Medizin am Abend Berlin Fazit: Neue Professur zielt auf Translation bei Neuropathien und Schmerzerkrankungen
Prof. Dr. Nurcan Üçeyler von der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Uniklinikums Würzburg leitet seit Juli dieses Jahres den im Rahmen einer Heisenberg-Professur neu geschaffenen Bereich „Translationale Somatosensorik“.
Im Zentrum ihres Forschungsinteresses stehen unter anderem die feinsten Fasern des peripheren Nervensystems – sowie die mit ihnen zusammenhängenden Neuropathien und Schmerzen.
Nurcan Üçeyler ist seit Juli dieses Jahres Universitätsprofessorin für Translationale Somatosensorik an der Universität Würzburg Bild: Brigitte May / Uniklinikum Würzburg
Während ihres Humanmedizin-Studiums an der Würzburger Universität war Nurcan Üçeyler (Jahrgang 1976) lange Zeit überzeugt, Internistin werden zu wollen. „Das Fach Neurologie kommt vergleichsweise spät im Studium, aber die hier behandelten Krankheitsbilder und wissenschaftlichen Themengebiete überzeugten mich“, erinnert sie sich. Dieses Interesse wurde durch ihre Erfahrungen als Ärztin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) weiter gesteigert. Auf den Beginn als Assistenzärztin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Jahr 2003 folgten 2009 die Anerkennung als Fachärztin für Neurologie und im Jahr darauf die Habilitation. Seit 2015 arbeitet sie als Oberärztin an der von Prof. Dr. Jens Volkmann geleiteten Klinik, seit dem Jahr 2017 zudem als außerplanmäßige Professorin. Als jüngster Karriereschritt wurde Nurcan Üçeyler mit Wirkung zum 2. Juli 2018 zur Universitätsprofessorin für Translationale Somatosensorik an der Universität Würzburg ernannt. Dazu hatte sie erfolgreich eine Heisenberg-Professur eingeworben
Forschungsinteresse an Small Fibers
„Die Ärztinnen und Ärzte werden an der Neurologischen Klinik und Poliklinik des UKW breit eingesetzt, man arbeitet praktisch in allen Bereichen des Fachs“, schildert Prof. Üçeyler und fährt fort: „Im Lauf der Zeit entwickeln sich individuelle Schwerpunkte – in meinem Fall die Neuropathien und neuropathischen Schmerzen.“ In der internationalen Fachwelt besonders auf sich aufmerksam machte die Neurologin im Jahr 2013 mit einer vielbeachteten Veröffentlichung zur Fibromyalgie.
Zusammen mit ihrem Forschungsteam konnte Nurcan Üçeyler zeigen, dass der Schmerzerkrankung möglicherweise eine Schädigung der „Small Fibers“ zugrundeliegt.
Als Small Fibers werden die kleinkalibrigen Nervenfasern bezeichnet, die in der Haut enden.
- Als Teil des peripheren Nervensystems sind sie zum Beispiel für das Wärme- und Kälteempfinden, für Juckreiz, aber auch das Wahrnehmen von angenehmen Berührungen zuständig.
Anders als dicke Nervenfasern sind die Small Fibers mit Routineuntersuchungen nicht zu erfassen.
„Das bedeutet, dass man klinisch und grundlagenwissenschaftlich zur Erforschung und Diagnostik der kleinen Fasern neue Werkzeuge entwickeln und etablieren muss“, sagt Prof. Üçeyler und fährt fort: „In diesem Prozess gehört die Würzburger Neurologie zu den Vorreitern. So können wir fast alle derzeit verfügbaren Diagnoseverfahren für diese Spezialaufgabe anbieten, was zumindest national ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.“ Nach ihren Angaben gibt es aber auch in diesem Teilaspekt der Translationalen Somatosensorik weitere Herausforderungen.
„Eine der Fragen ist dabei, wie man mit sehr wenig Probenmaterial, das man zum Beispiel mittels einer kleinen Hautstanze gewinnt, möglichst viele Untersuchungen durchführen kann“, beschreibt die Forscherin.
Ziel: Schmerzbilder noch besser diagnostizieren und therapieren
Generell zielt ihr Schwerpunkt darauf ab, die unterschiedlichen Formen von Neuropathien und neuropathischen Schmerzen noch besser diagnostizieren und therapieren zu können.
„Dabei ist die Fibromyalgie nur ein möglicher Ansatzpunkt, über den wir die zugrundeliegenden Mechanismen in Zukunft hoffentlich noch besser verstehen. Die in diesem Zusammenhang erarbeiteten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden möchten wir dann auch auf andere Formen von Schmerz anwenden“, erläutert die Professorin.
Forschungsthemen aus der klinischen Praxis abgeleitet
Seit der Anerkennung der Heisenberg-Professur teilt sie ihre Arbeitszeit etwa hälftig zwischen der klinischen Tätigkeit als Oberärztin und ihren Forschungsthemen auf.
Dabei ist der Kontakt mit den Patienten auch für ihre wissenschaftliche Arbeit essentiell. „Wir leiten unsere Forschungsfragen direkt aus der klinischen Praxis ab und versuchen dann mit grundlagenwissenschaftlichen Techniken, tierexperimentellen Ansätzen und klinischen Studien Antworten zu finden, mit denen wir den Patienten weiterhelfen können“, unterstreicht Nurcan Üçeyler.
Ihr Spezialwissen gibt sie weiterhin nicht nur bei ihrer oberärztlichen Tätigkeit an der Neurologischen Klinik bei der Weiterbildung angehender Neurologinnen und Neurologen gerne weiter, sondern auch im Rahmen des Lehranteils ihrer Professur – in Form von Vorlesungen, Kursen und Seminaren.
Über die Heisenberg-Professur
Unter den vielen Förderinstrumenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für den wissenschaftlichen Nachwuchs steht die Heisenberg-Professur ganz oben. Sie eröffnet herausragenden jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Aussicht auf eine unbefristete Professur und den Hochschulen neue Wege der wissenschaftlichen Profilbildung. Grundprinzip der Förderung ist, dass die DFG fünf Jahre lang eine Professur anfinanziert, die dann in eine reguläre Professur übergehen soll. Die Vergabe der Professuren durch die DFG erfolgt nach strengen wissenschaftlichen Qualitätskriterien, vergleichbar dem Prozess einer Berufung. Wer hier erfolgreich sein will, muss zusätzlich zu seiner besonderen Qualifikation und seinen bisherigen Tätigkeiten ein ambitioniertes Forschungskonzept entwerfen und überzeugend darstellen.
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