Medizin am Abend Berlin Fazit: Monsanto: Übernahme für Bayer „große Herausforderung“
Lars Schweizer, Professor für BWL und Management an der
Goethe-Universität Frankfurt, bezeichnet die geplante Übernahme von
Monsanto durch den deutschen Pharmariesen Bayer als große
Herausforderung. Neben der kulturellen Differenz und der strategischen
Neupositionierung von Bayer, die durch die Übernahme nötig werde, weist
Schweizer insbesondere darauf hin, dass es sich um eine im Ursprung
feindliche Übernahme handelt.
„Das bedeutet, dass Bayer sich Monsanto bislang nur von außen
anschauen konnte.
Man kennt die Interna und genauen Zahlen des Konzerns
gar nicht, sondern hat einfach ein Angebot auf Basis des Marktpreises
gemacht.“
Ob dieser Preis tatsächlich gerechtfertigt ist, werde sich für
Bayer erst nach und nach herausstellen.
Im Durchschnitt scheitere rund
die Hälfte aller Übernahmen (siehe Interview mit Lars Schweizer von
Dezember 2015:
www.wiwi.uni-frankfurt.de/forschung/forschung-aktuell/details/article/machen-und-ausbaden.html).
Mit Blick auf
die kulturelle Distanz verweist Lars Schweizer auf das
Beispiel Daimler-Chrysler.
„Die kulturellen Unterschiede zwischen
Deutschland und den USA sollte man nicht unterschätzen.“
Der zunächst
als „Hochzeit im Himmel“ gepriesene Zusammenschluss des deutschen
Autobauers Daimler mit dem US-Konzern Chrysler im Jahr 1998 wurde 2007
wieder rückgängig gemacht, nachdem sich die gesteckten Ziele nicht
realisieren ließen und beide Unternehmensteile mehrere zig Milliarden
Euro an Wert verloren hatten.
Darüber hinaus weist Schweizer darauf hin, dass die Übernahme von
Monsanto die Gewichte im Bayer-Konzern verschieben und somit eine
strategische Neupositionierung nötig machen werde.
„Bei einer solchen
Neuausrichtung ist immer die Frage, ob die Mitarbeiter und Kunden
mitziehen.“
Der eher schlechte Ruf von Monsanto und insbesondere dessen
umstrittenes Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat seien dabei sicherlich
nicht sonderlich hilfreich.
- Hinzu komme der beträchtliche Kaufbetrag, den Bayer erst einmal
finanzieren müsse.
Schweizer betont in dem Zusammenhang, dass diesem
Betrag keine sorgfältige Buchprüfung zugrunde liegt, sondern letztlich
allein der Marktwert des US-Konzerns.
„Eine Übernahme, die auf ein
feindliches Angebot zurückgeht, birgt damit immer ein noch größeres
Risiko, als es Fusionen ohnehin darstellen.“
Insgesamt sei die geplante
Übernahme von Monsanto somit eine enorme Herausforderung für den
Leverkusener Konzern, deren Erfolg oder Misserfolg sich erst nach Jahren
angemessen beurteilen lasse.
Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der
europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 mit privaten Mitteln
überwiegend jüdischer Stifter gegründet, hat sie seitdem
Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts-
und Wirtschaftswissenschaften, Medizin, Quantenphysik, Hirnforschung und
Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren
historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein hohes Maß an
Selbstverantwortung. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten
und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern
in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geistes- und
Sozialwissenschaften. Zusammen mit der Technischen Universität Darmstadt
und der Universität Mainz ist sie Partner der länderübergreifenden
strategischen Universitätsallianz Rhein-Main.
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Europäische Glyphosatbewertung erfolgte qualitätsgesichert und unabhängig
ECHA und EFSA bestätigen bei der Anhörung zu Glyphosat im
Europaparlament die korrekte Vorgehensweise bei der europäischen
Glyphosat-Bewertung
Am 11. Oktober 2017 fand im Europäischen Parlament in Brüssel zum
Thema „Monsanto Papers und Glyphosat“ eine gemeinsame Anhörung des
Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie des
Ausschusses für Umwelt, öffentliche Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit statt. Expertinnen und Experten beteiligter
europäischer Behörden, wie beispielsweise der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA), und auch Vertreter von
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oder Universitäten diskutierten
sowohl über das Ergebnis als auch das Verfahren zur Genehmigung des
Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat.
Nach Konsultation mit jedem
einzelnen EU-Mitgliedsstaat und öffentlichen Anhörungen ist die
EU-Risikobewertung zur erneuten Wirkstoffgenehmigung von Glyphosat durch
die EFSA und anschließend die EU-Gefahrenbewertung zur Einstufung und
Kennzeichnung durch die Europäische Agentur für Chemikaliensicherheit
(ECHA) abgeschlossen worden.
Sämtliche Bewertungsbehörden europa- und
weltweit, denen die Originaldaten der Antragsteller vorlagen, kommen
nach eigener Bewertung mittels etablierter international anerkannter
toxikologischer Standardverfahren zu dem Schluss, dass Glyphosat nach
derzeitigem Stand des Wissens nicht - wie von der Internationalen
Agentur für Krebsforschung (IARC) vorgeschlagen - als „wahrscheinlich
krebserregend für den Menschen“ einzustufen ist.
„Angesichts dieser
einheitlichen Bewertung der Fachbehörden weltweit liegt eine
wissenschaftlich fundierte Basis für die Entscheidung über die
Wiedergenehmigung von Glyphosat durch die Politik vor“, sagt
BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel.
„Die in der
Öffentlichkeit geführte Diskussion bezieht sich zumeist nicht auf das
Ergebnis der wissenschaftlichen Bewertung,
sondern auf Verfahrensfragen.
Das BfR fordert schon seit langem eine Erhöhung der Transparenz bei den
Originaldaten, damit die europäische Bewertung umfassend nachvollzogen
werden kann“, ergänzt Hensel.
Das BfR hatte dem Ausschuss des EU-Parlaments für Landwirtschaft und
ländliche Entwicklung (AGRI) angeboten, an der öffentlichen Anhörung des
EU-Parlaments teilzunehmen, sollte dafür eine besondere Notwendigkeit
vorliegen.
Integraler Bestandteil der Neubewertung war die Risikobewertung des
Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat.
Diese ist nach Konsultationen
mit allen 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, der EFSA und der
Europäischen Agentur für Chemikaliensicherheit (ECHA) abgeschlossen
worden.
Jede einzelne Bewertungsbehörde europa- und weltweit, der die
Originaldaten der Antragsteller vorlag, kam nach eigener Bewertung
mittels etablierter international anerkannter toxikologischer
Standardverfahren ebenfalls zu dem Schluss, dass Glyphosat nach
derzeitigem Stand des Wissens nicht als krebserregend einzustufen ist.
Nach Veröffentlichung des IARC-Berichtes hat das BfR als
Berichterstatter erneut auch die zusätzlichen Publikationen, die
Grundlage für die IARC-Bewertung waren, geprüft.
Teilnehmer der Anhörung im EU-Parlament war auch der NGO-Berater
Christopher Portier, der in der Anhörung behauptet hat, dass nur das BfR
die Originaldaten bewertet habe. Dies ist nicht zutreffend.
Berichterstattender Mitgliedsstaat war die Bundesrepublik Deutschland.
EFSA und ECHA haben klargestellt, dass sie und ihre unabhängigen
Expertengremien zusätzlich zur BfR-Bewertung und den Kommentierungen der
Mitgliedsstaaten auch die Originaldaten zur Verfügung hatten. Portier
hatte sich auch im Mai 2017 in einem Offenen Brief an den
Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker gewandt. Darin behauptete er,
dass Tumorbefunde in Tierstudien angeblich bei der europäischen
Risikobewertung nicht berücksichtigt worden seien. Dies wurde durch die
EFSA mit ausdrücklichem Bezug auf die Originaldaten in den
entsprechenden Studien mittlerweile widerlegt. Alle genannten
Originalstudien sind entsprechend ihrer Verlässlichkeit und Relevanz in
den Bewertungen der europäischen Behörden berücksichtigt und gemäß der
abgestimmten wissenschaftlichen Prinzipien und der geltenden technischen
Leitfäden der EU bewertet worden.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigte in
der heutigen Anhörung erneut, dass das BfR keineswegs, wie im Falle von
Glyphosat von vereinzelten Kreisen behauptet, die Sicht der
Antragsteller und deren Interpretation entsprechender Studien unkritisch
und ungeprüft übernommen habe.
Bei der Erstellung des Renewal
Assessment Report (RAR) ist es auch üblich, dass der berichterstattende
Mitgliedsstaat Texte aus Originalstudien und Studienzusammenfassungen
der Antragsteller nach kritischer Überprüfung integrieren kann, wenn er
diesen zustimmt.
http://audiovisual.europarl.europa.eu/Assetdetail.aspx?id=1d326827-91e9-4234-b0b...
-
Deutschland wurde für das europäische Genehmigungsverfahren von
Glyphosat als Berichterstatter beauftragt.
Dabei hat nicht nur das BfR
die Bewertung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffes Glyphosat vorgenommen.
Vielmehr haben auch die anderen deutschen Behörden Julius-Kühn-Institut
(JKI), Umweltbundesamt (UBA) sowie das Bundesamt für Verbraucherschutz
und Lebensmittelsicherheit (BVL) ihre Zuarbeiten für den Renewal
Assessment Report auf Basis des Dossiers der Antragsteller erstellt.
Dieser RAR einschließlich seiner Addenda wurde der EFSA als
koordinierende Behörde für die nachfolgenden Verfahrensschritte zur
Verfügung gestellt.
Sämtliche Arbeitsbereiche des BfR - Wissenschaft, Bewertung,
Kommunikation und Verwaltung - sind seit 2010 gemäß der Qualitätsnorm
DIN EN ISO 9001 zertifiziert. Seit 2010 sind außerdem die
Arbeitsbereiche Wissenschaft, Bewertung und Verwaltung vom TÜV Nord
gemäß DIN EN ISO 9001:2008 zertifiziert. Mit den Zertifikaten
dokumentiert das BfR international seine besonders hohen
wissenschaftlichen Qualitätsstandards und zeigt, dass die bedeutende
Aufgabe des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ernst genommen wird.
Haltlose Vorwürfe gegen wissenschaftliche Bewertungsbehörden
Deutschland hat für das europäische Genehmigungsverfahren von
Glyphosat als Berichterstatter in seinem Bericht sowohl die gesetzlich
vorgeschriebenen Studien der Antragsteller als auch alle weiteren
relevanten und verfügbaren Studien sorgfältig gemäß den gesetzlich
etablierten Verfahren geprüft und bewertet. Es ist dabei üblich und
anerkannt, dass die Bewertungsbehörden nach kritischer Prüfung der
Originalstudien auch Passagen aus eingereichten Dokumenten in ihre
Bewertungsberichte integrieren. Auch Teile des Bewertungsberichtes
Deutschlands enthalten deshalb derartige Textteile aus
Studienbeschreibungen und öffentlich zugänglicher Literatur, die von den
Antragstellern als Teil der gesetzlich geforderten Dossiers eingereicht
werden mussten. Diese allgemeine, national und international übliche
und anerkannte Vorgehensweise, die nicht nur bei Pflanzenschutzmitteln
sondern auch bei Arzneimitteln, Bioziden und Chemikalien etabliert ist,
wurde aktuell im Falle von Glyphosat vereinzelt kritisiert. „Wir
respektieren und schätzen die Aufgabe von Vereinen, Organisationen und
Medien, die Arbeit der wissenschaftlichen Behörden kritisch zu
hinterfragen. Dies ist ein wichtiges Element eines demokratischen
Systems“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Man tut
aber dem öffentlichen Diskurs keinen Gefallen, wenn Wissenschaft
diskreditiert wird und dies auf Unkenntnis der gesetzlichen nationalen
und internationalen Verfahren beruht. In einigen Kreisen wird eine
wissenschaftliche Bewertung nur noch akzeptiert, wenn die Erkenntnisse
die eigene Agenda stützen. Genau deshalb hat man das BfR als unabhängige
und unparteiische Institution für die wissenschaftliche Politikberatung
gegründet.“ Auch die wiederholt vorgebrachte Forderung, dass
Bewertungsbehörden eigene Experimente durchführen sollten, ist in den
gesetzlich vorgeschriebenen Abläufen nicht vorgesehen.
Das BfR hat seine Bewertung von Glyphosat entsprechend der gesetzlichen
Vorgaben durchgeführt. Ebenso haben die anderen deutschen Behörden
Julius-Kühn-Institut (JKI), Umweltbundesamt (UBA) sowie das Bundesamt
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ihre Zuarbeit für
den Renewal Assessment Report (RAR) auf Basis des Dossiers der
Antragsteller erstellt. Dieser RAR wurde der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA) als koordinierender Behörde für die
nachfolgenden Verfahrensschritte zur Verfügung gestellt. Das Verfahren
der EU-Wirkstoffprüfung sieht vor, dass der RAR nach einer öffentlichen
Konsultation und fachlichen Prüfung von jedem einzelnen
EU-Mitgliedsstaat geprüft, überarbeitet, gemeinsam diskutiert und von
der EFSA verabschiedet und veröffentlicht wird. Dieses Verfahren wurde
in der EU auch für alle anderen mehr als 450 bislang genehmigten
Pflanzenschutzmittelwirkstoffe gleichartig praktiziert.
