Medizin am Abend Berlin Fazit: DIVI widerspricht KV-Studie: „Für Ärzte in den Notaufnahmen ist Zi-Paper ein Schlag ins Gesicht“
Das veröffentlichte Papier des
Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zur Situation
in den Kliniknotaufnahmen löst unter Fachleuten starken Widerspruch aus.
„Das Papier bildet die Realität in den Notaufnahmen nicht ab“,
kritisiert Professor André Gries, Ärztlicher Leiter der zentralen
Notaufnahme am Uniklinikum Leipzig.
Medizin am Abend Berlin ZusatzFachLink: Diagnosedaten im Krankenhaus
Medizin am Abend Berlin ZusatzThema: Cannabis - Werbung
„Dafür ist die verwendete Methodik
völlig unzureichend“, warnt der Experte von der Deutschen
Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI).
Prof. Dr. André Gries
„Notaufnahmen leisten unverzichtbare Arbeit zum Wohl der Patienten.
Die Qualität geht regelmäßig über das hinaus, was die Notfallversorgung
der niedergelassenen Ärzte leisten kann“, betont Professor Stefan
Schwab, Präsident der DIVI.
In dem Papier behaupten die Zi-Autoren, dass in den Notaufnahmen an
deutschen Krankenhäusern im Schnitt nur 1,7 Patienten pro Stunde
behandelt würden – ein im internationalen Vergleich niedriger Wert.
Sie
werteten dafür allerdings nur jene Fälle aus, die die Krankenhäuser als
ambulante Fälle bei den Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechnet
haben.
„Eine wissenschaftlich belastbare Studie ist das nicht“, erklärt
Gries.
- Patienten, die privat versichert oder Selbstzahler sind, fließen
hier ebenso wenig ein wie jene, deren Notfallbehandlung die
Berufsgenossenschaften tragen, beispielsweise nach einem Arbeitsunfall.
- „Außerdem kann ein Krankenhaus für jeden gesetzlich Versicherten nur
einmal pro Quartal die Notfallpauschale abrechnen, selbst wenn er in
dieser Zeit mehrfach die Notaufnahme aufsuchen muss“, erläutert der
Experte.
- In dem Papier gar nicht berücksichtigt sind die behandelten und
dann stationär aufgenommenen Fälle der Notaufnahme. „So entsteht in dem
Zi-Papier ein völlig verzerrtes Bild von der Auslastung der
Notaufnahmen.“
Notaufnahmen behandeln teils mehr als 30 schwer kranke und verletzte Patienten
Die im Auftrag der Kassenärzte erstellte Auswertung zählt zudem nur die
Neuaufnahmen.
„Diese Betrachtung spiegelt jedoch nicht den Aufwand
wider, den ein Patient benötigt“, so Gries.
Viele Patienten müssen
aufwendig diagnostiziert und behandelt werden und verlassen die
Notaufnahme erst Stunden nach ihrer Aufnahme.
„In unserer Notaufnahme
zählen wir bis zu 9,5 Neuaufnahmen pro Stunde“, erläutert Gries,
„zusammen mit den Patienten, die bereits da sind, bedeutet das, dass wir
mitunter mehr als 30 teils schwer kranke Patienten parallel betreuen.“
Der Experte schlussfolgert: „Der Artikel verhöhnt das Personal in den
Notaufnahmen, das oft am Limit arbeitet, um die vielen Patienten
bestmöglich zu betreuen.“ Für viele Ärzte sei das Zi-Paper wie ein
Schlag ins Gesicht.
Kritik übt der Fachmann auch an dem Vergleich mit der Situation in
anderen Ländern. „Die Zahlen des Zi sind nicht mit Statistiken aus den
USA oder Großbritannien vergleichbar“, so Gries. Dort existieren
Register, die alle Patienten direkt bei der Ankunft in der Notaufnahme
zählen, während sie in Deutschland nachträglich aus dafür nicht
geschaffenen Abrechnungsstatistiken ermittelt würden.
„Die DIVI fordert
deshalb schon länger die verpflichtende Erfassung belastbarer Kennzahlen
in den Notaufnahmen“, betont Gries. Hinzu komme, dass die
Notfallversorgung in diesen Ländern anders strukturiert und organisiert
sei als in Deutschland.
So zählt die Notaufnahmestatistik in
Großbritannien auch Besuche in sogenannten „walk-in centres“, Akutpraxen
an Krankenhäusern, die kleinere Notfälle wie Insektenstiche,
Heuschnupfenanfälle und Durchfälle versorgen.
Notaufnahmen fangen die unzureichende ambulante Versorgung auf
In Deutschland hingegen werden die Notaufnahmen häufig auch in Anspruch
genommen, weil die Notfallversorgung durch die Kassenärzte nicht
ausreicht.
„Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass in den Notaufnahmen
Patienten ambulant behandelt werden, die von niedergelassenen Kollegen
zugewiesen werden, weil deren Abklärungsmöglichkeiten nicht ausreichen“,
sagt Gries.
Neben zahlreichen schwer kranken oder verletzten Patienten,
die mit dem Rettungs- und Notarztdienst kommen,
benötigen ungefähr 70
Prozent der ambulanten Patienten in einer Notaufnahme tatsächlich die
apparative und diagnostische Ausstattung des Krankenhauses.
„Wir sehen,
dass die sogenannte ambulante Notfallversorgung durch die Kassenärzte
nicht ausreichend sichergestellt wird.
Außerhalb der Sprechstundenzeiten
sind die Notdienste der Kassenärztlichen Vereinigungen nicht
ausreichend. Und selbst innerhalb der Sprechstundenzeiten kommen
zahlreiche Patienten ambulant in die Notaufnahmen.“
In ihrer Auswertung kommen die Zi-Autoren zu dem Schluss, dass
Patienten, die in selten besuchten Notaufnahmen behandelt werden, ein
größeres Risiko haben, bald zu sterben, als nach einer Behandlung in gut
ausgelasteten Einrichtungen. „Das ist aber schon lange bekannt“, betont
Gries. „Deshalb arbeitet der Gemeinsame Bundesausschuss aktuell an
einer Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft.“ Diskutiert werden
dabei auch Vorgaben für die Kliniknotfallversorgung,
beispielsweise die
Abstufung nach Krankenhäusern, die leichte, mittlere und schwere
Notfälle versorgen können. Die Idee: die Etablierung eines zentralen
Notfallzentrums pro Krankenhaus statt vieler Einzelnotaufnahmen. „Diesen
Ansatz unterstützen wir Notfallmediziner“, sagt der DIVI-Fachmann.
DIVI fordert bundesweite Einführung der Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin
Dabei müsse jedoch darauf geachtet werden, dass erfahrene
Notfallmediziner solche Notfallzentren besetzen.
- In Deutschland werden
häufig Ärzte aus anderen Abteilungen in die Notaufnahmen abgeordnet.
„Das übersehen die Autoren des Zi-Papiers, wenn sie die Situation
beispielsweise mit den USA vergleichen.
Dort und in vielen anderen
Ländern arbeiten in den Notaufnahmen Fachärzte für Notfallmedizin, in
Deutschland ist eine entsprechende Zusatzqualifikation bisher nicht
umfassend umgesetzt.“
Deswegen fordert die DIVI insbesondere für das
Leitungspersonal der Notaufnahmen seit Jahren die bundesweite Einführung
der Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin. „Das
Konzept steht, der Antrag liegt den Landesärztekammern vor, wir hoffen
auf eine baldige Umsetzung“, so Gries.
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com
Über Google: Medizin am Abend Berlin
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.
Volker Parvu
Geschäftsführer der DIVI
info@divi.de
Tel +49 (0)30 40 0 056 07
presse@divi.de
Tel +49 (0)89 230 69 60 21
www.divi.de/presse
Torben Brinkema
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V.
Luisenstr. 45
10117 Berlin
Deutschland
Berlin
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI)
Die 1977 gegründete Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv-
und Notfallmedizin e.V. (DIVI) ist ein weltweit einzigartiger
Zusammenschluss von mehr als 2.000 Anästhesisten, Neurologen, Chirurgen,
Internisten, Kinder- und Jugendmedizinern sowie Fachkrankenpflegern und
entsprechenden Fachgesellschaften.
Ihre fächer- und berufsübergreifende Zusammenarbeit und ihr
Wissensaustausch machen im Alltag den Erfolg der Intensiv- und
Notfallmedizin aus. Insgesamt bündelt die DIVI das Engagement von mehr
als 30 Fachgesellschaften und persönlichen Mitgliedern.
Medizin am Abend Berlin ZusatzThema: Sicheres Silvester – Verwenden Sie nur geprüftes Feuerwerk
Am letzten Tag des Jahres werden wieder
Millionen von Feuerwerkskörpern gezündet.
Bei nicht ordnungsgemäßer
Verwendung, können diese zu Personen- und Sachschäden führen.
Funktion eines unsachgemäß angezündeten und nicht-zugelassenen Blitzknallkörpers in einer künstlichen Hand. (Foto: BAM) Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
Bevor
Raketen, Knallkörper oder Verbundfeuerwerke auf den
europäischen und damit auch deutschen Markt dürfen, müssen sie auf ihre
Sicherheit hin geprüft werden. Geprüftes Feuerwerk ist mit einer
Registriernummer und dem CE-Zeichen in Verbindung mit der Kennnummer der
Prüfstelle gekennzeichnet. Prüfende Stellen sind neutrale, unabhängige
Organisationen, die der EU-Kommission von den jeweiligen Mitgliedstaaten
benannt werden. Derzeit gibt es neben der BAM 12 benannte Stellen in
Europa die Feuerwerk gemäß der Richtlinie pyrotechnische Gegenstände
[2013/29/EU] prüfen.
Neben den EU-Regeln gibt es länderspezifische Regelungen für die
Verwendung von Feuerwerk.
Beispielsweise dürfen in Deutschland
Feuerwerksprodukte der Kategorie F2, zu denen auch Silvesterraketen,
Feuerwerksbatterien, Knaller oder auch Fontänen zählen, nur von Personen
über 18 Jahren gekauft und verwendet werden.
- Außerdem dürfen Raketen
der Kategorie F2 mit mehr als 20 g Knallsatz nur von Personen mit einer
speziellen Erlaubnis oder einem Befähigungsschein erworben und gezündet
werden.
„Wir raten Verbrauchern, nur geprüfte Feuerwerkskörper zu kaufen und vor
dem Gebrauch die Gebrauchsanleitung gründlich zu lesen“, sagt Dr.
Christian Lohrer, Pyrotechnikexperte bei der BAM.
„Insbesondere sollte
man darauf achten, die empfohlenen Sicherheitsabstände einzuhalten und
Knaller nicht aus der Hand zünden.“
Neben den zugelassenen Feuerwerksartikeln gelangen jedoch nach wie vor
auch illegale Pyrotechnikartikel nach Deutschland.
Vor dem Gebrauch
dieses oftmals gefährlichen Feuerwerks warnt die BAM ausdrücklich.
„Illegale Knallkörper enthalten oft eine Mischung explosionsgefährlicher
Substanzen, deren Auswirkungen unberechenbar sind“, so Heidrun Fink,
Prüfleiterin bei der BAM im Bereich Explosivstoffe.
„Sie können schwere
Verletzungen oder auch die Abtrennung von Gliedmaßen verursachen.“
Die BAM rät Verbrauchern beim Kauf von Feuerwerk darauf zu achten, dass
die Registriernummer und das CE-Zeichen in Verbindung mit der Kennnummer
der Prüfstelle sowie eine deutsche Gebrauchsanleitung vorliegen.
Informationen, Fotos und Video auf www.bam.de
Mehr Informationen zum Thema Feuerwerk und deren sichere Handhabung finden Sie auf unserer Website
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
Venio Quinque, M.A., LL.M./LL.B.
T: + 49 30 8104-1002
presse@bam.de
www.bam.de
Unter den Eichen 87
12205 Berlin
Deutschland
Berlin
E-Mail-Adresse:
info@bam.de
M.A., LL.M./LL.B. Venio Quinque
Telefon: + 49 30 8104-1002
Fax: + 49 30 8104-71002
E-Mail-Adresse:
venio.quinque@bam.de
Dr. Ulrike Rockland
Telefon: 030 / 8104 - 1002
Fax: 030 / 8104 - 2 - 1002
E-Mail-Adresse:
presse@bam.de
Über die BAM
Die BAM gewährleistet Sicherheit in Technik und Chemie.
Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ist eine
Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Energie.
Die BAM forscht, prüft und berät zum Schutz von Mensch, Umwelt und
Sachgütern. Im Fokus aller Tätigkeiten in der Materialwissenschaft, der
Werkstofftechnik und der Chemie steht dabei die technische Sicherheit
von Produkten und Prozessen. Dazu werden Substanzen, Werkstoffe,
Bauteile, Komponenten und Anlagen sowie natürliche und technische
Systeme von volkswirtschaftlicher Dimension und gesellschaftlicher
Relevanz erforscht und auf sicheren Umgang oder Betrieb geprüft und
bewertet. Die BAM entwickelt und validiert Analyseverfahren und
Bewertungsmethoden, Modelle und erforderliche Standards und erbringt
wissenschaftsbasierte Dienstleistungen für die deutsche Wirtschaft im
europäischen und internationalen Rahmen.
Sicherheit macht Märkte.
Die BAM setzt und vertritt für Deutschland und seine globalen Märkte
hohe Standards für Sicherheit in Technik und Chemie zur
Weiterentwicklung der erfolgreichen deutschen Qualitätskultur „Made in
Germany“.