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Fortbildung Orthopaedieschuhmacher

Menschen mit einem Diabetischen Fußsyndrom (DFS) haben ein besonders hohes Risiko für Wunden, Infektionen und Amputationen. 

Eine wichtige Rolle bei der Prävention und Behandlung spielen passgenaue orthopädische Hilfsmittel. 

Die schuhtechnische Versorgung von Menschen mit DFS gehört zum Leistungsspektrum von Orthopädieschuhmachern. 

Bislang gab es keinen Qualifikationsnachweis derjenigen, die auf diese Versorgung von Menschen mit DFS spezialisiert sind. 

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) bietet eine neue Fortbildung an: Das Zertifikat „Orthopädieschuhmacher*in DDG“ vermittelt notwendige medizinische, technische und psychosoziale Grundlagen.

Bei einem vorliegenden DFS sind Betroffene auf eine individuelle und ganzheitliche Versorgung angewiesen. Da sie aufgrund ihrer Erkrankung häufig kein hinreichendes Schmerzempfinden mehr in den Füßen haben, nehmen sie Druckstellen oder Verletzungen oft nicht oder nicht rechtzeitig wahr, was zu schwerwiegenden Folgen wie chronischen Wunden und schließlich sogar Amputationen führen kann. „Die Versorgung von Menschen mit Verlust von Warnsymptomen infolge dieser sogenannten Polyneuropathie ist komplex und erfordert nicht nur handwerkliches Können, sondern auch ein besonderes Verständnis für die Krankheitsdynamik und den Umgang mit den Betroffenen“, erklärt Dr. med. Michael Eckhard, Vorsitzender der AG Fuß der DDG.

Zertifikat schafft Qualität und Sichtbarkeit
Die Fortbildung „Orthopädieschuhmacher*in DDG“ soll nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch eine bessere Sichtbarkeit für spezialisierte Betriebe schaffen. „Viele Betroffene wissen gar nicht, worauf sie achten müssen, wenn sie sich orthopädische Einlagen oder Schuhe anfertigen lassen. Und auch Ärztinnen, Ärzte und Kostenträger brauchen eine klare Orientierung, um qualifizierte Versorger zu identifizieren“, erklärt Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Vorsitzender des Ausschusses „Qualitätssicherung, Schulung & Weiterbildung“ (QSW). Das neue Zertifikat soll hier eine verlässliche Qualitätskennzeichnung für alle Beteiligten bieten.
Dass eine fachgerechte Schuhversorgung entscheidend ist, belegen auch Zahlen: „Studien zeigen, dass 34 bis 50 Prozent derjenigen, die einmal eine Fußwunde hatten, innerhalb von 3 Jahren eine erneute sogenannte Fußläsion entwickeln – nach 10 Jahren sind es fast 70 Prozent“, sagt Leo Lelgemann, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß der DDG und einer der „Architekten“ des nun vorliegenden Fortbildungskurses. Auch die Sterblichkeit ist alarmierend hoch: „Nach einer Majoramputation – also einer Entfernung des Fußes oder Beines auf Höhe von Unterschenkel, Knie oder Oberschenkel – liegt die 5-Jahres-Mortalität bei über 50 Prozent. Das zeigt, wie dringend wir qualifizierte Versorger brauchen, die frühzeitig helfen können, um Lebensqualität und Lebenserwartung zu steigern.“

Neue Standards für die Ausbildung
Bisher ist die DFS-spezifische Versorgung kein fester Bestandteil der Orthopädieschuhmacher-Ausbildung. „In der Meisterschule habe ich nach einem Curriculum von 1998 gelernt – seitdem hat sich aber enorm viel getan“, berichtet Lelgemann. „Die bisherigen Ausbildungsinhalte zum DFS sind oft zu vage. Es heißt, ein DFS-Schuh müsse weit genug und gut gepolstert sein – aber was heißt das konkret? Genau hier setzt unsere neue DDG Fortbildung an und liefert mehr Detailinformationen.“ Neben aktuellen medizinischen Erkenntnissen und handwerklichem Know-how vermittelt die Fortbildung auch, wie man Patientinnen und Patienten mit DFS besser erreicht. „Viele Betroffene verstehen die Tragweite ihrer Erkrankung nicht oder sind unsicher im Umgang mit orthopädischen Hilfsmitteln. Eine erfolgreiche Versorgung bedeutet daher immer auch gute Kommunikation“, betont Lelgemann.

Interdisziplinärer Austausch als Schlüssel zum Erfolg
Ein weiteres Ziel der Fortbildung ist der Aufbau eines Netzwerks aus spezialisierten Orthopädieschuhmacher-Betrieben, medizinischem Fachpersonal und anderen Fachgruppen. „Die Versorgung des Diabetischen Fußsyndroms ist eine Teamaufgabe“, sagt Angelika Deml, Diabetesberaterin DDG, Wundassistentin DDG und Podologin DDG aus Regensburg. „Mit der neuen Fortbildung wollen wir nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch den Austausch unter Expertinnen und Experten fördern und Betroffenen eine lückenlose Versorgungskette von Diagnostik über Therapie bis hin zur adäquaten Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln zur Verfügung stellen“, so DDG Präsident Professor Dr. med. Andreas Fritsche.

Interessierte können sich ab sofort für die Fortbildung anmelden. Weitere Informationen:


https://www.ddg.info/qualifizierung/orthopaedieschuhmacherin-ddg
https://ag-fuss-ddg.de/die-ddg/arbeitsgemeinschaften/team-vorstand-ag-diabetisch...

Originalpublikation:
Morbach, S., Hochlenert, D. & Eckhard, M. Aktueller Stand bezüglich des diabetischen Fußsyndroms in Deutschland. Diabetologie 20, 1–10 (2024).
https://doi.org/10.1007/s11428-023-01140-2

Bauchspeicheldrüsenkrebs

Ein Forschungsteam der Universitätsmedizin Magdeburg entdeckt vielversprechende Wirkstoffkombination

Bauchspeicheldrüsenkrebs zählt zu den aggressivsten Krebserkrankungen mit einer sehr schlechten Prognose. Einer der Hauptgründe dafür ist die Fähigkeit der Tumorzellen, sich dem programmierten Zelltod (Apoptose) zu entziehen. Ein Forschungsteam der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg hat nun eine neue Substanz entwickelt, die gezielt in diesen Mechanismus eingreift und die Wirksamkeit bestehender Krebstherapien verbessern könnte. Die Ergebnisse der aktuellen Studie wurden im Fachjournal Communications Biology veröffentlicht.

Apoptose ist ein essenzieller biologischer Prozess, der sowohl die Entwicklung gesunder Organismen als auch die Eliminierung geschädigter oder entarteter Zellen steuert. Eine Fehlregulation dieses Mechanismus kann zur Entstehung zahlreicher Erkrankungen beitragen, darunter Krebs. „Alle Krankheiten in unserem Körper sind mit einer Fehlsteuerung der Apoptose verbunden. Um neue, spezifische Therapien zu entwickeln, ist es wichtig, Substanzen zu entwickeln, die die Apoptose entweder hemmen oder fördern“, erklärt Prof. Dr. habil. Inna Lavrik, Leiterin der Forschungsgruppe Translationale Entzündungsforschung an der Universität Magdeburg.

Neue Wirkstoffkombination verstärkt Tumorzelltod

Um gezielt in den Apoptosemechanismus einzugreifen, kombinierte das Forschungsteam computerbasierte Verfahren mit experimentellen Analysen. Im Zentrum der Studie stand das Protein c-FLIPL, ein wichtiger Regulator der Apoptose. Das Forschungsteam entwickelte den Wirkstoff FLIPinB, der gezielt an dieses Protein bindet und so einen wichtigen Prozess in Gang setzt: Er aktiviert das Enzym Caspase-8, das den Zelltod in Krebszellen auslöst. Durch diese gezielte Beeinflussung wird der natürliche Mechanismus der Apoptose reaktiviert, den Tumorzellen oft umgehen, um unkontrolliert weiterzuwachsen.

In der aktuellen Studie wurde FLIPinB außerdem mit zwei weiteren Medikamenten kombiniert, die bereits in der Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs eingesetzt werden: dem Chemotherapeutikum Gemcitabin und dem Mcl-1-Hemmer S63845. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Wirkstoffkombination die Bildung eines entscheidenden Proteinkomplexes – Komplex II – verstärkt, der den Zelltod in Tumorzellen auslöst. In Laborexperimenten führte diese gezielte Behandlung zu einer signifikanten Reduktion von Tumorzellen, während gesunde Zellen weitgehend unbeeinflusst blieben.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir durch die gezielte Beeinflussung der Apoptose-Regulatoren neue therapeutische Wege für Bauchspeicheldrüsenkrebs eröffnen können. Die Kombination aus FLIPinB, Gemcitabin und Mcl-1-Inhibitoren könnte die Wirksamkeit der Behandlung deutlich verbessern und gleichzeitig Nebenwirkungen reduzieren“, fasst Prof. Lavrik zusammen.

Die Erkenntnisse aus dieser Studie bieten eine vielversprechende Grundlage für weiterführende präklinische und klinische Untersuchungen. Langfristig könnte diese Strategie dazu beitragen, wirksamere und besser verträgliche Therapien für Bauchspeicheldrüsenkrebs zu entwickeln.

Forschungsgruppe Translationale Entzündungsforschung:
Die Forschungsarbeit der Arbeitsgruppe Translationale Entzündungsforschung an der Universitätsmedizin Magdeburg zeichnet sich durch ihre interdisziplinäre Herangehensweise aus. Forschende aus den Bereichen Apoptose, Entzündungsforschung, Strukturbiologie, Pharmakologie und Systembiologie arbeiten gemeinsam an innovativen Ansätzen zur Krebsbekämpfung. In enger Kooperation mit weiteren Fakultäten der Universität Magdeburg und dem Max-Planck-Institut am Forschungszentrum Dynamische Systeme – Biosystemtechnik (CDS) nutzen sie mathematische Modellierung und experimentelle Medizin, um neue therapeutische Strategien zu entwickeln.

Die Forschung wird gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

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Prof. Dr. Inna Lavrik, Leiterin AG Translationale Entzündungsforschung, Forschungszentrum Dynamische Systeme (CDS), Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Tel.: +49 391 67-54767, Inna.lavrik@med.ovgu.de

Originalpublikation:
König C, Ivanisenko NV, Ivanisenko VA, Kulms D, Lavrik IN. Pharmacological targeting of caspase-8/c-FLIPL heterodimer enhances complex II assembly and elimination of pancreatic cancer cells. Commun Biol. 2025 Jan 3;8(1):4. doi: 10.1038/s42003-024-07409-6. PMID: 39753884; PMCID: PMC11698904.

Die neuen palliativmedizinischen Tageskliniken

 https://seele-tagesklinik.de/


Innovationsfondsprojekt SEELE: 

Bessere Versorgung für Palliativpatientinnen und -patienten
Gesundheitsministerin Müller würdigt bei Auftaktveranstaltung neue Versorgungsform / Aufbau von vier Tageskliniken in Potsdam, Rüdersdorf, Neuruppin und Eberswalde geplant

Mit einem Innovationsfondsprojekt soll in Brandenburg künftig die Lücke zwischen ambulanter und stationärer Palliativversorgung geschlossen werden. Gesundheitsministerin Britta Müller gab bei einer Auftaktveranstaltung am heutigen Freitag in Potsdam den offiziellen Startschuss für das Projekt SEELE „Palliativmedizinische Tagesklinik – Selbstständigkeit und Lebensqualität“. Es sieht den Aufbau von zunächst vier palliativmedizinischen Tageskliniken an den Standorten Potsdam, Rüdersdorf, Eberswalde und Neuruppin vor, in denen Patientinnen und Patienten mit schweren Symptomen alle nötigen Therapien bedarfsgerecht und gebündelt angeboten bekommen, ohne stationär in einer Klinik aufgenommen oder spezialisiert ambulant behandelt werden zu müssen. Insbesondere in ländlichen Gegenden sollen damit Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen entlastet werden, weil lange Anfahrtswege für Untersuchungen und Therapien an verschiedenen Standorten damit entfallen.

Gesundheitsministerin Britta Müller: Schwerstkranke Menschen bedürfen einer besonders spezialisierten palliativmedizinischen Behandlung, die von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten kaum zu leisten ist. Als Folge müssen vor allem im ländlichen Brandenburg Patientinnen und Patienten häufig stationär aufgenommen werden, um alle nötigen Therapien zu erhalten. In diese Lücke wollen wir jetzt mit dem Innovationsprojekt SEELE stoßen. Künftig können wir an vier Standorten im Land gebündelt eine medizinische, therapeutische und psychosoziale Behandlung anbieten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Bevölkerung immer älter wird und damit auch der Bedarf an Palliativversorgung steigen wird, ist dieses Konzept innovativ und zukunftsweisend!“

Die neuen palliativmedizinischen Tageskliniken sollen an folgenden Standorten entstehen:

·         Alexianer St. Josefs Krankenhaus, Potsdam

·         Immanuel Klinik Rüdersdorf, Universitätsklinikum der Medizinischen Hochschule Brandenburg, Rüdersdorf

·         GLG Werner Forßmann Klinikum, Eberswalde

·         ukrb - Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg, Universitätsklinikum der Medizinischen Hochschule Brandenburg, Neuruppin

Um eine umfassende Versorgung zu gewährleisten, sollen in den palliativmedizinischen Tageskliniken Expertenteams unter anderem aus den Bereichen Palliativmedizin, Palliativpflege, Sozialer Arbeit und Psychoonkologie gebildet werden. Eine Koordinatorin oder ein Koordinator plant und organisiert eine bedarfsgerechte Behandlung der Patientinnen und Patienten.

Ziele des Projekts SEELE sind unter anderem eine Reduzierung vermeidbarer Krankenhausaufenthalte, ein effizienterer Einsatz von Ressourcen in der Palliativmedizin sowie eine bedarfsgerechtere Versorgung.

Das auf dreieinhalb Jahre angelegte Innovationsfondsprojekt SEELE wird durch den Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss mit rund 5,2 Millionen Euro gefördert. Parallel wird es von der Medizinischen Hochschule Brandenburg „Theodor Fontane“ und der Technischen Universität Berlin evaluiert und von der JGM GmbH in Nuthetal administrativ begleitet. Weitere Partner sind die AOK Nordost als Konsortialpartner und die IKK Brandenburg und Berlin als Kooperationspartner.

Mehr Informationen im Internet:

https://seele-tagesklinik.de/

https://innovationsfonds.g-ba.de/projekte/neue-versorgungsformen/seele.637

Früherkennung der Alzheimer-Krankheit

Zur Früherkennung der Alzheimer-Krankheit sind sogenannte p-Tau-Proteine im Blut nicht so krankheitsspezifisch wie bisher angenommen: 

Auch bei Menschen mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS) sind die Biomarker im Blut erhöht. 

 Für ein effektives Alzheimer-Screening der Allgemeinbevölkerung müssen demnach erst genauere Tests entwickelt und validiert werden. Das sind Ergebnisse einer multizentrischen Studie mit 385 Proband:innen unter Leitung der Universitätsmedizin Halle in Kooperation mit den neurologischen Zentren der Universitäten Mailand (Italien), Mannheim und Ulm. Die Arbeit ist in der Fachzeitschrift "Nature Communications" erschienen.

Die Tau-Protein-Varianten p-Tau 181 und 217 gelten als frühe Warnsignale für Alzheimer, wenn sie vermehrt im Nervenwasser auftreten. 


Das Verfahren, mittlerweile Teil der diagnostischen Kriterien, ist mit der Lumbalpunktion aber eine für die Patient:innen belastende Prozedur. 


Neuere Arbeiten haben gezeigt, dass sich p-Tau-Proteine mit hochempfindlichen Methoden auch im Blut von Alzheimer-Betroffenen nachweisen lassen, was die Diagnose wesentlich erleichtern würde. 


„Die Fachwelt erwartete einen Durchbruch, der eine minimalinvasive und kostengünstige Alzheimer-Früherkennung für die breite Bevölkerung ermöglichen könnte“, erklärt Prof. Dr. Markus Otto, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Neurologie an der Universitätsmedizin Halle. 


Neben der Alzheimer-Krankheit erforscht er die Früherkennung weiterer Nervenkrankheiten, bevor klinische Symptome auftreten. Dazu gehört zum Beispiel die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), eine degenerative neuromuskuläre Erkrankung des motorischen Nervensystems.

„Uns fiel auf, dass die Konzentrationen von p-Tau 181 im Blut von ALS-Patient:innen erhöht war, nicht aber im Nervenwasser, wie man es von Menschen mit Alzheimer kennt. 

Um dem Phänomen genauer auf den Grund zu gehen, haben wir die bisher größte Studie zu diesem Thema initiiert“, erklärt der Neurologe Otto. In Zusammenarbeit mit Kolleg:innen der Universitäten Mailand, Mannheim und Ulm, wurden 111 Alzheimer-Patient:innen sowie 152 ALS-Erkrankte untersucht und mit 122 Kontrollpersonen ohne Anzeichen für eine Alzheimer- oder ALS-Erkrankung verglichen.

p-Tau: Nicht so Alzheimer-spezifisch wie erhofft, aber trotzdem relevant

Der Verdacht bestätigte sich und das Forschungsteam machte weitere Entdeckungen: 


„Bei ALS sind die Werte von p-Tau 181 im Blut mindestens so hoch wie bei Alzheimer. 

Wir konnten außerdem erstmalig zeigen, dass auch p-Tau 217 in ALS-Fällen erhöht ist. Unsere Studie bestätigt zum einen, dass die beiden erhofften Bluttests zur Alzheimer-Früherkennung nicht so spezifisch sind wie ursprünglich angenommen. Zum anderen haben wir damit mögliche Biomarker für ALS gewonnen, die sich für die Früh- und Verlaufsdiagnostik oder zur Wirkungskontrolle neuer Medikamente eignen könnten. Was auf den ersten Blick wie ein Rückschlag für die Alzheimer-Diagnostik aussieht, könnte uns beim Verständnis und der Behandlung von ALS und anderen Muskelerkrankungen weiterbringen“, erklärt Dr. Samir Abu Rumeileh, Erstautor der Studie sowie Oberarzt und Clinician Scientist in der Neurologie der Universitätsmedizin Halle.

Die p-Tau-Proteine blieben wertvolle Kandidaten für eine Alzheimer-Frühdiagnose mittels Bluttest, so die Autor:innen der Studie. „Man kann damit noch immer eine Alzheimer-Pathologie erkennen, aber eben nicht so präzise, wie man sich das wünscht und wie es gerne propagiert wird. Wenn der Test positiv ausfällt, hätte man beispielsweise die Möglichkeit, mit neuropsychologischen und bildgebenden Verfahren oder einer Nervenwasseranalyse genauer nachzuprüfen. Wir befürchten aber, dass so ein Screening-Verfahren nur bedingt einsatzfähig ist, da die Krankheitsparameter in diesen frühen Phasen stark überlappen“, erklärt Prof. Otto. Angesichts neuartiger Antikörpertherapien gegen Alzheimer, wie sie in den USA bereits zugelassen sind und für Europa erwartet werden, bleibe es ein enorm wichtiges Ziel der Forschung, Betroffene frühzeitig und effizient zu identifizieren – denn nur eine frühe Behandlung ist derzeit erfolgversprechend.

Entgegen bisheriger Annahme: Gehirn ist nicht die einzige mögliche p-Tau-Quelle

Massenspektrometrie-Analysen sowie immunhistologische Verfahren aus Gewebe zeigten, dass das Muskelgewebe von ALS-Patient:innen selbst in der Lage ist, p-Tau zu produzieren. „Die Annahme, dass diese Blutmarker ausschließlich aus dem Gehirn stammen können, trifft offenbar nicht zu“, fasst Prof. Otto zusammen.

Möglicherweise könnten weitere Gewebe und Erkrankungen, insbesondere neuromuskuläre Erkrankungen, die Werte beeinflussen. Diese Erkenntnisse fordern etablierte Theorien zur Entstehung von Tau bei Alzheimer heraus und werden die Wissenschaft in nächster Zeit weiter beschäftigen.

Hintergrund

Die Suche nach einfachen und zuverlässigen Methoden zur Alzheimer-Früherkennung beschäftigt Forschende weltweit. Eine Schlüsselrolle dabei spielt das Tau-Protein, das normalerweise die langen Leitungsbahnen der Nervenzellen stützt. Bei Alzheimer-Betroffenen ist das Protein krankhaft verändert, es löst sich von den Nervenzellen und verklebt miteinander. Dadurch entstehen krankheitstypische Ablagerungen, die die Zellkommunikation stören und Nervenzellen absterben lassen. Erst im späteren Krankheitsverlauf treten die charakteristischen Symptome wie kognitive Beeinträchtigungen auf.

Die Studie wurde im Rahmen des Clinician Scientist Programms der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Thierry Latran Foundation gefördert.

