Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Welche Rolle spielen die T-Zellen bei der SARS-CoV-2-Virusabwehr?
Unser Immunsystem kann Viruserkrankungen effizient abwehren.
Hierbei kommt zwei Zellarten eine wichtige Rolle zu:
Den T-Zellen, die erstens virusbefallene Zellen direkt zerstören können und zweitens die Bildung von effizienten, Virus-neutralisierenden Antikörpern durch B-Zellen ermöglichen.
Diese beiden Zelltypen spielen auch für die Abwehr der SARS-CoV-2-Infektion eine entscheidende Rolle. Während Antikörpertests bereits routinemäßig durchgeführt werden, ist über die T-Zellantwort gegen SARS-CoV-2 bislang wenig bekannt.
Der Arbeitsgruppe (AG) von Privatdozentin Dr. Juliane Walz in der
Klinischen Kooperationseinheit Translationale Immunologie (KKE) am
Universitätsklinikum Tübingen und der Abteilung für Immunologie des
Tübinger Interfakultären Instituts für Zellbiologie ist es nun gelungen,
die Zielstrukturen (T-Zell-Epitope) für eine T-Zellantwort gegen
SARS-CoV-2 zu identifizieren. Für die in der renommierten
Fachzeitschrift Nature Immunology publizierte Arbeit wurden insgesamt
mehr als 180 Probanden nach überstandener COVID-19-Erkrankung
untersucht. Die im Rahmen der Studie identifizierten T-Zell-Epitope
ermöglichten den Nachweis, dass bei 100 Prozent der Patienten nach
Infektion T-Zell-Immunantworten gegen SARS-CoV-2 erfolgt sind. Dies traf
auch auf Patienten zu, bei denen keine Antikörperantwort nachweisbar
war.
Vorerfahrungen mit zwei anderen Coronaviren - SARS-CoV-1 und MERS-CoV-2 -
sowie erste Berichte über Genesene nach durchgemachter COVID-19
Erkrankung legen nahe, dass T-Zellantworten tatsächlich eine bedeutende
Rolle auch bei der Abwehr von SARS-CoV-2 spielen, wie das bei allen
anderen Virusinfektionen der Fall ist.
Um diese T-Zellantworten
untersuchen zu können, müssen zunächst die Bestandteile des Virus,
sogenannte Epitope, identifiziert werden, die von den T-Zellen erkannt
werden können. „Diese Epitope sind nicht nur für die Untersuchung und
Diagnostik der Immunabwehr von Bedeutung, sondern können auch die
Grundlage für die Entwicklung von Impfstoffen bilden“, sagt
Forschungsgruppenleiterin Juliane Walz.
Darüber hinaus wurden im Rahmen der Studie, die durch die
Sonderfördermaßnahme COVID-19 des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung finanziert wurde, Blutproben von Personen, die vor Ausbruch
der Pandemie gesammelt wurden, und somit keinen Kontakt zu SARS-CoV-2
hatten, untersucht. Dabei zeigte sich, dass auch bei 81 Prozent der
untersuchten Spender ohne Kontakt zu SARS-CoV-2 kleine Mengen an
T-Zellen, die Virusbestandteile erkennen, nachweisbar sind.
- Diese könnte auf einen vorangegangenen Kontakt der Spender mit anderen humanen Erkältungs-Coronaviren (HCoV-OC43, HCoV-229E, HCoV-NL63 und HCoV- HKU1) zurückzuführen sein.
Eine solche kreuzreaktive T-Zell-Erkennung ist jedoch nicht
gleichzusetzen mit einer Immunität gegen SARS-CoV-2.
„Wie sich diese
kreuzreaktive T-Zell-Erkennung in 81 Prozent der Bevölkerung auf eine
Infektion mit SARS-CoV-2 sowie auf die Schwere der Erkrankung auswirkt,
werden wir in weiteren Studien prospektiv untersuchen“, kommentiert Walz
dieses Ergebnis.
Basierend auf den Erkenntnissen dieser Studie entwickelt das Team der
KKE Translationale Immunologie (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Helmut
Salih) gemeinsam mit der Immunologie (Direktor: Prof. Dr. Hans-Georg
Rammensee) aktuell eine klinische Studie, die einen Impfstoff gegen
SARS-CoV-2 untersuchen wird, welcher aus den hier identifizierten
T-Zell-Epitopen besteht.
Dass ein solcher Ansatz, der primär darauf abzielt, T-Zellantworten gegen SARS-CoV-2 zu induzieren, erfolgsversprechend sein könnte, wird durch erste „Langzeitdaten“ der AG Walz unterstützt.
In einer bisher unveröffentlichten Follow-up Untersuchung der Probanden – nun sechs Monate nach der Infektion – ließen sich immer noch starke T-Zellantworten gegen SARS-CoV-2 nachweisen, während die Antikörperantworten insbesondere gegen das so genannte Spike-Protein, über das das Virus in eine Zelle eindringen kann, bereits deutlich abgefallen waren.
Medizinische Klinik
KKE Translationale Immunologie
PD Dr. Juliane Walz
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Tel. 07071 29-88548
E-Mail presse@med.uni-tuebingen.de
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E-Mail-Adresse: presse@med.uni-tuebingen.de
Originalpublikation:
Originaltitel der Publikation:
Nelde, A., Bilich, T., Heitmann, J.S. et al. SARS-CoV-2-derived peptides
define heterologous and COVID-19-induced T cell recognition. Nat
Immunol (2020).
DOI: 10.1038/s41590-020-00808-x
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
https://www.nature.com/articles/s41590-020-00808-x. Die Publikation ist unter dieser URL abrufbar
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