Medizin am Abend Fazit: Studie: Sinkender Hormonspiegel selten für Beschwerden in den Wechseljahren verantwortlich
Die Wechseljahre der Frau gelten als Ursache zahlreicher körperlicher und psychischer Beschwerden, gegen die in vielen Fällen eine Hormontherapie verschrieben wird. Ein Forscherteam des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden unter der Leitung von Prof. Kerstin Weidner hat nun herausgefunden, dass lediglich Hitzewallungen typisch für die hormonellen Umstellungen vor und nach der Menopause sind. Sie fordern deshalb, den Einsatz der Hormontherapie kritischer und individualisierter zu gestalten und Wechseljahre nicht als Krankheit zu verallgemeinern. Detaillierte Ergebnisse stellt Prof. Weidner beim Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Berlin vor.
Prof. Dr. med. Kerstin Weidner, Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Dresden.
Foto: Uniklinikum Dresden / Christoph Reichelt
In einer umfangreichen Studie ist ein Team um Prof. Kerstin Weidner, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, der Frage nachgegangen, welche Beschwerden tatsächlich auf die hormonellen Veränderungen in den Jahren vor und nach der Menopause zurückzuführen sind. Die Liste der körperlichen und psychischen Beschwerden, die mit den Wechseljahren in Verbindung gebracht werden, ist lang: Sie reicht von Hitzewallungen, Muskel- und Gelenkschmerzen über Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Ängstlich- und Vergesslichkeit bis zur Trockenheit der Scheide und zum Nachlassen sexueller Lust. „Diese Symptome werden mit dem sinkenden Östrogenspiegel erklärt und deshalb häufig mit einer Hormontherapie behandelt, die aber zu unerwünschten Nebenwirkungen – etwa einem höheren Brustkrebsrisiko – führen kann“, sagt Prof. Weidner.
Die Forscher des Uniklinikums Dresden befragten deshalb 2014 rund 1.400 Frauen im Alter von 14 bis 95 Jahren und rund 1.200 Männer. Die Ergebnisse zeigen: Körperliche Beschwerden nehmen sowohl bei Frauen als auch bei Männern mit steigendem Alter zu. Als typisch für die Wechseljahre stellten sich bei den Frauen lediglich Hitzewallungen und Schweißausbrüche heraus. Die Scheidentrockenheit häuft sich ab 60. Lebensjahr und ist als Alterungsprozess zu verstehen. Alterstypische Zusammenhänge bei psychischen Symptomen wie Depressionen, Reizbarkeit, Ängstlichkeit oder Erschöpfung konnten die Forscher nicht feststellen. Für die psychische Gesundheit sind vielmehr der Bildungsabschluss, das Einkommen, die Partnerschaft und Berufstätigkeit bedeutend sowie der Glaube, die persönliche Situation selbst gestalten zu können.
„Eine allgemeine Deutung dieses Lebensabschnitts als krankhaft und eine vorschnelle Zuschreibung der Symptome ist nach den Ergebnissen der Studie nicht haltbar“, erklärt Prof. Weidner. Insgesamt gab sogar rund die Hälfte der befragten Frauen zwischen 45 und 59 Jahren sogar an, gar keine Beschwerden zu haben. Für den Einsatz der Hormontherapie sieht Prof. Weidner klare Grenzen:
„Nur bei schweren Beeinträchtigungen, gegen die Verhaltensänderungen nicht helfen – zum Beispiel das Tragen von Schichtenkleidung bei Hitzewallungen –, ist eine zeitlich begrenzte Hormontherapie gerechtfertigt.
Letztendlich handelt es sich bei den Wechseljahren im psychosomatischen Sinne um eine typische Schwellensituation mit körperlichen, psychischen und sozialen Veränderungen und der Notwendigkeit einer individualisierten Therapie.“
Medizin am Abend DirektKontakt
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie
Direktorin: Prof. Dr. med. Kerstin Weidner
Tel. 0351/ 4 58 70 89
E-Mail: kerstin.weidner@uniklinikum-dresden.de
www.uniklinikum-dresden.de/pso
Holger Ostermeyer Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
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