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Universitätsmedizin Halle
Universitätsklinik und Poliklinik für Neurologie
Prof. Dr. Markus Otto, Direktor
Dr. Samir Abu Rumeileh, Oberarzt
neurologie@uk-halle.de

Originalpublikation:
Abu-Rumeileh, S., Scholle, L., Mensch, A. et al. Phosphorylated tau 181 and 217 are elevated in serum and muscle of patients with amyotrophic lateral sclerosis. Nat Commun 16, 2019 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-57144-7
Weitere Informationen finden Sie unter
Universitätsklinik und Poliklinik für Neurologie an der Universitätsmedizin Halle

Behandlung der neurologischen Bewegungsstörung bei Klavierprofis

MHH-Neurologin erforscht Ursachen und sucht mögliche Behandlung der neurologischen Bewegungsstörung bei Klavierprofis


Wer das Musizieren zum Beruf machen möchte, muss vor allem eines: üben. Schon vor dem Musikstudium verbringen Kinder und Jugendliche, die eine solche Laufbahn anstreben, durchschnittlich 10.000 Stunden am Instrument. Und auch als Profi sind mindestens drei bis vier Stunden Übungszeit Pflicht. Doch das kann Spuren hinterlassen: die sogenannte Musikerdystonie. Diese neurologische Bewegungsstörung führt zum Beispiel zu Verkrampfungen der Fingermuskulatur und zum Verlust der Koordinations- und Kontrollfähigkeit beim Spielen des Instruments. Betroffen sind etwa ein bis zwei Prozent der Berufsmusikerinnen und -musiker. Aber auch Laien können die feinmotorischen Fertigkeiten verlieren, die für das Spielen ihres Instrumentes unabdingbar sind. Die Ursachen der Erkrankung sind bislang noch nicht geklärt, jedoch spielt neben Veranlagung und dem Übungsverhalten vor allem das neuronale Netzwerk im Gehirn eine wichtige Rolle.

Jetzt möchte Dr. Johanna Doll-Lee mit ihrem Forschungsteam Licht ins Dunkel bringen. Die Assistenzärztin an der Klinik für Neurologie mit Klinischer Neurologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) erforscht Bewegungsstörungen und untersucht mit ihrem Projekt „Bewegungsbeobachtung und -vorstellung bei Musikerdystonie“ die Gehirnaktivität von Dystonie-betroffenen Profimusikerinnen und -musikern. Ihr Ziel ist dabei, das Problem langfristig auch ursächlich und nachhaltig behandeln zu können. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Vorhaben mit rund 270.000 Euro und ermöglicht der Ärztin über zwei Jahre eine Freistellung aus der Klinik, um sich vollständig ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu widmen.

Starke Belastung durch schnelle und wiederholte Bewegung

Dass die Erkrankung eine Profikarriere beenden kann, musste schon Robert Schumann erfahren. Als junger Konzertpianist übte er so intensiv, bis der Mittelfinger seiner rechten Hand begann, sich beim Klavierspielen unwillkürlich zu beugen und ihn daran hinderte, Tonleitern und schnelle Abläufe auf dem Klavier zu spielen. Schumann musste umsatteln, wurde Komponist und schrieb sogar Klavierstücke, bei denen der rechte Mittelfinger nicht zum Einsatz kommt. „Vor allem immer wiederkehrende und schnelle Bewegungen, die räumlich und zeitlich sehr präzise sein müssen, können ein Risiko für die Entwicklung einer Musikerdystonie darstellen“, erklärt Dr. Doll-Lee, selbst gelernte Konzertpianistin. „Deshalb sind zum Beispiel Geigen- und Klavierprofis davon besonders häufig betroffen.“

Botox-Behandlung lindert die Symptome

Behandelt werden die Symptome mit dem Bakteriengift Botulinumtoxin A, umgangssprachlich Botox genannt. Eine Spritze in die betroffene Muskulatur verabreicht, reduziert der Wirkstoff die Überaktivierung und damit die unwillkürliche Verkrampfung von Muskeln beim Spielen. Die Behandlung ist allerdings anspruchsvoll, da nicht nur für jeden Fall die individuell richtige Dosis, sondern per Ultraschall auch der tatsächlich betroffene Muskelstrang gefunden werden muss. Die hierfür nötige umfangreiche Expertise ist weltweit nur an wenigen Orten vorhanden, etwa an der Spezialambulanz des Instituts für Musikphysiologie und Musikermedizin an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Kooperationspartner des Projektes. „Das Institut ist das älteste für musikerspezifische Erkrankungen und bietet seit Jahrzehnten eine internationale Anlaufstelle für Musikerinnen und Musiker aus aller Welt mit spielbedingten Beschwerden“, sagt Dr. Doll-Lee. „Aufgrund dieser einzigartigen Zusammenarbeit kann ich über Städte- und Ländergrenzen hinweg eine ausreichende Anzahl an Musikerdystonie-Betroffenen rekrutieren, so dass meine Untersuchungen aussagekräftig sind.“

Vorstellungskraft und Spiegelneuronen

Für ihre Studie konzentriert sich Dr. Doll-Lee auf rechtshändige Pianistinnen und Pianisten mit und ohne Musikerdystonie. In Voruntersuchungen hat die Neurologin über bildgebende Studien festgestellt, dass aufgabenspezifische Dystonien wie die Musikerdystonie letztlich eine neuronale Netzwerkerkrankung sind. Sie betrifft die Nervenzellen der Großhirnrinde, des Kleinhirns und der Basalganglien – eine Ansammlung von Nervenzellen tief im Gehirn, die eine flüssige Muskelbewegung und Veränderungen der Haltung koordinieren.

Um die Krankheit besser zu verstehen, möchte sie nun untersuchen, was sich im Gehirn von Betroffenen abspielt, während sie schnelle Tonleitern spielen – eine problematische Aufgabe für Dystonie-Betroffene. Weil das Spielen auf einem Konzertflügel während einer MRT-Untersuchung nicht möglich ist, bedient sich die Neurologin der Vorstellungskraft der Musikerinnen und Musiker und deren Spiegelneuronen. Das sind Nervenzellen, die beim bloßen Betrachten einer Aktion im Gehirn das gleiche Aktivitätsmuster auslösen, als wäre der Vorgang motorisch selbst ausgeführt.

Vermutlich unterschiedliche Aktivitätsmuster

Die Patientinnen und Patienten betrachten in einem MRT-Scanner mehrfach ein Video von einer Hand, die schnelle Tonleitern auf dem Klavier spielt. Im zweiten Teil der Aufgabe sollen sich die Teilnehmenden vorstellen, dieselbe Tonleiter selbst zu spielen. Ihr Gehirn verarbeitet in beiden Fällen das Gesehene und die bloße Vorstellung dann so, als hätten sie tatsächlich selbst gespielt. „Wir vermuten, dass es bei ihnen im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen Unterschiede in der Aktivität im Gehirn gibt“, sagt die Neurologin. Wenn die Mechanismen der Erkrankung besser verstanden seien, so hofft die Neurologin, könne eine Therapie gefunden werden, die tatsächlich bei den Ursachen ansetze. „Wenn wir wissen, welche Hirnregion sozusagen im Weg steht, könnten wir beispielsweise versuchen, diese mit Magnetfeldern und Strom zu stimulieren und die Blockade zu lösen.“

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Weitere Informationen erhalten Sie bei Dr. Johanna Doll-Lee, doll-lee.johanna@mh-hannover.de.

