Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Kinderwunschmedizin besser als je zuvor – aber bereits ab 35 wird es schwieriger
- Die Chance, mit Unterstützung einer Kinderwunschbehandlung schwanger zu werden, liegt pro Behandlungszyklus bei etwa 33 Prozent.
- Das ist tatsächlich sogar höher als die Quote bei einem einzelnen natürlichen Zyklus bei einem gesunden, sexuell aktiven Paar (etwa 25%).
Wenn die Paare, bei denen es im ersten Zyklus nicht geklappt hat, einen weiteren Behandlungszyklus auf sich nehmen, liegt die Schwangerschafts-Rate ebenfalls bei etwa 30%. Nach der vierten Behandlung sind drei von vier Paaren werdende Eltern. Aber bereits ab einem Patientinnenalter von 35 Jahren sinken die Erfolgsraten.
21.385 Kinder wurden in Deutschland nach einer im Jahr 2018 begonnenen Kinderwunschbehandlung geboren.
Dies ist eines der
wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Jahrbuch 2019 des
Deutschen IVF-Registers (D·I·R), das soeben veröffentlicht wurde(*).
Bessere Chancen unter 35 Jahren
- Die Statistik des D·I·R Jahrbuchs zeigt aber auch, dass bereits ab 35 Jahren die Gefahr steigt, dass nach dem Einsetzen des Embryos erst gar keine Schwangerschaft zustande kommt, oder dass die Schwangerschaft durch eine Fehlgeburt endet.
- Mit 40 Jahren liegt pro Behandlungs-Runde die Chance auf eine Schwangerschaft nur noch bei gut 20% und die Chance auf eine Geburt nur noch bei 15%.
„Die Kinderwunschmedizin in Deutschland arbeitet auf einem weltweiten
Spitzenniveau“, beschreibt Prof. Dr. med. Jan-Steffen Krüssel vom
Kinderwunschzentrum des Universitätsklinikums Düsseldorf.
„Dennoch können wir nichts daran ändern, dass bei Frauen über 35 Jahre nicht nur die Zahl der Eizellen in den Eierstöcken sinkt, so dass wir nach der hormonellen Stimulation immer weniger reife Eizellen durch eine Punktion gewinnen können.
- Es nimmt ab diesem Alter auch bereits die Chance ab, dass sich ein zunächst lebensfähiger Embryo in der Wand der Gebärmutter einnistet.
- Während bei Frauen unter 30 Jahren in etwa 4 von 10 Fällen pro Behandlungszyklus diese Einnistung erfolgreich ist, sind es bei den Frauen zwischen 35 und 40 Jahren nur noch drei von zehn, bei einer 40-jährigen Frau nur noch zwei von 10.
Das ist nicht nur von der
Fähigkeit der Gebärmutterschleimhaut abhängig, für die Eizelle eine
geeignete Umgebung zu schaffen, sondern auch von der Vitalität der
Eizelle selbst.“
- Das Hauptproblem beim Kinderwunsch mit über 35 oder über 40 ist, dass die Biologie des Menschen Schwangerschaften mit 40 und darüber im Grund genommen für nicht notwendig hält.
Bis zu diesem Alter hätte normalerweise eine Frau, die keine Verhütungsmittel verwendet, fünf, zehn oder noch mehr Kinder und wäre froh, wenn nicht noch weitere hinzukommen.
Die natürliche Fehlgeburtenrate bei Frauen mit 45 Jahren
liegt bei über 50%.
Kinderwunschbehandlung kann viele, aber nicht alle Probleme lösen
Besteht also erst in diesem Alter ein Kinderwunsch, und wird erst zu
diesem Zeitpunkt der Versuch unternommen, Eizellen für eine
Kinderwunschbehandlung zu entnehmen, so begrenzt das die Erfolgschancen
erheblich.
„Viel besser ist die Ausgangssituation, wenn die Eizellen für eine spätere Schwangerschaft schon vor dem 35. Lebensjahr entnommen und kältekonserviert wurden; hier entwickeln sich nach dem Auftauen und der Befruchtung mit einem Spermium deutlich häufiger gesunde, überlebensfähige Embryonen“, so Prof. Krüssel.
„Doch auch mit der Schwangerschaft selbst sollte die Frau nicht warten, bis sie 45 ist.
Die
Veränderungsprozesse in der Gebärmutter oder im Körper der Frau selbst
setzen uns dann oft Grenzen, die wir mit einer früheren Schwangerschaft
besser umgehen können.“
Die Krankenkassen und auch die Bundesländer übernehmen einen Teil der
Kosten für die Kinderwunschbehandlung bis zum 40. Lebensjahr der Frau,
jedenfalls dann, wenn eine Reihe von Bedingungen erfüllt ist.
„Es ist
sinnvoll“, so Krüssel, „trotzdem nicht bis zum letzten Moment abzuwarten
und zu versuchen, ob es nicht doch noch auf natürlichem Weg
funktioniert. Je früher die Beratung und die Behandlung anfangen, umso
besser können wir helfen.“
Über das Deutsche IVF-Register
Die Öffentlichkeit fordert Information und Transparenz im Hinblick auf
Diagnostik und Behandlungen auf dem sensiblen Gebiet der
Kinderwunschmedizin. Diese Forderung ist berechtigt. Nur mit einer
zuverlässigen und kontinuierlichen Auswertung der Behandlungsergebnisse
möglichst vieler Kinderwunschzentren, wie sie das Deutsche IVF-Register
leistet, kann dieser Forderung gefolgt werden. Darüber hinaus dient
diese Auswertung wissenschaftlichen Erkenntnissen und damit verbunden
Verbesserungen der medizinischen Versorgung und Ergebnisse. Aber auch
bei der Beratung und letztlich der Entscheidungsfindung der ungewollt
kinderlosen Paare sind die Auswertungen des Deutschen IVF-Registers von
elementarer Bedeutung.
Mit der Auswertung der Behandlungen und ihrer Ergebnisse aus nahezu
allen deutschen Kinderwunschzentren stellt das Deutsches IVF-Register
(D·I·R)® einen einzigartigen Datenschatz dar, der mittlerweile fast 2
Millionen Behandlungen und über 300.000 geborene Kinder in Deutschland
enthält. Das Deutsche IVF-Register (D·I·R)® ist ein gemeinnütziger
Verein.
(*): Reproduktionsmed Endokrinologie 2020;17(5), D·I·R Jahrbuch 2019, Deutsches IVF-Register e.V. (D·I·R)®, https://www.deutsches-ivf-register.de/jahrbuch.php
Originalpublikation:
J Reproduktionsmed Endokrinologie 2020;17(5), D·I·R Jahrbuch 2019, Deutsches IVF-Register e.V. (D·I·R)®, https://www.deutsches-ivf-register.de/jahrbuch.php und https://www.kup.at/journals/reproduktionsmedizin/index.html
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