Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neuer Grenzwert für Infarkt-Marker Troponin verändert Risikoeinschätzung nach Herz-OP
Innsbrucker Herzchirurgie-Team untersuchte Blutwerte von über 8.000 PatientInnen:
- Die Prognose nach einer Herz-Operation wird maßgeblich vom Biomarker Troponin bestimmt.
- Dieses Protein kann nach einem Herzinfarkt, aber auch nach einer Bypass- oder Aortenklappen-OP im Serum erhöht sein und markiert das Ausmaß geschädigter Herzmuskelzellen.
Nun belegen die Ergebnisse einer neuen Studie der Medizinischen Universität Innsbruck, dass der Grenzwert für Troponin für die Sterblichkeit bislang zu niedrig definiert war.
Der neu berechnete Wert liegt deutlich höher.
Herzoperation an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Herzchirurgie. David Bullock MedUniIbk/Bullock
Die Bestimmung und Überprüfung von Grenzwerten (Cut-offs) nimmt für Prognose und Therapieentscheidung eine zentrale Rolle ein – so auch in der Herzmedizin.
Ausgangspunkt für die kritische Überprüfung der Troponin-Grenzwerte durch ein Team der Innsbrucker Univ.-Klinik für Herzchirurgie (Direktor: Michael Grimm) war nicht zuletzt der Diskurs zwischen ExpertInnen aus Herzchirurgie und Kardiologie über die Bedeutung des Biomarkers Troponin für das 30-Tage- und das 5-Jahres-Überleben.
Der im Blut gemessene Troponin-Wert erlaubt Hinweise auf den Untergang von Herzmuskelzellen, wie er infolge eines Herzinfarkts eintritt.
Troponin kann aber auch nach einer Bypass-OP oder anderen invasiven Eingriffen am Herzen massiv erhöht sein.
„Auf der Basis bisher geltender
Grenzwerte müsste bei jedem zweiten Patienten nach einer
Bypass-Operation ein Herzinfarkt diagnostiziert werden – eine
Schlussfolgerung, die entscheidenden Einfluss auf die postoperative
Prognose und Behandlung hat“, berichtet Can Gollmann-Tepeköylü.
Erhöhte Sterblichkeit erst bei höherer Troponinausschüttung
Um die Relevanz des Troponin-Werts für das mit dem Untergang von Herzmuskelzellen zusammenhängende Sterblichkeitsrisiko realistisch beurteilen zu können, haben die Herzchirurgen Can Gollmann-Tepeköylü, Nikolaos Bonaros, Johannes Holfeld und Leo Pölzl die Troponin-Werte (sensitives kardiales Troponin T, hs-cTnT) von 8.292 PatientIn-nen, die in Innsbruck zwischen 2010 und 2020 einer Bypass-, Aortenklappen- oder einer anderen Herz-OP unterzogen worden waren, retrospektiv analysiert.
Alle Daten wurden vom Zentrallabor der Klinik Innsbruck zur Verfügung
gestellt.
In der im Fachjournal Journal of the American College of Cardiology
veröffentlichten Studie kommt das Innsbrucker Team zum Schluss, dass die
postoperativ gemessenen Troponin T-Grenzwerte zur Bestimmung des
Sterblichkeitsrisikos höher liegen als in den aktuellen Definitionen
vorgeschlagen wird.
„Der von uns neu berechnete Troponin-Wert für das 5-Jahres Überleben liegt um ein Vielfaches höher als der bislang definierte Ausgangswert.
Das bedeutet, dass derzeitige Definitionen des postoperativen Herzinfarkts schlichtweg falsch sind“, sagt Erstautor Leo Pölzl.
Die derzeitigen Definitionen zeigen keinen Zusammenhang mit dem
30-Tage Überleben, die neu berechneten jedoch schon.
Diese Ergebnisse lassen weitreichende Auswirkungen auf die Anpassung der
Leitlinien erwarten und werden auch in den Diskurs über die
Entscheidungsfindung für die Behandlung koronarer Herzerkrankungen
einfließen.
„In jedem Fall geben die Ergebnisse unserer Analyse nun mehr
Sicherheit bei der Bewertung von OP-Ergebnissen“, betont
Klinikdirek-tor Michael Grimm.
Das Team der Innsbrucker Herzchirurgie sieht zudem auch die
Notwendigkeit individualisierter Troponin-Grenzwerte.
Ziel ist es, angepasste, auf den Patienten und die Patientin zugeschnittene Cut-offs zu definieren, die sich an Kriterien wie der Herzmuskelmasse oder dem Geschlecht orientieren.
Bis zu 80 Prozent des Bypass-Kollektivs sind Männer,.
Frauen haben oft andere, diffusere Gewebsveränderungen und auch genuine Nachteile, die es bei Bypass-Operationen zu berücksichtigen gilt.
Eine Folgestudie nach Genderkriterien ist bereits in Planung.
Originalpublikation:
Association of High-Sensitivity Cardiac Troponin T With 30-Day and 5-Year Mortality After Cardiac Surgery.
https://doi.org/10.1016/j.jacc.2023.07.011
Doris Heidegger Medizinische Universität Innsbruck
Innrain 52
6020 Innsbruck
Österreich
Tirol
Doris Heidegger
E-Mail-Adresse: doris.heidegger@i-med.ac.at
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