Niedrigerer sozioökonomischer Status mit einem höheren Herz-Kreislaufrisiko

Eine Studie unter Federführung des Max Delbrück Center hat ergeben, dass ein niedriger Bildungsstand und ein geringes Einkommen das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen stärker erhöhen als bei Männern. 

Die Studie unterstreicht die Bedeutung geschlechtsspezifischer Präventionsstrategien.

Eine wachsende Zahl von Studien berichtet über Geschlechtsunterschiede bei Erkrankungen wie etwa Schlaganfall, Herzinfarkt oder Bluthochdruck. „Aus bisherigen Studien ist bekannt, dass ein niedrigerer sozioökonomischer Status mit einem höheren Herz-Kreislaufrisiko verbunden ist. Welchen Zusammenhang der Sozialstatus auf das kardiovaskuläre Risikoprofil hat und insbesondere, ob sich dieser Zusammenhang bei Männern und Frauen unterscheidet, wurde in Deutschland bislang nur unzureichend erforscht“, sagt Professor Dr. Tobias Pischon, Letztautor der Publikation und Mitglied im Vorstand NAKO e.V. Die NAKO Gesundheitsstudie ist Deutschlands größte Langzeitstudie zur Erforschung von Volkskrankheiten.

Die Forschenden haben die Daten von 204.780 Teilnehmenden der NAKO-Gesundheitsstudie aus dem Untersuchungszeitraum der Jahre 2014 bis 2019 ausgewertet. 50 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen. Die Analyse bezog sich auf selbstberichtete Angaben zu sozioökonomischen Faktoren wie Bildungs- und Beschäftigungsstatus sowie Einkommensniveau, der Einnahme von blutdrucksenkenden Medikamenten, chronischen Vorerkrankungen, Lebensstilfaktoren wie Rauchen und Alkoholkonsum sowie gemessenen Werten aus den medizinischen Untersuchungen im NAKO-Studienzentrum wie zum Beispiel Blutdruck, Körpermaße oder Ergebnisse der Blutuntersuchungen. In den Berechnungen berücksichtigten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedene Einflussfaktoren.

Herzinfarkt, Bluthochdruck, Übergewicht

Die Studie ergab, dass Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Status im Vergleich zu Personen mit hoher Bildung und hohem Einkommen eher ein nachteiliges kardiovaskuläres Risikoprofil aufwiesen als die vergleichbare Gruppe an Männern. „Bei Frauen im Vergleich zu Männern war ein niedriger gegenüber einem hohen sozioökonomischen Status stärker mit Herzinfarkt, Bluthochdruck, Übergewicht, der Einnahme blutdrucksenkender Medikamente und riskantem aktuellem Alkoholkonsum assoziiert, aber – im Gegensatz zu Männern – weniger stark mit aktivem oder früherem Rauchen”, berichtet Dr. Ilais Moreno Velásquez, Wissenschaftlerin am Max Delbrück Center für Molekulare Medizin in Berlin-Buch. Darüber hinaus war die Wahrscheinlichkeit eines hohen Zehn-Jahres-Risikos für Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Status höher als bei Männern.

Das Team um den Epidemiologen Prof. Pischon plant, den Zusammenhängen weiter nachzugehen: „In unserer aktuellen Auswertung haben wir das Risiko zukünftiger Herz-Kreislauf-Ereignisse auf der Basis international etablierter Algorithmen geschätzt. Mit den vielen wissenschaftlich wertvollen Daten, die wir aus der NAKO-Studie durch die wiederholten Untersuchungen der Studienteilnehmenden gewinnen, werden wir diese Ergebnisse zukünftig im Hinblick auf neu aufgetretene Herz-Kreislauferkrankungen überprüfen können. Insgesamt deuten unsere Ergebnisse aber schon jetzt darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit für ein höheres kardiovaskuläres Risiko bei Frauen stärker vom Sozialstatus abhängt als bei Männern. Für unsere Gesundheitspolitik in Deutschland unterstreicht dies die Relevanz, auch soziale Ungleichheiten in Präventionsstrategien im Bereich der Herz-Kreislauferkrankungen zu berücksichtigen”, schlussfolgert Prof. Pischon.

Dr. Ilais Moreno Velásquez
Prof. Dr. Tobias Pischon

Originalpublikation:
Moreno Velásquez I, Peters S A E, Dragano N et al. Sex Differences in the Relationship of Socioeconomic Position with Cardiovascular Disease, Cardiovascular Risk Factors, and Estimated Cardiovascular Disease Risk: Results of the German National Cohort. J Am Heart Assoc 2025. https://doi.org/10.1161/JAHA.124.038708
Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.mdc-berlin.de/pischon

Hochrisiko-Lungenembolie

Internationale Untersuchung mit über 1.000 Patienten liefert wegweisende Erkenntnisse für die klinische Intensivmedizin – Eine aktuelle Studie mit Beteiligung des Universitätsklinikums Bonn (UKB) hat untersucht, welche Behandlungsstrategie bei einer Hochrisiko-Lungenembolie die besten Überlebenschancen bietet. 

Die Ergebnisse, jetzt veröffentlicht im renommierten Fachjournal „Intensive Care Medicine“, liefern entscheidende Hinweise für die zukünftige Therapie dieser lebensbedrohlichen Erkrankung.

Die Hochrisiko-Lungenembolie betrifft etwa fünf Prozent aller Lungenembolien und kann selbst bei jungen Menschen dramatische Verläufe nehmen. 


Bei der akuten Verlegung der Lungenstrombahn durch ein Blutgerinnsel droht eine Kreislaufinsuffizienz mit hoher Sterblichkeit. 


Die Studie, die in Zusammenarbeit mit 34 europäischen Zentren durchgeführt wurde und 1.060 Patienten umfasste, zählt zu den weltweit größten Untersuchungen zu diesem Thema.

„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass die gezielte Rekanalisierung der Lungenstrombahn mittels medikamentöser Thrombolyse, chirurgischer Thrombektomie oder kathetergestützter Intervention der alleinigen Kreislaufunterstützung mit einer VA-ECMO überlegen ist und sich so die Sterblichkeitsrate senken lässt“, erklären Prof. Dr. Dr. Enzo Lüsebrink, Kardiologe am Herzzentrum des UKB und Leiter der Studie, Dr. Andrea Stadlbauer (Universitätsklinikum Regensburg), Prof. Dr. Tom Verbelen (UZ Leuven) und Prof. Dr. Daniele Camboni (Universitätsklinikum Regensburg) (Studienkoordinatoren). 

Vor allem die chirurgisch-offene Rekanalisation, aber auch die neuen, vielversprechenden kathetergestützten Verfahren steigerten die Überlebenschancen für die betroffenen Patienten in der vorliegenden Studie.

Die Sterblichkeitsraten innerhalb der vier untersuchten Therapiegruppen lagen bei:
57 Prozent für Patienten mit alleiniger Kreislaufunterstützung durch VA-ECMO,
48 Prozent bei medikamentöser Thrombolyse,
43 Prozent bei kathetergestützter Thrombektomie,
34 Prozent bei chirurgischer Thrombektomie.


Die Studie wurde als sogenannte „Target Trial Analysis“ mit modernsten statistischen Methoden durchgeführt, um möglichst valide Aussagen über die Effektivität der verschiedenen Therapieansätze treffen zu können. 

