Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Herzinsuffizienz: Verheiratete leben länger
Fabian Kerwagen vom Universitätsklinikum Würzburg hat beim Heart Failure Kongress 2022 seine Forschungsergebnisse vorgestellt:
- Unverheiratet zu sein ist mit einem höheren Sterberisiko bei PatientInnen mit Herzinsuffizienz verbunden.
- Unverheiratete Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz haben weniger Vertrauen in den Umgang mit ihrer Erkrankung und sind in ihrer sozialen Teilhabe stärker eingeschränkt als Verheiratete.
„Diese
Unterschiede könnten zu der beobachteten schlechteren
Langzeitüberlebensrate bei unverheirateten Patientinnen und Patienten
beitragen“, erklärt Dr. Fabian Kerwagen vom Deutschen Zentrum für
Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI). Seine Forschungsergebnisse hat der
angehende Kardiologe und Nachwuchswissenschaftler heute auf der Heart
Failure 2022, einem wissenschaftlichen Kongress der Europäischen
Gesellschaft für Kardiologie (ESC), vorgestellt. Soziale Unterstützung
helfe Menschen bei der Bewältigung von Langzeiterkrankungen. Fabian
Kerwagen nennt Beispiele: „Ehepartner können bei der korrekten und
regelmäßigen Einnahme der Medikamente unterstützen, Motivation spenden
und eine Vorbildfunktion bei der Entwicklung gesunder Verhaltensweisen
einnehmen, was sich alles auf die Lebenserwartung auswirken kann.“
Unverheirateten fehlt es häufiger an Selbstwirksamkeit und sozialer Interaktion
Frühere Studien haben gezeigt, dass unverheiratete Personen sowohl in
der Allgemeinbevölkerung als auch beim Vorliegen einer koronaren
Herzkrankheit eine schlechtere Überlebensprognose haben.
Fabian Kerwagen
wollte wissen, wie sich der Familienstand bei einer chronischen
Herzinsuffizienz auswirkt und analysierte Daten aus der erweiterten
INH-Studie (E-INH = Extended Interdisciplinary Network Heart Failure).
An der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
geförderten E-INH-Studie nahmen 1.022 Personen teil, die zwischen den
Jahren 2004 und 2007 aufgrund einer dekompensierten Herzinsuffizienz ins
Krankenhaus eingeliefert wurden. Von den 1.008 Betroffenen, die Angaben
zum Familienstand machten, waren 633 (63 %) verheiratet und 375 (37 %)
unverheiratet, davon 195 verwitwet, 96 nie verheiratet und 84 getrennt
lebend oder geschieden.
Zu Beginn der Studie wurden die Lebensqualität, die sozialen
Einschränkungen und die sogenannte Selbstwirksamkeit mit dem Kansas City
Cardiomyopathy Questionnaire erhoben. Dieser Fragebogen wurde speziell
für Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz entwickelt.
Soziale
Einschränkungen beziehen sich auf das Ausmaß, in dem die Folgen einer
Herzinsuffizienz die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
beeinträchtigen, wie zum Beispiel die Ausübung von Hobbys und
Freizeitaktivitäten oder die Interaktion mit Freunden und Familie.
Selbstwirksamkeit beschreibt die Einschätzung der Betroffenen, inwiefern
sie sich in der Lage fühlen, eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz
zu verhindern und Komplikationen zu bewältigen. Es gab keine
Unterschiede zwischen verheirateten und unverheirateten Patientinnen und
Patienten hinsichtlich der allgemeinen Lebensqualität. Allerdings
schnitt die unverheiratete Gruppe bei den sozialen Einschränkungen und
der Selbstwirksamkeit schlechter ab als die verheiratete Gruppe.
Während der zehnjährigen Nachbeobachtungszeit starben insgesamt 67% der
Patientinnen und Patienten.
Unverheiratete hatten dabei im Vergleich zu
Verheirateten ein um ca. 60 Prozent höheres Todesrisiko, wobei
verwitwete Probandinnen und Probanden das höchste Risiko aufwiesen.
Gesundheits-App soll Betroffene unterstützen
Fabian Kerwagen resümiert: „Der Zusammenhang zwischen Ehe und
Langlebigkeit illustriert, wie wichtig soziale Unterstützung für
Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz ist – ein Thema, das
durch die soziale Distanzierung während der COVID-19 Pandemie noch an
Bedeutung gewonnen hat.“
Seine Empfehlung:
„Das soziale Umfeld sollte bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz berücksichtigt und einbezogen werden.
Strukturierte Behandlungsprogramme mit spezialisierten Herzinsuffizienz-Pflegekräften oder Selbsthilfegruppen für Herzinsuffizienz können dabei helfen, um mögliche Lücken zu schließen.“ Aufklärung über das Leben mit einer Herzinsuffizienz sei von entscheidender Bedeutung, gleichzeitig aber müsse auch das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in ihre Fähigkeiten zur Selbstversorgung gestärkt werden. Sein Blick in die Zukunft: „Wir arbeiten an einer digitalen Gesundheitsanwendung für das Smartphone, die Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz weitere Unterstützung beim täglichen Umgang mit ihrer Erkrankung bieten soll.“
Fabian Kerwagen vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz hat seine Forschungsergebnisse zu unverheirateten Herzinsuffizienz-PatientInnen auf dem Heart Failure Kongress 2022 vorgestellt. UKW
Fabian Kerwagen hat die Analysen im Rahmen seines Clinician Scientist Programms „UNION-CVD“ (Understanding InterOrgan Networks in Cardiac and Vascular Diseases) durchgeführt. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Stipendium bietet eine strukturierte wissenschaftliche Ausbildung für Ärztinnen und Ärzte unter dem Dach des Interdisziplinären Zentrums für Klinische Forschung (IZKF) der Universität Würzburg.
Fabian Kerwagen, kerwagen_f@ukw.de
Kirstin Linkamp Universitätsklinikum Würzburg
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