Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Maschinelles Lernen: Künstliche neuronale Netze lokalisieren Herzstolpern
- Zusätzliche Herzschläge aus den Hauptkammern des Herzens, sogenannte ventrikuläre Extrasystolen, können mit ernsthaften Erkrankungen zusammenhängen.
Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) nutzen Maschinelles Lernen, um den Ursprungsort der Extrasystolen nichtinvasiv zu bestimmen.
Dies könnte künftig die Diagnose und Therapie erleichtern und verbessern.
Dazu setzen sie künstliche neuronale Netze ein, die auf synthetischen Daten aus einem realistischen Simulationsmodell trainiert sind.
Die Forschenden berichten in der Zeitschrift Artificial Intelligence in Medicine (DOI: 10.1016/j.artmed.2023.102619)
Koordinatendarstellung der Herzkammern. (Grafik: Dr. Axel Loewe, KIT) Grafik: Dr. Axel Loewe, KIT
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit für mehr als 17 Millionen Todesfälle im Jahr verantwortlich.
Davon gelten rund 25 Prozent als plötzlicher Herztod.
- Dieser kann mit ventrikulären Tachykardien zusammenhängen, das heißt mit schnellen Herzrhythmusstörungen aus den Herzkammern, häufig ausgelöst durch ventrikuläre Extrasystolen.
- Diese zusätzlichen Herzschläge aus den Herzkammern fühlen sich wie Aussetzer oder Stolperer an.
- Der normale Herzschlag wird vom Sinusknoten im linken Herzvorhof gesteuert, die Extrasystolen dagegen werden von elektrischen Signalquellen an anderen Orten ausgelöst.
Bis zu einer gewissen Zahl sind ventrikuläre Extrasystolen normal.
Ventrikuläre Tachykardien können
allerdings die Herztätigkeit beeinträchtigen und vor allem bei bereits
bestehender Herzschwäche lebensbedrohlich sein.
Behandeln lassen sich ventrikuläre Tachykardien mit einer
Katheterablation:
Der Ursprungsort der Extrasystolen wird über einen Spezialkatheter durch Hochfrequenzstrom verödet.
Dazu ist es erforderlich, zuvor den Ursprungsort genau zu lokalisieren.
Verfahren, bei denen zur Lokalisation ein Katheter in die Herzkammer eingeführt wird, sind minimalinvasiv, aber mit einem hohen Zeitaufwand und gewissen Risiken verbunden.
Eine Lokalisation anhand des Elektrokardiogramms (EKG) verlangt das vorherige Erfassen der patientenspezifischen Geometrie mithilfe tomografischer Bildgebung.
„Hingegen ermöglichen
Methoden des Maschinellen Lernens, den Ursprungsort der Extrasystolen
nichtinvasiv und ohne tomografische Bildgebung zu bestimmen“, sagt Dr.
Axel Loewe, Leiter der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Computermodelle
des Herzens“ am Institut für Biomedizinische Technik (IBT) des KIT.
Neuronale Netzwerke lernen anhand von 1,8 Millionen EKGs
In der Zeitschrift Artificial Intelligence in Medicine berichten
Forschende vom IBT des KIT und vom Karlsruher Unternehmen EPIQure, wie
sie Deep Learning einsetzen, um ventrikuläre Extrasystolen anhand von
EKG-Signalen ohne patientenspezifische Geometrien zu lokalisieren. Die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzen dazu faltende neuronale
Netzwerke (convolutional neural networks, CNNs). Dabei handelt es sich
um eine besondere Form von künstlichen neuronalen Netzen. CNNs setzen
sich aus verschiedenen Schichten zusammen, die unterschiedliche Aufgaben
übernehmen. Sie eignen sich für große Datenmengen und lassen sich
vergleichsweise schnell trainieren.
Die Forschenden aus Karlsruhe trainierten die CNNs ausschließlich auf
synthetischen Daten, die sie aus einem realistischen Simulationsmodell
gewonnen hatten. Nur so ließ sich ein Datensatz von 1,8 Millionen
Extrasystolen-EKGs erzeugen. Abschließend evaluierten sie ihre Methode
an klinischen Daten. In 82 Prozent aller klinischen Fälle wurde der
Ursprungsort der Extrasystolen korrekt bestimmt. „Nach weiterer
Optimierung anhand von klinischen Daten besitzt unsere Methode das
Potenzial, medizinische Eingriffe zu beschleunigen, Risiken zu
verringern und die Ergebnisse zu verbessern“, sagt Loewe.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft
und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es,
zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern
Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis
in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und
Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das
KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf
verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und
Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke
zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen,
wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen
Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.
Künstliche neuronale Netze lokalisieren Herzstolpern
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Originalpublikation:
Nicolas Pilia, Steffen Schuler,
Maike Rees, Gerald Moik, Danila Potyagaylo, Olaf Dössel and Axel Loewe:
Non-invasive Localization of the Ventricular Excitation Origin Without
Patient-specific Geometries Using Deep Learning. Artificial Intelligence
in Medicine, 2023. DOI: 10.1016/j.artmed.2023.102619
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0933365723001331?via%3Dih...
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
https://www.ibt.kit.edu/camo.php
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