Neben klassischen statistischen Modellen kamen auch Verfahren des maschinellen Lernens zum Einsatz.

„Angesichts der schwierigen Durchführbarkeit randomisierter Studien zu diesem Thema stellt unsere Studie eine der zentralen, neuen Informationsquellen für die Behandlung der Hochrisiko-Lungenarterienembolie dar“, freuen sich Prof. Dr. Holger Thiele, Klinikdirektor der Kardiologie im Herzzentrum Leipzig, und Prof. Dr. Georg Nickenig, Klinikdirektor der Kardiologie im Herzzentrum des UKB.

Das UKB und sein Herzzentrum haben eine bedeutende Patientenkohorte zur Studie beigesteuert. 

Zudem war die internationale Zusammenarbeit mit 34 europäischen Zentren ein enormer Koordinationsaufwand, der sich nun auszahlt: Die Studie bietet erstmals eine umfassende Analyse aller relevanten Therapieoptionen und liefert eine wertvolle Grundlage für die zukünftige Behandlung.

„Diese Erkenntnisse sind von großer Bedeutung für die zukünftige klinische Praxis“, betont Lüsebrink.

 „Unsere Studie wird relevanten Einfluss auf die anstehenden Leitliniendiskussionen und die zukünftige Behandlung von Hochrisiko-Patienten mit akuter Lungenembolie haben.“

Publikation: Andrea Stadlbauer, Tom Verbelen et al.: Management of high-risk acute pulmonary embolism: an emulated target trial analysis; Intensive Care Medicine; DOI: https://doi.org/10.1007/s00134-025-07805-4

MaAB - Medizin am Abend Berlin Fortbildungen VOR ORT:


Felix Heyder
Herzzentrums am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Telefon: 0228 / 287 11904
E-Mail: felix.heyder@ukbonn.de

Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB finden pro Jahr etwa 500.000 Behandlungen von Patient*innen statt, es sind ca. 9.500 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,8 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, hatte in 2023 in der Forschung über 100 Mio. Drittmittel und weist den zweithöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB mit Platz 1 unter den Uniklinika in der Kategorie „Deutschlands Ausbildungs-Champions 2024“ ausgezeichnet.

Prof. Dr. Dr. Enzo Lüsebrink
Kardiologe am Herzzentrum
Universitätsklinikum Bonn
E-Mail: Enzo.Luesebrink@gmx.de

Originalpublikation:
Andrea Stadlbauer, Tom Verbelen et al.: Management of high-risk acute pulmonary embolism: an emulated target trial analysis; Intensive Care Medicine; DOI: 10.1007/s00134-025-07805-4
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Publikation

Berufskrankheiten

 Zum 1. April 2025 werden drei neue Krankheiten in die Berufskrankheitenliste aufgenommen. Darauf weisen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen hin. Der Bundesrat hat die Sechste Verordnung zur Änderung der Berufskrankheitenverordnung (BKV) angenommen, die an diesem Datum in Kraft tritt. Bei den neuen Berufskrankheiten handelt es sich um:

1. Läsion der Rotatorenmanschette der Schulter durch langjährige, intensive Belastung (BK-Nr. 2117)

Hiervon können zum Beispiel Beschäftigte betroffen sein, die in der Textilindustrie, auf Schweiß-, Schleif- und Montagearbeitsplätzen oder in der Forst- und Bauindustrie tätig sind. Eine Schädigung der Rotatorenmanschette kann durch folgende langjährige und intensive Einwirkungen verursacht werden:

  • Arbeiten mit den Händen auf Schulterniveau oder darüber,
  • häufig wiederholte Bewegungsabläufe des Oberarms im Schultergelenk,
  • Arbeiten, die eine Kraftanwendung im Schulterbereich erfordern, insbesondere das Heben von Lasten,
  • Hand-Arm-Schwingungen.

2. Gonarthrose bei professionellen Fußballspielerinnen und Fußballspielern (BK-Nr. 2118)

Betroffen sein können Personen, die mindestens eine 13-jährige Tätigkeit als professionelle Fußballspielerin oder Fußballspieler absolviert haben, davon mindestens zehn Jahre in einer der drei obersten Fußballligen bei Männern oder einer der beiden obersten Fußballligen bei Frauen. Ebenfalls mitberücksichtigt wird, wenn im Alter von 16 bis 19 Jahren eine versicherte Tätigkeit in einer niedrigeren Fußballliga als in den drei obersten Fußballligen bei Männern beziehungsweise den beiden obersten Fußballligen bei Frauen ausgeübt wurde.

3. Chronische obstruktive Bronchitis einschließlich Emphysem durch langjährige Quarzstaubexposition (BK-Nr. 4117)

Betroffene Personen sind insbesondere Erzbergleute (einschließlich Uranerzbergbau) sowie zum Beispiel Versicherte im Tunnelbau, Ofenmaurer, Former in der Metallindustrie und Personen, die bei der Steingewinnung, -bearbeitung oder in Dentallabors beschäftigt sind.

Wie wird eine Krankheit zur Berufskrankheit?

Die neuen Berufskrankheiten folgen den Empfehlungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Als Berufskrankheiten kommen nur Erkrankungen in Frage, die nach den Erkenntnissen der Medizin durch besondere Einwirkungen wie beispielsweise Lärm oder Staub bei der Arbeit verursacht sind. Bestimmte Personengruppen müssen diesen Einwirkungen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sein. Zusätzlich muss im Einzelfall die Krankheit wesentlich durch die schädigende Einwirkung bei der Arbeit verursacht sein.

Liegt eine Berufskrankheit vor, besteht das vorrangige Ziel darin, mit allen geeigneten Mitteln die Folgen der Berufskrankheit zu mildern und eine Verschlimmerung zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, erbringt die gesetzliche Unfallversicherung Leistungen, die von der medizinischen Versorgung bis hin zu beruflichen Maßnahmen reichen können. Verbleiben trotzdem schwerwiegende körperliche Beeinträchtigungen, erhalten Versicherte eine Rente.

Hintergrund: 100 Jahre Berufskrankheiten

Schon gewusst? Seit einhundert Jahren gibt es in Deutschland einen besonderen Versicherungsschutz für Menschen, die durch ihre Arbeit krank werden. Am 12. Mai 1925 trat die „Verordnung über Ausdehnung der Unfallversicherung auf gewerbliche Berufskrankheiten“ in Kraft. Damals wurden lediglich elf Erkrankungen als Berufskrankheiten definiert. Das waren zum Beispiel Erkrankungen durch Blei, Phosphor, Quecksilber oder Arsen. Künftig umfasst die Berufskrankheitenliste der BKV 85 Erkrankungen.

Kreditfinanzierung

Neue Analyse des IMK

Lockerung der Schuldenbremse nur für Verteidigung wäre ökonomisch falsch

Aktuell wird diskutiert, durch eine Änderung des Grundgesetzes schnell mehr Verschuldungsspielraum für höhere Verteidigungsausgaben zu schaffen, ohne zugleich mehr öffentliche Investitionen zu ermöglichen. 

Dieser Ansatz ist ökonomisch falsch und gefährdet den Wohlstand Deutschlands. 

