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Brustkrebsfrüherkennung

Die regelmäßige Teilnahme an der Brustkrebsfrühkennung führt zu einer deutlich höheren Entdeckungsrate kleiner und prognostisch günstiger Karzinome. 

Das zeigen die aktuellen Auswertungen für das deutsche Mammographie-Screening-Programm.

Rund 2,9 Millionen Frauen wurden untersucht, was einer Teilnahmerate von 51 % entspricht. Der größte Anteil der rund 18.000 entdeckten Karzinome wurde im Frühstadium erkannt. 80 % waren maximal 2 cm groß und ohne Lymphknotenbefall. Vor der Einführung des Screenings waren lediglich 57 % der Brustkrebsfälle in einem prognostisch günstigen Stadium.

Der Anteil der Wiedereinbestellungen an allen untersuchten Frauen ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal des Screening-Programms. Die Wiedereinbestellungsrate lag bei 2,9 % für Folgeuntersuchungen (Frauen, die bereits wiederholt am Screening teilnehmen). Bei 6 von 1000 untersuchten Frauen wurde Brustkrebs entdeckt.

Das Brustkrebsrisiko steigt mit zunehmendem Lebensalter. Das zeigt sich auch daran, wie häufig Brustkrebs im Mammographie-Screening entdeckt wird. Im Alter von 65 bis 69 Jahren erhalten 8 von 1000 Folgeteilnehmerinnen die Diagnose Brustkrebs. Das sind doppelt so viele wie in der jüngeren Altersgruppe der unter 65-Jährigen.

Wenn sich eine Frau erst spät in ihrem Leben zur ersten Screening-Untersuchung entschließt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein bislang unerkanntes Karzinom vorliegt. Bei Erstteilnehmerinnen im Alter von 65 bis 69 Jahren wird Brustkrebs mehr als doppelt so häufig entdeckt wie bei regelmäßig untersuchten Frauen.

„Eine regelmäßige Teilnahme alle 2 Jahre bringt für Frauen den größten Vorteil“, betont Dr. Karin Bock, Leiterin des Referenzzentrums Mammographie Südwest.

 „Gerade bei den Frauen in der Altersgruppe von 50 bis 69 Jahren, die mehrere Jahre nicht im Screening untersucht wurden, sehen wir häufiger fortgeschrittene Karzinome. Auch bei den älteren Frauen bis 75 Jahren, die über mehrere Jahre nicht anspruchsberechtigt waren, zeigt sich nun dieses Bild.“

Das deutsche Mammographie-Screening-Programm ist das größte qualitätsgesicherte, bevölkerungsweite Brustkrebsfrüherkennungsprogramm Europas. Rund 14,5 Millionen Frauen im Alter von 50 bis 75 Jahren haben Anspruch auf die kostenlose Früherkennungsuntersuchung.

MaAB - Medizin am Abend Berlin Fortbildungen VOR ORT


Dr. rer. nat. Elisabeth Hand
Referentin Evaluation & Qualitätsmanagement
Kooperationsgemeinschaft Mammographie
Goethestraße 85
10623 Berlin
Telefon: +49 30 3199851 50
E-Mail: ehand@koop-mammo.de
Internet: www.mammo-programm.de

Originalpublikation:
https://admin.mammo-programm.de/assets/1e90d4c3-9097-41bb-8df4-7a983b4ec369

CED

Das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) entwickelte für Patienten der Ambulanz für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen ein neues Betreuungskonzept – und wurde dafür mit dem Innovationspreis der Bundesvereinigung Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) ausgezeichnet. Die Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I, unter Leitung von Prof. Dr. Dr. h. c. Martina Müller-Schilling, und die Apotheke des UKR, unter Leitung von Dr. Alexander Kratzer, arbeiten dabei interdisziplinär und interprofessionell eng zusammen. Das Ergebnis: Jeder Patient erhielt eine höchst individuelle Beratung zu seiner gesamten Medikation.

Die Studie am UKR ergab: 71% der befragten Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen nehmen fünf oder mehr Medikamente gleichzeitig ein, zusätzlich oft auch ergänzende Nahrungsergänzungsmittel oder pflanzliche Präparate.

Verunsicherungen bei der medikamentösen Therapie

Die Vielzahl an Arzneimitteln löst bei vielen Patienten Unsicherheit aus - etwa wegen möglicher Nebenwirkungen, Krebsrisiken oder Auswirkungen auf die Familienplanung. Die Studie bestätigt diese Sorgen und konnte folgende Herausforderungen aufzeigen:

• 33% der Befragten äußerten Bedenken gegenüber ihrer aktuellen medikamentösen Therapie.
• 75% der Patienten, die gleichzeitig mit Immunmodulatoren und Biologika behandelt wurden, äußerten starke Bedenken.
• Rund 50% der Patienten nahmen oft ohne medizinische Abklärung oder Rücksprache ergänzend pflanzliche oder diätetische Präparate ein.

Neues Beratungskonzept

Das interdisziplinäre Team in der CED-Ambulanz reagierte auf diese Studienergebnisse und entwickelte ein neues, patientenzentriertes Betreuungskonzept. Beteiligt waren die Ärzte Prof. Dr. Arne Kandulski, PD Dr. Hauke Tews, Benedicta Binder und Chiara Lecruit von der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h. c. Martina Müller-Schilling, Fachapotheker Dr. Daniel Fleischmann und das Team der Klinikapotheke unter Leitung von Dr. Alexander Kratzer sowie der spezialisierten IBD-Nurse Johanna Loibl (IBD = inflammatory bowel disease, englisch für chronische entzündliche Darmerkrankungen) und Studierende der Pharmazie und der Medizin. Auch Patientenvertreter brachten ihre Perspektive ein.

Im Rahmen des neuen Beratungskonzepts erhielten die Patienten drei Wochen vor ihrem Ambulanztermin einen Fragebogen. Darin machten sie Angaben zu ihrer aktuellen Medikation, ihrem Verständnis der Arzneimittel und etwaigen Unsicherheiten. Klinische Pharmazeuten prüften daraufhin alle Medikamente, einschließlich freiverkäuflicher Mittel, auf Risiken, Doppelverordnungen, fehlende Indikationen oder Wechselwirkungen. Auf dieser Grundlage optimierten sie gemeinsam mit dem interdisziplinären Team den individuellen Medikationsplan. Abschließend wurde die angepasste Therapie im persönlichen Gespräch mit dem Patienten eingehend besprochen.

Wichtige Ergebnisse

• Bei 79% der Patienten wurde der Medikamentenplan angepasst.
• 35% der Studienteilnehmer erhielten entweder ein neues Medikament oder ein bestehendes (nicht mehr wirksames) wurde abgesetzt.
• Häufig konnten nicht mehr notwendige Medikamente identifiziert werden. Pflanzliche Präparate oder Nahrungs-Ergänzungsmittel ohne nachweislichen Nutzen oder Indikation wurden aus dem Plan gestrichen.

So bewerten Patienten das neue Konzept

Die abschließenden Studienergebnisse zeigen deutlich: Mit dem neuen Beratungskonzept fühlen sich die Patienten sicherer und zufriedener mit ihrer Behandlung. Die interdisziplinäre und interprofessionelle Begleitung wird von ihnen regelmäßig und mit hoher Akzeptanz in Anspruch genommen.

Das Projekt wurde mit dem Innovationspreis der Bundesvereinigung Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) ausgezeichnet. Der Preis unterstreicht, dass gelebte Teamarbeit konkrete Verbesserungen für Patienten schaffen kann.

Checkpoint-Inhibitor-assoziierten endokrinen Nebenwirkungen.

Moderne Immuntherapien können das Leben von Menschen mit Krebs deutlich verlängern. 

Die Behandlung mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren kann jedoch verschiedene endokrine Nebenwirkungen mit sich bringen, unter anderem eine Entzündung der Hirnanhangdrüse mit Ausfall lebenswichtiger Hormone oder einen neuartigen, insulinpflichtigen Autoimmun-Diabetes (CIADM). 

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) fordern deshalb im Rahmen einer Krebstherapie regelmäßige Stoffwechselkontrollen sowie den Ausbau spezialisierter endokrinologisch-diabetologischer Strukturen in Kliniken.

Auf einer gemeinsamen Online-Konferenz am Mittwoch, den 9. Juli 2025, spricht Experte Professor Dr. med. Andreas Fritsche zu diesem Thema.

Checkpoint-Inhibitoren haben die Behandlung von Krebs revolutioniert. Sie aktivieren die Immunabwehr gegen Tumoren, sodass körpereigene Abwehrzellen wieder in die Lage versetzt werden, Krebszellen angreifen zu können.

Eingesetzt werden sie unter anderem bei schwarzem Hautkrebs und Nierenzellkrebs, mit oft beachtlichen Erfolgen aber auch Nebenwirkungen. Denn das aktivierte Immunsystem kann auch gesunde Zellen angreifen. „In bis zu 40 Prozent der Fälle sind hormonbildende Organe wie Schilddrüse, Hirnanhangsdrüse oder die Nebennieren betroffen“, erklärt Professor Dr. med. Andreas Fritsche, Past-Präsident der DDG. 

Besonders gefährlich sei auch eine selten auftretende Entzündung der Bauchspeicheldrüse, bei der insulinproduzierende Zellen zerstört werden. „Die Folge ist ein insulinpflichtiger Autoimmun-Diabetes, der sogenannte Checkpoint-Inhibitor-assoziierte Diabetes mellitus, kurz CIADM“, so der Diabetologe und Ernährungsmediziner an der Universität Tübingen.

Diabetes als lebensbedrohliche Nebenwirkung::

MaAB-CAVE:

CIADM tritt meist innerhalb von 3 Monaten nach Beginn der Immuntherapie auf. 

Er ähnelt dem klassischen Typ-1-Diabetes, geht aber immer mit einem völligen Insulinmangel einher. 

Häufig kommt es zu einer sogenannten Ketoazidose, einer gefährlichen Übersäuerung des Blutes. 

In 40 Prozent der Fälle sind Autoantikörper nachweisbar, wie sie auch bei Typ-1-Diabetes vorkommen. „CIADM darf keinesfalls mit einem vorbestehenden Typ-2-Diabetes verwechselt werden“, warnt Fritsche.

 „Nur eine intensive Insulintherapie mit Schulung und Begleitung kann hier Leben retten.“ 

Genau wie beim Typ-1-Diabetes erfordert die Behandlung eine sogenannte Basal-Bolus-Insulintherapie: 

Es müssen sowohl das Grundbedürfnis an Insulin als auch die Insulinspitzen zu den Mahlzeiten abgedeckt werden. 

 Diese komplexe Therapieform setzt voraus, dass Betroffene umfassend geschult und engmaschig begleitet werden.

Kliniken brauchen mehr endokrinologisch-diabetologische Kompetenz::

Trotz der Schwere der Erkrankung fehlen in Deutschland bislang verlässliche Daten zur Häufigkeit der Checkpoint-Inhibitor-assoziierten endokrinen Nebenwirkungen. Denn es existiert kein zentrales, vollständiges Register zu Zahlen und Behandlungsdetails der mit Checkpoint-Inhibitoren behandelten Patientinnen und Patienten. Schätzungen zufolge entwickeln bis zu 17 Prozent eine potenziell lebensbedrohliche Hypophysitis – Entzündung der Hirnanhangdrüse – und etwa 1 bis 2 Prozent der Behandelten einen CIADM. Bei einem angenommenen Behandlungskollektiv von 100 000 Personen würde das 17 000 Personen mit Hypophysitis und 1000 bis 2000 Betroffene mit Autoimmun Diabetes CIDAM bedeuten. Hinzu kommt eine noch größere Zahl an Patienten, die Schilddrüsenüber- oder -unterfunktionen entwickeln. „Gerade in Krebszentren, wo Immuntherapien häufig eingesetzt werden, sehen wir daher zunehmend Patientinnen und Patienten mit dieser Form an Nebenwirkungen“, so Fritsche.

DDG und DGE fordern daher, an allen onkologischen Zentren Endokrinologie-/Diabetes-Units einzurichten. Hormonelle Fehlfunktionen, etwa der Schilddrüse, der Nebennieren, der Hirnanhangsdrüse oder des Pankreas treten auch in Kombination auf. 

Diese Kombination verschiedener hormoneller Störungen erschwert die Stoffwechselkontrolle und macht eine individuelle, engmaschige Betreuung erforderlich. „Gerade bei älteren Krebspatientinnen und -patienten mit mehreren Erkrankungen kann die Behandlung dadurch besonders anspruchsvoll werden“, erklärt der Experte aus Tübingen. „Deshalb brauchen wir in Krebszentren spezialisierte Teams, die diese komplexen Krankheitsbilder sicher versorgen können.“

Zugang zur richtigen Behandlung kann Leben retten::

Wie wichtig spezialisierte Versorgung ist, zeigen aktuelle Auswertungen: Kliniken mit einer Zertifizierung der DDG weisen bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes als Hauptdiagnose eine geringere Krankenhaussterblichkeit auf – und dass, obwohl sie häufig Menschen mit einer höheren Krankheitslast behandeln. Diese Ergebnisse unterstreichen den Nutzen fachlich spezialisierter Versorgungseinheiten. „Gerade für Menschen mit Ausfällen lebenswichtiger Hormone wie Insulin, Cortisol oder Schilddrüsenhormonen ist eine frühzeitige Diagnose und strukturierte Behandlung entscheidend“, betont Fritsche. „Deshalb fordern wir, in der anstehenden Krankenhausreform die Leistungsgruppe ‚komplexe Endokrinologie und Diabetologie‘ flächendeckend zu verankern, um solche Versorgungsstrukturen dauerhaft und breit verfügbar zu machen.“

Die rauchenden Mütter

Studie mit Daten aus 14 europäischen Ländern zeigt unerwartete Langzeitfolgen familienpolitischer Maßnahmen


Eine neue Studie der Universität Wien zeigt, dass besonders lange Karenzzeiten um die Geburt eines Kindes langfristig mit einem höheren Risiko für gesundheitsschädliches Verhalten – konkret: Rauchen – verbunden sind. Das Forschungsteam rund um Sonja Spitzer analysierte die Auswirkungen von Karenzzeiten auf das Rauchverhalten von Müttern in 14 europäischen Ländern, darunter auch Österreich. Die Studie wurde aktuell im renommierten Fachmagazin Journal of Health Economics veröffentlicht und basiert auf einer Zusammenarbeit mit der Hertie School Berlin und der TU Wien.

Die Dauer der beruflichen Auszeit um die Geburt eines Kindes beeinflusst nicht nur das Wohlbefinden und Einkommen von Müttern, sondern wirkt sich auch langfristig auf deren gesundheitliches Verhalten aus. In ihrer neuen Studie zeigen die Wissenschafter*innen, dass sehr lange Abwesenheiten vom Beruf mit einem höheren Risiko für dauerhaftes Rauchen verbunden sind. Gleichzeitig deuten die Ergebnisse darauf hin, dass kürzere Karenzzeiten tendenziell einen schützenden Effekt haben könnten. "Eigentlich haben wir erwartet, dass längere berufliche Auszeiten dazu führen würden, dass Mütter weniger rauchen. Unsere Ergebnisse zeigen aber eindeutig, die Wahrscheinlichkeit zum späteren Rauchen steigt mit einer längeren Karenz", erklärt die Studienautorin Sonja Spitzer, Demografin an der Universität Wien.

"Prinzipiell ist eine Karenz um die Geburt wichtig für die Gesundheit und kurzfristig überwiegt auch der gesundheitliche Schutz. Wenn die Karenzzeit aber zu lang ist, können finanzielle Belastung, soziale Isolation und berufliche Nachteile zunehmen – das Rauchen könnte ein Bewältigungsmechanismus für diesen Stress sein. Dass längere Karenzzeiten die Wahrscheinlichkeit zum späteren Rauchen erhöhen, konnten wir eindeutig zeigen. Über die genauen Gründe dahinter können wir derweil erst spekulieren, aber sie passen zu dem, was wir in der Literatur und unseren Daten andeutungsweise sehen", sagt Spitzer.

Rauchen gilt als eine der größten vermeidbaren Gesundheitsgefahren. "Unsere Ergebnisse werfen ein neues Licht auf Karenzregelungen: Karenzzeiten sollen Eltern entlasten, sie können jedoch auch unbeabsichtigte Nebeneffekte auf die Gesundheit haben – insbesondere dann, wenn finanzielle Unsicherheit rund um die Geburt besteht", sagt Spitzer.

Das Forschungsteam verknüpfte großflächige Umfragedaten von über 8.500 Müttern aus dem europaweiten SHARE-Datensatz mit historischen Informationen zu gesetzlichen Karenzregelungen in 14 europäischen Ländern zwischen 1960 und 2010. Für Österreich sind die neuen Studienergebnisse besonders relevant: Mit durchschnittlich 27 Monaten Unterbrechung der Erwerbstätigkeit um die Geburt zählt Österreich zu den Ländern mit den weltweit längsten Karenzzeiten von Müttern. Mithilfe eines ökonometrischen Verfahrens – dem Instrumentvariablenansatz – wurde der kausale Effekt der Karenzdauer auf das spätere Rauchverhalten untersucht.

Ein zusätzlicher Monat Karenz erhöht die Wahrscheinlichkeit, später im Leben zu rauchen, um 1,2 Prozentpunkte. Pro zusätzlichem Karenzmonate steigen auch die Gesamtdauer des Rauchens (+7 Monate), die Anzahl der täglich konsumierten Zigaretten (+0.2 Zigaretten täglich) und die sogenannten "Pack Years" (+0.6). Besonders betroffen sind Mütter, die um die Geburt keine finanzielle Unterstützung durch einen Partner erhalten haben. "Finanzielle Sorgen in einer ohnehin sensiblen Lebensphase wie rund um die Geburt können den Druck zusätzlich erhöhen – dieser Stress scheint sich langfristig besonders deutlich im Gesundheitsverhalten niederzuschlagen", so Spitzer. Weniger lange Karenzzeiten scheinen in Bezug auf das Rauchverhalten hingegen potenziell schützend zu wirken. Die Ergebnisse legen nahe, dass die optimale Dauer von Karenzzeiten sorgfältig abgewogen werden sollte.

Damit liefern die Wissenschafter*innen eine wichtige Ergänzung zur Debatte um die Ausgestaltung familienpolitischer Maßnahmen: Wie lange ist zu lange? Die Ergebnisse verdeutlichen, dass sorgfältig abgewogen werden sollte zwischen Schutz und Fürsorge um die Geburt eines Kindes, finanziellen Aspekten, Arbeitsmarktintegration und langfristige Einkommen von Müttern und gesellschaftlichen Zielen wie Geschlechtergerechtigkeit – und natürlich der Gesundheit der Mütter.

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Dr. Sonja Spitzer
Institut für Demographie, Universität Wien
1010 Wien, Dominikanerbastei 16
T +43 1 51581 7753
M +43 650 79 64 633
sonja.spitzer@univie.ac.at
www.univie.ac.at

Originalpublikation:
Renner, A.-T., Shaikh, M., Spitzer, S. (2025; forthcoming): Absence from work and lifetime smoking behavior: Evidence from European maternal leave policies. In Journal of Health Economics.
DOI: 10.1016/j.jhealeco.2025.103004
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0167629625000396?via%3Dihub

Das Prostatakarzinom

Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom überarbeitet. Die wichtigsten Neuerungen in der Leitlinie betreffen die Empfehlung zu einer risikoadaptierten PSA-basierten Früherkennung, den erweiterten Einsatz der MRT-Diagnostik und die Empfehlung zur aktiven Überwachung bei Niedrigrisiko-Tumoren. Die Tastuntersuchung der Prostata wird zur Früherkennung ausdrücklich nicht mehr empfohlen, bleibt aber fester Bestandteil der individuellen Risikoabschätzung und urologischen Diagnostik.
Finanziert wurde die Aktualisierung der Leitlinie von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie.


Prostatakrebs ist mit Abstand die häufigste bösartige Tumorerkrankung bei Männern. Laut Robert Koch-Institut gab es im Jahr 2022 rund 74.900 Neuerkrankungen. Der Tumor ist eine Alterserkrankung, vor dem 50. Lebensjahr tritt das Prostatakarzinom selten auf.

Früherkennung: PSA-Test als neuer Standard – Tastuntersuchung bei Bedarf weiter relevant

Im Rahmen der gesetzlichen Krebsfrüherkennung übernehmen Krankenkassen für Männer ab 45 Jahren eine jährliche Tastuntersuchung, die digital-rektale Untersuchung (DRU).
Erstmals spricht die Leitlinie nun ausdrücklich eine negative Empfehlung zur DRU in der Früherkennung aus. Stattdessen soll nach Empfehlung der Leitlinie Männern ab 45 Jahren – nach ärztlicher Beratung – ein PSA-basiertes Screening angeboten werden, bei dem der Wert des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) bestimmt wird. Ist der bestimmte Wert sehr niedrig, soll die Kontroll-Untersuchung erst nach fünf Jahren erfolgen, ansonsten alle zwei Jahre. Ab einem bestätigten PSA-Wert über 3 ng/ml soll aber eine weitere Abklärung folgen. Die DRU kann dabei ergänzend im Rahmen der individuellen Risikoabschätzung eingesetzt werden, etwa bei auffälligem PSA-Wert oder klinischem Verdacht auf andere Erkrankungen.

„Studien zeigen, dass die Tastuntersuchung dem PSA-Test deutlich unterlegen ist. Sie führt sowohl zu zu vielen falsch-negativen als auch zu vielen falsch positiven Befunden, deren weitere Abklärung mit Risiken verbunden ist. Die neue Empfehlung gegen die DRU und für die neue PSA-basierte Strategie ist ein Beispiel für evidenzbasierte, risikoadaptierte Früherkennung“, so Professor Marc-Oliver Grimm vom Universitätsklinikum Jena. Er ist Koordinator und Sprecher der Leitliniengruppe. „Wir hoffen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auf Basis dieser Empfehlungen die Regelungen zur gesetzlichen Früherkennung prüft und entsprechend anpasst.“

Diagnostik: MRT gestärkt – weniger unnötige Biopsien

Das Kapitel „Diagnostik“ wurde grundlegend überarbeitet. Die Magnetresonanztomographie (MRT) der Prostata wurde in der Primärdiagnostik gestärkt, differenziert nach Risiko und diagnostischer Konsequenz. Eine wesentliche Neuerung: Bei PI-RADS 1 und 2-Befunden, die auf eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit eines Prostatakarzinoms hinweisen, soll auf eine Biopsie verzichtet werden.

Außerdem enthält die Leitlinie aktualisierte Diagnostik-Empfehlungen für:
• Indikation und Durchführung bildgestützter Biopsien
• Diagnostik bei familiärer/genetischer Belastung (inkl. Empfehlung zur humangenetischen Beratung)
• Stadieneinteilung auf Basis moderner Bildgebung (inkl. MRT und PSMA-PET/CT).

Therapie: Überwachung statt Überbehandlung bei Niedrigrisiko

Eine der zentralen therapeutischen Änderungen betrifft die Behandlung lokal begrenzter Niedrigrisiko-Tumoren, die häufig keiner Behandlung bedürfen: Hier wird ausschließlich die aktive Überwachung empfohlen, nicht mehr die primäre lokale Therapie durch Operation oder Bestrahlung. Auch für sogenannte günstige-intermediäre Tumoren hat diese Strategie an Bedeutung gewonnen.

„Therapien des Prostatakarzinoms sind oft mit Nebenwirkungen und Einschränkungen der Lebensqualität verbunden“, sagt Grimm. „Mit der aktiven Überwachung vermeiden wir Überbehandlungen und behalten gleichzeitig den Patienten im Blick, um Handeln zu können, sobald es nötig ist.“

Für das metastasierte Setting wurde die Leitlinie um neue Therapieoptionen ergänzt.

Die aktualisierte S3-Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/prostatakarzinom.
Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert. Android-Smartphone- und iPhone-Nutzer können die Leitlinien-App hier herunterladen: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app/


Das Leitlinienprogramm Onkologie

Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 34 S3-Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen. Mehr unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/home

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie

Mit rund 7700 Mitgliedern ist die Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) die größte Vertretung deutscher Fachärztinnen und Fachärzte für Urologie. Als medizinische Fachgesellschaft fördert die DGU Wissenschaft, Forschung, Innovation, Fort- und Weiterbildung in der Urologie. Damit schafft sie die Voraussetzungen für eine flächendeckende hochqualifizierte Versorgung urologischer Patientinnen und Patienten in Deutschland. Das eigene Wissenstransferzentrum UroEvidence ermöglicht die systematische Evidenzaufarbeitung und organisatorische Unterstützung für Leitliniengruppen innerhalb der Urologie.
Mehr unter: https://www.urologenportal.de/

Deutsche Krebsgesellschaft e. V.

Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) – eine Nachfolgeorganisation des 1900 gegründeten „Comité für Krebssammelforschung“ – ist die größte wissenschaftlich-onkologische Fachgesellschaft im deutschsprachigen Raum. Die über 8.300 Einzelmitglieder in 25 Arbeitsgemeinschaften, die 16 Landeskrebsgesellschaften und 36 Fördermitglieder sind in der Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen tätig. Die DKG engagiert sich für eine Krebsversorgung auf Basis von evidenzbasierter Medizin, Interdisziplinarität und konsequenten Qualitätsstandards, ist Mitinitiatorin des Nationalen Krebsplans und Partnerin der „Nationalen Dekade gegen Krebs“. Mehr: https://www.krebsgesellschaft.de/

Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V.
Franziska Gätcke
Tel: 030 8870 833 11

Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Clara Teich und Angelina Gromes
Tel: 030 3229329-16/60
Weitere Informationen finden Sie unter
Zur aktualisierten Leitlinie

Das Hepatitis E-Virus (HEV) in der Niere und in der Leber

Das Hepatitis E-Virus (HEV) verursacht schwere Leberentzündungen. 

Ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum und des TWINCORE-Zentrums für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover konnte nun erstmals nachweisen, dass es auch Nierenzellen befallen und sich darin vermehren kann. 

Dort wirken antivirale Medikamente wie Ribavirin weniger effizient als in der Leber. Die Ergebnisse der Studie sind in der Zeitschrift Liver International vom 27. Juni 2025 veröffentlicht.

Gesamter Lebenszyklus in der Niere möglich

Hepatitis-E-Viren befallen hauptsächlich Leberzellen und richten in der Leber mitunter die größten Schäden an. 

„Es war aber bekannt, dass sie sich auf Abwege begeben und andere Zellen befallen können, zum Beispiel Nervenzellen“, berichtet Letztautor Dr. André Gömer aus der Abteilung Molekulare und Medizinische Virologie der Ruhr-Universität Bochum.

 Dem Team aus Bochum und Hannover gelang in Zellkultur nun der Nachweis, dass die Viren auch Nierenzellen befallen und sich mit ihrer Hilfe vermehren können. „Der gesamte Replikationszyklus des Virus läuft in Nierenzellen ebenso ab wie in Leberzellen“, so Gömer.

Auf eine Therapie mit dem antiviralen Wirkstoff Ribavirin sprachen die infizierten Nierenzellen weniger gut an als die Leberzellen.

 „Das liegt vermutlich am Stoffwechselprofil der beiden Organe, das sich deutlich unterscheidet“, sagt André Gömer. In der Niere ist das Virus also relativ unempfindlich gegen die medikamentöse Behandlung. „Es könnte sein, dass die Niere bei chronischen Infektionen als Reservoir funktioniert, von wo aus sich die Viren nach einer vermeintlich erfolgreichen Behandlung wieder ausbreiten“, sagt Nele Meyer, Doktorandin in der Forschungsgruppe „Translationale Virologie“ am TWINCORE. Sie ist gemeinsam mit der Ärztin Avista Wahid Erstautorin der Studie. Auch könnte es ein solches Reservoir den Viren ermöglichen, sich an eine Behandlung besser anzupassen.

Evolution im Organ

Das Team führte darüber hinaus eine vergleichende genetische Analyse von Hepatitis-Viren chronisch infizierter Patient*innen aus deren Blutplasma, Stuhl und Urin durch. Während mit dem Stuhl vor allem Viren aus der Leber ausgeschieden werden, finden sich im Urin solche aus der Niere. „Die in den unterschiedlichen Proben gefundenen Viren unterscheiden sich deutlich voneinander“, berichtet Dr. Patrick Behrendt, Leiter der Gruppe „Translationale Virologie“ am TWINCORE und ebenfalls Letztautor des Artikels. 

„Das ist ein Hinweis darauf, dass sich die Populationen schon seit längerer Zeit unabhängig voneinander entwickelt haben und eine Art Evolution im jeweiligen Organ durchlaufen haben.“

Hepatitis E

Das Hepatitis E-Virus (HEV) ist der Hauptverursacher akuter Virushepatitiden. Nach dem ersten dokumentierten epidemischen Ausbruch 1955 bis 1956 vergingen mehr als 50 Jahre, bis Forscher sich intensiv des Themas annahmen. Akute Infektionen heilen bei Patienten mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus. Bei Patienten mit reduziertem oder unterdrücktem Immunsystem wie Organtransplantatempfängern oder HIV-infizierten Patienten kann HEV chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich.

Förderung

Die Arbeiten wurden unterstützt durch das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung, die VolkswagenStiftung, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (398066876/GRK 2485/2 und 448974291) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projekt VirBio, Förderkennzeichen: 01KI2106).

MaAB - Medizin am Abend Berlin Fortbildungen VOR ORT


Dr. André Gömer
Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie
Medizinische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 22232
E-Mail: andre.goemer@ruhr-uni-bochum.de
Webseite der Abteilung

Dr. Patrick Behrendt
Klinische Nachwuchsforschungsgruppe „Translationale Virologie“
TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung
E-Mail: patrick.behrendt@twincore.de

Originalpublikation:
Avista Wahid, Nele Meyer et al.: Extrahepatic Replication and Genomic Signatures of the Hepatitis E virus in the Kidney, in: Liver International, 2025, DOI: 10.1111/liv.70183, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/liv.70183

Prof. Dr. Constance Schmidt

Prof. Dr. Constanze Schmidt ist seit 1. Juli 2025 Universitätsprofessorin für Kardiologie an der Medizinischen Fakultät Göttingen und neue Direktorin der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Sie ist aktuell die einzige Frau in Deutschland, die einen Lehrstuhl für Kardiologie inne hat.

Prof. Dr. Constanze Schmidt ist seit dem 1. Juli 2025 Universitätsprofessorin für Kardiologie und neue Direktorin der Klinik der Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Prof. Schmidt ist aktuell die einzige Frau in Deutschland, die einen Lehrstuhl für Kardiologie inne hat.

Prof. Schmidt folgt damit auf Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, der Ende September 2024 nach 26 Dienstjahren an der UMG in den Ruhestand gegangen ist. In der Übergangsphase hatte Prof. Dr. Karl Toischer die kommissarische Leitung der Klinik übernommen.

Als klinisch und wissenschaftlich tätige Medizinerin ist es Prof. Schmidt ein persönliches Anliegen, die Perspektiven für Mediziner*innen bereits während der ärztlichen Weiterbildung im Hinblick auf die „Translationale Medizin“ zu verbessern, um Herzmedizin weiterzuentwickeln. „Die Translationale Medizin gewinnt einen immer größeren Stellenwert als wichtiges Verbindungselement von Forschung und Klinik mit dem Ziel, Forschungserkenntnisse für Patient*innen schnellstmöglich medizinisch nutzbar einzusetzen. Diese anwendbare medizinische Forschung verlangt dabei nicht nur fundierte grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse, sondern muss auch ethischen und vor allem medizinischen Sicherheitsansprüchen gerecht werden. Dies erfordert vielfältige Kompetenzen. Mein Ziel ist es, den Studierenden mit einem Interessenfokus für „Translationale kardiovaskuläre Medizin“ diese Kompetenzen aufzuzeigen und für die Herzmedizin zu motivieren“, sagt Prof. Schmidt. „Ich sehe die translationale Forschung in der kardiovaskulären Medizin als einen wesentlichen Baustein, um das Leben von Patient*innen zu verbessern, indem sie direkt von den neuesten Forschungserkenntnissen profitieren. Mit den Schwerpunkten atriale Kardiomyopathie, Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen möchte ich diesen Bereich im Herzzentrum der UMG, dem Heart & Brain Center Göttingen mit der Schnittstelle von Herz und Hirn sowie weiteren Partnereinrichtungen wie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislaufforschung hier am Standort weiterentwickeln“, so Prof. Schmidt.

Wissenschaftliche Schwerpunkte

Der translationale Forschungsfokus von Prof. Schmidt liegt auf dem Gebiet der „atrialen Kardiomyopathie“, einer krankhaften Veränderung der Herzvorhöfe, die zu Vorhofflimmern oder einem Schlaganfall führen kann. Sie untersucht die molekularen Ursachen der Erkrankung und die Entstehung der Rhythmusstörungen auf zellulärer Ebene. Ziel ist es, die Erkenntnisse aus grundlagenwissenschaftlichen Untersuchungen über Großtiermodelluntersuchungen bis hin zur klinischen Anwendung an Patient*innen zu überführen.

In den vergangenen 15 Jahren hat sie sich intensiv mit der Rolle der Zwei-Porendomänen (K2P)-Kaliumkanäle im menschlichen Herzen beschäftigt. Diese Kaliumkanäle sind in den Wänden der Herzmuskelzellen lokalisiert und dienen dem Durchtritt von Kaliumionen, den positiv geladenen Atomen des Kaliums, durch die Zellwand. Dieser Prozess ist für die Entstehung sogenannter Aktionspotenziale wichtig. Diese sind für elektrische Reizweiterleitung beziehungsweise die Signalweiterleitung ausschlaggebend und sorgen letztlich für die Kontraktion des Herzmuskels. Dabei konnte sie den K2P-Kaliumkanal TASK-1 als maßgeblichen Regulator des atrialen Aktionspotentials identifizieren. Dieser TASK-1-Kaliumkanal ist bei Patient*innen mit atrialer Kardiomyopathie in erhöhter Menge vorhanden. Dies führt zu einer Verkürzung des atrialen Aktionspotenzials und somit zu einer Entstehung von Vorhofflimmern. Im Rahmen eines von der Deutschen Herzstiftung e.V. geförderten Projektes ist es ihr gelungen, einen spezifischen Hemmstoff ausfindig zu machen, der TASK1-Kaliumkanäle blockiert, wodurch das atriale Aktionspotenzial verlängert wird. Eine therapeutische Anwendung dieses Hemmstoffs im Tiermodell hat gezeigt, dass das Vorhofflimmern unterdrückt werden konnte, woraufhin eine erste klinische Anwendung bei Patient*innen mit Vorhofflimmern durchgeführt wurde (DOCTOS-Studie). „Diese systematische Verfolgung eines wissenschaftlichen Weges von der Identifizierung eines Ionenkanals im Herzen bis hin zu einem therapeutisch anwendbaren Medikament ist ein wesentlicher Bestandteil meiner translationalen kardiovaskulären Forschung“, sagt Prof. Schmidt.

