Medizin am Abend Fazit: Alzheimer-Risiko beeinträchtigt „Navi“ des Gehirns
Junge Erwachsene mit genetisch erhöhtem Alzheimer-Risiko haben veränderte Aktivierungsmuster in einer Hirnregion, die wichtig für die räumliche Navigation ist. Das berichtet das Team um Prof. Dr. Nikolai Axmacher von der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit Kollegen der Universitäten in Bonn, Nimwegen und Ulm in der Fachzeitschrift „Science“, die am 23. Oktober erschien.
Entorhinaler Kortex früh von Alzheimer-Krankheit betroffen
- Alzheimer-Patienten leiden an starkem Gedächtnisverlust und an Desorientiertheit.
- Mit als Erstes von der Krankheit betroffen ist eine Hirnregion, die für die Navigation erforderlich ist.
Dieses Hirnareal, der sogenannte entorhinale Kortex, enthält Zellen, die in einem räumlichen Gittermuster feuern, die „grid cells“. Das ergaben Tierstudien. 2010 zeigte Christian Doeller, heute an der Radboud-Universität in Nimwegen, dass das „grid cell“-System bei Menschen mittels funktioneller Magnetresonanztomografie indirekt erfasst werden kann, wenn Probanden in einer virtuellen Umgebung navigieren.
Gittermuster im entorhinalen Kortex bei Risikoträgern verändert
Diese Methode wandte Nikolai Axmacher an, zusammen mit seinem Doktoranden Lukas Kunz, Christian Doeller und weiteren Kollegen aus Bonn, Nimwegen und Ulm. Das Team untersuchte das „grid cell“-System im entorhinalen Kortex von jungen Studierenden mit und ohne Alzheimer-Risikogen.
- „Die Risikoträger zeigten ein weniger stabiles Gittermuster im entorhinalen Kortex – und das Jahrzehnte, bevor bei ihnen möglicherweise die Alzheimer-Demenz auftreten könnte“, sagt Lukas Kunz, der das Experiment am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Bonn durchführte.
Darüber hinaus bewegten sich die Risikoträger weniger häufig in der Mitte der virtuellen Landschaft, was auf eine veränderte Navigationsstrategie hindeutet.
Die Hirnaktivität im Gedächtnissystem war bei der Risikogruppe insgesamt erhöht. Das könnte als kurzfristige Kompensation der verminderten Gittermuster dienen, aber langfristig zur Entwicklung der Alzheimer-Demenz beitragen, so die Forscher.
Ausprägung des APOE-Gens ist ein Risikofaktor
- Zurzeit ist es kaum möglich, die Alzheimer-Demenz zu behandeln. Ein potenzieller Grund: Medikamente werden erst dann gegeben, wenn bereits große Teile des Gehirns zerstört sind.
Ziel ist es daher, die Alzheimer-Demenz früher zu erkennen und frühe Krankheitsstadien besser zu verstehen. Das APOE-Gen scheint eine wichtige Rolle bei der Krankheit zu spielen.
Einer von sechs Menschen weist eine Risikovariante auf und hat damit ein dreifach erhöhtes Alzheimer-Risiko.
- Die Untersuchung von jungen Erwachsenen mit einer Risikoausprägung des APOE-Gens eröffnet daher potenzielle Einblicke in sehr frühe Stadien der Erkrankung.
Besseres Verständnis früher Veränderungen bei der Alzheimer-Demenz
„Unsere Studie trägt entscheidend zu einem besseren Verständnis früher Veränderungen der Alzheimer-Demenz bei“, so Axmacher.
„Jetzt muss
überprüft werden, ob ähnliche Veränderungen auch bei älteren Menschen im
Frühstadium der Alzheimer-Demenz auftreten und ob sie sich durch
Medikamente beeinflussen lassen.“
Titelaufnahme
Kunz et al. (2015): Reduced grid-cell-like representations in adults at genetic risk for Alzheimer’s Disease, Science, DOI: 10.1126/science.aac8128
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
Prof. Dr. Nikolai Axmacher
Abteilung NeuropsychologieTitelaufnahme
Kunz et al. (2015): Reduced grid-cell-like representations in adults at genetic risk for Alzheimer’s Disease, Science, DOI: 10.1126/science.aac8128
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
Prof. Dr. Nikolai Axmacher
Institut für Kognitive Neurowissenschaft
Ruhr-Universität Bochum
44780 Bochum
Tel. 0234/32-22674
E-Mail: nikolai.axmacher@rub.de
Dr. Julia Weiler Ruhr-Universität Bochum
Neuropsychologie an der RUB
http://www.ruhr-uni-bochum.de/neuropsy
Labor von Christian Doeller in Nimwegen
http://www.doellerlab.com
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