Ein kreditfinanziertes öffentliches Investitionsprogramm ist in Zeiten von höheren Verteidigungserfordernissen durch eine veränderte geopolitische Lage sogar noch wichtiger als ohnehin schon, weil es für die Zukunft mehr Wirtschaftsleistung und daraus folgend höhere Staatseinnahmen schafft.


Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Kurzstudie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.* 


Dabei unterstreichen aktuelle Berechnungen des IMK für ein kreditfinanziertes Investitionsprogramm, das über die kommenden zehn Jahre insgesamt 600 Milliarden Euro für Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, Energienetze, Digitalisierung und Bildung mobilisiert: 


Bis 2045 ergibt sich durch dieses Programm ein kumulierter Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um bis zu 4750 Milliarden Euro. 

 Für die öffentliche Hand ergeben sich daraus zusätzliche Einnahmen von bis zu gut 2300 Milliarden Euro. Die Staatsverschuldung im Vergleich zum BIP würde wegen des großen Wachstumsimpulses trotz der zusätzlichen Kredite weiter sinken.

„Wenn man es ernst meint mit der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands, dann sollte zwingend der Aufwuchs der Verteidigungsausgaben auch mit einer – ohnehin lange notwendigen – kreditfinanzierten öffentlichen Investitionsoffensive einhergehen. Läuft beides Hand in Hand, lassen sich die finanziellen Möglichkeiten Deutschlands nachhaltig erweitern“, sagt Prof. Dr. Sebastian Dullien, Studienautor und wissenschaftlicher Direktor des IMK. „Angesichts der im internationalen Vergleich niedrigen deutschen Staatsverschuldung ist auch kurzfristig Spielraum für beides. Das einzige, was uns hindert, ist die dysfunktionale Schuldenbremse.“ Für den Fall, dass eine Form der Wehrpflicht wieder eingeführt würde, könnte zudem eine höhere Produktivität durch bessere Infrastruktur einem verschärften Arbeitskräftemangel entgegenwirken.

Mit dem Antritt der neuen US-Regierung ist klar: Deutschland und Europa werden sich nicht wie bisher darauf verlassen können, dass die USA bei einem Angriff auf die EU-Staaten Unterstützung bei der Verteidigung leisten würde – und das in einer zugespitzten Situation nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Deutschlands Verteidigungsausgaben werden für diese neuen Herausforderungen bislang als unzulänglich angesehen. Grundsätzlich lasse sich eine gewisse Kreditfinanzierung der notwendigen Erhöhung rechtfertigen, betont Ökonom Dullien. „Die nun notwendig gewordenen Ausgaben sind Ergebnis jahrzehntelanger Unterinvestitionen in die Verteidigung und dürften auch künftigen Generationen zugutekommen.“

Allerdings zeichne sich aktuell die Gefahr ab, dass über die Kreditfinanzierung höherer Verteidigungsausgaben andere, volkswirtschaftlich und gesellschaftlich mindestens ebenso zentrale Zukunftsausgaben, etwa zur Modernisierung der Infrastruktur, ins Hintertreffen geraten, warnt der IMK-Direktor. So kursiert im politischen Berlin die Idee, mit Mehrheiten des alten Bundestages noch schnell das Grundgesetz dahingehend zu ändern, dass mit einem neuen Sondervermögen Bundeswehr – beziehungsweise einer Aufstockung des existierenden Sondervermögens – eine zusätzliche Verschuldung für Verteidigungsausgaben von 200 Milliarden Euro ermöglicht wird. Zugleich wurde allerdings vom designierten Kanzler Friedrich Merz eine zügige, grundlegende Reform der Schuldenbremse abgelehnt.

Zusammen mit dem Institut der deutschen Wirtschaft hat das IMK die zusätzlichen Bedarfe für eine Modernisierung des öffentlichen Kapitalstocks über die kommenden zehn Jahre auf 600 Milliarden Euro geschätzt. Da diese Summen zum einen nicht realistisch durch Einsparungen in den laufenden öffentlichen Haushalten zu finanzieren sind, zugleich aber diese Investitionen künftig Wachstum und Steuereinnahmen generieren und künftigen Generationen zugutekämen, haben sich IMK und IW für eine Kreditfinanzierung ausgesprochen und dazu – ebenso wie zahlreiche andere Wirtschaftswissenschaftler*innen – eine Reform der Schuldenbremse angemahnt.

– Deutsche Schuldenquote wäre trotz Krediten für Infrastruktur und Verteidigung weiter sehr niedrig unter G7-Ländern –

Am Bedarf für ein rasch umzusetzendes massives Investitionsprogramm hat die Notwendigkeit höherer Verteidigungsausgaben nicht geändert, und auch nicht an der Finanzierbarkeit, betont IMK-Direktor Dullien. Auch bei einer zusätzlichen Verschuldung für die Bundeswehr von 200 Milliarden Euro wäre es ohne Probleme für die Schuldentragfähigkeit Deutschlands möglich, über die kommenden zehn Jahre die notwendigen 600 Milliarden Euro für öffentlichen Investitionen über neue Kreditaufnahme zu finanzieren.

Die Spielräume illustriert Dullien aufbauend auf einer kürzlich veröffentlichten Studie der IMK-Forscher PD Dr. Sebastian Watzka und Dr. Christoph Paetz. Diese hat in Simulationsrechnungen mit dem weit verbreiteten makroökonomischen Modell NiGEM gezeigt, dass auch bei einer zusätzlichen Kreditaufnahme für ein Investitionsprogramm von 600 Milliarden Euro über die kommenden zehn Jahre die Schuldenquote Deutschlands kontinuierlich weiter fallen würde und auch kurzfristig die aktuellen Werte von knapp über 60 Prozent des BIPs nicht überschreiten würde.

Eine zusätzliche Kreditaufnahme von 200 Milliarden Euro für Verteidigung würde nach Dulliens neuen, ergänzenden Berechnungen zwar für das Jahr 2035 (nach Verausgabung der Gesamtsummen) die Schuldenquote um etwa 3,5 Prozentpunkte erhöhen, diese bliebe aber deutlich unter 70 Prozent – und weit unter dem Niveau, das andere Länder der G7-Gruppe aktuell haben (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten). „Angesichts dessen, dass wir mit dem Geld in einer Ausnahmesituation zwei zentrale Probleme des Landes entschlossen angehen können, ist das ein absolut vertretbarer Preis“, sagt der Wissenschaftler.

Mittel- und längerfristig würde ein solches kreditfinanziertes Investitionsprogramm sogar die nachhaltige Finanzierung von Verteidigungsausgaben erleichtern. Denn wie die Studie von Watzka und Paetz zeigt, erhöht es nach einigen Jahren massiv die Wirtschaftsleistung in Deutschland – und damit die Einnahmen der öffentlichen Hand und auch den Spielraum, mehr Verteidigungsausgaben zu tätigen, ohne an anderer Stelle kürzen zu müssen.