Auch im Bereich der interventionellen Elektrophysiologie, einem Spezialgebiet der Kardiologie, das sich mit der Untersuchung und Behandlung von Herzrhythmusstörungen durch gezielte Eingriffe beschäftigt, arbeitet sie an neuen therapeutischen Konzepten. Zur Behandlung des Vorhofflimmerns und bei Schenkelblöcken, welche eine teilweise oder vollständige Unterbrechung der elektrischen Reizweiterleitung im Inneren des Herzens verursachen, entwickelte sie die Methode, um die Gewebeleitfähigkeit durch Silber- oder Gold-Tattoos der Herzwände zu steigern. Diese „Herz-Tattoos“ führen zu einer gezielten Veränderung der Leitfähigkeit des Herzmuskels, wodurch Rhythmusstörungen dauerhaft synchronisiert und somit unterdrückt werden können. Die neu entwickelte Methode soll im Rahmen eines EU-geförderten Projekts im Rahmenprogramm „HORIZON 2020“ zu einer ersten Anwendung im Menschen geführt werden.

Lehre

Seit 2010 ist Prof. Schmidt in der Lehre tätig. Bei ihrer Lehrpraxis verfolgt sie das Konzept, dass Lehrende ihre langjährige Erfahrung und Fachkompetenz an die Lernenden vermitteln. Lernende sollen animiert werden, das Erlernte eigenständig anzuwenden und weiterzudenken. Sie können dabei durch ihre eigene Beschäftigung mit Wissen und der noch fehlenden Fachintegration den Lehrenden durch Fragen neue Perspektiven aufzeigen. Dies soll die Lehrenden wiederum zu neuen Forschungsaktivitäten motivieren, um das Wissen im Fachgebiet weiterzuentwickeln. Bei der Umsetzung dieses Konzepts setzt Prof. Schmidt auf interaktive Lehrformate wie dem Unterricht am Krankenbett und das problemorientierte Lernen, bei dem lebensechte Situationen aus dem Klinikalltag unter Anleitung und Begleitung der Lehrenden nachgespielt werden. Die Studierenden sollen dadurch lernen Wissenszusammenhänge zu erkennen und Problemlösungsfähigkeiten zu entwickeln. „Den Studierenden soll die Wissensvermittlung als ein sinnvoller, natürlicher und lebenslang wichtiger Bestandteil vorkommen. Lehrveranstaltungen sollen als persönlicher fachlicher Beschäftigungsfreiraum verstanden werden und nicht als starres Gerüst der Wissensaneignung mit dem Ziel einer erfolgreichen Lernkontrolle. Ich versuche hierfür immer wieder Ausblicke auf angestrebte Berufsziele und deren praktischen Alltag, aber auch grundlegende Praxisbezüge während der Lehrveranstaltung zu geben“, so Prof. Schmidt.

Zur Person

Constanze Schmidt, 1983 in Lüneburg geboren, hat nach dem Abitur von 2003 bis 2009 Humanmedizin sowie Physik an der Universität Göttingen studiert. Im Jahr 2011 promoviert sie zum Thema „Untersuchungen des visuellen Kortex zum Mechanismus der visuellen Fusion mittels funktioneller Magnetresonanztomographie aus neuroophthalmologischer Sicht". Von 2010 bis 2016 arbeitet sie als Assistenzärztin am Universitätsklinikum Heidelberg in der Abteilung Kardiologie und forscht parallel bis 2017 in der Arbeitsgruppe „Molekulare und translationale Elektrophysiologie“ unter Leitung von Prof. Dr. Hugo A. Katus. Im Jahr 2016 wird sie Fachärztin für Innere Medizin und habilitiert 2017 in diesem Fach zum Thema „Die kardiale Rolle und Funktion der Zwei-Porendomänen (K2P) Kaliumkanäle in der Arrhythmogenese des Vorhofflimmerns“. Sie gründet noch im selben Jahr eine eigene Arbeitsgruppe für „Atriale Arrhythmopathie und zelluläre Elektrophysiologie“. Nach einer Weiterbildung zur Fachärztin für Kardiologie und dem Erwerb der Zusatzqualifikation „Spezielle Rhythmologie, aktive Herzrhythmusimplantate“ im Jahr 2019 folgt die außerplanmäßige Professur im Jahr 2020 an der Universität Heidelberg. Ab 2021 arbeitet sie als Oberärztin für Innere Medizin und Kardiologie und leitet die Rhythmologische Station des Universitätsklinikums Heidelberg in der Abteilung für Kardiologie unter dem Ärztlichen Direktor Prof. Dr. Norbert Frey, bevor sie im Jahr 2022 den Ruf auf die Else Kröner Clinician Scientist Professur an der Universität Heidelberg für „Atriale Arrhythmopathie“ annimmt. Seit 1. Juli 2025 hat sie die Universitätsprofessur für Kardiologie inne und ist neue Direktorin der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG.

Auszeichnungen und Mitgliedschaften

Prof. Schmidt ist mehrfache Preisträgerin des Wettbewerbs „Jugend forscht“ und im Jahr 2001 Bundessiegerin des Wettbewerbs mit Preis des Bundespräsidenten für eine medizintechnische Erfindung sowie Gewinnerin des InnoStart-Ideenwettbewerbs der Universität Göttingen 2002. Neben verschiedenen Preisen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) wurde sie mit dem „Oskar-Lapp-Forschungspreis 2016“ für einen neuen therapeutischen Angriffspunkt zur Unterdrückung des Vorhofflimmerns ausgezeichnet. Im Jahr 2017 erhielt sie den „August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis“ der Deutschen Stiftung für Herzforschung für einen vielversprechenden Ansatz zur Entwicklung neuer wirksamerer Rhythmusmedikamente und wurde 2023 mit dem Wissenschaftspreis der Gertrud-Spitz-Stiftung für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Herzrhythmusstörungen geehrt.

Prof. Schmidt ist Leiterin der Arbeitsgemeinschaft „Herz – Hirn“ der DGK sowie der Arbeitsgemeinschaft „Zelluläre Elektrophysiologie“ (AG18) der DGK. Zudem war sie „Scientist of Tomorrow“ der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und ist momentan Fellow des ESC sowie der „European Heart Rhythm Association“. Darüber hinaus ist sie Mitglied in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), dem Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) und der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Neben Fachgesellschaften ist sie in verschiedenen Forschungskonsortien wie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und dem Sonderforschungsbereich (SFB) 1550 „Molekulare Schaltkreise von Herzerkrankungen“ verankert.

