Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neue Leitlinie zu gesundheitlichen Aspekten von Nacht- und Schichtarbeit
- Es ist wissenschaftlich belegt, dass Nacht- und Wechselschichten zu einer Störung unseres Tagesrhythmus und zu einem Schlafdefizit und Schlafstörungen führen können.
- Mögliche Folgen sind Müdigkeit, verminderte physische und kognitive Leistungsfähigkeit und auch kardiovaskuläre Erkrankungen sowie Stoffwechsel- und Krebserkrankungen.
Auch neurologische und psychische Erkrankungen wie die Depression werden als gesundheitliche Folgen diskutiert.
Insbesondere in der Industrie, im öffentlichen Dienst (z.B. Polizei, Feuerwehr) und im Gesundheitswesen sind Schichtdienstsysteme notwendig.
Hinzu kommen vermehrt ausgedehnte Öffnungs- und Betriebszeiten z.B. im Dienstleistungsgewerbe.
Eine Tätigkeit in Schichtarbeit geht mit einer großen Belastung für die Beschäftigten einher.
Haben Schichtarbeiter*innen ein verändertes Risiko für Erkrankungen in
diesen Bereichen im Vergleich zu Beschäftigten, die nicht in
Schichtarbeit tätig sind? Und kann z.B. durch eine Reduktion von
Nachtarbeit bzw. eines bestimmten Schichtsystems Gesundheitsprävention
betrieben werden? Kann sich überdies die Prognose von Beschäftigten mit
einem ungünstigen Risikoprofil für eine bestimmte Erkrankung z.B. durch
die Reduktion von Nachtarbeit verringern lassen? Bzw. können
Beschäftigte mit einer Vorerkrankung z.B. durch den Wechsel in ein
anders Schichtsystem eine günstigere Prognose haben? Eine neu erstellte
Leitlinie zu Nacht- und Schichtarbeit stellt erstmals die bestehende
Evidenz zu gesundheitlichen Auswirkungen von Nacht- und Schichtarbeit
zusammen und gibt Empfehlungen für die Praxis und zur
Schichtplangestaltung. Zudem wird der weitere Forschungsbedarf zur
Nacht- und Schichtarbeit verdeutlicht. Auf der 29. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) wird
die Leitlinie in einem eigenen Symposium vorgestellt.
- Die Empfehlungen der Leitlinie sollen dabei unterstützen, wenn z.B. bei einer bestehenden, chronischen Erkrankung entschieden werden soll, ob eine Tätigkeit an einem Arbeitsplatz in Schichtarbeit fortgesetzt werden kann bzw. welche anderen Optionen in solchen Situationen von Betroffenen, Arbeitsmedizinerinnen und Betriebsmedizinern herangezogen und abgewogen werden können.
So werden u.a. zur Vermeidung von Schlafstörungen (Primärprävention) im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements Unternehmen Schulungen für Schichtmitarbeiter im Umgang mit den besonderen Herausforderungen der Schichtarbeit an den Schlaf empfohlen.
Im Rahmen der Tertiärprävention sollen Mitarbeitern mit Schlafstörungen evidenzbasierte, selbstwirksame Techniken der Kognitiven Verhaltenstherapie für Ein- und Durchschlafstörungen vermittelt werden.
- Bei moderaten und schweren Insomnien mit Tagesbeeinträchtigungen sollen bis zur Remission Tagschicht oder geeignete kontinuierliche Schichten, wie z.B. Spätschicht durchgeführt werden.
- Altersbedingte Schlafstörungen bei Schichtarbeit können eine dauerhafte Aufgabe von Nachtschichtarbeit oder Schichtarbeit insgesamt erfordern.
- Weiterhin wird Mitarbeitern mit schweren schlafbezogenen Atmungsstörungen, wie z.B. der Obstruktiven Schlaf-Apnoe und begleitenden schweren Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Aufgabe der Schichtarbeit nahegelegt.
Personen mit schwerem oder schwer behandelbaren Restless-Legs-Syndrom soll aus medizinischer Sicht die Möglichkeit eingeräumt werden, in Tagschichten oder geeignete kontinuierliche Schichten zu wechseln.
- Bei seltenen Erkrankungen, wie z.B. der Narkolepsie, deuten die wissenschaftlichen Daten auf eine komplette Schichtunfähigkeit der Mitarbeiter hin.
Hintergrund:
Die neu erstellte Leitlinie zu Nacht- und Schichtarbeit ist eine Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF).
Die Langfassung ist auf der Website der AWMF abrufbar: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/002-030.html.
Die Leitlinie wurde unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM) unter Beteiligung weiterer wissenschaftlich-medizinischer Fachgesellschaften einschließlich der DGSM erstellt.
Die Leitlinie richtet sich neben Medizinern relevanter
Fachgebiete an die mit der Thematik beschäftigten Vertreterinnen und
Vertreter im Gesundheits- und Sozialwesen (z.B. Krankenkassen,
Kostenträger, Firmen), die Sozialpartner (Arbeitgeber und Arbeitnehmer)
und deren Vertretungen, alle Experten im Arbeits- und Gesundheitsschutz
und natürlich die Beschäftigten in Nacht- und Schichtarbeit selbst.
Umfassende Informationen zur neuen Leitlinie Nacht- und Schichtarbeit
werden im dazugehörigen Symposium der virtuellen DGSM-Jahrestagung
diskutiert.
Sie finden das Programm unter www.dgsm-kongress.de und können sich dort akkreditieren.
Conventus Congressmanagement
Romy Held
Carl-Pulfrich-Straße 1, 07745 Jena
Tel.: 0173/5733326
E-Mail: romy.held@conventus.de
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