergebnissen mit einem Fragebogen an die Patient:innen, dafür werden 20.000 zufällig ausgewählte Versicherte angeschrieben.

Die Ergebnisse werden anschließend in Workshops mit Patient:innen sowie mit Fachleuten von medizinischen Verbänden, Ärzt:innen und Krankenkassen diskutiert. Abschließend erarbeiten die Forschenden die Handlungsempfehlungen sowie das patientenrelevante Zusatzmaterial wie Infoflyer oder Check-Lists.

* Die"Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU)", "Das Patientenforum e.V." und das "Deutsche Netzwerk Gesundheitskompetenz (DNGK)" sind ebenfalls als Kooperationspartner beteiligt.

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Dr. Godwin Giebel, Lehrstuhl für Medizinmanagement, Tel. 0201/18 3-3180, godwin.giebel@medman.uni-due.de

Lebertransplantation von Kindern und Säuglingen

Ende März haben Mediziner:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) die 1.000. 

Lebertransplantation bei einem Kind durchgeführt. 

Sie transplantierten dem eineinhalbjährigen Fabian aus Chemnitz, der an einer angeborenen Gallengangsatresie litt, eine neue Leber. Das Universitäre Transplantations Centrum (UTC) des UKE zählt zu den erfahrensten Einrichtungen Europas und betreibt eines der größten Kindertransplantationsprogramme in Deutschland.

Das hochspezialisierte Team von Prof. Dr. Lutz Fischer, Direktor der Klinik und Poliklinik für Viszerale Transplantationschirurgie, führte den siebenstündigen Eingriff erfolgreich durch. „Unser pädiatrisches Transplantationsprogramm ist eines der wenigen in Deutschland, das Kinder und Säuglinge mit einer neuen Leber, einem lebenswichtigen Organ, versorgt. Ich bin ungemein dankbar für das, was wir in den vergangenen drei Jahrzehnten erreichen konnten, um unseren kleinen Patient:innen zu neuer Lebensqualität zu verhelfen“, sagt Prof. Fischer.

Bei Fabian wurden bereits in den ersten Lebenswochen stark veränderte Leberwerte festgestellt, da seine Gallengänge verkümmert angelegt waren und die in der Leber produzierte Gallenflüssigkeit dadurch nicht richtig abfließen konnte – eine lebensbedrohliche, angeborene Erkrankung, die unbehandelt im weiteren Verlauf zu schweren Leberschäden und Tod führen kann. Im Alter von acht Monaten wurde Fabian auf die Warteliste für eine Spenderleber aufgenommen. Schließlich konnte er mithilfe eines sogenannten Splitleberverfahrens versorgt werden. Dabei wird ein Teil einer erwachsenen Leber transplantiert, die im Körper des Kindes innerhalb weniger Wochen auf die notwendige Größe heranwächst.

Lebertransplantationen bei Kindern sind anspruchsvolle Eingriffe, die ein hohes Maß an chirurgischer Präzision und interdisziplinärer Zusammenarbeit erfordern. Die Transplantationsexpert:innen der Klinik und Poliklinik für Viszerale Transplantationschirurgie arbeiten daher eng mit den Spezialist:innen der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin unter der Leitung von Prof. Dr. Ania C. Muntau, der Pflege und weiteren Fachkräften aus der Anästhesie, Intensivmedizin und Radiologie zusammen. „Fabian hat jetzt gute Chancen ganz normal aufzuwachsen. Für einen solchen Erfolg ist eine Rundumversorgung der kleinen Patient:innen durch ein großes interdisziplinäres Team und eine enge Begleitung bis ins Erwachsenenalter notwendig“, sagt Prof. Muntau.

Nach der Lebertransplantation wurde Fabian zunächst auf der Intensivstation des Kinder-UKE überwacht. Bereits nach wenigen Tagen konnte Fabian auf die Normalstation verlegt werden und erholt sich seither gut. Zwar muss er Zeit seines Lebens Medikamente zur Kontrolle des Immunsystems nehmen, doch kann er wie andere Kinder auch den Kindergarten und die Schule besuchen und später einen Beruf erlernen.

Transplantationsprogramm für Kinder seit 1991 im UKE::


Das pädiatrische Lebertransplantationsprogramm wurde 1991 am UKE etabliert. Hier entstand auch das europaweit erste Leber-Lebendspende-Programm. Rund 40 Prozent der transplantierten Kinder sind jünger als ein Jahr alt. Aufgrund des Mangels an alters- und größenkompatiblen Spenderorganen werden viele Kinder mit einem Teilorgan eines verstorbenen oder lebenden Spenders versorgt. Allein 2024 wurden 28 Kinder und Jugendliche am UKE transplantiert, darunter elf durch eine Lebendspende. Die Leber ist ein lebenswichtiges Organ, dessen Funktion maschinell nicht ersetzt werden kann. Die Transplantation ist bei schwerwiegenden Erkrankungen im Kindesalter die beste Behandlungsoption.

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Prof. Dr. Lutz Fischer
Klinik und Poliklinik für Viszerale Transplantationschirurgie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Telefon: 040 7410-56135
l.fischer@uke.de

Ehrenamtliches Engagement

Warum engagieren sich manche Menschen stärker für das Gemeinwohl als andere? 

Eine neue Studie der Universität Zürich zeigt, dass Persönlichkeitsmerkmale wie Extraversion und Verträglichkeit mit mehr ehrenamtlichem Engagement und Spendenbereitschaft zusammenhängen.

Menschen unterscheiden sich in ihrer Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren oder für wohltätige Zwecke zu spenden. Neben finanziellen und sozialen Anreizen können auch individuelle Unterschiede in der Persönlichkeit erklären, warum manche Menschen sich mehr für das Gemeinwohl engagieren als andere.

Forschende des Psychologischen Instituts der Universität Zürich untersuchten nun, inwieweit die fünf grundlegenden Persönlichkeitsmerkmale – Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Emotionskontrolle (Neurotizismus) – mit sozialem Engagement in Verbindung stehen. Für ihre Analyse untersuchten sie Daten aus 29 internationalen Studien mit insgesamt über 90’000 Teilnehmenden. Berücksichtigt wurden verschiedene Methoden zur Erfassung von Persönlichkeit sowie unterschiedliche Formen der Philanthropie.

Die Rolle der Persönlichkeitsmerkmale

Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass vor allem zwei Persönlichkeitsmerkmale mit philanthropischem Verhalten zusammenhängen: Geselligkeit und Durchsetzungsfähigkeit («Extraversion») steht in einem positiven Zusammenhang mit ehrenamtlichem Engagement. Menschen, die extravertierter sind, engagieren sich mit höherer Wahrscheinlichkeit in Freiwilligenarbeit. «Verträglichkeit» - also Hilfsbereitschaft und Empathie – korreliert stärker mit der Bereitschaft, Geld für wohltätige Zwecke zu spenden. Dieses Verhalten lässt sich wohl auf die mitfühlende Natur dieser Personen zurückführen.

Andere Persönlichkeitsmerkmale haben dagegen weniger konsistente Effekte: So zeigte sich etwa bei besonders gewissenhaften Menschen kein einheitlicher Zusammenhang zu philanthropischen Tätigkeiten. Auch die Merkmale «Offenheit« und «Emotionskontrolle» scheinen kaum einen Einfluss auf soziales Engagement zu haben.

Neue Strategien für Freiwilligenarbeit und Spenden

«Unsere Ergebnisse bestätigen, dass individuelle Unterschiede in der Persönlichkeit eine Rolle dabei spielen, ob und in welchem Umfang sich Menschen sozial engagieren», erklärt Wiebke Bleidorn, Professorin für Psychologie an der Universität Zürich. Ein besseres Verständnis dieser Zusammenhänge könne dabei helfen, Menschen basierend auf ihren individuellen Stärken und Motivationen zu ermutigen, sich für das Gemeinwohl einzusetzen, so die Erstautorin.

Damit liefert die Studie nicht nur wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch praktische Anhaltspunkte für Organisationen und politische Entscheidungsträger, die ehrenamtliches Engagement und Spendenkultur fördern wollen. «Dieses Wissen kann genutzt werden, um gezieltere Strategien zur Förderung von Freiwilligenarbeit und Spendenkultur zu entwickeln», erklärt Letztautor und Psychologieprofessor Christopher J. Hopwood.