MaAB - Medizin am Abend Berlin Fortbildungen VOR ORT

Prof. Dr. Constanze Schmidt, Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Telefon 0551 / 39-67601, constanze.schmidt@med.uni-goettingen.de

Herzinsuffizienz

In ihrer Sonderausgabe zu Stoffwechselveränderungen bei Herzinsuffizienz veröffentlicht die kardiologische Fachzeitschrift „Nature Reviews Cardiology“ vier Artikel aus dem EU-geförderten Netzwerk COST Action EU-METAHEART sowie ein Editorial von Prof. Dr. Christoph Maack, dem Vorsitzenden des Konsortiums und Sprecher des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz (DZHI).


Zehn bis 20 Prozent der über 70-Jährigen in Europa leiden an Herzinsuffizienz, auch Herzschwäche genannt. 

Entweder pumpt ihr Herz nicht mehr stark genug oder es füllt sich nicht richtig. 

Bei einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion (HFrEF, Heart Failure with reduced Ejection Fraction) liegt in der Regel eine direkte Schädigung des Herzens vor, beispielsweise durch einen Herzinfarkt. 

Im Gegensatz dazu wird die Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion, kurz HFpEF (Heart Failure with preserved Ejection Fraction), häufig durch nicht herzspezifische Begleiterkrankungen wie Adipositas, Bluthochdruck und Niereninsuffizienz verursacht. 

Aber auch Diabetes ist ein wichtiger Risikofaktor. Umgekehrt kann Herzinsuffizienz Diabetes, Niereninsuffizienz und andere Erkrankungen begünstigen.

COST Action EU-METAHEART: EUropean network to tackle METAbolic alterations in HEART failure

Deshalb wird die Herzinsuffizienz inzwischen nicht mehr als isolierte Organerkrankung, sondern als Systemerkrankung des gesamten Körpers betrachtet. 

Das Herz steht in ständigem Austausch mit anderen Organen, beispielsweise über Hormone, Entzündungsprozesse und den Stoffwechsel. 

Der Stoffwechsel, auch Metabolismus genannt, umfasst insbesondere die Umwandlung von Nahrungsstoffen wie Zucker, Fetten und Aminosäuren in zelluläre Energie in den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen. Genau diese metabolischen Veränderungen bei Herzschwäche stehen im Forschungsfokus des Europäischen Netzwerks EU-METAHEART (EUropean network to tackle METAbolic alterations in HEART failure). METAHEART ist eine sogenannte COST Action (CA22169), die am 18. Oktober 2023 in Brüssel ihren Kick-off hatte und vier Jahre lang gefördert wird. COST steht für „European Cooperation in Science and Technology“, und Action für das geförderte Forschungsnetzwerk, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als 40 Ländern und mit unterschiedlichen Karrierestufen zu einem gemeinsamen Thema zusammenarbeiten.

Sonderausgabe von Nature Reviews Cardiology zu Stoffwechselveränderungen bei Herzinsuffizienz

Einen Überblick über die vier Forschungsschwerpunkte von METAHEART (Zellstoffwechsel im Herzmuskel, Stoffwechselveränderungen auf die Blutgefäße, Immunmetabolismus, Mechano-Energetik bei Herzinsuffizienz) liefert die aktuelle Sonderausgabe der renommierten kardiologischen Fachzeitschrift „Nature Reviews Cardiology“ zum Thema Stoffwechselveränderungen bei Herzinsuffizienz. Sie erschien im Rahmen des Kongresses der Society for Heart and Vascular Metabolism, der vom 22. bis 25. Juni in Bordeaux stattfand. Das Editorial schrieb Prof. Dr. Christoph Maack, Initiator von EU-METAHEART und Sprecher des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI), an dem er die Translationale Forschung leitet. Neben Maack sind eine Reihe weiterer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Klinikerinnen und Kliniker aus der Universitätsmedizin Würzburg an dem Netzwerk beteiligt.

Mechano-Energetik: Wenn Pumpfunktion und Energieversorgung aus dem Gleichgewicht geraten

Maacks Forschungsschwerpunkt ist die Mechano-Energetik bei Herzinsuffizienz, die in der vierten Arbeitsgruppe von METAHEART abgebildet wird. Im gesunden Herzen ist die Energieversorgung eng an den ständig wechselnden Bedarf angepasst. Bei Herzinsuffizienz kommt es jedoch zu einem Missverhältnis zwischen Energieversorgung und -bedarf. „Während dies bei Herzschwäche mit reduzierter Pumpfunktion vor allem auf eine verringerte Energieversorgung aufgrund von Defekten der Mitochondrien zurückzuführen ist, wird bei Herzschwäche mit erhaltener Pumpfunktion das anfangs noch gut funktionierende Herz mechanisch überlastet, beispielsweise durch hohen Blutdruck oder Übergewicht. In beiden Krankheitsbildern kommt es durch dieses Missverhältnis zu oxidativem Stress, der das Herz wiederum langfristig schädigt“, erklärt Christoph Maack. Klassische Medikamente wie ACE-Hemmer, Betablocker oder sogenannte ARNI helfen vor allem bei eingeschränkter Pumpfunktion. 

MaAB-CAVE: 

Bei erhaltener Pumpfunktion wirken sie dagegen weniger gut. Maack ergänzt: „Diese Form der Herzschwäche ist derzeit eine unserer größten therapeutischen Herausforderungen.“

Therapieansätze, die schädlichen Sauerstoffstress in Herzmuskelzellen hemmen

Es gibt jedoch neue Therapieansätze, die gezielt am Stoffwechsel ansetzen und sich auch positiv auf Herzschwäche mit erhaltener Pumpfunktion auswirken. Dazu zählen beispielsweise SGLT-2-Hemmer und GLP-1-Rezeptor-Agonisten, die ursprünglich für die Behandlung von Diabetes entwickelt wurden. Diese positiven Effekte hängen vermutlich mit einer besseren Energieverwertung im Körper und im Herzen zusammen. Auch bei der Mechano-Energetik spielen die Mitochondrien eine wichtige Rolle. Sind diese energetisch überlastet oder arbeiten im weiteren Verlauf nicht mehr richtig, entstehen vermehrt reaktive Sauerstoffspezies (ROS). Diese stören die elektrische Steuerung und das Zusammenziehen des Herzens, also die elektromechanische Kopplung. Zudem werden schädliche Signalwege aktiviert, die zu Umbauprozessen des Herzens führen und dessen Struktur und Funktion weiter verschlechtern. In Tierversuchen zeigen neue Therapieansätze, die oxidativen Stress in den Zellen hemmen, vielversprechende Ergebnisse. In der Praxis sind diese Therapien allerdings noch nicht angekommen.

„Trotz bedeutender Fortschritte in der Forschung übersteigt die Komplexität des Stoffwechsels und die wechselseitige Abhängigkeit regulatorischer Mechanismen häufig die Möglichkeiten einzelner Disziplinen und Institutionen. Daher sind Konsortien wie METAHEART so wichtig, in denen Forschungsinitiativen in ganz Europa vernetzt werden“, betont Christoph Maack.

