Medizin am Abend Berlin Fazit: Test zeigt Erfolgsaussichten von Heuschnupfen-Therapien
Eine spezifische Immuntherapie kann den Alltag für Allergiker
deutlich angenehmer machen und langfristig vor Asthma schützen.
Was
dabei genau geschieht, ist jedoch unklar.
Ein Team der Technischen
Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München hat die
Prozesse im Körper während einer dreijährigen spezifischen Immuntherapie
untersucht.
- Die Forscherinnen und Forscher fanden dabei Hinweise
darauf, warum die Allergieimpfung so viel Zeit benötigt und wie sich die
Erfolgsaussichten schon früh bestimmen lassen.
- Bei einer spezifischen Immuntherapie, früher Hyposensibilisierung
genannt, geben Ärztinnen und Ärzte Injektionen mit den Substanzen, auf
die der Körper allergisch reagiert, zumeist Pollen- oder Milbenextrakte.
In der ersten Phase der Therapie erhöhen sie die Dosis nach und nach.
Ist eine sogenannte Erhaltungsdosis erreicht, werden über einen längeren
Zeitraum – in der Regel drei Jahre – Spritzen mit dieser Dosis gegeben.
Wenn alles gut geht, sind die allergischen Reaktionen nach dieser
Behandlung dauerhaft schwächer.
Bis heute ist unklar, was genau bei diesen Therapien im Körper
geschieht.
Ein Team um PD Dr. Adam Chaker, Leiter der Allergieambulanz
an der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des
TUM-Universitätsklinikums rechts der Isar und Prof. Carsten
Schmidt-Weber, Leiter des Zentrum für Allergie und Umwelt (ZAUM) von TUM
und Helmholtz Zentrum München,
haben jetzt erstmals während einer
Immuntherapie über drei Jahre das komplexe Wechselspiel verschiedener
Zelltypen und Substanzen des menschlichen Immunsystems beobachtet.
Viele verschiedene Abwehrzellen beteiligt
Bislang hat sich die Allergie-Forschung besonders auf die Rolle
verschiedener Typen sogenannter
T-Zellen konzentriert.
- Pro-allergische
T-Zellen (Th2- und auch Th17-Zellen), so das stark vereinfachte Modell,
verstärken allergische Reaktionen im Körper, wenn sie auf bestimmte
Substanzen treffen.
- Regulatorische T-Zellen (T-Regs) dagegen hemmen die
allergische Reaktion gegen ein Allergen.
„Unsere Daten zeigen, dass die Vorgänge bei einer Immuntherapie
komplexer sind als bislang angenommen“, sagt Adam Chaker.
„Es sind
Zelltypen beteiligt, die bislang in diesem Zusammenhang kaum beachtet
wurden.
Wir sind insbesondere überzeugt, dass
regulatorische B-Zellen
eine deutlich wichtigere Rolle spielen als bisher gedacht.“
Test zeigt: Zweite Therapiephase ist kein Roulette-Spiel
„In der zweiten Phase der Behandlung entscheidet sich das Abwehrsystem
des Körpers, ob ein Allergen weiterhin massiv bekämpft wird und daher zu
Heuschnupfen, Asthma oder anderen allergischen Erkrankungen führt oder
ob der Körper lernt, dass Allergen zu tolerieren“, erläutert Adam
Chaker.
Dabei ändere sich das Verhältnis von pro-allergischen T-Zellen,
T-Regs und regulatorischen B-Zellen laufend – in der Studie war, auch
abhängig vom Pollenflug und anderen Faktoren, mal ein Zelltyp stärker
vertreten, mal ein anderer.
Erst nach drei Jahren pendelte sich das
Verhältnis ein.
Ein Roulette-Spiel mit zufälligem Ausgang ist diese Phase jedoch nicht.
Bei den Patientinnen und Patienten, die die Therapie regulär beendeten,
gab es Übereinstimmungen, die schon früh Voraussagen über den
Therapie-Erfolg ermöglichten.
- Wenn direkt nach der ersten
Behandlungsphase, also dem Abschluss der Einleitungsphase, besonders
viele regulatorische B-Zellen und wenige TH-17-Zellen messbar waren,
wurden nach drei Jahren deutlich weniger Allergiesymptome festgestellt.
Argumente fürs Durchhalten
„Wir haben diesen Test patentieren lassen“, sagt Adam Chaker.
„Wenn er
Serienreife erreicht, könnten wir Patientinnen und Patienten eine
aufwendige Behandlung mit geringen Erfolgsaussichten ersparen.
Bei einem
positiven Ergebnis liefert so ein Test dagegen gute Argumente, eine
dreijährige Therapie durchzuziehen.
Bislang brechen viele Menschen
früher ab.“
Ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen kann zudem die
Grundlage für effektivere Therapien sein.
Dafür sei es jedoch wichtig,
die Ergebnisse der aktuellen Studie in weiteren Untersuchungen zu
bestätigen und mehr über die Wirkungsmechanismen herauszufinden, sagt
Adam Chaker.
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com
Über Google: Medizin am Abend Berlin
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.
PD Dr. Adam M. Chaker
Technische Universität München
Klinikum rechts der Isar
Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde und
Zentrum für Allergie und Umwelt (ZAUM)
Tel: +49 89 4140 2370
adam.chaker@tum.de
Arcisstr. 21
80333 München
Deutschland
Bayern
Dr. Ulrich Marsch
Telefon: 089 / 289 - 22778
Fax: 089 / 289 - 23388
E-Mail-Adresse:
presse@tum.de
Originalpublikation:
U.M. Zissler, C.A. Jakwerth,
F.M. Guerth, L. Pechtold, J.A. Aguilar-Pimentel, K. Dietz, K. Suttner,
G. Piontek, B. Haller, Z. Hajdu, M. Schiemann, C.B. Schmidt-Weber, A.M.
Chaker. "Early IL-10 producing B-cells and coinciding Th/Tr17 shifts
during three year grass-pollen AIT". EBioMedicine (2018) DOI:
https://doi.org/10.1016/j.ebiom.2018.09.016 (Open Access)
Weitere Informationen für internationale Medizin am Abend Berlin Beteiligte
https://www.zaum-online.de Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM)
http://www.hno.mri.tum.de/ Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde