Medizin am Abend Berlin Fazit: Neues Modell der T-Zell-Aktivierung
Freiburger Biologen haben nachgewiesen, dass Cholesterin eine Immunreaktion verhindert, bei der kein Fremdstoff vorliegt
Die Rezeptoren auf T-Zellen, die ein wichtiger Bestandteil des
menschlichen Immunsystems sind, können spontan und ohne eingedrungene
Fremdstoffe ihre Konformation ändern, das heißt vom inaktiven in einen
aktiven Zustand wechseln.
- Cholesterin bindet und stabilisiert den
inaktiven Rezeptor und spielt daher bei der T-Zell-Aktivierung eine
entscheidende Rolle.
Dies hat ein Team um den Freiburger Immunologen
Prof. Dr. Wolfgang Schamel und die Freiburger Immunologin Dr. Susana
Minguet in einer Studie gezeigt, die in der Fachzeitschrift „Immunity“
veröffentlicht wurde.
Bislang gingen Forscherinnen und Forscher davon
aus, dass ein Fremdstoff wie ein eingedrungener Krankheitserreger an den
T-Zell-Rezeptor binden muss, um diesen zu aktivieren und somit eine
Immunantwort auszulösen.
„Wir haben nachgewiesen, dass nicht die
Fremdstoffbindung die Konformationsänderung bewirkt, diese erfolgt
spontan“, sagt Schamel.
Eine künstlerische Darstellung, erstellt von der Tochter einer
Wissenschaftlerin: Cholesterin (grün) kann an den T-Zell-Rezeptor im
inaktiven Zustand (blau) binden. Wenn ein Fremdstoff (orange) an den
Rezeptor in aktiver Konformation (rot) bindet, aktiviert dies die
T-Zelle (unten). Bild: Susana Minguet/BIOSS
- T-Zellen gehören zu den weißen Blutkörperchen und sind ein wichtiger
Teil der erworbenen Immunabwehr.
In ihrer Außenmembran befindet sich der
T-Zell-Rezeptor, der eingedrungene Antigene, also Fremdstoffe, erkennt
und bindet.
Ein solcher Rezeptor kann zwei verschiedene Strukturen
annehmen:
- Der ruhende T-Zell-Rezeptor ist in einem inaktiven Zustand.
- Der so genannte voraktivierte, auf Englisch „primed“, Rezeptor hingegen
ist in einer aktiven Konformation:
Seine Struktur verändert sich so,
dass sich in der T-Zelle eine Signalkette in Gang setzt und es eine
Immunantwort gibt – der Körper bekämpft den Eindringling.
Schamel und
Minguet haben herausgefunden, dass ein T-Zell-Rezeptor zwischen diesen
beiden Zuständen wechselt, auch wenn kein Fremdstoff vorliegt.
Dringt ein Fremdstoff in den Organismus ein, kann er nur an einen der
voraktivierten T-Zell-Rezeptoren binden, nicht an einen ruhenden.
- Wenn
dies passiert, erhöht sich die Anzahl der aktiven Rezeptoren und die
T-Zelle wird aktiviert.
- Der voraktivierte Rezeptor ohne
Fremdstoffbindung reicht jedoch bereits aus, um die T-Zelle zu
aktivieren.
Es wäre also möglich, dass fälschlicherweise eine
Immunantwort ausgelöst wird, obwohl kein Antigen vorliegt, wenn zu viele
voraktivierte Rezeptoren vorhanden sind.
Ein bestimmter Mechanismus
verhindert dies:
Nicht gebundene ruhende und voraktivierte Rezeptoren
befinden sich in einem Gleichgewicht.
Ohne Cholesterin sind etwa zehn
von einhundert Rezeptoren aktiv. Cholesterin bindet an inaktive
Rezeptoren und stabilisiert diese. Dadurch reduziert sich die Anzahl der
T-Zell-Rezeptoren im aktivierten Zustand deutlich und die T Zelle wird
nicht aktiviert. Erst wenn ein Fremdstoff an einen der voraktivierten
T-Zell-Rezeptoren bindet, wechseln weitere Rezeptoren von ihrem
inaktiven in den aktiven Zustand, und die T Zelle wird aktiviert.
Nur Cholesterin kann an den inaktiven T-Zell-Rezeptor binden, somit
handelt es sich um eine spezifische Interaktion. „Wir gehören zu den
ersten Forschern, die zeigen,
was eine spezifische Bindung von einem
Lipid wie Cholesterin an ein Membranprotein bewirkt“, so Schamel. „Diese
Interaktion reguliert nämlich die Konformation und damit die Aktivität
des Rezeptors.“ Die Zelle synthetisiert das benötigte Cholesterin
selbst:
- Ob eine Person mehr oder weniger Cholesterin in der Nahrung zu
sich nimmt, beeinflusst nicht die Menge dieses Lipids in der
Zellmembran.
Wolfgang Schamel ist Professor am Institut für Biologie III der
Universität Freiburg und Mitglied des Exzellenzclusters BIOSS Centre for
Biological Signalling Studies sowie des Freiburger Centrums für
Chronische Immundefizienz. Susana Minguet ist Gruppenleiterin in
Schamels Arbeitsgruppe. Außerdem waren Forscherinnen und Forscher vom
Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg sowie vom Centro de
Biología Moleclar Severo Ochoa in Madrid/Spanien an der Studie
beteiligt.
Originalpublikation:
Mahima Swamy, Katharina Beck-Garcia, Esmeralda Beck-Garcia, Frederike A.
Hartl, Anna Morath, O. Sascha Yousefi, Elaine Pashupati Dopfer, Eszter
Molnár, Anna K. Schulze, Raquel Blanco, Aldo Borroto, Nadia
Martín-Blanco, Balbino Alarcon, Thomas Höfer, Susana Minguet, Wolfgang
W.A. Schamel (2016). A Cholesterol-Based Allostery Model of T Cell
Receptor Phosphorylation. Immunity 44 (5), 1091–1101. DOI:
http://dx.doi.org/10.1016/j.immuni.2016.04.011
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Prof. Dr. Wolfgang Schamel und Dr. Susana Minguet
BIOSS Centre for Biological Signalling Studies
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-67509
E-Mail: wolfgang.schamel@biologie.uni-freiburg.de,
susana.minguet@biologie.uni-freiburg.de
Rudolf-Werner Dreier
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
