Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Typ-2-Diabetes: Omega-6-Fettsäuren in Lipidfraktionen als Biomarker des Erkrankungsrisikos
- Die Konzentration bestimmter, ungesättigter Fettsäuren steht mit dem Risiko für Typ-2-Diabetes in Verbindung.
Das zeigt eine Arbeit des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) e.V.
Perspektivisch könnten sich Fettsäuren als Biomarker zur Risikoabschätzung oder als Ansatzpunkte zur Diabetes-Prävention eignen.
Alle Ergebnisse der Studie wurden in ‚Diabetes Care‘ veröffentlicht.
Lipidklassen als Biomarker für Typ-2-Diabetes-Risiko: Höherer Linolsäurespiegel = niedrigeres Risiko in einigen Lipidklassen, höhere Spiegel an Dihomogammalinolensäure = höheres Risiko in den meisten Lipidklassen. Marcela Prada, Erand Llanaj / DIfE
- Die Spiegel mehrfach ungesättigter Omega-6-Fettsäuren wurden schon früher mit dem Risiko für Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht.
Doch entscheidend ist, welche Klasse von Plasmalipiden betrachtet wird.
Damit
eignen sich bestimmte Lipide als Biomarker, um den Einfluss der
Ernährung aber auch des Fettstoffwechsels in der Entstehung der
Erkrankung besser bewerten zu können. Zu diesen Ergebnissen kommt ein
Team um Marcela Prada, Fabian Eichelmann und Matthias Schulze vom
Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE),
einem Partner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) e.V.,
jetzt in ‚Diabetes Care‘.
- Schon früher haben Forschende die Blutspiegel an Omega-6-Fettsäuren, einer Gruppe mehrfach ungesättigten Fettsäuren, wie Linolsäure oder Dihomogammalinolensäure, mit einem geringeren bzw. höheren Diabetes-Risiko in Verbindung gebracht.
- Die Fettsäuren wurden jedoch nur im Gesamtplasma oder in recht umfangreichen Plasmafraktionen bestimmt.
Spezifische Phospholipide und andere Lipidklassen hatten
Wissenschaftler:innen bisher nicht in derselben Population vergleichend
analysiert. Da Lipidklassen unterschiedliche Funktionen haben und teils
unterschiedlich mit dem Diabetes-Risiko assoziiert sind, wollten die
Forschenden bestehende Wissenslücken schließen.
Daten aus der EPIC-Potsdam Studie liefern neue Erkenntnisse
Grundlage ihrer neuen Veröffentlichung war die European Prospective
Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Potsdam-Kohorte mit 27548
Teilnehmenden. Alle Proband:innen machten bei der Aufnahme in die
Kohorte ausführliche Angaben zu Vorerkrankungen, zur Größe, zum Gewicht
und zum Lebensstil. Außerdem nahmen die Forscher*innen Blutproben von
allen Teilnehmenden. Zu Beginn der Studie hatte niemand Typ-2-Diabetes.
Während der Nachbeobachtungszeit, die im Mittel bei 6,5 Jahren lag,
wurden Patient:innen mit neu auftretender Typ-2-Diabetes-Diagnose
erfasst.
Mit Hilfe modernster Messmethoden charakterisierten die Forschenden das
Lipidom, sprich Hunderte von Lipidmolekülen, in Blutproben von insgesamt
1.602 Proband:innen, darunter 536 Personen mit Typ-2-Diabetes.
- Sie konnten die Zusammensetzung der Fettsäuren in mehrere Lipidklassen beziehungsweise Lipid-Subklassen detailliert bewerten.
Danach verglich
das Team die Lipidkonzentrationen bei Proband:innen, die an Diabetes
erkrankten, mit Personen ohne Diabetes-Diagnose.
Konzentrationen mehrerer Omega-6-Fettsäuren mit Diabetes-Risiken assoziiert
Die Auswertung zeigt im Überblick:
- Höhere Konzentrationen von Linolsäure waren mit einem niedrigeren Typ-2-Diabetes-Risiko assoziiert, vor allem in den Lipidklassen der Lysophosphatidylcholine und Monoacylglycerolen.
Und höhere Konzentrationen von Dihomogammalinolensäure in unterschiedlichen Fettsäureklassen oder als freie Fettsäuren waren mit einer höheren Typ-2-Diabetes-Inzidenz verbunden.
Bei Arachidonsäure gab
es keine statistisch signifikante Assoziation.
„Unseres Wissens ist dies die erste prospektive Studie, die sich auf
mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäuren in einem großen Lipidpanel und
auf deren Zusammenhang mit dem Diabetesrisiko konzentriert, und wir
haben festgestellt, dass die Risikoassoziationen je nach Lipidklasse
stark variieren“, sagt Prada.
Eichelmann ergänzt: „Die identifizierten Lipide sind potenzielle
Biomarker für Stoffwechselstörungen; sie können zum Verständnis von
Aspekten des Lipidstoffwechsels beitragen, die mit Typ-2-Diabetes in
Verbindung stehen.“
Auf mögliche Perspektiven weist Schulze hin: „Da Diabetes schleichend
auftritt, könnte der Nachweis von Biomarkern vor der eigentlichen
Diagnose wertvoll sein, um frühzeitig Personen mit erhöhtem
Diabetes-Risiko zu erkennen.“ Dazu seien jedoch weitere Studien
erforderlich.
Lipide als mögliche Zielstrukturen für die Prävention
In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden in Erfahrung bringen,
ob die Ernährung die Konzentration von Linolsäure in verschiedenen
Lipidklassen verändern kann, speziell in Lysophosphatidylcholinen und
Monoacylglycerolen, die mit einem geringeren Diabetes-Risiko in
Verbindung stehen.
Abgesehen von der Nahrungsaufnahme sind Stoffwechselprozesse, die zu
höheren oder niedrigeren Konzentrationen an Linolsäure oder
Dihomogammalinolensäure führen, interessant.
Falls sich Stoffwechselwege
extern beeinflussen lassen, könnten sie zur Verringerung des
Typ-2-Diabetes-Risikos genutzt werden.
Original-Publikation:
Marcela Prada, Fabian Eichelmann, Clemens Wittenbecher, Olga Kuxhaus,
Matthias B. Schulze. Plasma Lipidomic n-6 Polyunsaturated Fatty Acids
and Type 2 Diabetes Risk in the EPIC-Potsdam Prospective Cohort
Study. Diabetes Care 2023, https://doi.org/10.2337/dc22-1435
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die
Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für
Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen
Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des
metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht),
Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und
Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern
sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und
Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF
geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung
Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung e.V. ist eines der sechs
Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem
Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung,
Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen
neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur
erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des
Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind Helmholtz
Munich – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das
Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für
Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für
Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen von Helmholtz Munich an
der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut
Dresden von Helmholtz Munich am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg,
Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner.
www.dzd-ev.de
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke
Marcela Prada
Abteilung Molekulare Epidemiologie
Tel.: +49 33 200 88-2454
E-Mail: marcela.prada@dife.de
Prof. Dr. Matthias Schulze
Leiter der Abteilung Molekulare Epidemiologie
Tel.: +49 33 200 88-2434
E-Mail: mschulze@dife.de
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V.:
Dr. Astrid Glaser
Leiterin der Geschäftsstelle
Tel.: +49 89 3187-1619
E-Mail glaser@dzd-ev.de
Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg
Deutschland
Bayern
E-Mail-Adresse: contact@dzd-ev.de
Birgit Niesing
Telefon: 089 31873971
E-Mail-Adresse: niesing@dzd-ev.de
Originalpublikation:
Marcela Prada, Fabian Eichelmann, Clemens Wittenbecher, Olga Kuxhaus, Matthias B. Schulze. Plasma Lipidomic n-6 Polyunsaturated Fatty Acids and Type 2 Diabetes Risk in the EPIC-Potsdam Prospective Cohort Study. Diabetes Care 2023, https://doi.org/10.2337/dc22-1435
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