Medizin am Abend Berlin Fazit: Zellteilung verhindert Herzschwäche
Göttinger Herzforscher mit neuen Erkenntnissen zur Vorbeugung von
Herzmuskelschwäche bedingt durch Bluthochdruck- und
Herzklappenerkrankungen. Veröffentlichung im renommierten „Journal of
Clinical Investigation“.
Priv-Doz. Dr. Karl Toischer, Oberarzt der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG und Erstautor der Studie. hzg/lange
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Hypertrophie, die Verdickung des Herzmuskels durch
Zellvergrößerung, ist bei Leistungssportlern als „Sportlerherz“ bekannt.
- Sie bezeichnet eine natürliche und umkehrbare Anpassungsreaktion des
Herzens auf den dauerhaften und verstärkten Trainingsreiz.
Davon zu
unterscheiden ist eine krankhafte Herzwandverdickung als Folge einer
anhaltenden Druckbelastung, die beispielsweise durch Bluthochdruck oder
eine Herzklappenerkrankung, der Aortenstenose, ausgelöst wird.
Dabei
handelt es sich um eine ernsthafte Erkrankung, die zu einer
Verschlechterung der Herzfunktion, zu Herzinsuffizienz und Herzversagen
führen kann.
Medizin am Abend Berlin ZusatzFachHinweis: Laborkontrolle N-T-pro BNP
Verursacht wird die Herzschwäche unter anderem durch das
Absterben von Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten).
Da sich die
Herzmuskelzellen im Erwachsenenalter nicht mehr teilen können und somit
kein Ersatz der abgestorbenen Herzmuskelzellen möglich ist, führt der
Verlust zu einer sinkenden Herzfunktion und zur Bildung von
Narbengewerbe.
Echokardiographie der Maus: In den CyclinD2-transgenen Tieren zeigt
sich im Vergleich zu den normalen Kontrolltieren bei Nachlasterhöhung
eine deutliche Zunahme der Wanddicke.
umg
Forschern der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und der Indiana
University School of Medicine, USA ist es nun gemeinsam gelungen, in
einem Mausmodell die Zellteilung in erwachsenen Herzmuskelzellen erneut
zu aktivieren.
Diese Fähigkeit konnte bei einer Druckbelastung des
Herzens einer Herzschwäche vorbeugen und die Überlebensrate deutlich
verlängern. Die Kompensation der Belastung erfolgt durch eine
Herzwandverdickung, die durch die Vermehrung der Herzmuskelzellen
anstatt durch die Vergrößerung des Volumens der einzelnen
Herzmuskelzellen hervorgerufen wird und eine Narbenbildung verhindert.
„Interessanterweise konnte durch die Vermehrung der Zellzahl teilweise
sogar bestehendes Narbengewebe wieder verringert werden. Dies stellt
einen spannenden Ansatz für eine bereits bestehende Herzinsuffizienz
dar“, sagt Priv-Doz. Dr. Karl Toischer, Oberarzt der Klinik für
Kardiologie und Pneumologie der UMG und Erstautor der Studie. In der
Arbeit der Göttinger Wissenschaftler wurden molekulare Mechanismen, die
für die Teilungsfähigkeit der Herzmuskelzelle erforderlich sind,
eingehend analysiert und identifiziert
. Die Untersuchung liefert neue
Erkenntnisse zur Verhinderung der Entwicklung einer Herzinsuffizienz bei
Bluthochdruck- und Herzklappenerkrankungen. Die Ergebnisse sind in der
renommierten Fachzeitschrift „Journal of Clinical Investigation“
veröffentlicht.
Originalveröffentlichung: Karl Toischer, Wuqiang Zhu, Mark Hünlich,
Belal A. Mohamed, Sara Khadjeh, Sean P. Reuter, Katrin Schäfer, Deepak
Ramanujam, Stefan Engelhardt, Loren J. Field, Gerd Hasenfuß:
Cardiomyocyte proliferation prevents failure in pressure overloard but
not volume overload. ISSN: 1558-8238, published October 30, 2017.
„Wir arbeiten jetzt an Therapieverfahren im Tiermodell, die die
Herzmuskelzelle in die Lage versetzen, sich zu teilen.
Da vermehrte
Teilungsfähigkeit der Zellen grundsätzlich ein erhöhtes Risiko für
Tumorentwicklung beinhaltet, ist es wichtig, darauf zu achten, dass die
Teilungsfähigkeit der Herzmuskelzellen kontrollierbar ist", sagt Prof.
Dr. Gerd Hasenfuß, Letztautor der Studie, Direktor der Klinik für
Kardiologie und Pneumologie der UMG und Vorsitzender des Herzzentrums
Göttingen.
FOLGESTUDIE FÜHRT ERGEBNISSE ZUSAMMEN
Schon in vorherigen Arbeiten konnten amerikanische Forscher zeigen, dass
die zielgerichtete Bildung des Proteins Cyclin D2 ausreicht, um die
Erzeugung von Herzzell-DNA in genetisch veränderten Mäusen nach einem
Herzinfarkt zu aktivieren.
Die daraus resultierende
Zellteilungsaktivität der Herzzellen war dabei schon ausreichend, um die
Konstitution und Funktion des Herzens bei erwachsenen Mäusen nach einem
Herzinfarkt zu verbessern. Unklar blieb aber, ob dieser Therapieansatz
auch für andere Arten der Herzinsuffizienz möglich ist
. Bei
Herzklappenerkrankungen kommt es entweder zu einer Druckbelastung, wenn
das Herz gegen die verengte Klappe arbeiten muss (Aortenstenose), oder
zu einer Volumenbelastung, wenn bei einer undichten Klappe zu viel Blut
ins Herz zurückfließt (Aorteninsuffizienz).
In einer vorangegangenen
Göttinger Studie konnte gezeigt werden, dass die Mausmodelle ein
erhöhtes Blutvolumen im Herzen besser kompensieren konnten als eine
erhöhte Druckbelastung.
Die nun veröffentlichte Studie wurde durchgeführt, um festzustellen, ob
die Aktivierung der Herzzellteilung durch das Protein Cyclin D2 in
Mausmodellen bei erhöhter Volumen- und Druckbelastung ähnliche Resultate
erzielt.
Die Daten zeigen, dass das Niveau der
Kardiomyozyten-Zellteilungsaktivität im Mausmodell bei intensiviertem
Druck steigt, was wiederum zu einer erhöhten Kardiomyozytenzahl und
einer erhöhten Wanddicke trotz abgeschwächter Zellvergrößerung führt.
Dies wiederum verhindert Herzversagen und verbessert das Überleben der
Mäuse. Im Gegensatz dazu erhöhte sich bei gesteigerter Volumenbelastung
weder das Niveau der Herzzellerneuerung, noch verbesserte sich die
Prognose der Testmäuse.
„Die Ergebnisse dieser Studie machen Hoffnung, dass uns in absehbarer
Zeit ein neues, wirkungsvolles Verfahren für die Behandlung der
Herzschwäche durch Hypertrophie zur Verfügung steht. Wir verfolgen
dieses Projekt mit Hochdruck und wollen es schnellstmöglich in die
klinische Anwendung bringen“, sagt Prof. Gerd Hasenfuß.
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