Medizin am Abend Fazit: Forschungsprojekt widmet sich Herzoperation bei Fettleibigkeit
Wie lässt sich das Herz vor schädlichen Einflüssen des
Herzfettgewebes schützen? Das Dr. Rusche-Forschungsprojekt widmet sich
der Bedeutung molekularer Signale zwischen Herzfettgewebe und Herzmuskel
für die Herzleistung
V. l. n. r.: Prof. Dr. A. Diegeler, Sekretär im Vorstand der DGTHG;
Prof. Dr. J. Cremer, Präsident der DGTHG; PD Dr. B. Niemann; Prof. Dr.
H. Oelert, Vorsitzender des Wiss. Beirats der DSHF. Foto: DGTHG/Wudtke
Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) gehören zu den
klassischen Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung. Bei
Adipositas (BMI von 30 und mehr) reichert sich nicht
nur das Unterhaut-
und Bauchraumfettgewebe an, sondern auch das Herz hat einen ausgeprägten
Fettgewebsmantel, das sogenannte epikardiale Fett. Dieses
Herzfettgewebe steht in direktem Kontakt mit dem Herzmuskel (Myokard)
und den Herzkranzgefäßen und ruft hormonelle Fehlfunktionen,
Entzündungsreaktionen und Stoffwechselstörungen im Herzen hervor.
Langfristig kommt es zur Fehlversorgung und Schädigung der
Herzmuskelzellen bis hin zur Beeinträchtigung der Herzfunktion.
Signale zwischen Herzfettgewebe und Herzmuskelgewebe werden durch
Fettgewebsbotenstoffe (Adipokine) und kleine
Ribonukleinsäuren
(microRNAs) vermittelt. Die Effekte dieser Signale für die Herzleistung
und Energieversorgung des Herzmuskels während einer koronaren
Bypassoperation zu bestimmen und zur Risikoabschätzung bei jüngeren
adipösen Patienten zu nutzen, ist Ziel eines von der Deutschen Stiftung
für Herzforschung (DSHF) mit der Dr. Rusche-Projektförderung
ausgezeichneten Forschungsvorhabens von Priv.-Doz. Dr. med. Bernd
Niemann, Ltd. Oberarzt der Klinik für Herz-, Kinderherz- und
Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM),
Standort Gießen. Das mit rund 60.000 Euro für die Projektdauer von zwei
Jahren geförderte Vorhaben trägt den Titel
„Bedeutung der
microRNA-vermittelten Interaktion zwischen epikardialem Fettgewebe und
Myokard für die Adipositas-assoziierte perioperative metabolische und
funktionelle Reduktion“. „Wir sehen in dem Vorhaben einen wichtigen
Beitrag, die Rolle von Signalmolekülen und Fettgewebshormonen im Herzen
fettleibiger Menschen für die Herzleistung dieser Patienten während und
nach einer Herzoperation besser zu verstehen“, begründet Prof. Dr. med.
Hellmut Oelert, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der DSHF,
die Förderung.
Schutz vor Verlust der Herzleistung und bessere Regeneration
Adipokine und microRNAs können die Funktion und das Überleben von
Herzmuskelzellen direkt beeinflussen. „Dank genauer Kenntnis der
Signalmoleküle und ihrer Signalaktivitäten zwischen Herzfettgewebe und
Myokard könnten wir durch gezielte Eingriffe in fehlgesteuerte
Signalkaskaden helfen, das Herz während des für die Operation
herbeigeführten Herzstillstandes besser zu schützen und die Regeneration
und Herzleistung nach der Operation zu verbessern“, erläutert
Herzchirurg PD Niemann.
Er und sein Team untersuchen die Funktion der Herzmuskelzellen, der
Herzfettzellen und die Unterschiede der Stoffwechseleigenschaften
zwischen adipösen Patienten (BMI höher als 30, nicht älter als 60
Jahre), bei denen kardiale Veränderungen auf eine vorzeitige Alterung
des Herzens hindeuten, und normalgewichtigen Menschen (BMI niedriger als
25). Die Untersuchungen umfassen Gewebe- und Blutproben sowie
echokardiographische Kontrollen. „Wir wollen für Patienten insbesondere
mit Stoffwechselveränderungen, gestörter Herzkraft und hohen Alters
einen zusätzlichen, bisher wenig effektiv genutzten metabolischen Schutz
während und nach der Operation ermöglichen.“
Die durch Verfettung
geschädigten Herzmuskelzellen können in einen programmierten Zelltod
(Apoptose) übergehen, so dass die Funktion des Herzens gestört wird.
Eine besondere Bedeutung dieser Stoffwechselveränderungen konnten PD
Niemann und sein Team für das alternde Herz, für das Herz fettleibiger
Menschen, für das Herz von Diabetikern und für das schwach pumpende Herz
für die Situation eines medizinisch gewollten Herzstillstandes während
einer Herzoperation zeigen.
„In der Herzchirurgie haben wir es zunehmend mit vitalen Menschen mit
Therapiewunsch auch im hohen Lebensalter zu tun. Zum anderen werden auch
mehr jüngere Menschen mit Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus
oder durch Überernährung verursachte Fettleibigkeit, die zu verfrühter
Krankheitsentstehung beiträgt, herzchirurgisch behandelt. Unsere
Erkenntnisse könnten zu mehr Sicherheit operativer Eingriffe am Herzen
dieser Patienten beitragen“, berichtet PD Niemann.
Der Internist Dr. Ortwin Rusche aus Bad Soden hatte die DSHF in seinem
Testament als Alleinerbin eingesetzt. Aus dem zum Gedenken an den
Erblasser eingerichteten Stiftungsfonds Dr. Ortwin Rusche soll nach
dessen Wunsch alljährlich ein Projekt mit herzchirurgischem Schwerpunkt
gefördert werden. Die Ausschreibung, auf die sich
Nachwuchswissenschaftler aus der Herzchirurgie bewerben können, erfolgt
gemeinsam durch die DSHF und die Deutsche Gesellschaft für Thorax-,
Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG).
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