Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neue Studie über nicht-invasive Vagusnervstimulation zur Behandlung von körperlichen Symptomen in Bonn bei Depression
Der Vagusnerv spielt eine zentrale Rolle bei der Kommunikation zwischen den Organsystemen des Körpers und dem Gehirn zur Steuerung des Verhaltens.
In einer gemeinsamen Studie des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und des Universitätsklinikums Tübingen soll nun die Anwendung einer nicht-invasiven transkutanen Stimulation des Vagusnervs (tVNS) zur Behandlung von körperlichen Symptomen bei Depressionen untersucht werden.
In einer früheren Studie der Universitätsklinika Bonn und Tübingen zeigte sich die tVNS bereits wirksam, um die Kopplung von Signalen des Magens mit dem Gehirn zu verstärken.
Dieser Mechanismus könnte auch in der Behandlung von Betroffenen mit Depression hilfreich sein.
In einer Studie wird am UKB die Anwendung einer nicht-invasiven transkutanen Stimulation des Vagusnervs (tVNS) mittels eines Stimulationsgeräts zur Behandlung von körperlichen Symptomen bei Depressionen untersucht. Sven Wasserthal Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Auch eine im Fachmagazin „Trends in Cognitive Sciences“ veröffentlichte Übersichtsarbeit zur Forschung vagaler Regulierung von Verhalten und Motivation legt die Wirksamkeit der Methode bei psychischen Krankheitsbildern nahe.
- Der Nervus vagus ist der größte Hirnnerv des autonomen Nervensystems (Parasympathikus) und reguliert unterbewusste Prozesse des menschlichen Organismus wie:
- Atmung,
- Verdauung
- oder Herzfrequenz und verbindet durch die Weiterleitung von körpereigenen Signalen fast alle wichtigen inneren Organe mit dem Gehirn.
Vagusnerv-Stimulation in Forschung und Praxis
Bis vor Kurzem war die Forschung zum Vagus-Input und deren klinische
Wirkung bei verschiedenen Krankheitsbildern auf die Anwendung invasiv
implementierter VNS-Geräte begrenzt, die bei Erkrankungen wie
therapieresistenten Epilepsien oder Depressionen bereits seit Jahren
eine anerkannte Therapiemethode sind.
„Die Anwendung einer invasiven
Vagusnervstimulation, die meist einer kleinen Operation zur
Implantierung eines Stimulationsgerätes bedarf, kann jedoch mit teils
schwerwiegenden Nebenwirkungen wie beispielsweise Heiserkeit, Dyspnoe,
oder Schluckstörungen einhergehen,“ so Prof. Nils Kroemer, Professor für
Medizinische Psychologie an der Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie des Universitätsklinikums Bonn (UKB), der auch an der
Universität Bonn forscht. „Deshalb ist die nicht-invasive Stimulation
des Vagusnervs als mögliche neue Therapieoptionen bei Erkrankungen wie
Adipositas, Essstörungen oder eben Depressionen immer mehr in das
Interesse der Forschung gerückt,“ führt Prof. Kroemer weiter aus, der
sich im Rahmen seiner Forschungen bereits mehrfach mit der
Vagusnervstimulation beschäftigt hat.
So veröffentlichte Prof. Kroemer kürzlich auch eine Übersichtsarbeit im
Fachmagazin „Trends in Cognitive Sciences“, die anhand des aktuellen
Forschungsstandes auch untermauern konnte, dass die tVNS bei psychischen
Erkrankungen wirksam sein könnte. Besonders innovativ ist hierbei sein
Ansatz, dass man Störungen der Motivation, wie Antriebslosigkeit bei der
Depression, durch tVNS verstärkte Signale des Körpers schneller
behandeln könnte.
- „Denn normalerweise sorgt die Aktivierung des Gehirns über den Vagusnerv dafür, dass wir uns ausreichend mit Energie versorgen und uns einprägen, wo welche Lebensmittel besonders viel Energie liefern“, sagt Prof. Kroemer.
Die Erkenntnisse der Übersichtarbeit decken sich auch mit den Ergebnissen einer früheren Studie, die Prof. Kroemer gemeinsam mit einem Team an den Universitätskliniken in Bonn und Tübingen zur Beeinflussung menschlichen Verhaltens und körperlicher Wahrnehmung durch nicht-invasive Stimulation des Vagusnervs durchgeführt hat.
In der
vorangegangenen Studie über die Anwendung einer tVNS zur Modulation der
Magen-Hirn-Kopplung zeigte sich, dass sich durch die Methode die
Kopplung von Signalen des Magens im Hirnstamm und im Mittelhirn erhöht
und zugleich die Kopplung des Magens im gesamten Gehirn durch die
Stimulation unmittelbar und schnell zugenommen hatte.
Neue Studie über tVNS zur Behandlung von körperlichen Symptomen bei Depression
Nun soll eine Studie zur Anwendung einer tVNS in der Behandlung von
körperlichen Symptomen bei Depressionen untersuchen, ob eben dieser
Mechanismus helfen kann, bestimmte Symptome einer Depression, wie
beispielsweise Veränderungen im Appetit oder Verdauungsbeschwerden,
schneller zu behandeln. Aus Basis der Studienerkenntnisse soll eine
zusätzliche Therapieoption zur Anwendung bei Depressionen entwickelt und
deren klinische Wirksamkeit untersucht werden. Die Veränderung in der
Kommunikation zwischen dem Körper und dem Gehirn gilt als wesentlicher
Faktor zur Ausbildung einer Depression. Die tVNS könnte den betroffenen
Personen dabei helfen, die Wahrnehmung der Körpersignale
wiederherzustellen oder zu verbessern.
Das wichtigste zur Studie auf einen Blick
Für die Studie werden 40 Personen mit Depressionen und 40 physisch und
psychisch gesunde Kontrollpersonen aus Bonn und Umgebung gesucht.
Während der Untersuchung wird der Nervus vagus der Teilnehmenden durch ein spezielles Stimulationsgerät aktiviert.
Insgesamt beinhaltet die Studie sechs Termine im Labor.
Eine vollständige Teilnahme umfasst die Messung der Wirkung der Vagusnervstimulation auf das Gehirn und den Magen im Vergleich zu einer Kontrollbedingung sowie eine längere Anwendungsphase der Vagusnervstimulation in zwei Intensitäten.
Als
Aufwandsentschädigung für die Teilnahme erhalten die Teilnehmenden €200
(+Gewinne für Aufgaben zur Motivation, ca. €20).
Weitere Informationen und ein Kontaktformular finden Sie unter:
https://neuromadlab.org/de/forschung/forschungsprojekte/tvns-zur-behandlung-von-...
Bei Interesse und Fragen senden Sie eine E-Mail an: MedPsyStudien@ukbonn.de
Neue Studie über nicht-invasive Vagusnervstimulation zur Behandlung von körperlichen Symptomen in Bonn bei Depression
Prof. Dr. Nils Kroemer
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Bonn
Zentrum für Psychische Gesundheit, Uniklinikum Tübingen
Tel. 0228/287-11151
E-Mail: nkroemer@uni-bonn.de
nils.kroemer@uni-tuebingen.de
Petra Sandow Universitätsklinikum Bonn
Venusberg-Campus 1
53127 Bonn
Deutschland
Nordrhein-Westfalen
Viola Röser
Telefon: +49 228 287-10469
E-Mail-Adresse: viola.roeser@ukbonn.de
Felix Heyder
Herzzentrum
Telefon: 0228 / 287-11904
E-Mail-Adresse: felix.heyder@ukbonn.de
E-Mail-Adresse: petra.sandow@ukbonn.de
Originalpublikation:
Vanessa Teckentrup, Nils B. Kroemer; Mechanisms for survival: vagal control of goal-directed behavior, Trends in Cognitive Sciences; DOI: https://doi.org/10.1016/j.tics.2023.11.001
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen