Medizin am Abend Berlin Fazit: IgA-Nephropathie: Erhöhtes Risiko für schwere Infektionen unter oraler Steroidtherapie
Am 1. August ist im internationalen Fachjournal JAMA eine randomisierte, placebokontrollierte Studie [1] zur oralen Steroidtherapie (Methylprednisolon) der IgA-Nephropathie erschienen (TESTING-Studie).
Im Ergebnis zeigte sich zwar ein Vorteil der Therapie im Hinblick auf die Erreichung des primären Endpunkts, die Behandlung erhöhte aber signifikant das Risiko für schwere Nebenwirkungen, insbesondere für schwerwiegende Infektionen.
Zwei Patienten verstarben sogar, so dass die Studie aus Sicherheitsbedenken abgebrochen wurde.
- Die IgAN ist bei Erwachsenen vor dem 50. Lebensjahr die häufigste Ursache, die eine Nierentransplantation notwendig macht.
- Seit über 50 Jahren wird eine entzündungshemmende, immunsuppressive Therapie eingesetzt, u.a. Kortikosteroide, Immunsuppressiva oder Zytostatika.
Die jüngst publizierte Arbeit untersuchte den Einsatz einer oralen Steroidtherapie (Methylprednisolon in einer Dosis von 0,6-0,8 mg/kg/Tag; Maximaldosis 48 mg/Tag).
262 Patienten (mittleres Alter 38,6 Jahre,
eGFR von 59,4 mL/min/1.73m2; Proteinausscheidung im Urin betrug 2,4
g/Tag) wurden randomisiert und erhielten entweder Methylprednisolon oder
Placebo. Das Follow-up betrug im Median 2,1 Jahre.
Der zusammengesetzte
primäre Endpunkt umfasste „Erreichen der Dialysepflichtigkeit“, „Tod
wegen Nierenversagens“ oder „40%iger Abfall der Nierenfunktion“ und
wurde von 20 Patienten aus der Placebogruppe, aber nur von acht
Patienten aus der Verumgruppe erreicht.
„Dieser Therapieerfolg hatte
allerdings seinen Preis“, erklärt Professor Dr. Jürgen Floege, Aachen,
Ko-Autor der Studie und Past-Präsident der DGfN, „denn das Risiko
schwerwiegender Nebenwirkungen war unter der oralen Therapie mit
Methylprednisolon signifikant höher. Es ist also Vorsicht geboten.
Unverändert liegt der Schwerpunkt der Therapie auf supportiven
Maßnahmen, die leider in der TESTING-Studie nicht voll ausgeschöpft
wurden.“
Schwerwiegende Nebenwirkungen, darunter vor allem schwere Infektionen, traten bei 20 Patienten (14,7%) in der Methylprednisolon-Gruppe auf, aber nur bei vier Patienten (3,2%) in der Placebogruppe (p= 0.001).
Schwerwiegende Nebenwirkungen, darunter vor allem schwere Infektionen, traten bei 20 Patienten (14,7%) in der Methylprednisolon-Gruppe auf, aber nur bei vier Patienten (3,2%) in der Placebogruppe (p= 0.001).
Laut
Studiendesign sollten 750 Patienten in die Studie rekrutiert werden,
aus Sicherheitsgründen wurde die Studie jedoch vorzeitig abgebrochen.
„Derzeit sieht es so aus, als ob wir unseren Patienten mit dieser Therapie potenziell mehr schaden als nutzen“, so Floege. „Die höhere Wirksamkeit geht offensichtlich zu Lasten der Sicherheit“.
[1] Lv J; Zhang H; Wong mH et al. Effect of Oral Methylprednisolone on Clinical Outcomes in Patients With IgA Nephropathy
The TESTING Randomized Clinical Trial. JAMA 2017. Epub Aug 1.
„Derzeit sieht es so aus, als ob wir unseren Patienten mit dieser Therapie potenziell mehr schaden als nutzen“, so Floege. „Die höhere Wirksamkeit geht offensichtlich zu Lasten der Sicherheit“.
[1] Lv J; Zhang H; Wong mH et al. Effect of Oral Methylprednisolone on Clinical Outcomes in Patients With IgA Nephropathy
The TESTING Randomized Clinical Trial. JAMA 2017. Epub Aug 1.
Hintergrundinformationen zur IgA-Nephropathie
Die IgA-Nephropathie (IgAN) ist die häufigste der idiopathischen
Glomerulonephritiden.
Diese stellen in Europa nach der diabetischen und
hypertensiven Nephropathie die dritthäufigste definierte Ursache einer
terminalen Niereninsuffizienz dar.
- Eine „Glomerulonephritis“ ist eine Nierenentzündung, die vorwiegend die Nierenkörperchen („Glomeruli“) betrifft.
Die Glomeruli sind die eigentlichen Filtereinheiten der Niere.
Bei einer entzündlichen Schädigung sind sie nicht mehr in der Lage, wichtige Blutbestandteile wie Albumin (Eiweiß) bzw. ganze Blutzellen wie Erythrozyten zurückzuhalten, es kommt zur Proteinurie, ggf. zur (Mikro)-Hämaturie.
- Die gestörte Urinproduktion führt zum Ungleichgewicht von Salz und Wasser im Körper, häufig kommt es daher zu Ödemen.
Im
Gegensatz zur Nierenbeckenentzündung, die bakteriell verursacht wird,
haben Glomerulonephritiden immunologische Ursachen, das weiß man heute,
wenn auch die Einzelheiten der Pathomechanismen an manchen Punkten noch
nicht vollständig geklärt sind.
- Das macht die Therapie nicht einfach, Antibiotika helfen hier im Gegensatz zu anderen, bakteriellen Entzündungen nicht.
Bei der IgAN werden aus unbekannten Gründen Immunkomplexe, die IgA enthalten, im Glomerulum abgelagert.
Diese Ablagerungen führen zu einer
komplexen Entzündungsreaktion mit Einwanderung von Granulozyten und
Proliferation von Mesangium-Zellen.
Männer sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Frauen.
Ca. 20% der Patienten entwickeln innerhalb von
10-20 Jahren ein dialysepflichtiges terminales Nierenversagen.
Risikofaktoren für einen solchen progredienten Verlauf sind
Bluthochdruck, ausgeprägte Proteinurie, männliches Geschlecht, und
Nikotinkonsum.
In Europa beträgt der Anteil der IgAN an der Gesamtzahl
der Glomerulonephritiden ca. 30%, im asiatischen Raum ist der Anteil
deutlich höher, in den USA möglicherweise geringer.
Solche
Populations-Unterschiede sprechen immer für eine genetische
Prädisposition.
- Da die Erkrankung schmerzlos und in der Regel auch symptomfrei ist, wird sie in vielen Fällen nur zufällig oder gar erst im Stadium der fortgeschrittenen Niereninsuffizienz entdeckt.
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Dr. Bettina Albers Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN)
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