In einem konservativen Szenario, bei dem positive Zusammenhänge zwischen mehr öffentlichen und zusätzlichen privaten Investitionen nur rudimentär betrachtet werden, ergibt sich bis 2045 durch das Investitionsprogramm ein kumulierter Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (in konstanten Preisen) um rund 2130 Milliarden Euro. In einem realistischen Szenario, das diese mittlerweile in der Forschung gut belegten Zusammenhänge einbezieht, sogar um gut 4750 Milliarden Euro. Bei einer Steuer- und Abgabenquote von knapp 50 Prozent ergeben sich so für die öffentliche Hand zusätzliche Einnahmen von gut 1000 Milliarden Euro nach konservativer Schätzung oder mehr als 2300 Milliarden im realistischen Szenario, rechnet Dullien vor. „Oder anders ausgedrückt: Selbst nach konservativer Schätzung ergäben sich etwa fünfmal so viel zusätzliche Staatseinnahmen, wie heute für ein neues Sondervermögen Bundeswehr diskutiert werden, im realistischen Szenario mehr als elfmal so viele Einnahmen.“

Schließlich wäre eine öffentliche Investitionsoffensive auch für eine andere Frage wichtig, die angesichts der veränderten geopolitischen Lage gestellt wird: Wie könnte die deutsche Wirtschaft eine – ebenfalls diskutierte – Wiedereinführung der Wehrpflicht verkraften? Schließlich könnte das zu verschärftem Fach- und Arbeitskräftemangel führen. Dullien geht auch bei diesem Thema von entlastenden Effekten aus: „Da eine Modernisierung der Infrastruktur die Produktivität der Beschäftigten in der Wirtschaft insgesamt erhöht, könnte der höhere Personalbedarf der Bundeswehr durch eine Wehrpflicht besser verkraftet werden.“

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Prof. Dr. Sebastian Dullien
Wissenschaftlicher Direktor des IMK
Tel.: 0211-7778-331
E-Mail: Sebastian-Dullien@boeckler.de

Rainer Jung
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de

Originalpublikation:
*Sebastian Dullien: Eine Lockerung der Schuldenbremse nur für Verteidigung wäre ökonomisch falsch. IMK Kommentar Nr. 13, März 2025. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-009079

Die PM mit Abbildung (pdf): https://www.boeckler.de/data/pm_imk_2025_03_04.pdf

Berliner Allergiker

Die Nase läuft, die Lunge krampft: Mit den steigenden Temperaturen nimmt die Pollensaison an Fahrt auf. 

Berliner Allergiker:innen können jetzt mit der App „Pollenius“ noch aktueller nachvollziehen, wie stark welche Pflanzen in der Hauptstadt gerade blühen. 

Entwickelt von Forschenden der Charité – Universitätsmedizin Berlin, bietet die App zusätzlich ein Symptom-Tagebuch, das die Diagnose und Behandlung eines Heuschnupfens unterstützen soll. Mit den Daten will das Forschungsteam ein Modell entwickeln, das die Allergiebelastung individuell vorhersagen kann. Dafür ist die Mithilfe der Berliner Bevölkerung gefragt.

Sie steht auf dem Tempelhofer Feld: 


Die Pollenfalle, die rund um die Uhr automatisiert auszählt, wie viel Blütenstaub von welcher Pflanze durch die Hauptstadt fliegt. Durch ein Rohr angesaugt, sammelt das kühlschrankgroße Gerät die Körner in seinem Inneren und bestimmt sie per KI-gestützter Bildanalyse. Nur drei Stunden später und damit besonders schnell sind die Daten über die Pollenius-App abrufbar, ausgegeben werden die Ergebnisse zu den acht allergierelevantesten Gewächsen, also Ambrosia, Beifuß, Birke, Erle, Esche, Gräser, Hasel und Roggen. „Pollenflugangaben in anderen Wetter-Apps basieren auf Modellierungen, die oft ungenau sind“, erklärt Dr. Stephanie Dramburg, Leiterin des Forschungsprojekts „#berlinbreathing“ von der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin der Charité.

Pollenflug, Symptome und Medikamente auf einen Blick

Die Charité-App bettet die Daten in einen tageszeitlichen Verlauf ein und liefert Verhaltenstipps und Wissenswertes über Pollenallergien. 


Zusätzlich haben User die Möglichkeit, ein Allergie-Tagebuch zu pflegen, also Symptome, eingenommene Medikamente und die im Freien verbrachte Zeit zu notieren. „Die App zeigt die Pollenkonzentration, die Symptomschwere und die Einnahme von Medikamenten übersichtlich im Kurvenverlauf an“, sagt Stephanie Dramburg. „Das kann für Betroffene sehr hilfreich sein, um ihre eigene Reaktion auf verschiedene Pollenarten besser kennenzulernen. Es unterstützt aber auch die allergologische Praxis bei der Diagnostik und Therapieoptimierung, wenn Betroffene dort ihre Pollenius-Verlaufsdaten ins Gespräch bringen.“

Das Forschungsteam möchte die Daten außerdem nutzen, um Pollenallergien besser zu verstehen – denn die Anzahl der Pollen bestimmt nicht immer direkt die Schwere der Allergiesymptome. „Wie stark jemand auf den Blütenstaub reagiert, hängt auch von der Beschaffenheit der Pollen ab“, erläutert die Studienleiterin. „Die wiederum wird von der Temperatur, dem Niederschlag, dem Feinstaub- und dem Ozongehalt der Luft beeinflusst. Außerdem kann Luftverschmutzung sich auf die Reaktion des Körpers auswirken, und auch individuelle Eigenschaften des Immunsystems bedingen, wie stark die Allergie sich bemerkbar macht.“

User können ihre Daten spenden

Das Forschungsteam will deshalb die Pollenflugdaten mit den Symptomdaten der App-Nutzenden in Zusammenhang bringen und mithilfe Maschinellen Lernens allergische Reaktionsmuster erkennen. Das Ziel: Ein Modell zu entwickeln, das Betroffenen für den kommenden Tag individuell vorhersagt, wie ihre Symptome sich entwickeln werden und wann Lüften sinnvoll oder ein Aufenthalt im Freien eher zu vermeiden ist.

Für die Entwicklung dieses Modells setzen die Forschenden auf die Mithilfe der Berliner Bevölkerung: Über die Datenspende-Option können App-User ihre Symptomdaten anonym an das Charité-Team übermitteln und so zur Verbesserung der Allergie-Vorhersage beitragen. „Wir hoffen, dass viele Berlinerinnen und Berliner möglichst täglich ihre Symptome in der Pollenius-App festhalten und an uns senden“, betont Stephanie Dramburg. „Das ist wichtig für die Qualität der Datenreihen, jeder Eintrag dauert weniger als eine Minute.“ Sobald das Modell entwickelt ist, soll es in die Pollenius-App integriert werden.

App in den gängigen App-Stores erhältlich

Die kostenfreie App erhebt keine personalisierten Daten, eine Registrierung ist nicht notwendig. Eingaben werden ausschließlich bei Verwendung der Datenspende-Option anonym übermittelt. Die App ist über den Google Playstore und den Apple App Store erhältlich. Gefördert wird das Projekt im Rahmen der Nachwuchsgruppe POLARISE vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Projektpartner ist das Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM) der Technischen Universität und des Helmholtz-Zentrums München.

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Dr. Stephanie Dramburg
Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin
Charité – Universitätsmedizin Berlin
T: +49 30 450 556 406
E-Mail: stephanie.dramburg@charite.die


Weitere Informationen finden Sie unter
Webseite der AG Dramburg mit Details zum Projekt
Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin