Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Mehr Antipsychotika für Kinder und Jugendliche | Neue Studie zeigt besorgniserregenden Trend
- Antipsychotika (AP) sind Medikamente, die zur Behandlung von Erkrankungen wie Schizophrenie oder bipolaren Störungen eingesetzt werden.
Obwohl das Wissen über die Sicherheit und Wirksamkeit des AP-Einsatzes bei Kindern und Jugendlichen begrenzt ist, werden AP zunehmend auch bei anderen Indikationen wie Unruhe, Angst und Schlafstörungen eingesetzt.
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Eine neue Studie am Universitätsklinikum Ulm (UKU) zeigt nun, dass der AP-Gebrauch bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat.
Der AP-Gebrauch bei Kindern und Jugendlichen hat in Deutschland in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Quelle: Universitätsklinikum Ulm
Die Studie „Trends in antipsychotic use among children and adolescents in Germany: a study using 2011–2020 nationwide outpatient claims data“ untersuchte die Verordnung von Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland von 2011 bis 2020 anhand von bundesweiten Abrechnungsdaten aus der ambulanten Versorgung.
„Wir konnten zeigen, dass Antipsychotika in diesem Zeitraum immer häufiger verschrieben wurden“, erklärt Prof. Dr. Dr. Christian Bachmann, Leiter der AG Versorgungsforschung an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psychotherapie des UKU und Erstautor der Studie.
Dabei stieg die Verwendung von typischen Antipsychotika, also AP der ersten Generation, von 1,16 pro 1.000 auf 1,35 pro 1.000 Kindern und Jugendlichen, das ist ein Anstieg um 16 Prozent.
- Die Verwendung von atypischen Antipsychotika, also modernere AP, die im Vergleich zu typischen AP weniger Bewegungsstörungen mit sich bringen, nahm von 2,35 auf 2,75 pro 1.000 zu. Dies entspricht einem Anstieg von 17 Prozent.
- Besonders stark war die Zunahme bei Mädchen.
- „Der markante Anstieg des AP-Gebrauchs bei weiblichen Jugendlichen im Alter von 15 bis 19 Jahren, der größtenteils auf eine vermehrte Verwendung des atypischen Antipsychotikums Quetiapin zurückzuführen ist, ist bemerkenswert.
Mögliche Gründe für diesen Anstieg – z.B. ein unzureichender Zugang zu psychosozialen Therapien – sollten sorgfältig analysiert werden“, betont Prof. Bachmann.
- Aktuelle Studien haben gezeigt, dass das Risiko für negative Veränderungen im Stoffwechsel und schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse selbst bei niedrigdosiertem Quetiapin-Gebrauch erhöht ist.
Aufgrund des deutlichen Anstiegs des Gebrauchs und des Mangels an Daten für diese vulnerable Gruppe empfehlen die Forschenden, die Sicherheit des Quetiapin-Gebrauchs bei Kindern und Jugendlichen weiter zu untersuchen.
Darüber hinaus könnte die
Einführung von Monitoring-Maßnahmen – z.B. restriktivere
Verschreibungsrichtlinien oder Schulungen für Verschreiber – in Betracht
gezogen werden.
„Ob der Anstieg des Antipsychotika-Gebrauchs in Deutschland nun auf eine
zunehmende Belastung durch psychische Störungen, auf einen Ausgleich
fehlender psychotherapeutischer Kapazitäten oder auf andere Gründe
zurückzuführen ist, muss in weiteren Forschungsarbeiten überprüft
werden.
Fest steht jedoch, dass insbesondere die Sicherheit des
Antipsychotika-Gebrauchs bei Kindern und Jugendlichen weiter untersucht
werden muss“, resümiert Prof. Bachmann.
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für
Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS in Bremen, dem
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Berlin und der
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg durchgeführt und in der
wissenschaftlichen Fachzeitschrift "Frontiers in Psychiatry"
veröffentlicht.
Originalpublikation:
Michael Dörks, Christian J.
Bachmann, Maike Below, Falk Hoffmann, Lena M. Paschke and Oliver
Scholle. Trends in antipsychotic use among children and adolescents in
Germany: a study using 2011–2020 nationwide outpatient claims data
DOI: https://doi.org/10.3389/fpsyt.2023.1264047
Nina Schnürer Universitätsklinikum Ulm
Albert-Einstein-Allee 29
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Deutschland
Baden-Württemberg
Telefon: 0731 500 43025
Fax: 0731 500 43026
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