Medizin am Abend Fazit: Eine Bremse gegen epileptische Anfälle in Nervenzellen
In jedem Augenblick werden an Billiarden Synapsen unseres Gehirns
chemische Signale erzeugt, die einzelnen Nervenzellen feuern dabei bis
zu 1000 mal in der Sekunde. Wie ihnen diese Höchstleistung gelingt ohne
dabei epileptische Anfälle zu erzeugen, haben Wissenschaftler am
Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie in Berlin nun ein Stück
weit aufgeklärt. Das Ergebnis könnte zu einem besseren Verständnis nicht
nur der Epilepsie, sondern auch anderer neurologischer Erkrankungen wie
der Alzheimerschen Krankheit beitragen.
Die Synapse ist die Verbindung zwischen zwei Nervenzellen und beinhaltet Vesikel gefüllt mit Neurotransmittern, die essentiell für die Signalweitergabe sind. Sie verschmelzen schnell mit der Zelloberfläche, entlassen die Neurotransmitter und
müssen schnell und präzise recycelt werden, um ein Ungleichgewicht und neurologische Störungen zu verhindern.
Mit jedem elektrischen Impuls schüttet eine
Nervenzelle
Neurotransmitter in den
synaptischen Spalt aus und trägt so das Signal
weiter. Sie hält dafür einen Vorrat an Neurotransmittern bereit, die in
winzige Membranbläschen (Vesikel) verpackt sind und auf Kommando mit der
äußeren Membran verschmelzen. Um aber Sinneswahrnehmungen und kognitive
Vorgänge in ihrer ganzen Bandbreite zu ermöglichen,
werden die
einzelnen Nervenzellen von Hunderten Stromstößen pro Sekunde durchpulst.
Sie müssen daher nicht nur in hohem Tempo Neutransmitter ausschütten,
s
ondern die Vesikel auch genauso schnell wieder recyceln. Wie dieser
Vorgang so unglaublich schnell und präzise gelingt, wird von
Neurowissenschaftlern und Zellbiologen seit Jahren intensiv erforscht.
Die Gruppe um Volker Haucke fand nun heraus, dass Wirbeltiere im Lauf
der Evolution dafür ein Recyclingsystem entwickelt haben, bei dem
unabhängig voneinander funktionierende Proteine den lebenswichtigen
Prozess absichern. Die Wissenschaftler entwickelten dafür verschiedene
Mausmodelle, denen die
Sortierproteine (Stonin2 und SV2A/B) fehlten.
Erst als alle drei Proteine ausgefallen waren, funktionierte das
Recycling nur noch sehr eingeschränkt und Nervenreize wurden nur stark
abgeschwächt weitergeleitet. Die Mäuse hatten motorische Störungen und
epileptische Anfälle, weil die Funktion der häufig feuernden hemmenden
Synapsen
durch das gestörte Recycling besonders stark beeinträchtigt
wird und damit die "Bremse" im Nervensystem verloren geht, die im
gesunden Tier und auch beim Menschen epileptische Anfälle verhindert.
„Selbst geringe Störungen in der Signalübertragung können zu einem
Ungleichgewicht im Gehirn und damit zu neurologischen Störungen führen“,
erklärt die Erstautorin Natalie Kaempf.
Mit der doppelten Sicherung
könnten die Nervenzellen sich dagegen absichern.
Eines der in der Arbeit
untersuchten Proteine (SV2A) ist auch der Angriffspunkt für ein
bekanntes Epilepsie-Medikament, dessen Wirkmechanismus bislang noch kaum
verstanden ist.
Eine andere Arbeit weist zudem darauf hin, dass es auch
an der Entstehung der Alzheimer-Erkrankung beteiligt ist. Die
Erforschung des Vesikel-Recyclings könnte somit helfen, die Entstehung
neurologischer Erkrankungen besser zu verstehen.
Kaempf, N., Kochlamazashvili, G., Puchkov, D., Maritzen, T., Bajjalieh,
S. M., Kononenko, N. L. and Haucke, V. (2015) Overlapping functions of
stonin 2 and SV2 in sorting of the calcium sensor synaptotagmin 1 to
synaptic vesicles. Proc Natl Acad Sci, MS# 2015-01627R
Medizin am Abend DirektKontakt:
Volker Haucke Ph.D.
Professor of Molecular Pharmacology
Leibniz Institut für Molekulare Pharmakologie
Robert-Roessle-Strasse 10, 13125 Berlin, Germany
and CharitéCrossOver (CCO)
Virchowweg 6, 10117 Berlin, Germany
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fax: 49-30-947 93 109
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Silke Oßwald
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Saskia Donath Forschungsverbund Berlin e.V.
Birgit Herden
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