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Prof. Dr. Wiebke Bleidorn
Psychologisches Institut
Universität Zürich
+41 44 635 75 20
E-Mail: wiebkebleidorn@gmail.com, w.bleidorn@psychologie.uzh.ch

Prof. Dr. Christopher J. Hopwood
Psychologisches Institut
Universität Zürich
E-Mail: hopwood@psychologie.uzh.ch

Originalpublikation:
Literatur: Bleidorn, W., Stahlmann, A. G., Orth, U., Smillie, L. D., & Hopwood, C. J.. Personality Traits and Traditional Philanthropy: A Systematic Review and Meta-Analysis. Journal of Personality and Social Psychology. 17 April, 2025.Doi: 10.31234/osf.io/4sjhg_v1

Zusatz „High Protein

Kieler Studie zeigt: Auch „High Protein“-Produkte verleiten zum Überessen

Müsliriegel für den Muskelaufbau, Fitnesspizza oder Proteinpudding: Immer mehr Lebensmittel im Supermarkt werben mit dem Zusatz „High Protein“ und vermitteln den Eindruck, gesünder zu sein oder beim Abnehmen zu helfen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Ein Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hat nun untersucht, ob proteinangereicherte Fertigprodukte einen Unterschied machen und kommt zu einem klaren Ergebnis: Auch diese Produkte führen zu Überessen, wenngleich in etwas abgeschwächter Form. „Hochverarbeitete Lebensmittel haben Eigenschaften, die auch bei Anreicherung mit zusätzlichem Eiweiß weiterhin eine zu hohe Energieaufnahme fördern – und damit das Risiko für Übergewicht steigern“, betont Professorin Anja Bosy-Westphal vom Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde.

Für die Studie wurden 21 junge Erwachsene in sogenannten Stoffwechselräumen untersucht. Dort konnten die Forschenden die aufgenommene und verbrauchte Energie präzise messen. Die Teilnehmenden erhielten nacheinander zwei Diäten mit hochverarbeiteten Lebensmitteln: einmal in normaler, einmal in proteinreicher Variante. Essen konnten sie so viel sie wollten. Bei der proteinreichen Variante lag die tägliche Kalorienaufnahme zwar rund 200 Kilokalorien niedriger und der Energieverbrauch war rund 130 Kilokalorien höher. „Dennoch blieb ein deutlicher Überschuss – es wurden rund 18 Prozent mehr Kalorien gegessen, als der Körper verbrauchte. Bei der normalen Variante waren es sogar 32 Prozent“, berichtet Dr. Franziska Hägele.

Zu viel, zu schnell, zu kalorienreich

Hochverarbeitete Lebensmittel wie Fertiggerichte, Snacks, aromatisierte Joghurts oder proteinreiche Riegel zeichnen sich durch eine Reihe typischer Eigenschaften aus: Sie enthalten viele Kalorien pro Gramm, sind besonders schmackhaft und lassen sich oft schnell und ohne viel zu Kauen essen. „Diese Kombination macht es schwer, rechtzeitig mit dem Essen aufzuhören“, erklärt Anja Bosy-Westphal.

Warum helfen dann proteinreiche Varianten zumindest ein bisschen? Zum einen benötigt der Körper mehr Energie, um Eiweiß zu verdauen – ein Teil der Kalorien verpufft also gleich wieder. Zum anderen beeinflusst Eiweiß das körpereigene Hungergefühl: Das Hungerhormon Ghrelin sinkt, während Sättigungshormone wie Peptid YY steigen. „Außerdem haben wir beobachtet, dass eiweißreiche Produkte langsamer gegessen werden, etwa weil sie eine andere Konsistenz haben“, erläutert Bosy-Westphal. „Das gibt dem Körper mehr Zeit, Sättigungssignale zu senden.“ Doch entscheidend bleibt: Nicht das Eiweiß ist das Problem, sondern die Art des Lebensmittels. „Auch ein angereicherter Pudding lässt sich schnell essen und schmeckt genauso gut wie ein normaler. Also isst man auch davon mehr als man braucht“, fasst Franziska Hägele zusammen.

Für die meisten unnötig, für wenige hilfreich

Etwa die Hälfte der täglichen Kalorienaufnahme in Deutschland stammt aus hochverarbeiteten Lebensmitteln. Eiweißzusätze – meist aus kostengünstigem Milcheiweiß – machen diese Produkte nicht automatisch gesünder. Für die breite Bevölkerung ist die zusätzliche Eiweißzufuhr auch überflüssig. „Die meisten Menschen in Deutschland essen mehr als genug Protein“, sagt Anja Bosy-Westphal. Eine Ausnahme sieht sie bei älteren Menschen mit chronischen Erkrankungen, bei Appetitmangel, Untergewicht oder Schluckstörungen. Dann können proteinreiche, leicht essbare Produkte eine sinnvolle Zwischenlösung sein.

Wer sich jedoch ausgewogen ernähren und sein Gewicht im Griff behalten möchte, braucht keine speziell angereicherten Produkte. Hülsenfrüchte, Quark, Fisch oder Joghurt liefern genauso viel Eiweiß. Entscheidend ist oft auch die Textur: Was gekaut werden muss, macht meist schneller satt. „Die Menschen sollten sich nicht von Etiketten wie ‚High Protein‘ täuschen lassen“, rät die Ernährungswissenschaftlerin. „Denn auch eine proteinangereicherte Fertigpizza bleibt am Ende eben doch eine Kalorienbombe.“

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Professorin Dr. Dr. Anja Bosy-Westphal
Dr. Franziska Hägele
Abteilung für Humanernährung
Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Tel.: +49-431-880 5674
E-Mail: abosyw@nutrition.uni-kiel.de
E-Mail: fhaegele@nutrition.uni-kiel.de

Originalpublikation:
Franziska A. Hägele, Catrin Herpich, Jana Koop, Jonas Grübbel, Rebecca Dörner, Svenja Fedde, Oliver Götze, Yves Boirie, Manfred J. Müller, Kristina Norman & Anja Bosy-Westphal (2025): Short-term effects of high-protein, lower-carbohydrate ultra-processed foods on human energy balance, Nature Metabolism, https://doi.org/10.1038/s42255-025-01247-4

Riss in der Wand des Herzkranzgefäßes: eine spontane Koronar-Dissektion (SCAD)

Keine Risikofaktoren – und dennoch plötzlich ein Herzinfarkt? Bei einer kleinen Gruppe von typischerweise relativ jungen Frauen kann das passieren. 

Sie erleiden einen Riss in der Wand des Herzkranzgefäßes: eine spontane Koronar-Dissektion (SCAD).

Betroffen sind vor allem junge Frauen ohne Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: 

Gut ein Drittel aller Herzinfarkte bei Frauen unter 50 ist die Folge eines plötzlichen Risses in der Wand eines Herzkranzgefäßes und nicht – wie meistens – verursacht durch atherosklerotische Ablagerungen aus Blutfetten, Blutgerinnseln und Kalk (Plaques) in den Gefäßen. 

Das in der Fachsprache spontane Koronargefäß-Dissektion (SCAD) genannte Phänomen tritt zwar selten auf, ist jedoch lebensbedrohlich. 

Und zwar spalten sich einzelne Wandschichten eines Herzkranzgefäßes plötzlich auf oder es platzt ein kleines Gefäß in der Blutgefäßwand. 

Es sammelt sich Blut an, es entsteht ein Bluterguss, der das Gefäß verengt und einen normalen Blutfluss verhindert. 

Wird das Gefäß vollständig blockiert, wird das Herz nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt. 

Es kommt zu einem Herzinfarkt. Beim Herzinfarkt zählt jede Minute, deshalb muss sofort unter der Notrufnummer 112 der Rettungsdienst alarmiert werden. Je schneller der Herzinfarkt behandelt wird, desto höher sind die Chancen, keine schwerwiegenden Folgen davonzutragen oder nicht daran zu sterben (Infos: https://herzstiftung.de/herzinfarkt).

Leitsymptom sind starke Schmerzen im Brustkorb::::


„Typischerweise trifft es relativ junge Frauen, die keine Herz-Kreislauf-Risikofaktoren haben“, erklärt der Kardiologe und Pharmakologe Prof. Dr. Thomas Meinertz, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat und Chefredakteur der Deutschen Herzstiftung in HERZ heute. Die Gefahr: „Dadurch, dass die Wand des Blutgefäßes plaquefrei und glatt ist, breitet sich der Riss besonders weit aus“, fügt der Herzspezialist hinzu. Das auffälligste Symptom unter dem die betroffenen Frauen leiden, sind die anhaltenden starken Schmerzen im Brustkorb.

 „Ein Riss im Herzen“ lautet denn auch der Titel eines Experten-Beitrags von Prof. Meinertz in der aktuellen Ausgabe der Herzstiftungs-Zeitschrift HERZ heute 1/2025, in dem es ausführlich um das Ereignis der spontanen Koronargefäß-Dissektion geht die Diagnose, Ursachen und Auslösern sowie Behandlung der gravierenden Folgen. Ein Probeexemplar kann kostenfrei bei der Herzstiftung unter Tel. 069 955128-400 oder unter https://herzstiftung.de/bestellung angefordert werden.

Eine Mischung mehrerer Faktoren kann eine SCAD auslösen:::


„Meistens ist bei den betroffenen Frauen ein Mix aus Veranlagung sowie starker körperlicher und/oder emotionaler Belastung für eine spontanen Koronargefäß-Dissektion verantwortlich“, betont Prof. Meinertz. Ursächlich können beispielsweise ein fehlerhafter Aufbau der Gefäßwand sein, eine Gefäßinnenwandschwäche durch hormonelle Einflüsse etwa bei einer Schwangerschaft, bei Unfruchtbarkeitsbehandlungen, Pillen-Einnahme oder einer Hormontherapie nach den Wechseljahren. 

Auch ein erblich bedingtes Bindegewebsleiden oder chronisch-entzündliche Erkrankungen können zugrunde liegen. 

Kommen Faktoren wie psychischer Stress, extreme körperliche Belastung und/oder Drogenmissbrauch dazu, können diese einen Riss im Herzkranzgefäß auslösen.

Mit welchen Symptomen sich eine SCAD ankündigt:::


Je nachdem wie ausgeprägt die Durchblutungsstörung im Herzkranzgefäß (Ischämie) ist, erleiden rund 30 Prozent der Betroffenen einen Herzinfarkt. Neben den Brustschmerzen, die in den Kiefer, die Arme, Schultern oder den Rücken ausstrahlen können, haben sie ein Druck- oder Engegefühl, oft Übelkeit und Erbrechen, Schweißausbrüche und Atembeschwerden. 

Bei den übrigen 70 Prozent ist ein Akutes Koronarsyndrom (ACS) die Folge, bei dem sich lokal ein Blutgerinnsel (Thrombus) bildet, welches das Gefäß massiv verengt oder gar verschließt. „Dabei können lebensbedrohliche Rhythmusstörungen in der Herzkammer auftreten, bei weniger als einem Prozent der Fälle kommt es zum plötzlichen Herztod“, betont der emeritierte Direktor des Universitären Herzzentrums Hamburg am UKE.

Gefäßriss erkennen: Welche Diagnoseverfahren kommen zum Einsatz?
Ob ein Herzinfarkt oder ein Akutes Koronarsyndrom vorliegt, lässt sich im Elektrokardiogramm (EKG) durch spezielle Veränderungen erkennen. 

Eine Blutuntersuchung zeigt, ob das Eiweiß Troponin erhöht ist, ein Zeichen dafür, dass Herzmuskelzellen absterben. 

Um die Diagnose zu sichern, wird eine Koronarangiografie vorgenommen, das ist eine Röntgenuntersuchung des Innenraums der Herzkranzgefäße (Infos unter https://herzstiftung.de/herz-ct). 

Oftmals ist zusätzlich ein Ultraschall innerhalb des Gefäßes nötig oder eine sogenannte optische Kohärenztomografie (OTC), um mittels Infrarotlicht die koronare Gefäßwand mit hoher Auflösung darzustellen.

Relativ gute langfristige Prognose – aber Risiko für Rückfall beachten:::


Für die Behandlung werden in der Regel zunächst Medikamente wie Heparin und Acetylsalicylsäure (ASS) gegeben, um die Blutgerinnung zu hemmen. Im Falle eines Herzinfarktes muss außerdem sofort eine Perkutane Koronarintervention (PCI) erfolgen; bei einem ACS sollte dies innerhalb von 24 Stunden geschehen. Dabei wird ein dünner Schlauch (Katheter) über einen Zugang an der Leiste über die Blutgefäße bis zu den Herzkranzgefäßen geschoben, die Verengung (Stenose) erweitert und mittels einer Gefäßstützte (Stent) offengehalten. Ist das nicht möglich, kann eine Bypass-Operation notwendig sein, in der die Stenose mit Adern oder Venen aus dem Körper überbrückt werden. Die gesunden Gefäße werden vor den Engstellen auf die Herzkranzgefäße aufgenäht, so dass das Blut ungehindert zum Herzen fließen kann (Infos: https://herzstiftung.de/koronare-herzkrankheit).

Manchmal hat sich beim Kathetereingriff die Engstelle auch schon von alleine geöffnet. „Ist der Riss im Herzkranzgefäß nur minimal und wird das Herz ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt, bevorzugen die behandelnden Ärzte eine konservative Therapie“, erklärt der Hamburger Kardiologe. Das heißt, die Patientinnen werden über etwa fünf Tage im Krankenhaus beobachtet. In dieser Zeit kann auch der Riss ausheilen. Eine anschließende Rehabilitationsbehandlung hilft den Frauen wieder körperlich auf die Beine und das Geschehen psychisch zu verarbeiten. Danach sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen des Herzens ratsam, da in den nächsten zehn Jahren ein erhöhtes Risiko für ein Rezidiv (Rückfall) von bis zu 30 Prozent besteht. Grund sind insbesondere fortbestehende Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Bindegewebsstörung oder genetische Vorbelastung. „Die Prognose einer spontanen Koronargefäß-Dissektion ist relativ gut. Mehr als 95 Prozent der Betroffenen überleben langfristig. Wegen des Rezidivrisikos sind allerdings regelmäßige Kontrollen des Herzens durch einen Kardiologen wichtig“, resümiert Prof. Meinertz.
(weg)

Herzstiftungs-Zeitschrift HERZ heute
Mehr Informationen rund um das Thema der spontanen Koronar-Dissektion (SCAD) bietet die Herzstiftung in der Ausgabe 1/2025 ihrer Zeitschrift HERZ heute mit dem Titel „Der große kleine Unterschied – Warum eine geschlechtersensible Herzmedizin wichtig ist“. Ein Probe-Exemplar dieser Ausgabe kann kostenfrei unter Tel. 069 955128-400 oder unter https://herzstiftung.de/bestellung angefordert werden.

Deutschen Herzstiftung, Michael Wichert (Ltg.), Tel. 069 955128114, Pierre König, Tel. 069 955128140, E-Mail:  www.herzstiftung.de

Originalpublikation:
Meinertz T., "Ein Riss im Herzen", in: Deutsche Herzstiftung (Hg.), HERZ heute, Ausgabe 1/2025, "Der große kleine Unterschied –Warum eine geschlechtersensible Medizin wichtig ist", Frankfurt am Main 2025.
Weitere Informationen finden Sie unter
https://herzstiftung.de/herzinfarkt
https://herzstiftung.de/bestellung
https://herzstiftung.de/herz-ct
https://herzstiftung.de/koronare-herzkrankheit

Morbus Parkinson Biomarker

Morbus Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung, die hauptsächlich auf Basis von klinischen Symptomen, vor allem motorischer Störungen, im Spätstadium diagnostiziert wird. 

Dann ist das Gehirn jedoch schon massiv und irreparabel geschädigt. 

Die Diagnosestellung ist zudem schwierig und häufig fehlerhaft, weil die Erkrankung viele Ausprägungen und überlappende Symptome hat. 

Forschende des Zentrums für Proteinforschung PRODI der Ruhr-Universität Bochum und des Biotech-Unternehmens betaSENSE haben jetzt einen Biomarker in der Rückenmarksflüssigkeit entdeckt.

Der Biomarker ermöglicht schon früh eine sichere Diagnose und kann Aufschluss über das Fortschreiten der Erkrankung sowie die Wirkung einer Therapie geben. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift EMBO Molecular Medicine vom 25. April 2025.

Morbus Parkinson – eine unaufhaltsame Erkrankung

Charakteristisch für Morbus Parkinson ist der Verlust dopaminerger Nervenzellen im Gehirn, was im Krankheitsverlauf meist zu zunehmenden motorischen Einschränkungen führt. 

Dopamin-Zugaben können den Verlust kompensieren und damit die Symptome für einige Zeit phasenweise mildern. 

Eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Morbus Parkinson spielt die Fehlfaltung des Schlüsselproteins alpha-Synuklein (αSyn) von α-helikalen Strukturen zu β-Faltblatt-reichen Strukturen. „Diese Fehlfaltungen machen das Protein klebrig, und es bilden sich größere Komplexe, sogenannte Oligomere, die dann lange fibrilläre Fäden und schließlich die Aggregation dieser Fäden in makroskopisch großen Lewy-Körperchen im Gehirn verursachen können“, erklärt Prof. Dr. Klaus Gerwert, geschäftsführender Gründungsdirektor von PRODI und CEO von betaSENSE.

Plattformtechnologie erweitert

Die Bochumer Forschenden konnten in zwei unabhängigen klinischen Kohorten mit insgesamt 134 Teilnehmenden zeigen, dass diese Fehlfaltung von αSyn ein geeigneter Biomarker mit einer Sensitivität und Spezifität von weit über 90 Prozent für die Diagnose von Parkinson darstellt. Grundlage für die Arbeiten waren Liquorproben von Patient*innen aus den Parkinson-Zentren in Bochum (St. Josef-Hospital, Prof. Dr. Lars Tönges, Prof. Dr. Ralf Gold) und Kassel (Paracelsus-Elena-Klinik, Dr. Sandrina Weber, Prof. Dr. Brit Mollenhauer). Die Messungen wurden mithilfe der patentierten iRS-Technologie (immuno-Infrarot Sensor) der betaSENSE GmbH durchgeführt.

Die iRS-Technologie ist für Morbus Alzheimer bereits von betaSENSE etabliert. Hier konnte gezeigt werden, dass die Fehlfaltung des Biomarkers Aβ das Risiko für eine spätere Alzheimer-Demenz mit hoher Genauigkeit bis zu 17 Jahre vor der klinischen Diagnose anzeigen kann. „Diesen Ansatz konnten wir jetzt auf Parkinson für die Fehlfaltung von αSyn übertragen“, freut sich Klaus Gerwert.

Entwicklung von Parkinson-Medikamenten

Die Technologie kann nicht nur zur Diagnostik eingesetzt werden, sondern auch dabei helfen, neue Wirkstoffe zu entwickeln und deren Wirksamkeit in klinischen Studien nachzuweisen.

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Prof. Dr. Klaus Gerwert
Lehrstuhl für Biophysik
Fakultät für Biologie und Biotechnologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel: +49 234 32 18035
E-Mail: klaus.gerwert@ruhr-uni-bochum.de

Originalpublikation:
Martin Schuler et al.: Alpha-Synuclein Misfolding as Fluid Biomarker for Parkinson’s Disease Measured With the iRS Platform, in: EMBO Molecular Medicine, 2025, DOI: 10.1038/s44321-025-00229-z, https://www.embopress.org/doi/full/10.1038/s44321-025-00229-z

Koronaren Stent

Ein Forschungsteam von Helmholtz Munich, der Technischen Universität München (TUM) und dem TUM Klinikum hat DeepNeo entwickelt – einen KI-basierten Algorithmus, der die Analyse von koronaren Stents nach der Implantation automatisiert. 

Das Tool erreicht die Präzision medizinischer Fachkräfte und verkürzt gleichzeitig die Auswertungszeit erheblich. Dank umfassender Validierung in Human- und Tiermodellen hat DeepNeo das Potenzial, die Nachsorge nach Stent-OPs zu standardisieren – und so die Behandlungsergebnisse bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachhaltig zu verbessern.

Herausforderungen bei der Überwachung der Stents


Jährlich werden weltweit mehr als drei Millionen Menschen mit Stents behandelt, um durch Herzkrankheiten verengte Blutgefäße zu öffnen. Die Überwachung des Heilungsprozesses nach der Implantation stellt jedoch nach wie vor eine Herausforderung dar. Entwickelt sich das Gewebe, das über den Stent wächst, unregelmäßig – sei es zu dick oder mit Ablagerungen –, kann dies zu Komplikationen wie einer erneuten Verengung oder Verstopfung des Blutgefäßes führen. 


Derzeit ist die Analyse dieser Heilungsmuster in intravaskulären optischen Kohärenztomographie (OCT)-Bildern zeitaufwendig und für die routinemäßige klinische Praxis schwer umsetzbar.

Automatisierte Bewertung des Heilungsprozesses
Ein Forschungsteam von Helmholtz Munich und dem TUM Klinikum hat mit DeepNeo einen KI-Algorithmus entwickelt, der die Heilung von Stents in OCT-Bildern automatisch beurteilen kann. DeepNeo erkennt verschiedene Heilungsmuster mit einer Genauigkeit, die der klinischer Expert:innen entspricht – jedoch in einem Bruchteil der Zeit. Darüber hinaus liefert das KI-Tool präzise Messdaten, etwa zur Gewebedicke und zur Abdeckung des Stents, und bietet so wertvolle Einblicke für das Patientenmanagement.
„Mit DeepNeo erreichen wir eine automatisierte, standardisierte und äußerst präzise Analyse der Stent- und Gefäßheilung – etwas, das bislang nur durch aufwendige manuelle Auswertung möglich war“, sagt Valentin Koch, Erstautor der Studie, in der der Algorithmus vorgestellt wurde. „DeepNeo ist so gut wie eine Ärztin oder ein Arzt – nur viel schneller.“

Validiert mit starker Leistungsfähigkeit
Für das Training von DeepNeo nutzte das Forschungsteam 1.148 OCT-Bilder aus 92 Patientenscans, die manuell annotiert wurden, um verschiedene Formen des Gewebewachstums zu klassifizieren. Anschließend wurde der KI-Algorithmus in einem Tiermodell getestet – mit überzeugendem Ergebnis: DeepNeo identifizierte krankhaftes Gewebe in 87 Prozent der Fälle korrekt, verglichen mit der detaillierten Laboranalyse, dem aktuellen Goldstandard. Auch bei der Auswertung menschlicher Scans zeigte DeepNeo eine hohe Präzision und stimmte eng mit den Einschätzungen medizinischer Fachkräfte überein.

„DeepNeo zeigt, wie maschinelles Lernen Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen kann, schneller und fundierter Therapieentscheidungen zu treffen. Der nächste Schritt besteht nun darin, KI-Algorithmen wie DeepNeo gezielt in die klinische Praxis zu integrieren“, erklärt Dr. Carsten Marr, Direktor des Institute of AI for Health bei Helmholtz Munich.

Seine Kollegin Prof. Julia Schnabel, Leiterin des Instituts für Maschinelles Lernen in der Biomedizinischen Bildgebung und Professorin für Computational Imaging und Künstliche Intelligenz in der Medizin an der TUM, sieht in DeepNeo einen Baustein für ein KI-gestütztes Gesundheitssystem, das künftig klinische Entscheidungen mit bislang unerreichter Sicherheit unterstützen könnte.

Auf dem Weg in die klinische Anwendung
Das Projekt wurde mit einem Helmholtz Innovation Grant gefördert, eine Patentanmeldung ist bereits eingereicht. Ascenion, der Technologietransfer-Partner im Bereich Life Sciences, unterstützt das DeepNeo-Team bei der Suche nach potenziellen Industriepartnern.
„DeepNeo erleichtert und standardisiert die Auswertung von OCT-Bildgebungen nach Stentimplantationen und trägt so zu fundierteren klinischen Entscheidungen bei“, sagen PD Dr. med. Philipp Nicol und Prof. Dr. med. Michael Joner, Kardiologen am TUM Klinikum, die das Projekt klinisch begleitet haben. „Das Verfahren hat das Potenzial, nicht nur die Gesundheitskosten zu senken, sondern auch den Weg für effektivere und personalisierte kardiovaskuläre Therapien zu ebnen.“

Über die Forschenden
Valentin Koch, bis Oktober 2024 Wissenschaftler bei Helmholtz Munich und der TUM, jetzt AI-Leiter beim Startup Floy.
Prof. Julia Schnabel, Direktorin des Instituts für Maschinelles Lernen in der Biomedizinischen Bildgebung bei Helmholtz Munich und Professorin für Computational Imaging und Künstliche Intelligenz in der Medizin an der TUM.
Prof. Dr. med. Michael Joner, stellvertretender Direktor der Klinik für Kardiologie am TUM Klinikum, Deutsches Herzzentrum.
Dr. Carsten Marr, Direktor des Institute of AI for Health bei Helmholtz Munich.
PD Dr. med. Philipp Nicol, Kardiologe am TUM Klinikum, Deutsches Herzzentrum.

Über Helmholtz Munich
Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren sich auf umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich zählt rund 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de

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Dr. Carsten Marr
E-Mail: carsten.marr@helmholtz-munich.de

Originalpublikation:
Koch et al., year: 2025. Deep learning model DeepNeo predicts neointimal tissue characterization using optical coherence tomography. Nature Communications Medicine. DOI: 10.1038/s43856-025-00835-5
https://www.nature.com/articles/s43856-025-00835-5

Die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM)

Die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) ist im Breiten- und Spitzensport weit verbreitet. 

Bei den meisten ist die wissenschaftliche Evidenz für den Nutzen im Sport unzureichend. 

Zahlreiche Fachgesellschaften empfehlen zur Gesundheitsförderung und Leistungsoptimierung „Food first-Strategien“, d.h., eine an Training- und Wettkampfbelastungen angepasste, ausgewogene Ernährung. In spezifischen Situationen kann nach gründlicher Risiko-Nutzen-Analyse der Einsatz bestimmter NEM dennoch sinnvoll sein (Food first, but not always food only).

In welchen individuellen Situationen ein Einsatz Sinn macht und worauf dabei zu achten ist, darüber referiert PD Dr. Oliver Neubauer, Forschungsbereichsleiter „Sporternährung mit physiologischer Ausrichtung“, Department für Ernährungswissenschaften, Universität Wien und Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität für Weiterbildung Krems auf dem 40. GOTS-Kongress. Der hochkarätige Kongress findet vom 15. bis 17. Mai an der Donau-Universität Krems statt.

„Eine gute fachliche Evidenz haben je nach Art und Intensität des Sports und in jeweils sportartspezifischen Situationen Sportgetränke, kohlenhydrat-reiche Energieriegel, Gels und Proteinsupplemente, Eisen, Multivitamine, Vitamin D und Probiotika“, so Neubauer.
Diese Produkte sichern den Bedarf an Energie, Kohlenhydraten und Flüssigkeit unmittelbar vor und während intensiver und langer Ausdauerbelastungen, wie z.B. einem (Halb-)Marathon. 


Bei einer Belastungsdauer von 45 bis 75 Minuten reichen für eine leistungsfördernde Wirkung bereits geringe Mengen an Kohlenhydraten. 


Bei einer Belastungsdauer ab einer Stunde bis zweieinhalb Stunden wird eine Zufuhr von 30 bis 60 Gramm Kohlenhydraten pro Stunde empfohlen, ab zweieinhalb Stunden 60 bis 90 Gramm pro Stunde. 


Energieriegel sollten Kohlenhydrate in leicht verdaulicher und schnell absorbierbarer Form enthalten. Bei extremen Belastungen, unter Hitzebedingungen und bei hohen Schweißverlusten sollte jeder auf die Beigabe von Natrium in Sportgetränken achten.

Proteinsupplemente

Proteine (Eiweiße) sorgen nach dem Training für die Neubildung körpereigener Proteine als molekulare Basis für Anpassungen an Kraft- und Ausdauertraining. Grundsätzlich kann ein trainingsbedingter Mehrbedarf von 1,2 bis 2 Gramm Proteinen pro Kilogramm Körpergewicht (abhängig von der Trainingsgesamtbelastung) sehr gut über eine geeignete Zusammenstellung natürlicher Lebensmittel abgedeckt werden. Dies gilt auch für die empfohlene Zufuhr von 20 bis 30 Gramm hochwertigen Proteinen in der unmittelbaren Regenerationsphase nach intensivem Training, um die muskuläre Proteinneubildung zu optimieren. Proteinsupplemente bieten keinen physiologischen Vorteil im Vergleich zu Lebensmitteln.

Mikronährstoff-Supplemente

Zu möglicherweise kritischen Mikronährstoffen in sportartspezifischen Situationen zählen Eisen, Calcium, Natrium und Vitamin D. Potenzielle Ursachen für eine Unterversorgung sind sportassoziierte Verluste (z.B. über den Schweiß), ein trainingsbedingter Mehrbedarf (z.B. durch einen gesteigerten Energieumsatz), und sportartspezifische Ernährungsweisen (z.B. in Phasen der Gewichtsreduktion).

Ein möglicher sportbedingter Mehrbedarf bei Mineralstoffen und Vitaminen ist schwierig zu bestimmen. Allerdings kann auch ein theoretischer Mehrbedarf im Bereich von ca. 100 bis 200 Prozent der Referenzwerte für die Allgemeinbevölkerung in der Regel sehr gut durch eine ausgewogene und energiebilanzierte Ernährung erreicht werden. Multi-Vitamin-/Mineralstoff-Präparate machen nur in bestimmten Situationen Sinn und es muss auf eine „physiologische“ Dosierung geachtet werden.
Einen möglichen Nutzen, aber noch unzureichend erforscht, bieten isolierte Polyphenole, Kollagen-Protein, Carnitin und Fischöl.

Keinen gesicherten Nutzen haben dagegen Magnesium, Beta-Hydroxy-beta-Methylbutyrat (HMB) und Verzweigkettige Aminosäuren (BCAAs)/Leuzin.

Fazit

Sowohl für den Breiten- als auch für den Spitzensport bietet eine ausgewogene Lebensmittelauswahl ein enormes Potenzial. In den letzten Jahren wurden zahlreiche lebensmittelbasierte Empfehlungen für eine an Trainingsbelastungen angepassten Ernährung entwickelt und validiert. Anschauliche Beispiele sind die Lebensmittelpyramide für Sportler und Sportlerinnen der Swiss Sports Nutrition Society (SSNS) oder „The Athlete’s Plate“. Für alle Freizeitsportler gilt: NEM sind nur sinnvoll in Situationen, in denen die bedarfsdeckende Aufnahme von Energie, Nährstoffen (besonders Kohlenhydrate) und Flüssigkeit in Form von „natürlichen“ Lebensmitteln nicht praktikabel ist. Oder bei einem klinisch diagnostiziertem Nährstoffmangel.


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Hunger verändert, worauf wir achten – und wie wir entscheiden

Warum greifen wir eher zu ungesundem Essen, wenn wir hungrig sind? Eine neue Studie von Forschenden der Universität Hamburg zeigt: Hunger beeinflusst nicht nur unsere Vorlieben, sondern auch, worauf wir bei Lebensmitteln im entscheidenden Moment achten. Informationen über Nährwert und Gesundheit treten bei der Essenswahl in den Hintergrund.

Mit leerem Magen durch die Gänge eines Supermarktes schlendern und abwägen: gesund und nahrhaft oder lieber ungesund, dafür aber umso schmackhafter? 

Das kennt wohl jeder, der regelmäßig vor den bunten Lebensmittelregalen steht. Forschende haben nun in der Fachzeitschrift „eLife“ eine Studie veröffentlicht, in der sie mithilfe von Verhaltensmessungen, Eye-Tracking und computergestützten Modellierungen neue Einblicke in den kognitiven Entscheidungsprozess bei der Lebensmittelauswahl geben.

„Obwohl schon lange bekannt ist, dass hungrige Menschen häufiger zu ungesunden Lebensmitteln greifen, wollten wir die kognitiven Mechanismen, die diesem Phänomen zugrunde liegen, genauer verstehen“, erklärt Jennifer March, Wissenschaftlerin an der Fakultät für Psychologie und Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg und Co-Autorin der Studie.

Experiment unter kontrollierten Bedingungen

Gemeinsam mit Prof. Dr. Sebastian Gluth, Leiter der Arbeitsgruppe für Kognitives Modellieren und Entscheidungsneurowissenschaften, leitete March die Studie, für die 70 Erwachsene aus Hamburg und Umgebung untersucht wurden. Jeder Teilnehmende durchlief zwei Versuchsschleifen – einmal hungrig, einmal gesättigt. Dabei wählten sie zwischen jeweils zwei Essensoptionen: einer gesünderen, aber weniger schmackhafteren, und einer ungesunden, aber dafür umso schmackhafteren Option. Beide Varianten waren mit dem Nutri-Score, einer gängigen Nährwertkennzeichnung, versehen.

Mittels Eye-Tracking wurde erfasst, welche Informationen die Probanden beim Entscheiden besonders beachteten. Die Auswertung erfolgte mithilfe eines computergestützten Entscheidungsmodells, dem sogenannten „multi-attribute attentional Drift Diffusion Model“.

Hunger verändert, worauf wir achten – und wie wir entscheiden

Das Ergebnis: Bereits im Normalzustand bevorzugten die meisten Studienteilnehmenden geschmacklich ansprechender präsentierte Lebensmittel. Im hungrigen Zustand wurde dieser Effekt deutlich verstärkt. Die Aufmerksamkeit wanderte eher zu den visuell und geschmacklich attraktiveren Optionen – während die Nährwertinformationen, etwa der Nutri-Score, seltener beachtet wurden. Gleichzeitig wurden Entscheidungen im hungrigen Zustand schneller getroffen.

„Unsere Daten zeigen, dass Hunger die Gewichtung von Informationen im Entscheidungsprozess verändert. Geschmack bekommt mehr Gewicht, Gesundheitsaspekte geraten aus dem Blickfeld“, fasst March zusammen.

Rückschlüsse der Studie für die Bevölkerungsgesundheit

Die Ergebnisse legen nahe, dass einfache Maßnahmen wie Nährwertkennzeichnungen allein möglicherweise nicht ausreichen, um gesunde Essensentscheidungen zu fördern – vor allem nicht bei hungrigen Menschen. Zukünftige gesundheitsfördernde Maßnahmen sollten deshalb besonders darauf abzielen, die Aufmerksamkeit stärker auf gesunde Aspekte zu lenken, etwa durch visuelle Hervorhebungen oder intelligente Platzierung in Supermärkten und Kantinen.
„Hunger verändert nicht nur unser Verhalten, sondern auch, wie unser Gehirn Informationen verarbeitet“, betont Gluth. "Wer gesunde Entscheidungen fördern möchte, sollte das Entscheidungsverhalten unter realen Bedingungen – inklusive Hungergefühl – stärker in den Blick nehmen."

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Jennifer March, MSc.
Universität Hamburg
Fakultät für Psychologie und Bewegungswissenschaft
Kognitive Modellierung und Neurowissenschaften des Entscheidens
Tel.: +49 40 42838-5437
E-Mail: jennifer.march@uni-hamburg.de

Prof. Dr. Sebastian Gluth
Universität Hamburg
Kognitive Modellierung und Neurowissenschaften des Entscheidens
Tel.: +49 40 42838-4784
E-Mail: sebastian.gluth@uni-hamburg.de

Originalpublikation:
https://elifesciences.org/reviewed-preprints/103736#s2

Die Gefäßgesundheit bei adipösen Menschen

Ein Forschungsteam hat entdeckt, dass das Enzym Myeloperoxidase (MPO) eine wichtige Rolle für die Gefäßgesundheit bei adipösen Menschen spielt / Veröffentlichung in Cell Reports Medicine

Ein Forschungsteam unter Leitung von Privatdozent Dr. Martin Mollenhauer vom Herzzentrum der Uniklinik Köln hat den Zusammenhang zwischen Adipositas, auch als Fettleibigkeit oder Fettsucht bezeichnet, und dem Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung genauer untersucht. 


Die Wissenschaftler*innen haben herausgefunden, dass bei adipösen Patienten und in Mausmodellen erhöhte Werte des Enzyms Myeloperoxidase (MPO) mit einer schlechteren Gefäßfunktion einhergehen. 


Die Ergebnisse ihrer Forschung wurden unter dem Titel „Myeloperoxidase impacts vascular function by altering perivascular adipocytes’ secretome and phenotype in obesity“ im Fachjournal Cell Reports Medicine veröffentlicht.

MaAB-CAVE:

Das Enzym MPO ist bei Menschen mit Adipositas in einem bestimmten Fettgewebe rund um die Aorta, die Hauptschlagader, aktiv. 


Dieses Fettgewebe wird perivaskuläres Fettgewebe (PVAT) genannt. 

MPO fördert entzündliche Prozesse im PVAT und hemmt gleichzeitig schützende Mechanismen, die normalerweise die Gefäße elastisch und gesund halten.

Um die Funktion genauer zu verstehen, wurde im Tiermodell untersucht, welche Auswirkungen das Fehlen von MPO hat.

 „Interessanterweise zeigten Mäuse ohne MPO eine bessere Gefäßfunktion, weniger Entzündungszeichen im PVAT und eine Umwandlung des Fettgewebes in eine aktivere, energieverbrauchende Form. 

Außerdem wurde bei diesen Tieren vermehrt das Hormon Adiponektin freigesetzt, das die Gefäße schützt“, erläutert Martin Mollenhauer.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine gezielte Hemmung von MPO eine neue, vielversprechende Therapieoption für Menschen mit Adipositas und erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko sein könnte. 

Bis zur Anwendung einer solchen Adipositas-Therapie sind allerdings zunächst noch weitere Studien nötig.

Mathias Martin
+49 221 470 1705
m.martin@verw.uni-koeln.de

Verantwortlich: Dr. Elisabeth Hoffmann – e.hoffmann@verw.uni-koeln.de

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PD Dr. Martin Mollenhauer
Experimentelle Kardiologie
Klinik III für Innere Medizin
Herzzentrum der Universitätsklinik Köln
+49 221 478 87402

Originalpublikation:
"Myeloperoxidase impacts vascular function by altering perivascular adipocytes’ secretome and phenotype in obesity", Cell Reports Medicine,
https://doi.org/10.1016/j.xcrm.2025.102087

Fallot’sche Tetralogie

Innovative Diagnostik für Patient:innen mit angeborenem Herzfehler Fallot’sche Tetralogie: Kinderkardiologin und Forscherin am Herzzentrum Leipzig mit Gerd Killian-Projektförderung der Herzstiftung ausgezeichnet

Jedes Jahr kommen in Deutschland rund 8.700 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt. 

Dank medizinischer Fortschritte erreichen heute in der industrialisierten Welt mehr als 95 Prozent dieser Kinder das Erwachsenenalter. Die Bandbreite der Herzfehler ist groß – sie reichen von kleinen Löchern in der Herzscheidewand bis hin zu komplexen Fehlbildungen, die mehrere Operationen und eine lebenslange spezifische Nachsorge notwendig machen. Bei Patient:innen mit dem Herzfehler Fallot’sche Tetralogie nach chirurgischer Korrektur, die in der Regel innerhalb des ersten Lebensjahres erfolgt, zählen Herzrhythmusstörungen meist aus der rechten Herzkammer zu den häufigen und langfristig bedeutendsten Spätfolgen. Solche sogenannten Kammertachykardien sind lebensbedrohlich und können im schlimmsten Fall zum plötzlichen Herztod führen. Sie entstehen aufgrund von elektrisch langsam leitenden Bereichen zwischen natürlichen, anatomischen und chirurgischen Barrieren (Vernarbungen) in der rechten Herzkammer, kurz als SCAI (slow conducting anatomic isthmuses) bezeichnet.
Im Rahmen eines vielversprechenden Forschungsvorhabens* untersuchen die Kinderkardiologin Dr. Sophia Klehs und Oberarzt MUDr. Roman Gebauer, beide an der Abteilung für Kinderkardiologie am Herzzentrum Leipzig, an etwa 500 Patient:innen nach Fallot-Korrektur die Häufigkeit und die Entstehung der SCAI.

 Ebenso untersuchen die Leipziger Forscher, inwiefern der nicht-invasive Nachweis von SCAI mittels einer 3D-Kontrastmittel-Kardio-Magnetresonanztomographie (3D-KM-KMRT) und der invasive Nachweis per Katheter mit Hilfe einer elektrophysiologischen Untersuchung (EPU) und eines sogenannten elektroanatomischen Mappings (EAM) übereinstimmen. „Längerfristig können wir somit untersuchen, wie die Entstehung dieser gefährlichen langsam leitenden Bereiche aufgehalten werden kann“, erklärt Dr. Klehs. Ihr Forschungsvorhaben wurde mit der renommierten Gerd Killian-Projektförderung der Deutschen Herzstiftung mit rund 60.000 Euro ausgezeichnet und von der Herzstiftung gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) auf dem DGPK-Jahreskongress in Hamburg vergeben. „Mit ihrem Forschungsprojekt leisten Dr. Klehs und ihr Team auf dem Gebiet der 3D-Herz-MRT-Diagnostik zur Untersuchung von SCAI bei Patient:innen nach Fallot-Korrektur einen wichtigen Beitrag insbesondere zur Prävention des plötzlichen Herztods als Folge lebensgefährlicher Herzrhythmusstörungen“, betont Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender Deutschen Herzstiftung.

Studie zeigt erstmals nicht-invasiven Nachweis kritischer Herzareale für Rhythmusstörungen
SCAI konnten bisher nur invasiv per Katheter mit Hilfe einer EPU und eines elektroanatomischen Mappings (EAM) nachgewiesen werden. 

Das Mapping ist eine Art dreidimensionale „Landkarte”, die Störungen der Reizleitung im Herzen anzeigt. Eine neuere Studie aus dem Jahr 2024 von Kimura et al. (1) konnte erstmals zeigen, dass diese SCAI auch nicht-invasiv mittels 3D-KM-KMRT nachweisbar sind. 

„Diese nichtinvasive 3D-Herz-MRT-Diagnostik für den Nachweis oder Ausschluss von SCAI als Ursache für Rhythmusstörungen aus der rechten Herzkammer wäre für Patient:innen nach einer Fallot-Korrektur eine große Verbesserung. 

Einmal als Standard etabliert, könnte es einige invasive Untersuchungen verhindern“, betont Dr. Klehs.
Anknüpfend an die Studie von Kimura und Kolleg:innen mit 53 Patient:innen, die SCAI mittels 3D-KM-KMRT mit einer hohen Zuverlässigkeit nachweisen konnte, forschen Dr. Klehs und ihr Leipziger Team im Rahmen ihrer eigenen Studie zur 3D-KM-KMRT für den Nachweis von SCAI nach Fallot-Korrektur – ergänzend oder alternativ zur EPU.

Dank neuer Software: Rund 40 Prozent der invasiven EPU bei Fallot-Patienten zukünftig schonend mittels Herz-MRT


Die prospektiv-multizentrische Studie von Dr. Klehs wird in rund fünf Herzzentren, die Jugendliche und Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler herzmedizinisch betreuen, durchgeführt. 

Jedes Zentrum betreut zirka 500 Patient:innen nach Fallot-Korrektur. 

Die Patient:innen müssen keine zusätzlichen Untersuchungen durchführen lassen, sondern die regelmäßig durchgeführten Herz-MRT-Untersuchungen werden mit einer speziellen ADAS-3D-Software im Herzzentrum Leipzig ausgewertet. „Dank dieser Software könnten die rein diagnostischen EPUs zum Nachweis/Ausschluss der SCAI in Zukunft nicht-invasiv durchgeführt werden, das entspricht ca. 30-40 Prozent aller Untersuchungen mit dieser Fragestellung“, prognostiziert Dr. Klehs. Die Leipziger Forscher:innen wollen einerseits die innovative 3D-Herz-MRT-Diagnostik für den SCAI-Nachweis bei Patient:innen nach Fallot-Korrektur weiter untersuchen und auswerten. Andererseits erforschen sie die Entstehung der SCAI auch bei jüngeren Patient:innen und im Langzeitverlauf mit Wiederholungsuntersuchungen, um so auch Risikofaktoren für SCAI zu ermitteln. Vor und nach einem Pulmonalklappenersatz (kathetergestützt oder chirurgisch) soll untersucht werden, wie sich dieser auf die Entwicklung der SCAI auswirkt.
Der schonende nicht-invasive SCAI-Nachweis ist in vielerlei Hinsicht ein Gewinn für die Patienten, denn die invasive diagnostische EPU erfordert drei venöse Zugänge, dauert etwa drei Stunden und wird in der Regel in Sedierung durchgeführt. Diagnostische EPUs, die keinen positiven SCAI-Nachweis ergeben, ließen sich mit Hilfe der 3D-KM-KMRT einsparen.

*Originaltitel: „Noninvasive detection of substrates for ventricular tachycardias in patients after repaired Tetralogy of Fallot using 3D cardiac magnetic resonance“

Literatur
(1) Kimura Y, Wallet J, Bouyer B, Jongbloed MRM, Bertels R, Hazekamp MG, et al. Three-dimensional cardiac magnetic resonance allows the identification of slow-conducting anatomical isthmuses in tetralogy of Fallot. Eur Heart J. 2024.

Fallot’sche Tetralogie
Die Fallot’sche Tetralogie ist die häufigste Form angeborener Herzfehler, die mit einer Blaufärbung der Haut (Zyanose) einhergehen. Eine Fallot’sche Tetralogie hat einen Anteil von etwa 20 Prozent an allen angeborenen Herzfehlern mit Zyanose. Kinder, die heute mit einer Fallot’schen Tetralogie geboren werden, dürfen in nahezu allen Fällen erwarten, die operative Korrektur ihres Herzfehlers zu überleben und zumindest die ersten drei bis vier Jahrzehnte ihres Lebens ein weitgehend normales Leben als Jugendliche und Erwachsene führen zu können. 

Die Kombination der vier anatomischen Fehler Pulmonalstenose, Kammerscheidewanddefekt, überreitende Aorta und Hypertrophie des rechten Ventrikels am Herzen bildet in ihrem gemeinsamen Auftreten die typische Fallot’sche Tetralogie. Étienne-Louis Arthur Fallot erkannte als Erster, dass eine seit dem 17. Jahrhundert bekannte bestimmte Kombination einzelner Fehlanlagen am Herzen immer zu dem gleichen Komplex von Symptomen führt. In seiner Erstbeschreibung 1888 bezeichnete er den komplexen Herzfehler als Maladie bleue oder als Blausucht, der heute den Namen Fallot’sche Tetralogie trägt (Quelle: Deutsche Herzstiftung).

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Michael Wichert (Ltg.), Tel. 069 955128114 /
Pierre König, Tel. 069 955128140,

https://herzstiftung.de
Weitere Informationen finden Sie unter
- Förderung der Herzforschung
- Infos zu angeborenen Herzfehlern

Erdbeben heute bei Istanbul

Die vom GEOFON-Programm des GFZ gemessenen Beben lagen etwa 60 km südwestlich bzw. 40 km südlich von Istanbul etwa 10 km tief unter dem Marmarameer. 

Nach den beiden ersten Beben ereigneten sich drei weitere Nachbeben mit Magnituden bis 5.9.

Ein Erdbeben der vom GEOFON-Programm des GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung gemessenen Magnitude 6.2 erschütterte heute Vormittag, am Mittwoch, 23. April 2025, die Stadt Istanbul. 

Der Ursprung des Bebens um 11:49 MESZ (12:59 Uhr Ortszeit) lag in einer Tiefe von etwa 10 Kilometern etwa 60 Kilometer westlich von Istanbul im Marmarameer. 

Nur 13 Minuten später ereignete sich dann ein weiteres Beben mit der Magnitude 5.3 direkt südlich Istanbuls in etwa 40 Kilometern Entfernung.


„Bereits im Jahr 2019 hatte sich am 26. September an ähnlicher Stelle im zentralen Marmarameer ein ähnlich starkes Beben von Mw 5.7 ereignet. Das heutige 6.2er-Beben erweitert die damalige Bruchzone, und zwar auch in Richtung Istanbul. Insgesamt ist auf dieser Verwerfung Energie für ein Erdbeben der Magnitude bis zu 7.4 gespeichert“, erklärt Marco Bohnhoff, Leiter der GFZ-Sektion Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren am GFZ.

„Wir beobachten die Vorgänge sehr genau. Das Beben am heutigen Mittwoch ist das schwerste in der Region seit über 25 Jahren. Der Herdmechanismus zeigt mit einem rechtslateralen Versatz an, dass das Beben auf der Hauptverwerfung stattgefunden hat. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es zwei Szenarien: Entweder ist die unmittelbare Region nun vorerst entspannt und die Seismizität klingt langsam ab, oder die durch das Beben erzeugten Spannungsumlagerungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für ein größeres Erdbeben in der Region. Wir führen dazu weitere Datenanalysen durch. Für offizielle Prognosen ist der türkische Katastrophenschutz AFAD zuständig, unser zentraler Kooperations-Partner im Rahmen des GONAF-Projekts vor Ort.“

Die Region um das Marmarameer in der Nähe von Istanbul, einer Millionenstadt mit mehr als 16 Millionen Einwohnern, besitzt eine der risikoreichsten geologischen Strukturen weltweit. Die „nordanatolische Verwerfung“ trennt die eurasische und die anatolische tektonische Platte auf einer Länge von mehr als 1000 Kilometern von Ostanatolien entlang der türkischen Schwarzmeerküste und durch das Marmarameer bis in die Nordägäis. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind bei Starkbeben mit Magnituden stärker als 7 dort mehr als 20.000 Menschen gestorben. Der Bereich unterhalb des Marmarameeres südlich von Istanbul ist der einzige Bereich der gesamten Plattengrenze, der seit über 250 Jahren kein Starkbeben mehr generiert hat und demzufolge überfällig für ein Erdbeben einer Magnitude bis zu 7.4.

Das erste heutige Beben mit der Magnitude 6.2 ereignete sich nach ersten, noch vorläufigen Erkenntnissen im zentralen Teil des Marmarameeres an der Übergansstelle zwischen einem langsam und ‚aseismisch‘ kriechenden Teil der Erdbebenzone in Richtung Westen und dem komplett verhakten Bereich ostwärts in Richtung Istanbul. Die Tatsache, dass es kurze Zeit später zu einem Erdbeben der Stärke 5.3 südlich von Istanbul gekommen ist, weist darauf hin, dass es Spannungsumlagerungen gegeben hat, die die Wahrscheinlichkeit für weitere Beben dort eher erhöht haben.

Weitere Informationen: Geophysikalisches Observatorium an der Anatolischen Störung – GONAF (www-gonaf-network.org)

Die Anatolische Mikroplatte ist eine Schlüsselregion für Untersuchungen, die sich schwerpunktmäßig mit Erdbebenmechanismen, den Wechselwirkungen der Seismizität auf Plattenebene sowie komplexen Deformationsprozessen an Transform-Plattengrenzen beschäftigen. Am nördlichen Plattenrand der anatolischen Mikroplatte stellt die Nordanatolische Verwerfungszone (NAFZ) eine der wichtigsten kontinentalen Transformstörungen auf der Erde dar, die eine mehr als 1000 Kilometer lange Plattengrenze mit erheblicher Erdbebengefahr formt. Große Teile des Marmarameers südlich der Megastadt Istanbul bilden eine so genannte seismische Lücke entlang eines über 100 Kilometer langen Verwerfungssegments. Das heißt, dass es an dieser Lücke seit längerer Zeit zu keinen schweren Beben gekommen ist und sich daher dort Spannung aufbaut. Mittels eines hochauflösenden seismischen Bohrloch-Arrays rund um das östliche Marmarameer (Nordwest-Türkei) konzentriert sich die Arbeit des integrierten Plattengrenzenobservatoriums auf dieses Störungssegment. Wir hoffen, so neue Einblicke in die physikalischen Prozesse zu gewinnen, die vor und ggf. auch während und nach einem starken Erdbeben (M>7) wirken, sowie Erdbebenmodelle neu zu definieren und zu kalibrieren und Gefahrenabschätzungen für die Megastadt Istanbul in Fast-Echtzeit vorzunehmen. Auf diese Weise leisten wir einen Beitrag zu Istanbuls Frühwarnsystem.

Publikationen zum Thema:

Chen, X., Martínez‐Garzón, P., Kwiatek, G., Ben‐Zion, Y., Bohnhoff, M., Cotton, F., Rupture Directivity of Moderate Earthquakes Along the Main Marmara Fault Suggests Larger Ground Motion Towards Istanbul. Geophys. Res. Lett., 52, e2024GL111460.
https://doi.org/10.1029/2024GL111460, 2025

Martínez-Garzón, P., Beroza, G.C., Bocchini, G. M., Bohnhoff, M. Sea level changes affect seismicity rates in a hydrothermal system near Istanbul. Geophys. Res. Lett., 50, e2022GL101258. https://doi.org/10.1029/2022GL101258, 2023.

Becker, D., Martínez-Garzón, P., Wollin, C., Kılıç, T., Bohnhoff, M. Variation of fault creep along the overdue Istanbul-Marmara seismic gap in NW Türkiye. Geophys. Res. Lett., 50, e2022GL101471. https://doi.org/10.1029/2022GL101471, 2023.

Malin, E.P., Bohnhoff, M., Blümle, F., Dresen, G., Martínez-Garzón, P., Nurlu, M., Ceken, U., Kadirioglu, F.T., Kartal, R.F., Kilic, T., Yanik, K., 2018. Microearthquakes preceding a M4.2 Earthquake Offshore Istanbul. Nature Scientific Reports. DOI: 10.1038/s41598-018-34563-9

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Prof. Dr. Marco Bohnhoff marco.bohnhoff@gfz.de

Lebensqualität von Menschen mit Gräserpollenallergie

Eine aktuelle Studie der Universität Augsburg zeigt: 

Die Nutzung der App PollDi verbessert die Lebensqualität von Menschen mit Gräserpollenallergie. 

Besonders die Vollversion mit Pollenprognose, Luftdaten und Symptomtagebuch reduziert Beschwerden messbar – und demonstriert eindrucksvoll das Potenzial digitaler Gesundheitsanwendungen.

Zwischen Mai und August 2023 nahmen in Augsburg 167 Personen mit Gräserpollenallergie an der Studie des Instituts für Umweltmedizin und Integrative Gesundheit der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg teil. Die Teilnehmenden wurden in drei Gruppen aufgeteilt – alle nutzten dieselbe App, jedoch mit unterschiedlich vielen Funktionen. Ziel der Studie war es, herauszufinden, ob und wie stark sich die Nutzung der App und ihrer unterschiedlichen Funktionsumfänge auf Symptome und Wohlbefinden auswirkt. Eine Gruppe erhielt in einer Basisversion der App lediglich innovativ und interaktiv aufbereitete Informationen rund um Allergien. Eine weitere Gruppe erhielt zusätzlich noch Zugang zu einem täglich ausfüllbaren Symptomtagebuch. Die Vollversion der App beinhaltete neben diesen beiden Komponenten noch eine Pollen- und Luftschadstoffvorhersage.

Bessere Lebensqualität durch digitale Unterstützung

Alle Teilnehmenden berichteten über eine gesteigerte Lebensqualität nach der Nutzung der App – unabhängig vom Funktionsumfang. Besonders auffällig war jedoch: Personen mit Zugang zur Vollversion der App berichteten über geringere Symptome, fühlten sich im Alltag weniger eingeschränkt und nahmen häufiger antiallergische Medikamente ein – ein möglicher Hinweis auf zuverlässigere Durchführung der Therapieempfehlungen.

Maschinelles Lernen erstellt trifft Vorhersagen für Symptome

Die Studie erarbeitete mithilfe von Maschinellem Lernen (ML) eine Vorhersagefunktion für die beim Nutzer zu erwartenden allergischen Beschwerden. Mit hoher Genauigkeit konnten auf Basis von Nutzerdaten und Umweltfaktoren tagesaktuelle Symptome an Nase und Augen vorhergesagt werden. „Das zeigt, welches Potenzial digitale Tools haben, wenn wir sie gezielt mit hochwertigen Daten füttern“, sagt PD Dr. Stefanie Gilles, Fachbereichsleiterin der Umweltimmunologie in der Augsburger Umweltmedizin, die die App maßgeblich zusammen mit ihren Promovierenden, Caroline Holzmann und Johannes Karg, entwickelt hat.

Digitale Gesundheitsanwendungen mit nachweislichem Nutzen

Die Ergebnisse unterstreichen den Mehrwert digitaler Gesundheitsanwendungen bei chronischen Erkrankungen wie Allergien – vorausgesetzt, sie bieten mehr als nur ein Tagebuch. „Unsere Studie zeigt, dass eine mit hohem Qualitätsanspruch entwickelte und auf die Bedürfnisse der Betroffenen zugeschnittene App Menschen mit Heuschnupfen wirklich hilft, kompetenter und selbstbestimmter mit ihren Beschwerden umzugehen, ihre Exposition gegenüber Pollen und ihre Medikation selbst zu steuern und dadurch Lebensqualität zu gewinnen. Gesundheitstools können eine gute Möglichkeit sein, Menschen zu ermutigen, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden selbst aktiv mit in die Hand zu nehmen“, erklärt Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin des Instituts für Umweltmedizin und Integrative Gesundheit. Der Schlüssel zum Erfolg liege in der Kombination aus persönlichem Symptom-Tracking, fundierter Information und zuverlässiger Pollenprognose.

Die Augsburger PollDi-App punktet durch innovative Nutzung technischer Möglichkeiten und kreative Aufbereitung von Informationen. Aktuelle Informationen über Allergien werden als Quiz oder Funfacts präsentiert. Für die Pollenvorhersage wurde eigens ein Vorhersagemodell erstellt, welches anhand der Augsburger Echtzeitmessdaten der letzten sechs Jahre trainiert wurde und auch Wetterinformationen mit einbezieht. Zudem hatte ein Teil der Probanden ein bereits mehrfach in Studien erprobtes Symptomtagebuch zur Verfügung, das Input für die personalisierten Symptomvorhersagen liefert. Ansprechendes Design und benutzerfreundliche Oberflächen runden das User-Erlebnis ab.

Die Studie liefert nicht nur neue Erkenntnisse für die Allergieforschung, sondern auch wichtige Impulse für die Weiterentwicklung digitaler Gesundheitsanwendungen – mit dem Ziel, den Alltag von Patientinnen und Patienten gezielt zu verbessern.

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Prof. Dr. med. Claudia Traidl-Hoffmann
Lehrstuhlinhaberin Umweltmedizin
Telefon: +49 821 598-6424
umweltmedizin@med.uni-augsburg.de

PD Dr. Stefanie Gilles
Leiterin des Fachbereiches "Umwelt-Immunologie" Umweltmedizin
Telefon: +49 821 400 168403
stefanie.gilles@uni-a.de

Originalpublikation:
"Clinical Benefits of a Randomized Allergy App Intervention in Grass Pollen Sufferers: A Controlled Trial"
Caroline Holzmann, Johannes Karg, Matthias Reiger, Rajiv Kharbal, Paola Romano, Sabrina Scheiwein, Claudia Khalfi, Anna Muzalyova, Jens O. Brunner, Gertrud Hammel, Athanasios Damialis, Claudia Traidl-Hoffmann, María P. Plaza, Stefanie Gilles. In: Allergy, 17. April 2025

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/all.16558