Einfluss von Stoffwechselveränderungen auf Blutgefäße, Zellstoffwechsel im Herzmuskel und Immunmetabolismus

Die Arbeitsgruppe „Vaskuläre (Dys-)Funktion“, der auch einige Mitglieder der früheren COST Action EU-CARDIOPROTECTION (CA16225) angehören, analysiert den Einfluss von Stoffwechselveränderungen auf die Blutgefäße. Während es bei HFrEF aufgrund von Verengungen oder Verschlüssen oft in den großen Herzkranzgefäßen zu Durchblutungsstörungen kommt, ist bei HFpEF eher die Durchblutung in den kleinen Gefäßen des Herzmuskels gestört. In beiden Fällen bekommt der Herzmuskel zu wenig Blut und Sauerstoff und kann nicht mehr richtig arbeiten. Umgekehrt kann eine Herzschwäche die Durchblutung des Herzens verschlechtern – ein Teufelskreis.

Eine weitere Arbeitsgruppe untersucht, ob und wie Zwischenprodukte des Stoffwechsels die Herzmuskelzellen zusätzlich belastet. Metabolische Zwischenprodukte stehen im Verdacht, die Funktion wichtiger Eiweiße im Herzmuskel zu verändern und den Transport und Austausch von elektrisch geladenen Teilchen - sogenannten Ionen - wie zum Beispiel Kalzium, Natrium und Kalium in und aus den Herzmuskelzellen sowie die Energieübertragung zu stören. 

Dies erhöht den oxidativen Stress und schwächt das Herz langfristig. In der dritten Arbeitsgruppe, der Arbeitsgruppe „Immunmetabolismus“, steht das Zusammenspiel zwischen Stoffwechselveränderungen und Entzündungsprozessen im Vordergrund. Ist das Herz gestresst, reagiert das Immunsystem. Abwehrzellen wandern in den Herzmuskel ein und können, je nach Stoffwechsel, Entzündungen fördern oder hemmen. Diese Interaktionen zwischen Herz und Immunsystem werden auch im Sonderforschungsbereich SFB 1525 (Sprecher: Prof. Dr. Stefan Frantz) am Universitätsklinikum Würzburg intensiv erforscht.

Zukunftsfähigkeit des gesamteuropäischen Wissenschaftsraums stärken

Insgesamt sind Forscherinnen und Forscher aus 43 Ländern an METAHEART beteiligt, darunter 22 sogenannte ITCs. ITC steht für „Inclusiveness Target Countries“. Diese Länder gehören im Hinblick auf Forschung und Entwicklung zu den strukturschwächeren in Europa. Damit alle gleichermaßen vom wissenschaftlichen Austausch profitieren, müssen bei jeder COST Action mindestens 50 Prozent der beteiligten Länder ITCs sein. Ebenso ausgewogen sollte die Vertretung von Frauen und Männern in den Forschungsnetzwerken und Führungspositionen sein. Ein weiterer wichtiger Punkt der COST Actions ist die Förderung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, den sogenannten YRI, was für Young Researchers and Innovators steht. Damit soll der Wissenstransfer gesichert und die Zukunftsfähigkeit des gesamteuropäischen Wissenschaftsraums gestärkt werden.

Short-Term Scientific Missions (STSM)

Eine wichtige und beliebte Maßnahme der COST Actions sind die Kurzzeit-Forschungsaufenthalte, sogenannte Short-Term Scientific Missions (STSM). „Je nach wissenschaftlicher Fragestellung, Versuchsanordnung und Budget können unsere YRIs für einige Wochen ein wissenschaftliches Praktikum in einem anderen Labor absolvieren“, berichtet STSM-Koordinatorin Prof. Dr. Katrin Streckfuß-Bömeke. Die Professorin für Molekulare Pharmakologie am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg ist Expertin für Erkrankungen des Herzmuskels, sogenannte Kardiomyopathien (siehe PM). Durch die STSM findet laut Streckfuß-Bömeke ein großer wissenschaftlicher Austausch innerhalb Europas statt. Ziel ist, dass jede Mission zu einer nachhaltigen Zusammenarbeit zwischen zwei Arbeitsgruppen führt. Es müsse ja kein riesiges Projekt sein, aber eine gemeinsam erarbeitete Abbildung in einem Paper oder ein gemeinsames Review seien schon toll, vor allem, wenn es von YRIs aus einem Eingliederungszielland kommt.

Drei Tage Training School und zwei Tage Konferenz in Würzburg

Neben den STSM profitieren die jungen Forschenden auch von Konferenzen, Workshops und Trainings. So fand im September 2024 in Würzburg eine dreitägige Training School mit 24 jungen Talenten aus verschiedenen Ländern statt, an die sich eine zweitägige Konferenz anschloss. Die Teams von Christoph Maack und Katrin Streckfuß-Bömeke gaben den YRIs in den Laboren des DZHI Kurse zu den Methoden Ionoptix, Oroboros und Seahorse, die sowohl theoretische als auch praktische Inhalte umfassten. Dabei wurden sie von Vertretern der Gerätefirmen unterstützt, die eigens dafür angereist waren. Zusätzlich wurden Mentoring-Vorträge und -Gespräche für die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angeboten.

„In Europa gibt es viele exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem Gebiet Metabolismus und Herzinsuffizienz. Aber die Fäden laufen oft in Würzburg zusammen. Die Kombination verschiedener Techniken auf dem Gebiet des Metabolismus ist hier einzigartig“, so Katrin Streckfuß-Bömeke, die bis 2021 in Göttingen geforscht hat. „Wir arbeiten mit Humangewebe, Mausgewebe und humanen Stammzellmodellen. Viele Länder haben nicht die Möglichkeit, all diese Modellsysteme und humanen Ressourcen zu nutzen.“

Die COST Action EU-METAHEART wird mit über 200.000 Euro pro Jahr für die genannten Netzwerkaktivitäten gefördert. Für ihr Engagement als Mitglieder des sogenannten Management Committee (MC) erhalten Streckfuß-Bömeke und Maack selbst keine direkten Fördergelder. Ihre Arbeit ist jedoch eine Investition in die Zukunft. So werden Kooperationspartner gefunden und neue Anträge für gemeinsame Projekte eingereicht. „Dieses Niveau, das in so kurzer Zeit erreicht wurde, und der Spirit, mit dem die Leute interagieren, habe ich so noch nie gesehen“, freut sich Katrin Streckfuß-Bömeke. Christoph Maack ergänzt: „Mit EU-METAHEART ist eine ganz neue Community entstanden. Man spürt förmlich, wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die Themen Metabolismus und Herzinsuffizienz brennen. Jetzt haben sie endlich eine Plattform, auf der sie gemeinsam viel bewegen können.“

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Prof. Dr. Christoph Maack

maack_c@ukw.de

Originalpublikation:
https://www.nature.com/articles/s41569-025-01181-8
https://www.nature.com/articles/s41569-025-01167-6
https://www.nature.com/articles/s41569-025-01165-8
https://www.nature.com/articles/s41569-025-01163-w
https://www.nature.com/articles/s41569-025-01166-7