Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Die „Harpune fürs Herz“
Ein neues Verfahren ermöglicht die Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz am schlagenden Herzen.
Es wurde jetzt erstmals am DHZB eingesetzt.
v.l.: PD Dr. med. Marian Kukucka (Oberarzt Kardioanästhesie) und
Prof. Dr. med. Jörg Kempfert (Leitender Oberarzt Herzchirurgie) mit
einer graphischen Darstellung des "Harpoon"-Verfahrens. Philipp Külker DHZB
Die Mitralklappe ist das Ventil zwischen linkem Herzvorhof und linker Herzkammer.
Sie besteht aus zwei Segeln und verhindert, dass Blut zurück in den Vorhof strömt, wenn die Herzkammer das Blut in den Körper pumpt.
Sehnenfäden sorgen dafür, dass die Segel nicht in den Vorhof „durchschlagen“.
Sind diese Sehnenfäden krankheitsbedingt verlängert, wird die Klappe undicht.
Man spricht dann von einer „primären
Mitralklappeninsuffizienz“, der häufigsten Erkrankung der Mitralklappe.
Durch den Ersatz der „ausgeleierten“ Sehnenfäden durch Kunststofffasern
kann die Mitralklappe wieder abgedichtet werden.
- Dieser Eingriff kann am DHZB minimalinvasiv, also über nur wenige Zentimeter lange Einschnitte, vorgenommen werden.
- Allerdings muss dazu das Herz stillgelegt und der Kreislauf mit einer Herz-Lungen-Maschine aufrechterhalten werden.
Eine Patientin, bei der diese Operation aufgrund von Vor- und
Begleiterkrankungen nicht durchgeführt werden konnte, wurde nun erstmals
mithilfe des neuen „Harpoon (Harpune)“-Systems aus den USA behandelt,
dass den Ersatz der Sehnenfäden am schlagenden Herzen ermöglicht.
Über einen kleinen Einschnitt im Brustkorb wird dabei ein wenige
Millimeter dünnes Rohr durch die linke Herzkammer bis unmittelbar an die
Segel der Mitralklappe geführt.
Durch diese „Harpune“ werden die Ersatz-Haltefäden durch die Klappensegel „geschossen“ und mithilfe spezieller Schlaufen an den Segeln fixiert.
Der Vorgang kann mehrfach
wiederholt werden.
Nun zieht die Chirurgin oder der Chirurg die „Harpune“ wieder aus dem
Herzen – ¬ die Fäden werden gestrafft und außen am Herzmuskel befestigt,
die Einstichstelle am Herzen wird vernäht.
Der gesamte Eingriff findet unter exakter Ultraschallkontrolle statt:
per Ultraschallsonde, die über die Speiseröhre bis dicht ans Herz herangeführt wird.
Für diese sogenannte intraoperative transösophageale
Echokardiographie (TEE) spezialisierte Fachärzt*innen für
Kardioanästhesie arbeiten dabei eng mit den Operateur*innen zusammen.
Ein Team um Prof. Dr. med. Jörg Kempfert (Leitender Oberarzt
Herzchirurgie) und PD Dr. med. Marian Kuckucka (Oberarzt
Kardioanästhesie) führte den ersten „Harpoon“-Einsatz am DHZB durch.
Er glückte ohne Komplikationen, die Patient*in erholte sich schnell.
„Die chirurgische Reparatur erkrankter Mitralklappen ist ein etabliertes und sehr sicheres Verfahren, das ‚Harpoon‘-System dagegen befindet sich noch im Stadium der Erprobung“, sagt Jörg Kempfert:
„Wir setzen es momentan also nur ein, wenn keine alternative Therapie einer schweren Mitralklappeninsuffizienz möglich ist – sind aber zuversichtlich, dass uns bald weitere Belege der Wirksamkeit vorliegen und wir unseren Patient*innen damit eine zusätzliche, schonende Behandlungsalternative anbieten können“.
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Christian Maier
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