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Ambulanz für Krebsprädispositionssyndrome

Direkter Wissenstransfer in die klinische Versorgung: 

Patientinnen und Patienten kommen aus ganz Deutschland in die Ambulanz für Krebsprädispositionssyndrome in der Kinderklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).

Krebs bei Kindern und Jugendlichen ist selten. 

Dennoch gehören bösartige Erkrankungen in dieser Altersgruppe nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen. 

Überlebende einer Krebserkrankung im Kindes- oder Jugendalter erleiden oftmals chronische gesundheitliche Probleme mit erhöhter Krankheits- und Sterblichkeitsrate. 


Der wichtigste bekannte Risikofaktor für Krebs im Kindesalter ist die genetische Krebsprädisposition. 


Bestimmte krankheitsassoziierte Varianten in den Genen eines Menschen erhöhen das Risiko, eine Krebserkrankung zu entwickeln. „Das Verständnis zu den Ursachen von Krebs im Kindes- und Jugendalter ist essentiell, um Krebs in dieser Altersgruppe noch besser zu behandeln, noch früher zu erkennen oder zukünftig sogar verhindern zu können“, erklärt Prof. Dr. Christian Kratz, Direktor der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie der MHH.

Genetische Architektur von Krebserkrankungen ist komplex

Bösartige Erkrankungen haben bei Kindern und Jugendlichen eine erbliche Komponente, die durch eine komplexe Architektur gekennzeichnet ist, an der häufige Genvarianten an mehreren Genorten und seltene krankheitsassoziierte Genvarianten beteiligt sein können. 


Darüber hinaus können Umweltfaktoren wie Virusinfektionen eine Rolle spielen. 


Vor 40 Jahren wurde das erste von inzwischen vielen bekannten Krebs-Prädispositions-Genen (KPGs) identifiziert, die im Falle erblicher krankheitsassoziierter Varianten zu einer Krebsrisikoerhöhung führen.

Bei diesen erblichen Erkrankungen spricht man von Krebsprädispositionssyndromen (KPS), wie zum Beispiel dem Li-Fraumeni-Syndrom oder der Fanconi-Anämie. 


Etwa zehn Prozent aller Kinder und Jugendlichen mit einer Krebserkrankung haben ein KPS. 


Zudem gibt es krankheitsauslösende Genvarianten, die während der Embryonalentwicklung entstehen und im Laufe des Lebens zu einer Krebserkrankung führen können. Bei den Betroffenen kommt es zu einer Mosaikerkrankung, bei der sowohl veränderte als auch gesunde Zellen vorhanden sind.

Ambulanz für Krebsprädispositionssyndrome in der Kinderklinik der MHH

In der Ambulanz der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie werden mehrere hundert Personen, die von einem KPS betroffen sind, beraten und betreut. 


Die Patientinnen und Patienten kommen aus ganz Deutschland in die MHH. 


Die Erkenntnisse aus der Forschung nehmen hier direkt Einfluss auf das medizinische Handeln. 


Den Betroffenen wird zudem die Teilnahme an Früherkennungsprogrammen sowie an diversen Studien ermöglicht.

Professor Kratz hat das komplexe Thema aktuell in einer Übersichtsarbeit für die Zeitschrift Nature Reviews Cancer zusammengefasst. Das Journal veröffentlicht Forschungsergebnisse, Rezensionen und Kommentare zur Krebsforschung und wird als führende Quelle für die wissenschaftliche Gemeinschaft betrachtet. Unterstützt wird das Team um Professor Kratz durch die Deutsche Kinderkrebsstiftung, die Krebshilfe, das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Verein für krebskranke Kinder Hannover e.V.

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Professor Dr. Christian Kratz, Kratz.Christian@mh-hannover.de, 0511 532-6712

Originalpublikation:
Übersichtsarbeit für Nature Reviews Cancer: https://www.nature.com/articles/s41568-024-00775-7
Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.krebs-praedisposition.de

Fanggebiet für grossed Hechte

Die Bodden um Rügen sind als hervorragende Fangebiete vor allem für große Hechte bekannt. 

Doch seit einigen Jahren nehmen Hechtfänge und Fanggrößen ab. 

Die Gründe dafür sind vielfältig. 

Eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) zeigt nun, dass auch die Freizeitfischerei Einfluss auf den Boddenhecht hat:

In Gebieten mit intensiver Angelfischerei gibt es weniger Hechte als in Schutzgebieten, in denen wenig oder gar nicht geangelt wird. Ein weiterer Effekt: Die Hechte gehen immer schwerer an den Haken, sie werden vorsichtiger.

Der Bestandsrückgang und seine Ursachen:

Der Hecht ist einer der größten Raubfische unserer Seen, Flüsse und der inneren Küstengewässer der Ostsee. 

In den schwach salzhaltigen Küstengewässern um Rügen, den Bodden, wachsen die Tiere besonders schnell und zu Längen von über 1,20 Metern heran. 


Das hat den Boddenhecht gerade unter Angler*innen überregional bekannt gemacht und Rügen zu einem Hotspot des Angeltourismus werden lassen. 


Die wirtschaftliche Bedeutung der anglerischen Boddenhechtfischerei ist mit einer Bruttowertschöpfung von über 10 Millionen Euro pro Jahr rund 34-mal höher als die der Berufsfischerei auf Hecht. 


Über 200 Arbeitsplätze in der Region hängen direkt oder indirekt von den Ausgaben der Hechtangler*innen ab.

„Verschiedene Umweltveränderungen haben dem Boddenhecht in den letzten Jahren das Leben schwer gemacht: Klimawandel, Überdüngung und der damit verbundene Verlust von Unterwasserpflanzen als Laichplätze und Kinderstuben, der Verlust von Laichplätzen in angrenzenden Flüssen und Gräben durch Wanderhindernisse infolge des Wassermanagements für die Landwirtschaft sowie die Abkopplung der im Frühjahr überschwemmten Hechtlaichwiesen von den Bodden. Weitere Faktoren sind eine hohe Sterblichkeit von Hechteiern und -larven durch Stichlinge sowie ein starker Fraßdruck auf Junghechte und die Beutefische der Hechte durch eine angestiegene Kormoranpopulation. Auch rückläufige und sich in ihrer Zusammensetzung verändernden Beutefische sowie die fischereiliche Nutzung spielen eine Rolle“, erklärt Fischereiprofessor Dr. Robert Arlinghaus vom IGB und der HU, der von 2019 bis 2023 ein umfangreiches Projekt zum Boddenhecht geleitet hat, in dem auch die aktuelle Studie durchgeführt wurde.

„Sinkende Fangquoten bei Dorsch und Hering – den eigentlichen Brotfischen der gewerblichen Küstenfischerei – haben in den letzten Jahren den Fangdruck durch die Berufsfischerei in den Bodden auf Süßwasserfische wie den Hecht erhöht“, ergänzt der Fischereiwissenschaftler. Aktuell werden von Berufsfischern etwa doppelt so viele Hechte entnommen wie von Freizeitanglern. Das hat die Fischereibehörde in Mecklenburg-Vorpommern kürzlich dazu veranlasst, neue Winterlagerregelungen als Sofortmaßnahme zu erlassen, um den Boddenhechtbestand zu schonen.

Die Rolle der Angelfischerei:

Doch welchen Einfluss hat die Freizeitfischerei auf die Hechtbestände? Um diese Frage zu untersuchen, wurde in drei Boddenbereichen jeweils ein Schutzgebiet mit geringem oder fehlendem Zugang für Angler*innen mit einem offenen Vergleichsgebiet mit intensiver Angelfischerei verglichen. Die Forscher beprobten die Hechte mit standardisierten Angelmethoden und Stellnetzen, um einerseits die Bestandsgrößen zwischen den Gebieten zu vergleichen und andererseits die Angelbarkeit der Hechte zu untersuchen. „Die Fangraten in den Schutzgebieten waren durchschnittlich drei- bis viermal so hoch wie in den Vergleichsgebieten. Auch kapitale Hechte kamen in den Schutzgebieten häufiger vor. Dies deutet darauf hin, dass auch die Angelfischerei Einfluss auf den Hechtbestand der Boddengewässer hat beziehungsweise auch früher schon hatte“, erklärt Phillip Roser, ehemaliger Masterstudent und Erstautor der Fachpublikation in der Zeitschrift Fisheries Management and Ecology.

Aber nicht nur die Angelfischerei kann die unterschiedlichen Fangzahlen in Schutzgebieten und ungeschützten Gebieten erklären. „Es ist denkbar, dass ein Teil der Fangunterschiede auf gebietsspezifische Effekte der Berufsfischerei oder auf unterschiedliche Lebensraumqualitäten zurückzuführen ist, auch wenn wir in der Studie darauf geachtet haben, Studiengebiete auszuwählen, die sich im Pflanzenbewuchs, Salzgehalt oder der Wassertiefe möglichst nicht unterscheiden“, erläutert der Biostatistiker und Fischökologe Dr. Johannes Radinger, Koautor der Studie.

Hechte gehen deutlich schlechter an die Angel:

Ein weiterer Faktor, der zu den reduzierten Fangraten in den Angelrevieren beiträgt, ist das veränderte Beißverhalten der Hechte. Robert Arlinghaus: „Viele der von Anglerinnen und Anglern gefangenen Boddenhechte werden nach dem Fang wieder freigelassen, sie haben also die Erfahrung, dass von Kunstködern oder Booten Gefahr ausgeht. Zudem werden systematisch besonders leicht zu fangende Hechte entnommen, was durch Selektion und genetische Anpassung zu einer Häufung von Eigenschaften wie geringer Aggressivität und geringerer Schwimmaktivität in der Population führen kann. Beide Effekte – Lernen und Auslese – können die Beißmotivation der neu heranwachsenden, beziehungsweise der erfahrenen Hechte reduzieren.“ Das erlernte oder genetisch bedingte Vermeidungsverhalten der von Angler*innen stark befischten Hechte konnte die Forschergruppe nun in den Bodden nachweisen: „Von den Hechten, die sich für den Kunstköder interessierten, bissen in Schutzgebieten ohne Angelfischerei ein deutlich höherer Anteil tatsächlich an, während Hechte in beangelten Gebieten häufiger nach einer Begutachtung des Köders abdrehten. Zudem lösten sich Hechte aus in der Vergangenheit intensiv beangelten Gebieten nach einem Biss häufiger vom Haken, was für ein vorsichtigeres Anbeißverhalten spricht“, ordnet Phillip Roser die Studienergebnisse ein.

„Etwa ein Drittel der Unterschiede der Fänge beim probeweisen Vergleichsangeln zwischen Schutzgebiet und Nichtschutzgebiet lässt sich auf ein vermindertes Anbeißverhalten zurückführen“, ergänzt Phillip Roser, der heute beim Landesfischereiverband Bayern arbeitet. „Ein solches Vermeidungsverhalten kann helfen, den Hechtbestand zu sichern. Anglerinnen und Angler hingegen müssen sich bei der Wahl der Angeltechnik anpassen. Und wir Forscherinnen und Forscher nehmen mit, dass schlechtere Fänge mit der Angel nur zum Teil den tatsächlichen Zustand der Hechtbestände widerspiegeln“, stellt Robert Arlinghaus fest.

Anpassung der Bewirtschaftung der Fischbestände nötig:

Die Ergebnisse dieser und früherer Studien des IGB zum Boddenhecht unterstreichen die Notwendigkeit einer verbesserten Bewirtschaftung des Hechts in den Boddengewässern. „Wünschenswert wäre es, möglichst vielen der unter Druck geratenen Boddenhechte die Möglichkeit zu geben, sich zu vermehren und zu einer stattlichen Größe heranzuwachsen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Berufs- und Angelfischerei auch in der Zukunft von guten Fängen und hoher Ertragsfähigkeit an den Bodden profitieren können", betont Robert Arlinghaus.

Im Rahmen des Boddenhechtprojektes wurden in einem mehr als dreijährigen intensiven Beteiligungsprozess mit Interessengruppen aus Berufsfischerei, Angelfischerei, Tourismus und Naturschutz abgestimmte Empfehlungen zur zukünftigen Bewirtschaftung erarbeitet und dem Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern zur Umsetzung empfohlen. Erste Maßnahmen wurden bereits umgesetzt: Seit dem 1. November 2024 gelten die Udarser Wiek, der Koselower See und die Neuendorfer Wiek als Winterlager für den Hecht mit stark eingeschränkten Entnahme- und Befischungsmöglichkeiten für Berufs- und Angelfischer. So ist beispielsweise die Stellnetzfischerei auf Hecht in dieser Zeit nicht mehr erlaubt. Weitere im Konsens aller Beteiligten beschlossene, aber noch nicht umgesetzte Empfehlungen sind die Einführung eines Entnahmefensters, das sowohl kleine als auch große Hechte schont, die Festlegung maximaler Maschenweiten für die Stellnetzfischerei und die Reduzierung der täglichen Entnahmequote für Angler*innen von derzeit drei auf einen Hecht pro Angeltag.

„Aus wissenschaftlicher Sicht gehen diese Maßnahmen jedoch nicht weit genug. Wichtig wäre ein Netz von Schutzgebieten ohne jeglichen Fischereidruck, was derzeit nur für etwa ein Prozent der Boddenfläche der Fall ist. Diese Gebiete könnten periodisch für die Berufs- und Angelfischerei geöffnet werden, so dass die Fischerei von den Schutzeffekten im Sinne höherer Bestandsgrößen und gesteigerter Fängigkeit profitiert. Denkbar wäre auch die Einführung betriebsspezifischer Hechtquoten für die Berufsfischerei und einer maximalen jährlichen Entnahmequote für Hechte in der Angelfischerei. Denn partielle oder ganzjährige Schutzgebiete alleine werden das Problem der Entnahme nicht lösen, da Berufsfischer*innen und Angler*innen nach Einführung von räumlichen Schutzzonen gerne ihren Fangaufwand in offene Gebiete verlagern und so der Entnahmedruck in ungeschützten Gebieten steigen kann. Derzeit ist die Gesamtentnahme von Hecht aus den Bodden nach oben nicht begrenzt, was für den angespannten Bestand durchaus problematisch ist, insbesondere wenn, wie derzeit, die Fangmöglichkeiten anderer Küstenfischarten zurückgehen und so der Anreiz steigt, auf nichtquotierte Arten wie den Boddenhecht auszuweichen“, erläutert Robert Arlinghaus.

Über die Fischerei hinaus: Die Boddenumwelt verbessern, Flüsse durchgängig machen, Hechtlaichwiesen anlegen:

Das Forschungsteam macht deutlich, dass die Freizeit- und Berufsfischerei nicht allein für den Rückgang des Boddenhechts verantwortlich ist. Der Küstenhecht ist auch von starken Veränderungen der Umwelt und der Ostsee betroffen. Diese haben die aktuelle Wachstumsrate und die Bestandsproduktivität des Boddenhechts im Vergleich zur Nachwendezeit stark reduziert.

„In einem sich verschlechternden ökologischen Umfeld ist der Boddenhecht nicht mehr wie früher in der Lage, die aktuellen fischereilichen Entnahmen ohne Probleme zu kompensieren“, erklärt Johannes Radinger. Deshalb seien längerfristige Maßnahmen außerhalb der kurzfristigen Regulierung der Angel- und Berufsfischerei notwendig, denn eine Fokussierung auf die Entnahme allein wird aller Voraussicht nach nicht ausreichen. „Es gilt, die verschiedenen Laichplätze des Hechtes in den Bodden zu renaturieren und im Frühjahr flach überflutete Hechtlaichwiesen in den Boddenrandbereichen anzulegen, damit genügend Junghechte nachwachsen können. Dazu muss die Durchgängigkeit der in die Bodden mündenden Fließgewässer und Gräben verbessert und das Wassermanagement angepasst werden. Wichtig ist auch, durch die Förderung von Wasserpflanzen und die Reduzierung des Fraßdrucks durch Kormorane (auf Jungfische) und Stichlinge (auf Eier und Hechtlarven) dafür zu sorgen, dass der Hechtnachwuchs in großen Anzahlen heranwachsen kann. Nachhaltiges Hechtbestandsmanagement verlangt ein Denken auf der Ebene des Ökosystems „Bodden“ bzw. „Ostsee“, was auch ein Management der Wirkungen der Landwirtschaft über Nährstoffeinträge, verändertes Wassermanagement und verändertes Management der Fraßfeinde des Hechts einschließt“, erläutert Robert Arlinghaus.

Zusammenwirken von Naturschutz, Land- und Wasserwirtschaft für eine gesunde Ostsee:

Diese und weitere Empfehlungen liegen dem für Umwelt- und Fischerei zuständigen Landesministerium in Mecklenburg-Vorpommern seit Juni 2023 vor. Die Novellierung der Küstenfischereiverordnung ist für 2026 geplant, hier könnten weitere fischereiliche Regelungen angepasst werden. „Unabhängig davon wäre es wünschenswert, flankierend Renaturierungsprojekte anzustoßen und zügig voranzutreiben. Denn von diesen Maßnahmen profitieren viele Organismen, nicht nur der Hecht. Der Hecht steht nur stellvertretend für tiefer liegende Probleme in der Ostsee, die bis in die inneren Küstengewässer ausstrahlen. Auch Dorsch und Hering sind rückläufig. Der Boddenhecht ist leider nicht allein“, stellt Robert Arlinghaus abschließend fest. Er weist darauf hin, dass das Zusammenspiel von Akteuren weit über die Fischerei hinaus gefragt ist, einschließlich Naturschutz, Land-, Wasser- und Tourismuswirtschaft.

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Boddenhecht:

Übergeordnetes Ziel des Projektes BODDENHECHT war es, den Hecht in den Boddengewässern Mecklenburg-Vorpommerns besser zu verstehen und in Zukunft besser zu fördern. Das wissenschaftliche Team von BODDENHECHT erarbeitete in umfangreichen Freilandexperimenten und über Umfragen neue Erkenntnisse zum Hecht und zur Hechtfischerei. Darüber hinaus brachte das Projekt alle Interessensgruppen auf Augenhöhe ins Gespräch, um gemeinsam Wege zu finden, die Hechtbestände für Berufsfischerei, Angelfischerei und Tourismus langfristig zu erhalten und zu entwickeln. Das Projekt wurde aus Mitteln des EMFF der EU und des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern gefördert. Die Laufzeit war vom 01.01.2019 bis 30.08.2023. www.boddenhecht-forschung.de

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Prof. Dr. Robert Arlinghaus, Projetleiter und Professor für Integratives Fischereimanagement (www.ifishman.de), arlinghaus@igb-berlin.de

Originalpublikation:
Roser, P., Radinger, J., Feldhege, F., Braun, M., Arlinghaus, R. (2024). Getting scarce and lure shy: impacts of recreational fishing on coastal northern pike (Esox lucius) abundance, size structure and vulnerability to angling. Fisheries Management and Ecology, https://doi.org/10.1111/fme.12769. Open access download: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/fme.12769

Silvesterböller

Ein unsachgemäßer Umgang mit Silvesterböllern kann zu schwersten Gesundheitsschäden bis hin zum Verlust von Sinnesorganen und Gliedmaßen oder sogar zum Tod führen. 

Daher bitte ich ALLE: 

Kaufen und benutzen Sie nur gesetzlich zugelassene Produkte, lesen und befolgen Sie die Gebrauchsanweisung und halten Sie Feuerwerkskörper insbesondere von Kindern fern! 

Gehen Sie verantwortungsvoll mit Böllern und Raketen um. 

Bringen Sie sich selbst und andere nicht in Gefahr. 

Damit schützen Sie nicht nur Ihre Gesundheit und die Ihrer Lieben, sondern entlasten zugleich die Krankenhäuser, deren Notaufnahmen über den Jahreswechsel ohnehin über Gebühr belastet sind. 

In diesem Sinne wünsche ich ALLEN  einen guten und gesunden Rutsch ins neue Jahr!“

Für den Verkauf und das Abbrennen von Feuerwerkskörpern gelten strenge Sicherheitsbestimmungen. 

Pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F 2 dürfen nur unter Aufsicht an Erwachsene ab 18 Jahren und ausschließlich in Verkaufsräumen des Groß- und Einzelhandels verkauft werden. 

Ein Verkauf im Freien oder aus einem Kiosk heraus ist nicht zulässig.

Beim Kauf ist darauf zu achten, dass die Feuerwerkskörper mit dem CE-Zeichen und einer Registrierungsnummer (beispielsweise 0589-F2-0001) gekennzeichnet sind. 

Das Abbrennen von Silvesterfeuerwerk ist nur am 31. Dezember und 1. Januar erlaubt. 

Verboten sind Böller und Raketen in unmittelbarer Nähe von Krankenhäusern, Kirchen, Kinder- und Altenheimen, Reetdach- und Fachwerkhäusern sowie Tankstellen.

Die Einfuhr und der Handel von nicht zugelassener Pyrotechnik sind in Deutschland verboten. 

Zuwiderhandlungen werden als Ordnungswidrigkeit oder Straftat geahndet. 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Arbeitsschutz des Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit werden auch in diesem Jahr wieder landesweit umfangreiche Kontrollen beim Verkauf von Pyrotechnik durchführen.

Hinweise zur Verwendung von Schallerzeugern

Auch in diesem Jahr muss wieder mit dem Verkauf von Schallerzeugern, sogenannte Sound-Emittern, der Kategorie P 1 als Feuerwerkskörper gerechnet werden. 

Das Design dieser Schallerzeuger und deren Verpackung suggerieren dem Endverbraucher, dass es sich bei diesen Produkten um gewöhnliche Feuerwerkskörper handelt. 

Pyrotechnische Gegenstände der Kategorie P 1 dienen jedoch nicht zu Vergnügungszwecken, sondern werden beispielsweise zur Abwehr von Tieren oder als akustische Notsignale verwendet. 

Das Abbrennen dieser Schallerzeuger sowie anderer Produkte der Kategorie P 1 ist wegen der extremen Schallentwicklung (bis über 140 dB) und der hohen Explosivstoffmenge nur für den vorbestimmten Zweck und unter Einhaltung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen (zum Beispiel Gehörschutz und erweiterter Sicherheitsabstand) erlaubt.

Wichtige Hinweise beim Umgang mit den Feuerwerkskörpern:

Wer Feuerwerkskörper kauft, muss auch für die sichere Aufbewahrung sorgen. Niemals Feuerwerkskörper in bewohnten Räumen aufbewahren und auf keinen Fall Anzündmittel und Feuerwerkskörper zusammen lagern. 

Das Feuerwerk muss vor dem möglichen Zugriff von Minderjährigen geschützt aufbewahrt werden. Bitte beachten Sie außerdem:

  • Rechtzeitig sämtliche Fenster, Dachluken, Balkontüren und Garagentore schließen.
  • Brennbare Gegenstände vom Balkon oder vom Haus entfernen.
  • Nur geprüfte Feuerwerkskörper der Kategorien F1 und F2 verwenden.
  • Vor dem Abbrennen des Feuerwerks die Gebrauchsanweisung lesen und beachten.
  • Feuerwerk nicht in der Nähe von Tankstellen, Krankenhäusern, Kirchen, Kinder- und Altenheimen, Fachwerkhäusern und Gebäuden zünden, die mit Reet gedeckt sind.
  • Für den Notfall Löschmittel bereithalten (Eimer mit Wasser, besser Feuerlöscher).
  • Feuerwerk (mit Ausnahme von Tischfeuerwerk) nur im Freien zünden, niemals innerhalb geschlossener Räume.
  • Beim Abbrennen von Tischfeuerwerk bedenken, dass Silvesterdekoration in der Regel brennbar ist.
  • Feuerwerkskörper nicht in der Hand behalten, sondern auf den Boden legen und dann zünden.
  • Raketen senkrecht in Getränkekästen mit leeren Glasflaschen oder Ähnlichem stellen und so ausrichten, dass sie nicht auf benachbarte Gebäude, Menschen oder Tiere zielen.
  • Niemals versuchen, „Fehlzünder“ ein zweites Mal anzuzünden.
  • Niemals eigene Böller basteln, Feuerwerkskörper manipulieren oder illegale Böller verwenden.
  • Schützen Sie sich insbesondere auf öffentlichen Plätzen gegen schädliche Lärmeinwirkungen (Knalltraumata) durch Gehörschutz.

Magdeburger Weihnachtsmarkt Hilfsangebote

Linksammlung zu niederschwelligen und bedarfsgerechten Angeboten in psychischer Ausnahmesituation

Der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt verlangt schnelle und wirksame Antworten in einer Ausnahmesituation – das sagen Expertinnen und Experten des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG). 

Demnach braucht es jetzt eng vernetzte, stufenweise organisierte Netzwerke aus Fachleuten der psychischen Gesundheit, die regional und kapazitär zusammenarbeiten und alle nötigen Expertisen bündeln. Denn

die Vielzahl an Betroffenen stellt nicht nur diese selbst, sondern auch ihre Angehörigen und die Hilfesysteme vor große Herausforderungen.


„Dabei sind zwei Dinge zu unterscheiden: Die unmittelbaren Krisen im Kontext der Ereignisse und Traumafolgestörungen. Letztere entwickeln sich meist erst in den Wochen danach“, sagt Prof. Martin Walter, Sprecher des DZPG-Standorts Halle-Jena-Magdeburg. „Die Entwicklung fällt dann meist erst im sozialen Netz der Betroffenen auf, wenn sich Freunde oder Familienangehörige zurückziehen oder eine Veränderung im Verhalten auffällt. Betroffene und Angehörige, aber auch Arbeitskollegen und Lehrer brauchen daher leicht zugängliche Informationen, auch dazu, was die eigenen Grenzen angeht.“

Gerade in der bevorstehenden Ferienzeit kommt einem intakten sozialen bzw. familiären Umfeld bei der Beobachtung von Anpassungsreaktionen eine besondere Bedeutung zu. „Vor allem Kinder- und Jugendliche sind eine besondere Risikogruppe, falls ihr eigenes Netz keine ausreichende Unterstützung bietet“, sagt Prof. Dr. Silvia Schneider, Professorin für Kinder- und Jugendpsychotherapie und Sprecherin des Standorts Bochum-Marburg.

Die Fachleute sagen zudem, dass neben den unmittelbar Betroffenen bei derartigen Großschadensereignissen, gerade auch wegen der großen medialen Präsenz, auch an mittelbar betroffene Risikogruppen gedacht werden muss. „Menschen mit erhöhter Vulnerabilität, sei diese durch psychische Vorerkrankungen oder aktuelle psychosoziale Umstände bedingt, können aufgrund einer ungünstigen Verarbeitung mit psychischen Beschwerden reagieren und auch dann psychische Hilfe benötigen, wenn sie nicht direkt beteiligt waren“, sagt Prof. Dr. Dr. Andreas Heinz, DZPG-Sprecher und Direktor der psychiatrischen Universitätsklinik an der Charité in Berlin-Mitte.

Auf der Homepage des DZPG finden sich aus aktuellem Anlass Links zu niederschwelligen Anlaufstellen. Sie bieten krisenpsychologische, seelsorgerische und medizinische Unterstützung. Von dort werden Betroffene bei Bedarf an spezialisierte Partner des DZPG wie Traumaambulanzen in Magdeburg und benachbarten Städten weitervermittelt.

Auf der Homepage des DZPG haben die Expertinnen und Experten Unterstützungsangebote gebündelt: 

https://www.dzpg.org/linkliste

Spendenkonto zur Unterstützung für Betroffene und Angehörige des Anschlags in Magdeburg

Die Hilfsorganisationen DRK, Caritas und Diakonie haben in einem Aktionsbündnis ein Spendenkonto zur Unterstützung für Betroffene und Angehörige des Anschlags in Magdeburg eingerichtet. 

Die Initiative kam von der Landesregierung Sachsen-Anhalt. 

Die Spenden unterstützen die Arbeit der Hilfsorganisation sowie der Organisation der Opferhilfe Weißer Ring vor Ort. 

 

Spenden bitte unter folgender Bankverbindung: 

DRK Sachsen-Anhalt  

Sozialbank 

IBAN: DE10 3702 0500 0003 5195 00 

BIC: BFSWDE33XXX 

 

Stichwort: Opferhilfe Magdeburg

ADHS und Neurofeedback - Behandlungen

Es gibt kaum Belege dafür, dass Neurofeedback-Behandlungen für die meisten Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) als einzige Behandlung nützlich sind, obwohl eine kleine Wirkung von Standard-Neurofeedback nachweisbar ist. 

Das ist das zentrale Ergebnis einer Übersichtsarbeit, die das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit zusammen mit dem King's College London, der Universität Southampton und der Universität Zürich durchgeführt hat. 

Dafür wurden 38 wissenschaftliche Studien ausgewertet.

Neurofeedback ist ein Training, bei dem Menschen lernen können, ihre Gehirnaktivität zu steuern. 


In der Regel wird die Elektroenzephalografie (EEG) eingesetzt, um die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen und der Person ein Echtzeit-Feedback zu geben. 

DieservAnsatz wird als Alternative zur Einnahme von Medikamenten vorgeschlagen, um Menschen zu helfen, die ADHS-bezogene Gehirnaktivität selbst zu regulieren und Verhaltenssymptome zu reduzieren.

Doch können durch Neurofeedback tatsächlich ADHS-Symptome signifikant reduziert werden? 


Dieser Frage geht die in der Fachzeitschrift JAMA Psychiatry veröffentlichte Übersichtsarbeit nach, die neben dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim vom King's College London, der Universität Southampton sowie der Universität Zürich durchgeführt wurde. 


Die Übersichtsarbeit umfasste eine Metaanalyse von 38 randomisierten kontrollierten Studien, in denen die Ergebnisse der Neurofeedback-Behandlung bei Personen mit ADHS untersucht wurden. 


Ausgewählt wurden also nur Studien, in denen Personen nach dem Zufallsprinzip einer Neurofeedback- oder Kontroll-Gruppe zugewiesen wurden und bei denen die Berichte über die Symptome wahrscheinlich „verblindet“ waren, das heißt die Beurteilenden nicht wussten, wer Neurofeedback erhielt und wer nicht.

Keine signifikante Verringerung von ADHS-Kernsymptomen

Die Metaanalyse ergab, dass Neurofeedback insgesamt keine signifikante Verringerung der ADHS-Kernsymptome, wie Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität/Impulsivität, bewirkte, aber klassisches („Standard“)-Neurofeedback zu einer kleinen Verbesserung der Gesamtsymptomatik führte. 


Auch die kognitiven Leistungen hatten sich nicht verbessert, abgesehen von einem kleinen positiven Effekt auf die Geschwindigkeit, mit der die Teilnehmenden Informationen verarbeiteten.

„Neurofeedback nutzt Echtzeit-Feedback der Gehirnaktivität, um die Selbstregulierung dieser Aktivität zu trainieren. In den vergangenen Jahren hat diese Methode, die anstelle von Medikamenten oder begleitend zu diesen eingesetzt wird, zunehmend an Interesse gewonnen, doch war die Wirksamkeit dieser Intervention bei Menschen mit ADHS bisher unklar. 


Unsere Meta-Analyse von 38 randomisierten, kontrollierten Studien ergab, dass die Beweise nicht ausreichen, um Neurofeedback als Erstbehandlung für ADHS zu empfehlen“, sagt Dr. Sam Westwood, Dozent für Psychoedukation am King’s College London und Erstautor der Studie.

Keine Belege für den Nutzen neuerer Neurofeedback-Techniken

Die Forscherinnen und Forscher fanden auch keine Unterschiede zwischen Neurofeedback und anderen nicht-pharmakologischen Behandlungen, wie körperlicher Bewegung oder kognitivem Training, – obwohl es nur wenige Studien gab, die diese Interventionen untersuchten beziehungsweise miteinander verglichen. 


Es gab keine Belege für den Nutzen neuerer Neurofeedback-Techniken wie funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) und funktionelle Nahinfrarot-Spektroskopie (fNIRS).

„Sinnvoll wäre weitere Forschung, die sich damit beschäftigt, Patienten zu identifizieren, die eher auf Neurofeedback ansprechen und lernen“, sagt Prof. Dr. Daniel Brandeis, Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Neurophysiologie des Kindes- und Jugendalters am ZI und neben Prof. Edmund Sonuga-Barke (King’s College London) und Prof. Samuele Cortese (Universität Southampton) einer der Hauptautoren der Studie.

Neue Ansätze für die Behandlung entwickeln

„Trotz Fortschritte in unserem wissenschaftlichen Verständnis von ADHS hat sich in Bezug auf die Behandlung seit Jahrzehnten wenig geändert. 


Es fehlt nach wie vor an wirksamen Alternativen zur medikamentösen Behandlung der Kernsymptome. 


Die Entwicklung neuer, wissenschaftlich fundierter und wirksamerer nicht-pharmakologischer Ansätze für die Behandlung von ADHS bleibt daher eine Priorität für unser Fachgebiet“, sagt Professor Edmund Sonuga-Barke, Professor für Entwicklungspsychologie, Psychiatrie und Neurowissenschaften am King's College London.

„Auch wenn Neurofeedback nicht zu einer klinisch bedeutsamen Verringerung der ADHS-Gesamtsymptome führte, machen die Präzisionsmedizin und die Techniken der Bildgebung rasche Fortschritte. 


Dies könnte uns helfen, Personen mit ADHS zu identifizieren, die in Zukunft eher von Neurofeedback profitieren könnten“, sagt Professor Samuele Cortese, NIHR-Forschungsprofessor an der Universität von Southampton.

Die Untersuchung wurde im Rahmen der Europäischen ADHS-Leitliniengruppe (EAGG) durchgeführt.

Originalpublikation:
Westwood SJ, Aggensteiner PM, Kaiser A, Nagy P, Donno F, Merkl D, Balia C, Goujon A, Bousquet E, Capodiferro AM, Derks L, Purper-Ouakil D, Carucci S, Holtmann M, Brandeis D, Cortese S, Sonuga-Barke EJS; European ADHD Guidelines Group (EAGG): Neurofeedback for Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder: A Systematic Review and Meta-Analysis. In: JAMA Psychiatry. 2024 Dec 11. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2024.3702. Online ahead of print. PMID: 39661381
Link: 

https://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/fullarticle/2827733

Plötzliche Panikattacken, unkontrollierte Bewegungen, Jaulen und seltener im späteren Verlauf epileptische Anfälle

Deutschlandweit zahlreiche Fälle von Hunden mit schweren neurologischen Symptomen. 

TiHo-Forschende suchen Besitzerinnen und Besitzer betroffener und auch gesunder Hunde für eine Umfrage rund um die Vorfälle.

Seit Ende August 2024 wurden deutschlandweit vermehrt Fälle von Hunden bekannt, die akute, schwere neurologische Symptome zeigten. 

Dazu gehören plötzliche Panikattacken, unkontrollierte Bewegungen, Jaulen und seltener im späteren Verlauf epileptische Anfälle. 


Um die Ursachen dieser Symptome besser zu verstehen, hat ein Forschungsteam einen Fragebogen entwickelt, der sich an Halterinnen und Halter sowohl betroffener als auch nicht betroffener Hunde richtet. 


Die Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) führt die Erhebung gemeinsam mit Forschenden der Kleintierklinik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und spezialisierten Tierneurologinnen und Tierneurologen durch.

Unter 

https://ibei.tiho-hannover.de/survey/epunver/ 


können Besitzerinnen und Besitzer an der Erhebung teilnehmen und damit die Untersuchungen unterstützen. 

Die Beantwortung des Online-Fragebogens dauert bis zu 20 Minuten. 


Die Teilnahme ist freiwillig und kann jederzeit ohne Angabe von Gründen abgebrochen werden. Die Daten werden vertraulich behandelt.

Es handelt sich bei den Symptomen mutmaßlich um Vergiftungserscheinungen, die aber nach bisherigem Wissensstand kein Todesurteil für die Tiere bedeuten. 


Der Verlauf dieser Erkrankung schwankt nach dem akuten Beginn über mehrere Tage bis Wochen. 


Viele Patienten zeigen nach einer Behandlung der Symptome allmählich Besserung. 


Besonders auffällig ist, dass in einigen Haushalten mehrere Hunde betroffen sind. 


Die auslösende Ursache ist aktuell noch nicht endgültig gesichert. 


Die Forschenden untersuchen verschiedene mögliche Auslöser.

Anhand der bisherigen Dokumentation haben die bei Tierneurologinnen und Tierneurologen vorgestellten Hunde mit diesen spezifischen klinischen Zeichen kurz vorher Rinderhautknochen erhalten. 


Jedoch ist bisher nicht bewiesen, dass diese tatsächlich die klinischen Zeichen auslösen. Der zeitliche Zusammenhang bestätigt nicht, dass es sich dabei auch um die Ursache handelt. Da solchen akuten Auffälligkeiten verschiedene Erkrankungen zugrunde liegen können, rät die TiHo dazu, die Hunde in der Abteilung für Neurologie der Klinik für Kleintiere der TiHo oder anderen zertifizierten Tierärztinnen und Tierärzten untersuchen zu lassen, die sich auf Neurologie spezialisiert haben. 


Eine Übersicht deutschsprachiger Neurologie-Spezialistinnen und -Spezialisten ist unter www.tier-neurologen.com oder 


https://www.ebvs.eu/specialists 


zu finden.

Das Ziel der Erhebung ist, durch den Vergleich von betroffenen und nicht betroffenen Hunden mögliche Auslöser oder Risikofaktoren zu identifizieren. 


Die gewonnenen Erkenntnisse sollen helfen, zukünftige Vorfälle besser einzuordnen und effektiver darauf reagieren zu können.

MaAB - Medizin am Abend Berlin Fortbildungen VOR ORT

Dr. Nina Meyerhoff
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Klinik für Kleintiere
Tel.: +49 511 953-6200
kleintierklinik@tiho-hannover.de

Prof. Holger Volk, PhD
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Klinik für Kleintiere
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Prof. Dr. Andrea Fischer
Ludwig-Maximilians-Universität München Kleintierklinik
Tel.: +49 89 2180-2650
andreafischer@lmu.die


Weitere Informationen finden Sie unter
https://ibei.tiho-hannover.de/survey/epunver/

Gebrochene Wirbelkörper, Bandscheibenvorfall, Spinalkanalstenose, Wirbelgleiten und Facettensyndrom

Insgesamt sechs neue Entscheidungshilfen bietet das IQWiG jetzt zu Eingriffen an der Wirbelsäule, speziell zu den Themen gebrochene Wirbelkörper, Bandscheibenvorfall, Spinalkanalstenose, Wirbelgleiten und Facettensyndrom.

Rückenschmerzen sind in Deutschland weit verbreitet: 16 Prozent der Erwachsenen spüren sie. Viele nutzen konservative Behandlungsmöglichkeiten wie Physio- und Schmerztherapie. Andere hoffen auf Linderung durch eine Operation. „Vor der Entscheidung für oder gegen einen Eingriff sollten Patientinnen und Patienten die Vor- und Nachteile jedoch kennen und sorgfältig abwägen“, sagt Klaus Koch, Ressortleiter Gesundheitsinformation: „Deshalb haben betroffene Patientinnen und Patienten bei ihrer Entscheidung Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung.“ Vor diesem Hintergrund beauftragte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mit der Erstellung von Entscheidungshilfen zu Eingriffen an der Wirbelsäule. Ziel war es, die Vor- und Nachteile der wesentlichen alternativen Behandlungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten darzustellen.

Entscheidungshilfen sind Hilfsmittel, die eine Patientin oder einen Patienten dabei unterstützen, auf Grundlage verschiedener Gesichtspunkte eine Entscheidung zu treffen. Eine Entscheidungshilfe liefert zum Beispiel Informationen darüber, wie hoch das Risiko von Komplikationen einer Operation ist, welche Alternativen es zu einer Operation gibt oder mit welchen Folgen man leben muss, wenn man eine Operation nicht durchführen lässt. Sie sollen Betroffene dabei unterstützen, gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt eine informierte Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Behandlungsmethode zu treffen.

Ein Beispiel: der Bandscheibenvorfall

Rückenschmerzen können unterschiedliche Gründe haben. Je nach Auslöser können sich Art und Verlauf der Beschwerden sowie die Behandlungsmöglichkeiten unterscheiden: Es können beispielsweise Medikamente infrage kommen, nicht medikamentöse Optionen wie Bewegungs- und Kräftigungsübungen oder ein operativer Eingriff an der Wirbelsäule.

Bei einem Bandscheidenvorfall lassen sich die Beschwerden beispielsweise meist mit Bewegung, Physiotherapie und Schmerzbehandlung in den Griff kriegen. Ob eine Operation infrage kommt, ist eine Entscheidung, für die man sich in der Regel Zeit nehmen kann. In der Entscheidungshilfe „Bandscheibenvorfall im unteren Rücken: Kommt eine Operation für mich infrage“ werden die Voraussetzungen und die Vor- und Nachteile aller Behandlungsmöglichkeiten ausführlich beschrieben. Die Entscheidungshilfe soll so das Gespräch der Betroffenen mit ihren Ärztinnen und Ärzten unterstützen.

Neben der Entscheidungshilfe zum Bandscheibenvorfall hat das IQWiG noch vier weitere Entscheidungshilfen zu häufigeren Erkrankungen der Wirbelsäule veröffentlicht:

- „Gebrochener Wirbelkörper: Hilft es, Knochenzement in den Wirbelkörper zu spritzen?“
- „Spinalkanalstenose (Wirbelkanalstenose) im unteren Rücken: Hilft eine Operation?“
- „Degeneratives Wirbelgleiten: Hilft eine Operation?“
- „Facettensyndrom: Konservativ behandeln oder Nerven veröden?“

Die fünfte Entscheidungshilfe lässt sich für weitere Erkrankungen und Eingriffe am Rücken nutzen. Sie soll helfen Gespräche vorzubereiten und kann zusammen mit Ärztinnen und Ärzten vervollständigt werden:

- „Erkrankungen der Wirbelsäule: Welche Behandlungsmöglichkeiten habe ich?“

Originalpublikation:
https://www.iqwig.de/projekte/p21-03.html

Die Syphilis aus Amerika

Einem Forschungsteam unter Leitung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig ist ein entscheidender Schritt zur Klärung einer langjährigen Kontroverse gelungen: 

Wurde die Syphilis Ende des 15. Jahrhunderts aus Amerika nach Europa eingeschleppt oder gab es sie hier bereits? 

Alte Erregergenome aus Skelettresten aus Nord- und Südamerika älter als 1492 bestätigen die Einschleppung aus der Neuen Welt, die weltweite Ausbreitung ist erst der Kolonialzeit zuzuschreiben.

Im Frühjahr 1495 wurde der Italienfeldzug Karls VIII. von Frankreich durch den Ausbruch einer bis dahin unbekannten Krankheit unterbrochen, die eine hohe Sterblichkeitsrate aufwies, sich rasch über ganz Europa ausbreitete und bei den Überlebenden zu schweren körperlichen und geistigen Schäden führte. Die so dokumentierte Epidemie gilt heute als erster historischer Nachweis der Syphilis.

Wo und wann die Krankheit ihren Ursprung hatte, ist jedoch seit Jahrzehnten umstritten. Der Ausbruch gegen Ende des 15. Jahrhunderts, kurz nachdem Kolumbus und seine Mannschaft von ihren ersten Entdeckungsreisen nach Amerika zurückgekehrt waren, ließ manche vermuten, dass der Kontakt mit neuen Ländern und Menschen zu dem plötzlichen Auftreten der Krankheit beigetragen haben könnte. Die Hypothese war, dass obwohl viele übertragbare Krankheiten in der frühen Kolonialzeit von Europa nach Amerika eingeschleppt wurden und verheerende Folgen für die einheimische Bevölkerung hatten, die Syphilis eine der wenigen war, die möglicherweise den umgekehrten Weg genommen hat.

Diese Theorie hat zwar in den letzten Jahren an Popularität gewonnen, doch bei näherer Betrachtung der Läsionen an Knochen aus dem mittelalterlichen Europa beginnt sich das stark vereinfachte Bild aufzulösen. Sowohl Langzeitkranke als auch Menschen, die mit einer Infektion geboren wurden, können Veränderungen an Knochen oder Zähnen entwickeln. In den letzten Jahrzehnten wurden in Europa eine Reihe solcher Skelettreste aus der Zeit vor 1492 gefunden. Viele Experten glauben heute, dass die Geschichte der Syphilis in Europa lange vor Kolumbus begann und dass die Pandemie Ende des 15. Jahrhunderts aus Gründen ausbrach, die nichts mit dem Beginn der Kolonialzeit zu tun hatten. Keine der beiden Theorien konnte bisher bestätigt werden.

Fünf alte Erregergenome analysiert

DNA von Krankheitserregern aus archäologischen Knochen könnte nun darüber entscheiden, welche Theorie sich durchsetzt. Solche alten Genome haben bereits neue Erkenntnisse über die Geschichte der Pest, der Tuberkulose, der Lepra und der Pocken gebracht, aber die Geschichte der Syphilis zu “entwirren” erwies sich als Herausforderung. „Wir haben in der Vergangenheit mehrere Genome von Erregern der Syphilis und verwandter Krankheiten aus archäologischen Knochen extrahiert und rekonstruiert, aber die zentrale Frage, ob die Syphilis vor oder nach Kolumbus auftrat, konnten wir damit nicht beantworten“, sagt Kirsten Bos, Gruppenleiterin in der Abteilung Molekulare Paläopathologie am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.

Eine neue Studie unter der Leitung von Bos und Johannes Krause, Direktor der Abteilung für Archäogenetik am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, ist der Klärung dieser Frage nun einen entscheidenden Schritt nähergekommen. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Archäologen aus mehreren Ländern Amerikas konzentrierte sich die Studie auf die Untersuchung archäologischer Knochen aus der Zeit vor Kolumbus, an denen Infektionen Syphilis-ähnliche Läsionsmuster hinterlassen haben. „Wir wissen seit einiger Zeit, dass es in Amerika seit Tausenden von Jahren Syphilis-ähnliche Infektionen gibt, aber allein anhand der Läsionen können wir die Krankheit nicht eindeutig identifizieren“, sagt Casey Kirkpatrick, Postdoc und Paläopathologin, die an der aktuellen Studie beteiligt war. Die Pathologie der Knochen allein lässt auch keine Rückschlüsse darauf zu, ob die Krankheit ihren Ursprung in Amerika hatte oder ob sie vor langer Zeit, während der Besiedlung Amerikas vor etwa 15.000 Jahren, aus Asien eingeschleppt wurde.

Mit modernsten Methoden gelang es dem Team, fünf alte Genome von Syphilis und verwandten Erregern aus Mexiko, Chile, Peru und Argentinien zu rekonstruieren und zu analysieren. Lesley Sitter, Postdoc und Bioinformatiker (computational microbiologist), der sich mit der Lösung des Rätsels auf der molekularen Ebene befasst hat, sagt dazu: "Obwohl die Untersuchung aufgrund des schlechten Erhaltungszustands einige analytische Herausforderungen mit sich brachte, konnten wir die Beziehungen zwischen diesen ausgestorbenen Formen und den Stämmen, die heute weltweit die Gesundheit beeinflussen, sicher bestimmen.”

Ursprung der Syphilis-Erregerfamilie in Amerika schon vor Kolumbus

Syphilis gehört zu einer Familie von Krankheiten, zu denen auch Frambösie und Bejel gehören. Beide gelten als wenig bekannte Tropenkrankheiten, die weltweit in äquatornahen Gebieten vorkommen. Der Postdoc Rodrigo Barquera hat bereits mit archäologischen Knochenfunden aus dem Mexiko der Kolonialzeit gearbeitet und konnte das Vorkommen von Syphilis und Frambösie in Mexiko-Stadt bis hinein ins 17. Jahrhundert nachweisen. Die neuen Genomdaten zeigen nun, dass Amerika schon vor der Ankunft von Christoph Kolumbus eine Drehscheibe für die frühe Vielfalt dieser Krankheitsgruppe war. „Wir fanden ausgestorbene Schwesterlinien für alle bekannten Formen dieser Krankheitsfamilie. Syphilis, Frambösie und Bejel sind also moderne Überbleibsel von Erregern, die einst in Amerika kursierten“, erklärt Barquera.

„Die Daten zeigen eindeutig, dass die Syphilis und ihre bekannten Verwandten ihren Ursprung in Amerika haben, und ihre Einschleppung nach Europa ab dem späten 15. Jahrhundert stimmt mit diesen Daten überein“, fügt Bos hinzu. So scheint es um 1.500 AD zu einem explosionsartigen Anstieg der Syphilis- und Frambösiefälle gekommen zu sein. Dies dürfte der Grund für das Ausmaß und die Intensität der Epidemie im 16. Jahrhundert in Europa gewesen sein, deren globale Ausbreitung in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten durch Menschenhandelsnetze und die europäische Expansion nach Amerika und Afrika begünstigt wurde. „Während die indigenen Bevölkerungsgruppen Amerikas an den frühesten Formen dieser Krankheiten litten, spielten die Europäer eine entscheidende Rolle bei ihrer weltweiten Verbreitung“, sagt Bos.

Wenn man also annimmt, dass die Syphilis ihren Ursprung in Amerika hatte, wie passt dann die aktuelle Darstellung zu den Belegen für Syphilis-ähnliche Knochenläsionen, die viele in Europa schon vor 1492 zu sehen glauben? „Die Suche nach diesen früheren Formen geht weiter, und alte DNA wird dabei sicher eine wertvolle Ressource sein“, sagt Krause. "Wer weiß, welche älteren verwandten Krankheiten mit Menschen und anderen Tieren um die Welt gereist sind, bevor die Syphilis-Erregerfamilie auftauchte.“

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Dr. Kirsten Bos
Forschungsgruppenleiterin "Molekulare Paläopathologie", Abt. für Archäogenetik
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
kirsten_bos@eva.mpg.de

Prof. Dr. Johannes Krause
Direktor, Abt. für Archäogenetik
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
krause@eva.mpg.de

Originalpublikation:
Rodrigo Barquera, T. Lesley Sitter, Casey L. Kirkpatrick, Darío A. Ramirez, Arthur Kocher, Maria A. Spyrou, Lourdes R. Couoh, Jorge A. Talavera-González, Mario Castro, Tanya von Hunnius, Evelyn K. Guevara, W. Derek Hamilton, Patrick Roberts, Erin Scott, Mariana Fabra, Gabriela V. Da Peña, Aryel Pacheco, Mónica Rodriguez, Eugenio Aspillaga, Anthi Tiliakou, Elizabeth A. Nelson, Karen L. Giffin, Raffaela A. Bianco, Adam B. Rohrlach, María de los Ángeles García Martínez, Fabiola A. Ballesteros Solís, Antti Sajantila, Shelley R. Saunders, Rodrigo Nores, Alexander Herbig, Johannes Krause, and Kirsten I. Bos
Ancient genomes reveal a deep history of Treponema pallidum in the Americas
Nature, 18 December 2024, https://doi.org/10.1038/s41586-024-08515-5

Verlust von Herzmuskelzellen

Ein Studienteam um Priv.-Doz. Dr. Olaf Bergmann aus dem Institut für Pharmakologie und Toxikologie im Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) hat herausgefunden, dass Patient*innen mit fortgeschrittener Herzschwäche durch den Einsatz eines Linksherzunterstützungsgeräts (LVAD), einer mechanischen Pumpe zur Herzunterstützung, eine deutlich erhöhte Regeneration ihrer Herzmuskelzellen erfahren. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Circulation“ veröffentlicht.

Herzkrankheiten wie die koronare Herzkrankheit, einer Durchblutungsstörung aufgrund verengter Herzkranzgefäße, Herzschwäche und Herzinfarkt führen häufig zu einem Verlust von Herzmuskelzellen. Diese Zellen sind entscheidend für die Funktion des Herzens, da sie für die Kontraktion und damit für die Blutzirkulation verantwortlich sind. Bei einem gesunden Menschen können sich Herzmuskelzellen um 0,5 Prozent pro Jahr erneuern. Bei erkrankten Personen ist die Fähigkeit des Herzens, sich zu regenerieren, allerdings beeinträchtigt, was zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen kann.

Ein Studienteam unter der Leitung von Priv.-Doz. Dr. Olaf Bergmann, Leiter der Arbeitsgruppe „Regenerative Pharmakologie“ im Institut für Pharmakologie und Toxikologie im Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), hat sich mit der Frage beschäftigt, wie sich die Erneuerung von Herzmuskelzellen bei Patient*innen mit fortgeschrittener Herzschwäche verhält. Die Forscher*innen konnten zeigen, dass die Regeneration der Herzmuskelzellen bei diesen Patient*innen stark eingeschränkt ist – sie ist 18 bis 50 Mal niedriger als in gesunden Herzen. Darüber hinaus untersuchte das Studienteam, ob die Regeneration der Herzmuskelzellen durch die Unterstützung eines sogenannten Linksherzunterstützungssystems (LVAD) beeinflusst wird. Das LVAD ist eine mechanische Pumpe, die das geschwächte Herz dabei unterstützt, Blut durch den Körper zu pumpen. Es wird chirurgisch am linken Ventrikel, der Hauptkammer des Herzens, angebracht und übernimmt einen Teil der Pumpfunktion. „Dabei wurde festgestellt, dass Patientinnen und Patienten, die mit einem LVAD behandelt wurden, eine über sechsmal höhere Erneuerungsrate der Herzmuskelzellen aufwiesen, was mit signifikanten Verbesserungen der Herzfunktion und -struktur einherging“, sagt Dr. Bergmann. Die Ergebnisse der Studie wurden im renommierten Fachjournal „Circulation“ veröffentlicht.

Über die Studie

In der Studie wurden Gewebeproben entnommener Herzen untersucht, die von 52 Patient*innen mit fortgeschrittener Herzschwäche stammten. 28 dieser Patient*innen wurden vor der Herzentnahme mit einem Linksherzunterstützungsgerät (LVAD) behandelt, das heißt das geschwächte Herz wurde vor der Entnahme mechanisch unterstützt. Die anderen 24 Patient*innen wurden vor der Herzentnahme nicht behandelt. Allen 52 Patient*innen wurde nach der Herzentnahme ein neues Herz transplantiert.

Um die Erneuerung der Herzmuskelzellen zu messen, verwendeten die Forscher*innen eine innovative Methode: Sie analysierten die Menge an radioaktivem Kohlenstoff, dem Isotop C-14, in der DNA der Herzmuskelzellen. Dieser radioaktive Kohlenstoff wurde in den 1950er und 1960er Jahre bei Kernwaffentests in die Atmosphäre freigesetzt. Die Spuren dieses Kohlenstoffs sind heute noch in der DNA von Menschen nachweisbar, und somit auch in der DNA der Herzmuskelzellen. Seit dem Verbot von Kernwaffentests sind die Mengen an atmosphärischem Radiokohlenstoff in der DNA wieder zurückgegangen. Anhand der nachgewiesenen radioaktiven Menge dieses Kohlenstoffs in der DNA der jeweiligen Patient*innen konnten die Forscher*innen um Dr. Bergmann mithilfe eines mathematischen Modells das Alter der Herzmuskelzellen und damit die Erneuerungsrate berechnen.

Bei den Herzgewebeproben von 15 der 28 Patient*innen mit einem LVAD konnte eine sechsmal höhere Erneuerungsrate der Herzmuskelzellen im Vergleich zu Herzgewebeproben gesunder Personen gemessen werden. Die anderen 13 Patient*innen mit LVAD sprachen nicht auf die Behandlung an und zeigten wie die 24 unbehandelten Patient*innen mit schwerer Herzinsuffizienz eine 18 bis 50 Mal niedrigere Regeneration im Vergleich zu gesunden Herzen. Ursächlich für die Verbesserung mit einem LVAD ist wahrscheinlich die mechanische Entlastung, die den Druck auf das geschwächte Herz reduziert und eine bessere Erholung der Herzfunktion ermöglicht. Hinter dem Ergebnis steht zudem das sogenannte „reverse remodeling“, die Umkehr des Umbaus, bei der die krankhafte Vergrößerung des Herzmuskels teilweise rückgängig gemacht wird. „Das LVAD ermöglicht dem Herzen, sich zu erholen. Dies wiederum verbessert die Energieeffizienz und fördert so vermutlich die Regeneration der Herzmuskelzellen, was in den Proben ohne mechanische Unterstützung nicht beobachtet werden konnte“, so Dr. Bergmann.

„Die Bestimmung des radioaktiven Kohlenstoffs, ermöglichte uns die Erneuerung von Herzmuskelzellen präzise zu bestimmen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es trotz der niedrigen Erneuerungsraten in der schweren Herzinsuffizienz ein erhebliches regeneratives Potenzial gibt, das therapeutisch genutzt werden könnte. Diese Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven für die Behandlung von Herzkrankheiten und könnten in Zukunft zu effektiveren Therapien führen, die die Herzregeneration fördern“, ergänzt Prof. Dr. Wolfram-Hubertus Zimmermann, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der UMG.

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Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Institut für Pharmakologie und Toxikologie
Priv.-Doz. Dr. Olaf Bergmann
Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen
Telefon 0551 / 39-13247
olaf.bergmann@med.uni-goettingen.de

Originalpublikation:
Wouter Derks, Julian Rode, Sofia Collin, Fabian Rost, Paula Heinke, Anjana Hariharan, Lauren Pickel, Irina Simonova, Enikő Lázár, Evan Graham, Ramadan Jashari, Michaela Andrä, Anders Jeppsson, Mehran Salehpour, Kanar Alkass, Henrik Druid, Christos P. Kyriakopoulos, Iosif Taleb, Thirupura S. Shankar, Craig H. Selzman, Hesham Sadek, Stefan Jovinge, Lutz Brusch, Jonas Frisén, Stavros Drakos, Olaf Bergmann: A latent cardiomyocyte regeneration potential in human heart disease. Circulation. November 21st, 2024. DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.123.067156

Qualität der stationären Altenoflege

Die Studiengänge Medizinisches Informationsmanagement (Fakultät III), Pflege und Gesundheit (Fakultät IV) der Hochschule Hannover sowie die Universität Bielefeld stellen ihr gemeinsames Forschungsprojekt „Erfahrungsberichte und Bewertungen von Pflegebedürftigen und Angehörigen in sozialen Medien“ (ErPA) vor. 

Ziel des Projekts ist es, die Qualität der stationären Altenpflege zu verbessern.

Das Projekt wurde kürzlich auf zwei wichtigen Kongressen vorgestellt: Auf dem DGP-Hochschultag in Jena am 15. November 2024 präsentierte Antje-Sophie Eggert erste Ergebnisse des Projekts. 


Beim Pflegekongress24 in Wien am 28. November 2024 wurde das Projekt von Dr. Nina Fleischmann demonstriert. In ihren Präsentationen gaben die Forscher*innen Einblicke in erste quantitative Auswertungen, die mithilfe von Web Scraping aus sozialen Medien und Bewertungsportalen gewonnen wurden. Web Scraping bezeichnet die Methode, bei der automatische Daten von Webseiten gesammelt und in strukturierter Form weiterverarbeitet werden.

Auf den Kongressen wurden bereits erste spannende Einblicke in die laufenden Untersuchungen des Projekts gegeben. Diese umfassen unter anderem eine detaillierte Analyse der Bewertungen in sozialen Medien, die zeigen, dass in Niedersachsen die durchschnittliche Sternebewertung bei 4,14 Sternen liegt. Besonders auffällig ist, dass 64,2 Prozent der Nutzer*innen eine Bewertung von 5 Sternen vergeben. Zudem wurde eine durchschnittliche Antwortrate der Pflegeeinrichtungen von 16,5 % auf Erfahrungsberichte festgestellt. Die Zahl der Bewertungen und die Zahl der Antworten von Pflegeeinrichtungen sind seit 2016 deutlich gestiegen.

Nächste Schritte:
Basierend auf den ersten quantitativen Ergebnissen startet nun eine qualitative Untersuchung, bei der die Perspektiven von Einrichtungsleitungen, Pflegedienstleitungen, Bewohnenden, Angehörigen sowie Mitarbeitenden in Pflege und Betreuung einbezogen werden. Ziel ist es, ihre subjektiven Wahrnehmungen zu den Erfahrungsberichten zu erfassen. Interessierte, die an der Teilnahme an dieser Untersuchung interessiert sind, können sich gerne beim Projektteam melden.

Förderung des Projekts:
Das Projekt wird im Rahmen der Förderlinie „Innovation an Fachhochschulen“ durch das Land Niedersachsen sowie die Volkswagenstiftung finanziell unterstützt.

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Prof. Dr. Uwe Sander
Fakultät III, Hochschule Hannover
E-Mail: Uwe.sander@hs-hannover.de

Antje-Sophie Eggert
Fakultät III, Hochschule Hannover
E-Mail: Antje-sopie.eggert@hs-hannover.de

Emilie Teider
Fakultät V, Hochschule Hannover
E-Mail: Emilie.teider@hs-hannover.de

Prostatakrebs Diagnosenverlauf

Um frühzeitig Prostatakrebs zu erkennen, gibt es verschiedene Strategien: 

Am Anfang steht oft ein Bluttest (PSA-Test). Liegt der PSA-Wert über einer bestimmten Grenze, wird in der Regel eine Gewebeprobe entnommen. 

Eine andere Möglichkeit ist, bei Krebsverdacht zunächst anhand von MRT-Aufnahmen nach Anzeichen für einen Tumor zu suchen und nur bei Auffälligkeiten eine Biopsie durchzuführen. Ob die MRT-gestützte Strategie auch langfristig sicher ist, hat eine Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin untersucht. Sie kommt zu dem Schluss, dass sich die Patienten damit mindestens für drei Jahre keinem erhöhten Risiko aussetzen. Die Studie ist jetzt im Fachblatt JAMA Oncology* erschienen.

Bei einem PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs wird die Menge an Prostata-spezifischem Antigen (PSA) im Blut bestimmt. Ist der Wert erhöht, kann dies auf Prostatakrebs hindeuten – aber auch auf andere Ursachen zurückzuführen sein. Um sicher zu gehen, wird bei erhöhten PSA-Werten oft eine Stanzbiopsie durchgeführt. Dabei werden mit einer kleinen Hohlnadel zehn bis zwölf Gewebeproben über die gesamte Prostata verteilt entnommen und analysiert – ein Eingriff, der mit unangenehmen Begleiterscheinungen in den Folgetagen sowie mit einem gewissen Infektionsrisiko verbunden ist. „Wir wollten deshalb herausfinden, ob man bei Männern, deren MRT-Aufnahmen unauffällig sind, erstmal abwarten und beobachten kann, anstatt gleich eine Biopsie zu machen“, erklärt Dr. Charlie Hamm, Erstautor der Publikation und Arzt an der Klinik für Radiologie der Charité.

Biopsien lassen sich bei negativem MRT-Befund vermeiden

Tatsächlich hat sich dieses Vorgehen, bei dem sich an einen unauffälligen MRT-Befund regelmäßige urologische Kontrollen anschlossen, als ausreichend verlässlich herausgestellt: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann mit einem unauffälligen MRT-Ergebnis innerhalb von drei Jahren nicht an aggressivem Prostatakrebs erkrankte, lag im Rahmen der Studie bei 96 Prozent. Nur bei vier Prozent der Teilnehmenden wurde trotz negativem MRT-Befund bei weiteren Kontrollen aggressiver Prostatakrebs festgestellt.

„Das Krebsrisiko ist also sehr gering, wenn die MRT-Aufnahme der Prostata keine Auffälligkeiten zeigt“, resümiert Charlie Hamm. „Zwar bietet ein unauffälliger MRT-Befund alleine keine hundertprozentige Sicherheit, aber wenn man die Patienten regelmäßig kontrolliert, entdeckt man einen möglichen Krebs früh genug. Das bedeutet für viele Männer: Sie können sich die unangenehme Gewebeprobe erstmal ersparen und müssen sich trotzdem keine Sorgen machen, dass ein Krebs übersehen wird.“

Kontrolluntersuchungen reichen aus, um Krebs früh festzustellen

Für die Studie hat das Team fast 600 Männer mit Verdacht auf Prostatakrebs untersucht. Bei ihnen wurde an der Charité ein sogenanntes multiparametrisches MRT (mpMRT) – auch MR-Prostatographie genannt – durchgeführt. Bei diesem MRT werden mehrere gewebespezifische Parameter miteinander kombiniert, etwa die Signalintensität des Prostatagewebes, die Durchblutung und die Diffusion von Wassermolekülen im Gewebe. Ein Team erfahrener Radiolog:innen hat die Bilder ausgewertet. „Nur wenn die MRT-Aufnahmen verdächtige Veränderungen der Prostata zeigten, wurde eine Gewebeprobe genommen. Die Männer mit unauffälligem MRT-Befund unterzogen sich stattdessen drei Jahre lang regelmäßig urologischen Kontrolluntersuchungen. So konnten wir sehen, ob dieser Ansatz sicher ist“, schildert Charlie Hamm das Vorgehen.

Hochwertige MRT-Befunde und Sicherheitsnetz sind essenziell

Die Studie ist nach acht Jahren nun abgeschlossen. „Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer personalisierten Prostatakrebsversorgung. Durch den effektiveren Einsatz der Magnetresonanztomografie können wir sicherstellen, dass Männer die richtigen Untersuchungen und Behandlungen zum richtigen Zeitpunkt erhalten“, sagt der Arzt und sagt der Arzt und Fellow des Junior Clinician Scientist Programms, das die Charité zusammen mit dem Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) betreibt.

Die Ergebnisse sind auch für Ärztinnen und Ärzte relevant, um ihre Patienten bei der Entscheidung zu unterstützen, wann eine Biopsie wirklich nötig ist. Die Europäische Gesellschaft für Urologie empfiehlt in ihren Leitlinien zwar bereits eine MRT vor einer Prostatabiopsie. Bisher war jedoch unklar, wie sicher es ist, bei einem negativen MRT-Befund ganz auf die Biopsie zu verzichten. „Unsere Ergebnisse zeigen nun, dass auch in einem dezentralen, ambulanten Versorgungsnetz der sogenannte MRT-Diagnoseweg sicher und effektiv ist“, stellt Charlie Hamm fest. „Wir hoffen, dass die Studie einen Anstoß gibt, den Stellenwert der MRT als Entscheidungshilfe für oder gegen eine Biopsie auch in der deutschen Leitlinie weiter zu stärken.“

Damit die neuen Erkenntnisse bald Eingang in die Praxis finden, sind den Studienautor:innen zufolge allerdings zwei weitere Aspekte entscheidend: Erstens müssen die MRT-Aufnahmen von erfahrenen Fachleuten durchgeführt und analysiert werden. Das heißt, mehr Radiolog:innen in der genauen Interpretation von Prostata-MRT-Aufnahmen zu schulen und standardisierte Verfahren anzuwenden. Zweitens ist es wichtig, ein Sicherheitsnetz für die Männer zu schaffen, die zunächst keine Biopsie erhalten. „Das bedeutet klare Richtlinien für die PSA-Überwachung, wiederholte MRT-Untersuchungen und Kriterien, wann später eine Biopsie notwendig sein könnte“, betont Charlie Hamm.

*Hamm CA. et al. Oncological safety of MRI-informed decision-making in men with suspected prostate cancer. 2024 JAMA Oncol. Dec 12 doi: 101001/jamaoncol.2024.5497

Über die Studie
Die Studie entstand in enger Kooperation zwischen niedergelassenen urologischen Praxen in Berlin und der Klinik für Radiologie der Charité. Die niedergelassenen Ärzt:innen waren sowohl bei der Konzeption der Studie als auch bei der Rekrutierung, den Folgeuntersuchungen und Behandlungen beteiligt. Gefördert wurde die Studie unter anderem von der Berliner Krebsgesellschaft e.V., der Berliner Röntgengesellschaft – Röntgenvereinigung zu Berlin und Brandenburg e.V. und der Berliner Urologischen Gesellschaft e.V.

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Dr. Charlie Alexander Hamm, PhD
Minimal-invasive Tumorambulanz
Klinik für Radiologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
E: charlie.hamm[at]charite.de

Originalpublikation:
https://jamanetwork.com/journals/jamaoncology/fullarticle/2827887
Weitere Informationen finden Sie unter
Klinik für Radiologie der Charité

Polizeiliche Gefährdungsanalysen zu Tötungsdelikten in Partnerschaft und Familie („GaTe“

Forschungsprojekt „Polizeiliche Gefährdungsanalysen zu Tötungsdelikten in Partnerschaft und Familie („GaTe“) endet zum Jahresende. 

Die Psychologische Hochschule Berlin entwickelte gemeinsam mit der Deutschen Hochschule der Polizei und dem Polizeipräsidium Ravensburg ein standardisiertes Risikoanalyseinstrument (GaTe-RAI). 

Die Projektverantwortlichen ziehen positive Bilanz.

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik kam es im Jahr 2023 bundesweit durchschnittlich einmal pro Tag zu einer versuchten oder vollendeten Tötung in einer (Ex-) Partnerschaft; im Mittel starb jeden zweiten Tag eine Person. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungsprojekt Polizeiliche Gefährdungsanalysen zu Tötungsdelikten in Partnerschaft und Familie (Akronym: GaTe) untersuchte Warnsignale im Vorfeld von Tötungsdelikten in bestehenden und ehemaligen Partnerschaften (sogenannte Intimizide) sowie den Status Quo der Vorgehensweisen in der Gefährdungsanalyse der Polizeien der Länder bei drohenden Taten. „Ziel des gemeinsam durchgeführten Projekts war es, wissenschaftlich gesicherte Kriterien festzulegen, um Tatrisiken besser einschätzen zu können“, so der Projektkoordinator Polizeipräsident Uwe Stürmer. Im weiteren Verlauf wurden diese Kriterien in ein Risikoanalyseinstrument (Teilprojekte der Psychologischen Hochschule Berlin und der Deutschen Hochschule der Polizei) überführt, um daraus praktische Ansätze zu gewinnen sowie aus den Erkenntnissen einer bundesweitern Sachbearbeitendenbefragung für den Phänomenbereich (Ex-)Partnerschaftsgewalt Empfehlungen und Best-Practice Ansätze für das polizeiliche Vorgehen (Teilprojekt des Polizeipräsidiums Ravensburg) ableiten zu können. Diese beinhalten neben standardisierten Prozessen auch regelmäßige Fortbildungen für die Polizei, sowie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit allen beteiligten Akteuren.

Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis wurde so einerseits das wissenschaftlich fundierte Risikoanalyseinstrument GaTe-RAI entwickelt, das es erlaubt, Warnsignale vor potentiellen Intimiziden zuverlässig zu erkennen und zu bewerten und somit die bisherigen Vorgehensweisen der Gefährdungsanalyse sinnvoll zu ergänzen. Andererseits konnten die Projektpartner Empfehlungen für den polizeilichen Umgang mit solchen Warnhinweisen sowie mit Partnerschaftsgewalt in Form eines Berichts ableiten und ein umfangreiches Schulungskonzept entwickeln.

Bereits während der Projektlaufzeit wurden verschiedene Zwischenergebnisse veröffentlicht, darunter auch ein systematisches Literaturreview, das zeigen konnte, dass Tatankündigungen und andere Warnsignale auch bei Intimiziden eine Rolle spielen (https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/15248380241237213).

Aktenanalyse und Instrumentenentwicklung GaTe-RAI

Intimizide ereignen sich selten spontan. Manchen Fällen geht eine Gewaltvorgeschichte voraus, in anderen Fällen gibt es keine Anzeichen für frühere Gewalt. „Tatauslöser können Ereignisse sein, die den bisherigen Lebensentwurf der
späteren Täterinnen oder Täter bedrohen, diese in eine nicht zu bewältigende Krise stürzen und so schließlich zur Begehung der Tat führen“, erklärt Psychologin Prof. Dr. Rebecca Bondü. Diese unterschiedlichen Entwicklungsprozesse in Richtung einer Tat werden in vielen Fällen durch beobachtbare Tatankündigungen (so genanntes Leaking) und weitere Warnsignale begleitet. Da die derzeit eingesetzten Risikoanalyseinstrumente primär die Gewaltvorgeschichte fokussieren, unterschätzen sie das Tötungsrisiko in vielen Fällen. Ziel der Teilprojekte der Psychologischen Hochschule Berlin und der Deutschen Hochschule der Polizei war es daher, diese Warnsignale für Tötungsdelikte in bestehenden und ehemaligen Beziehungen für die Risikoanalysen nutzbar zu machen, um vorhandene Instrumente zur Risikoanalyse zu ergänzen. Der Fokus lag dabei auf Leaking, einem relevanten Warnsignal für die Prävention zielgerichteter Gewalttaten im öffentlichen Raum (z.B. School Shootings, Terroranschläge). Leaking umfasst alle beobachtbaren Aussagen oder Verhaltensweisen, die eine Auseinandersetzung mit, ein Interesse an, die positive Bewertung einschlägiger Taten oder gar die Vorbereitung einer eigenen Tat signalisieren. Vor Intimiziden trat Leaking vor allem in Form von Drohungen und Tatankündigungen gegenüber dem Opfer oder Dritten auf. Auch suizidales Verhalten aufgrund von Beziehungsproblemen, Tatvorbereitungen, auffälliges Interesse an Intimiziden oder verwandten Themen sowie frühere schwere Gewalt, die eine Bereitschaft zur Tötung der Partnerin oder des Partners signalisieren, sind wichtige Formen von Leaking.

Im Rahmen des Projekts wurden umfangreiche Akten aus einschlägigen Strafverfahren untersucht und auf Merkmale und Inhalte von Leaking und anderen Warnsignalen sowie potentielle Tatauslöser überprüft. 


Durch den systematischen statistischen Vergleich von versuchten und vollendeten Intimiziden sowie Fällen, bei denen Personen Leaking gezeigt, aber anschließend keinen Tötungsversuch unternommen hatten, konnten dann die Merkmale und Inhalte herausgearbeitet werden, die häufiger in der Gruppe der späteren Täterinnen und Täter auftraten. 


Diese sprechen für die Ernsthaftigkeit der Warnsignale und potentiellen Tatauslöser und können somit als Kriterien für die Einschätzung des Risikos eines Intimizids dienen.

Das Risikoanalyseinstrument GaTe-RAI ist standardisiert und enthält 14 empirisch gesicherte Kriterien. Prof. Dr. Thomas Görgen von der Deutschen Hochschule der Polizei: „Wenn diese Kriterien vorliegen, besteht ein erhöhtes Risiko für einen Intimizid. Beispiele für diese Kriterien sind verklausulierte Tatankündigungen gegenüber Dritten, ein plötzlicher sozialer Rückzug der potentiell gefährdenden Person oder in manchen Fällen die Beendigung der Beziehung. Wobei hier nicht der Zeitpunkt der Trennung, sondern der Moment, in dem die betroffene Person die Endgültigkeit der Trennung erkennt, entscheidend ist (etwa durch einen bevorstehenden Scheidungstermin oder den Auszug).“

Besonders wichtige Kriterien werden stärker gewichtet. GaTe-RAI kann für männliche und weibliche potentiell gefährdende Personen in bestehenden oder bereits aufgelösten Beziehungen eingesetzt werden. Das Instrument erlaubt eine gute Unterscheidung zwischen Personen, die eine Tat angekündigt haben und diese später auch umsetzen und Personen, die eine Tat angekündigt haben, diese jedoch nicht umsetzen. „Weitere Analysen deuten zudem hin, dass der Einsatz von GaTe-
RAI in Ergänzung zu gängigen Risikoanalyseinstrumenten wie dem Danger Assessment zu einer zuverlässigeren Einschätzung eines Intimizidrisikos beiträgt“, berichtet Prof. Dr. Rebecca Bondü von der Psychologischen Hochschule Berlin.

Anwendung von GaTe-RAI in der Praxis

Neben der Polizei sollen auch andere Akteurinnen und Akteure einbezogen werden. Den Grund dafür nennt Uwe Stürmer: „Nur in knapp 25 Prozent der analysierten Tötungsdelikte kam es zuvor zu einem Polizeieinsatz und nur 17 Prozent der Leakings in der vorliegenden Stichprobe wurden den Strafverfolgungsbehörden gemeldet.“


Aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Jugendamt, Frauenhäusern oder aus dem medizinischen Sektor wurden Zeugen.


 Wichtig ist daher eine Sensibilisierung aller potentiellen Zeuginnen und Zeugen für Leaking und weitere Warnsignale, um so die Meldebereitschaft zu erhöhen und geeignete Interventionen einzuleiten. Dafür wurde eigens ein Flyer mit allen relevanten Informationen erstellt. Um eine optimale Anwendung des Instruments zu gewährleisten, wird dringend die Teilnahme an einer Schulung empfohlen, die im kommenden Jahr von der Psychologischen Hochschule Berlin angeboten wird.

Sachbearbeitendenbefragung mit dem Ziel, bundesweite Standards zu etablieren
In einer umfassenden bundesweiten Befragung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die den Deliktbereich der (Ex-)Partnerschaftsgewalt bearbeiten, haben die Projektpartner das Vorgehen bei der Gefährdungsanalyse, die Nutzung von Risikoanalyseinstrumenten, das Gefahrenmanagement, Fortbildungsmöglichkeiten sowie die Zusammenarbeit mit anderen Fachstellen untersucht. Darüber hinaus wurden die Innenministerien und -senate der Länder zu deren Vorgaben, Fortbildungsangeboten und dem länderspezifischen Qualitätsmanagement in diesem Phänomenbereich befragt und um die Zusendung von Dienstanweisungen und weiteren Materialien gebeten.

Die Daten zeigen, dass das Vorgehen weder deutschlandweit noch innerhalb der Bundesländer abgestimmt ist und teilweise Diskrepanzen zwischen den ministeriellen Vorgaben und der polizeilichen Praxis bestehen. Ebenso wurde deutlich, dass das Fortbildungsangebot den bestehenden Bedarf nicht angemessen abdeckt. Die multidisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Akteurinnen und Akteuren (bspw. Jugendämtern, nicht staatlichen Hilfseinrichtungen) gestaltet sich bundesweit sehr unterschiedlich. Häufig wird diese wichtige Ressource nicht vollends ausgeschöpft oder durch verschiedene Rahmenbedingungen wie bspw. den Datenschutz eingeschränkt.

Im Ergebnis wird deutlich, dass vor allem hinsichtlich einer Standardisierung der Gefährdungsanalyse, wie sie die Istanbul-Konvention verlangt, noch Anpassungs- und Optimierungsbedarf besteht. Gleiches gilt für ein regelmäßig stattfindendes wie auch wissenschaftlich fundiertes Fortbildungsangebot und die Stärkung und Erleichterung der multidisziplinären Zusammenarbeit, welche insbesondere auch
eine strukturelle Verankerung benötigt. Daher werden, zumindest bundeslandspezifisch, eine einheitliche Gefährdungsanalyse sowie bundesweit verpflichtende und kontinuierlich stattfindende Schulungen empfohlen.

Entwicklung und Erprobung eines Schulungskonzepts

Auf Grundlage der Projektergebnisse haben die Partner ein Schulungskonzept entwickelt, welches Sachbearbeitenden die umfangreichen wissenschaftlichen Grundlagen vermittelt. Konkret werden Themen wie Gewaltformen und Dynamiken, aber auch psychologisches Hintergrundwissen, Risikofaktoren und Warnsignale sowie interkulturelle Kompetenzen und interdisziplinäre Zusammenarbeit behandelt. Daneben werden neben grundlegenden Informationen zu (Ex-)Partnerschaftsgewalt auch die Inhalte des Instruments GaTe-RAI erklärt. Die Schulung wurde an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg wie auch an der Deutschen Hochschule der Polizei bereits durchgeführt. Weiterhin haben die Partner eine elektronische Lernanwendung mit relevanten Inhalten für Beamtinnen und Beamte des Ersten Angriffs erarbeitet, die Anfang 2025 verfügbar sein wird.

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Ansprechperson Gesamtprojekt: Polizeipräsident Uwe Stürmer (Polizeipräsidium Ravensburg, Uwe.Stuermer@polizei.bwl.de)

Ansprechpersonen für das Instrument und Informationen zu Warnsignalen: Prof. Dr. Rebecca Bondü (Psychologische Hochschule Berlin, r.bondue@phb.de), Prof. Dr.
Thomas Görgen (Deutsche Hochschule der Polizei, thomas.goergen@dhpol.de)

Ansprechperson für Informationen zu Schulungen zu GaTe-RAI: Prof. Dr. Rebecca Bondü (Psychologische Hochschule Berlin, r.bondue@phb.de)

Originalpublikation:
systematisches Literaturreview, das zeigt, dass Tatankündigungen und andere Warnsignale auch bei Intimiziden eine Rolle spielen:
https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/15248380241237213
Weitere Informationen finden Sie unter
(Pressemitteilung als PDF auf der PHB-Website)
(Projektbeschreibung der DHP)