Alleiniges Kriterium für die Berücksichtigung von Studienergebnissen ist
die wissenschaftliche Qualität und Evidenz der Studien. Mögliche
Interessen der Auftraggeber, der Politik oder anderer Interessengruppen
können und dürfen bei einer wissenschaftlichen Bewertung keine Rolle
spielen. Die fachliche Auseinandersetzung mit Quellen, die von den
Antragstellern der Industrie (Glyphosat Taskforce) vorgelegt wurden,
gehört somit zum gesetzlich vorgeschriebenen Bewertungsprozess.
In den gesetzlichen Verfahren zur gesundheitlichen Bewertung von
Pflanzenschutzmitteln, Biozidprodukten, Arzneimitteln und zahlreichen
anderen Chemikalien ist es vorgeschrieben, dass ein Hersteller auf
eigene Kosten ein definiertes Spektrum an experimentellen Prüfungen
durchführen muss. Neben diesen Studien ist den Bewertungsbehörden auch
ein zusammenfassendes Dossier vorzulegen. Dabei sind neben
Prüfvorschriften (z.B. der Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD) und Qualitätssicherungen (z.B.
Gute Laborpraxis, GLP) auch etablierte, international anerkannte
toxikologische Standardverfahren zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind
frei zugängliche wissenschaftliche Veröffentlichungen in die
Bewertungsberichte der Behörden aufzunehmen und darzustellen. Die
Bewertungsbehörden führen gemäß den gesetzlich vorgeschriebenen Abläufen
keine eigenen Experimente durch.Das BfR hat keineswegs, wie im Falle
von Glyphosat von vereinzelten Kreisen behauptet, die Sicht der
Antragsteller und deren Interpretation entsprechender Studien unkritisch
und ungeprüft übernommen.
Sämtliche Bewertungsbehörden europa- und weltweit, denen die
Originaldaten vorlagen, kommen nach eigener Bewertung mittels
etablierter international anerkannter toxikologischer Standardverfahren
ebenfalls zu dem Schluss, dass Glyphosat nach derzeitigem Stand des
Wissens nicht als krebserregend einzustufen ist.
Dazu gehören:
- die Europäische Behörde für Lebensmittelsichert (EFSA) sowie die
Expertinnen und Experten der Risikobewertungsbehörden der
EU-Mitgliedstaaten
- die US-amerikanische Umweltbehörde EPA
- die kanadische Bewertungsbehörde Pest Management Regulatory Agency (PMRA)
- die australische Bewertungsbehörde Australian Pesticides and Veterinary Medicines Authority (APVMA)
- die japanische Food Safety Commission
- die neuseeländische Umweltbehörde EPA
- das Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues (JMPR) und
- die Europäische Chemikalienagentur (ECHA)
Studie zum Gewürztraminer: Glyphosat zur Unkrautbekämpfung hat Folgen für den Most
Schlechte Nachrichten für Weinbauern, die Glyphosat verwenden: Das
Unkrautvertilgungsmittel kann sich negativ auf die Qualität des Mosts
auswirken. Zu diesem Schluss sind Forscher der Fakultät für
Naturwissenschaften und Technik der Freien Universität Bozen gekommen,
die die Vergärung von Gewürztraminer-Trauben studiert haben.
Bis dato haben wissenschaftliche Untersuchungen der Auswirkungen von
Glyphosat auf die Vergärung von Trauben gefehlt. Diese Lücke schließt
nun eine Bozner Forschergruppe um Matteo Scampicchio, Professor für
Lebensmitteltechnologie, und die Agrarchemiker Professor Stefano Cesco
sowie Tanja Mimmo, von der die Idee zur Studie stammt und die sich um
deren Umsetzung im Feld gekümmert hat. Im Rahmen der Untersuchung wurden
vier Gewürztraminer-Rebzeilen ausgesucht, die unterschiedlich behandelt
wurden. Bei einer ersten wurde Glyphosat verwendet, bei einer zweiten
Glyphosat in Kombination mit Harnstoff, eine dritte wurde nur mit
Harnstoff behandelt, während eine vierte als Kontrollgruppe diente und
keiner Behandlung mit irgendeinem Pflanzenschutzmittel ausgesetzt wurde.
Die von den Rebzeilen stammenden Trauben wurden getrennt gekeltert und
vergoren.
„Im Normalfall finden die Hefen im Traubenmost alle notwendigen Stick-
und Kohlenstoff-Quellen, um wachsen und für den Gärprozess sorgen zu
können“, erklärt Professor Scampicchio. „Allerdings kommt die Vergärung
sehr viel langsamer in Bewegung, wenn bestimmte Aminosäuren fehlen.“ Um
den Vergärungsprozess wissenschaftlich untersuchen zu können, griffen
die Bozner Forscher auf eine Technik zurück, die Fachleute als
„isotherme Kalorimetrie“ bezeichnen. „Im Labor verfügen wir über 24
Mikro-Reaktoren, die es uns erlauben, die Temperatur zu messen, welche
die Hefen bei der Vergärung des Mostes freisetzen“, erklärt Scampicchio.
Je nachdem, wie die Temperaturkurven ausfallen, könne man auf das
Wachstum der Hefen schließen. „Die Kurven zeigen uns, ob die Hefen gute
Bedingungen vorfinden oder Schwierigkeiten haben“, so der Professor.
Das Ergebnis der Studie im Labor der Fakultät für Naturwissenschaften
und Technik war dabei eindeutig: In Mosten, die von mit Glyphosat
behandelten Trauben stammen, werden beträchtlich niedrigere Temperaturen
freigesetzt. „Dabei ist Glyphosat in der Form von Round-Up das am
weitesten verbreitete Mittel, mit dem die Rebzeilen unkrautfrei gehalten
werden“, so Scampicchio. „Allerdings hat das Mittel verheerende Folgen
für die Traubenqualität, weil es die Synthese der Aminosäuren
unterbricht, also etwa von Phenylalanin, Tyrosin oder Tryptophan.“
Die Bozner Studie habe allerdings auch gezeigt, dass die negativen
Folgen von Glyphosat durch die Behandlung der Reben mit Harnstoff
ausgeglichen werden könnten, betont der Professor der Freien Universität
Bozen. Sein Fazit fällt demnach zwiespältig aus: Der Einsatz von
Glyphosat könne durchaus nützlich sein, habe in den letzten Jahren
mechanische Techniken zur Unkrautvertilgung ersetzt und ohne Zweifel
einen positiven Einfluss auf die Produktivität. Allerdings bleibe er
nicht ohne Folgen: „Über die Bodenverschmutzung und eventuelle
gesundheitliche Risiken für den Menschen hinaus erfordert der Einsatz
von Glyphosat zusätzliche Behandlungen der Reben, damit die negativen
Folgen des Mittels für die Qualität der Trauben ausgeglichen werden
können“, so Scampicchio.
Die Studie der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der Freien
Universität Bozen hat darüber hinaus gezeigt, dass die negativen Folgen
von Glyphosat auch dann zu messen sind, wenn die Blätter der Reben nicht
in direkten Kontakt mit dem Unkrautvertilgungsmittel kommen. „Es
erscheint eindeutig, dass die chemische Verbindung als solche oder auch
teilweise abgebaut von einer Pflanze über den Boden auf eine andere
Pflanze, in diesem Fall die Rebe, übertragen wird und sich dort auf die
Trauben auswirkt“, erklären Stefano Cesco und Tanja Mimmo. Die Studie
ist im Freisingerhof in Tramin durchgeführt worden, wo es den Forschern
möglich war, das Unkraut in einigen Rebzeilen zu Studienzwecken mit
Glyphosat zu bekämpfen.
Weitere Informationen:
http://Grafische Darstellung der Forschungsarbeit:
http://datatellers.info/Projects/UniBz/Glyphosate/glifo.html?ln=de
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich
unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und
die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und
Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in
engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.
In diesem Jahr feiert das BfR sein 15-jähriges Bestehen. Aus diesem
Anlass hat das BfR eine Jubiläumsbroschüre herausgegeben, die unter
http://www.bfr.bund.de/de/publikation/broschueren-660.html kostenlos heruntergeladen oder bestellt werden kann.
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