Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Bundesweite Studie: Hilft PET bei „unklarer Demenz“?
Ein bundesweites Konsortium unter Federführung des DZNE erhält den Auftrag, zu erforschen, ob Patientinnen und Patienten mit Demenz unklarer Ursache von einer Untersuchung des Gehirns mittels Amyloid-Positronen-Emissionstomografie (Amyloid-PET) profitieren.
Auftraggeber und Förderer dieser Studie – die Ergebnisse sollen 2026 vorliegen – ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen.
- Bei Menschen mit einer Demenzerkrankung unklarer Ursache ist der Nutzen der Amyloid-PET bislang nicht hinreichend belegt, weshalb solche bildgebenden Untersuchungen von den Krankenkassen im Allgemeinen nicht bezahlt werden.
Die Studienergebnisse sollen es dem G-BA ermöglichen,
über Nutzen und Notwendigkeit solcher Untersuchungen zu entscheiden –
das Votum hätte Auswirkungen auf die Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung.
In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 300.000 Menschen an Demenz.
- Bei mehr als 100.000 von ihnen – so Schätzungen –, bleibt unklar, ob der Auslöser die relativ häufige Alzheimer-Erkrankung ist oder eine andere aus dem Spektrum der Demenzerkrankungen.
Im medizinischen Jargon heißt
das „Demenz mit unklarer Ursache“. Die aktuelle Studie hat das Ziel,
solche unbestimmten Diagnosen zu präzisieren, um die Behandlung und
letztlich die Lebensqualität der betroffenen Menschen zu verbessern.
Dafür sollen mehr als 1.100 Patientinnen und Patienten mit einer Demenz
unklarer Ursache in die Untersuchungen eingeschlossen werden. Geprüft
wird dabei der Nutzen der Amyloid-PET: Mit diesem bildgebenden Verfahren
lassen sich im Gehirn sogenannte Amyloid-Plaques – diese
Eiweißablagerungen sind typisch für eine Alzheimer-Erkrankung –
nachweisen.
Bundesweites Konsortium
Unter der Federführung des DZNE werden bundesweit 24 Studienzentren, die
an Universitätskliniken verortet sind, sowie Einrichtungen aus dem
zertifizierten niedergelassenen Bereich mitwirken. Darüber hinaus
engagieren sich Fachgesellschaften aus den Bereichen Neurologie,
Nuklearmedizin und Radiologie im wissenschaftlichen Beirat des Projekts;
ein technischer Beirat und Vertreter der Industrie unterstützen bei
technischen Aspekten.
„Dieses Forschungsvorhaben ist eine konzertierte Aktion zahlreicher
Partner aus Wissenschaft und Versorgung, mit dem Ziel, die Behandlung
von Patientinnen und Patienten mit Demenz zu verbessern. Eine zentrale
Rolle spielen dabei das bundesweite klinische Netzwerk des DZNE und
unsere enge Kooperation mit Universitätskliniken. Darüber hinaus
beteiligen sich viele weitere Akteure an diesem europaweit einzigartigen
Projekt“, so Prof. Thomas Klockgether, Leiter der klinischen Forschung
am DZNE.
Prof. Wolfgang Mohnike, Ärztlicher Direktor des DTZ Berlin, ein
zertifiziertes medizinisches Versorgungszentrum mit Schwerpunkt
Nuklearmedizin, ergänzt: „Dieses Vorhaben hat eine lange Vorgeschichte,
die zu einem ersten Treffen von Vertretern des PET e.V., der Industrie,
der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. und des DZNE mit dem
G-BA im April 2017 führte.“
Es handelt sich bei diesem Forschungsprojekt um eine Erprobungsstudie:
Ziel einer Erprobungsstudie nach §137e SGB V ist es, Evidenz für den
Nutzen einer neuen diagnostischen oder therapeutischen Methode zu
gewinnen, um auf dieser Grundlage eine Entscheidung für die
Gesundheitsversorgung in Deutschland zu treffen.
Messung der Alltagskompetenz
Der Aufnahme von Patientinnen und Patienten in die Studie wird im Sommer
dieses Jahres beginnen. Sie werden nach dem Zufallsprinzip einer von
zwei Gruppen zugeteilt: Die Probanden der einen Gruppe werden mit
Amyloid-PET untersucht, die anderen nicht. „So wollen wir herausfinden,
ob ein Hirnscan mit Amyloid-PET zu einer genaueren Diagnose führt und ob
die Behandlungsmaßnahmen, die sich daraus ergeben, bewirken, dass die
Patientinnen und Patienten im täglichen Leben besser zurechtkommen als
Probanden der Vergleichsgruppe. Diese Alltagskompetenz werden wir nach
wissenschaftlichen Kriterien über einen Zeitraum von zwei Jahren
erfassen“, erläutert Studienleiter Prof. Stefan Teipel, Demenzforscher
am DZNE-Standort Rostock/Greifswald und Leiter der Sektion
Gerontopsychosomatik und demenzielle Erkrankungen der
Universitätsmedizin Rostock.
Ist es Alzheimer?
„Bei einer Demenz sind die Therapie-Möglichkeiten zwar begrenzt, dennoch
gibt es abhängig von der Art der Demenz spezifische medizinische
Maßnahmen, die dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Wenn die Art der
Demenz jedoch ungeklärt bleibt, bedeutet dies, dass diese Patientinnen
und Patienten eventuell nicht die bestmögliche Behandlung erfahren“, so
Teipel.
„Wichtig für eine genaue Diagnose ist es, eine Alzheimer-Erkrankung zu bestätigen oder auszuschließen. Im Allgemeinen geschieht dies mit Hilfe verschiedener Verfahren.
Dazu gehören insbesondere Gedächtnistests,
Labordiagnostik und Untersuchungen des
Gehirns per Magnetresonanztomografie.“
Kennzeichen Amyloid
Schafft dieses Vorgehen keine Klarheit, kommt eine Analyse des
Nervenwassers, auch „Liquor“ genannt, infrage.
„Dabei wird die Konzentration sogenannter Amyloid-Proteine bestimmt.
Bei einer Alzheimer-Erkrankung sammeln sich diese Eiweißstoffe im Gehirn und der Messspiegel im Liquor ist ein Indikator dafür, was im Gehirn geschieht“, so Teipel.
„Dieses Verfahren wird allerdings relativ selten eingesetzt.
Viele Patientinnen und Patienten scheuen sich davor.“
Ablagerungen werden markiert
Eine Möglichkeit, Ansammlungen dieser Eiweißstoffe im Gehirn direkt
nachzuweisen, bietet die Amyloid-PET – sie wird insbesondere im Rahmen
wissenschaftlicher Untersuchungen und Arzneimittelstudien eingesetzt.
Den untersuchten Personen wird dazu eine radioaktive Substanz – „Tracer“
genannt – verabreicht, die an die Amyloid-Plaques bindet und somit
markiert. Die Strahlung, die von den Molekülen des Tracers ausgeht, wird
dann von einem Scanner gemessen und bildlich dargestellt. Auf diese
Weise werden Position und Konzentration der abgelagerten Eiweißstoffe
erfasst. „Das ist ein sehr empfindliches Verfahren. Was es im konkreten
Fall von Menschen mit unklarer Demenz bewirken kann, muss sich aber noch
zeigen. Untersuchungen aus den USA deuten darauf hin, dass der Einsatz
von Amyloid-PET bei dieser Gruppe von Patientinnen und Patienten von
Nutzen sein kann. Inwieweit dies unter den Bedingungen der deutschen
Regelversorgung gilt, wollen wir nun klären“, so Prof. Bernd Joachim
Krause, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin der Universitätsmedizin
Rostock und Koordinator der PET-Untersuchungen im Rahmen der Studie.
„Die Verfügbarkeit ausreichender Kapazitäten für die PET-Untersuchungen
im Rahmen der Studie wird durch Nuklearmedizinische Zentren an den
Universitätsklinika und den DZNE-Standorten wie auch durch
niedergelassene PET-Zentren gewährleistet“, berichtet PD Dr. Konrad
Mohnike, Vorsitzender des PET e.V., Verein zur Förderung und Verbreitung
der Positronen-Emissions-Tomographie.
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Über das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
Das DZNE ist eine Forschungseinrichtung, die sich mit sämtlichen
Aspekten neurodegenerativer Erkrankungen (wie beispielsweise Alzheimer,
Parkinson und ALS) befasst, um neue Ansätze der Prävention, Therapie und
Patientenversorgung zu entwickeln. Durch seine zehn Standorte bündelt
es bundesweite Expertise innerhalb einer Forschungsorganisation. Das
DZNE kooperiert eng mit Universitäten, Universitätskliniken und anderen
Institutionen im In- und Ausland. Es wird öffentlich gefördert und ist
Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft. Website: https://www.dzne.de
Dr. Marcus Neitzert Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE)
Venusberg-Campus 1/99
53127 Bonn
Deutschland
Nordrhein-Westfalen
Sabine Hoffmann
E-Mail-Adresse: sabine.hoffmann@dzne.de
Telefon: 0228 43302 267
E-Mail-Adresse: presse@dzne.de
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