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Grippeschutzimpfungen

Grippeschutzimpfung 

Der Herbst steht vor der Tür, und mit ihm beginnt auch die jährliche Infektionssaison mit zahlreichen akuten Atemwegserkrankungen. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher ruft deshalb alle Brandenburgerinnen und Brandenburger wieder zur Grippeschutzimpfung auf: „Die Grippesaison beginnt im Oktober, daher ist jetzt die richtige Zeit, sich impfen zu lassen. Vor allem Risikogruppen sollten nicht mit der Impfung warten. Ältere Menschen und chronisch Kranke haben ein höheres Risiko, dass eine Infektion mit Influenzaviren schwer verläuft. Impfungen verhindern wirksam schwere Verläufe.“

Die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt die jährliche Grippeschutzimpfung ab Oktober bis Mitte Dezember insbesondere folgenden Personengruppen:

·         Allen Personen ab 60 Jahren

·         Schwangeren ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel (Trimenon)

·         Chronisch Erkrankten

·         Bewohnerinnen und Bewohnern von Alters- oder Pflegeheimen

·         Personen, die als mögliche Infektionsquelle im selben Haushalt Lebende oder von ihnen betreute Risikopersonen gefährden können

·         Personen mit erhöhter Gefährdung (z.B. medizinisches Personal)

·         Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr

Als „Grippesaison“ wird der Zeitraum von der 40. Kalenderwoche bis zur 20. Kalenderwoche des folgenden Jahres bezeichnet. In der zurückliegenden Grippesaison 2023/2024 wurden im gesamten Land Brandenburg 7.584 bestätigte Influenza-Infektionen gemeldet (im Zeitraum Anfang Oktober 2023 bis Mitte Mai 2024). In der Grippesaison 2022/2023 waren es 13.391.

Mediziner raten bereits im Herbst – idealerweise zwischen Oktober und Dezember – zu einer Grippeschutzimpfung, damit der volle Impfschutz rechtzeitig aufgebaut werden kann. Das dauert in der Regel zehn bis 14 Tage.

Der Influenza-Impfstoff (Grippe) wird jedes Jahr angepasst. Informationen hierzu sowie den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind auf der Website des Paul-Ehrlich-Instituts (https://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/influenza-grippe/influenza-node.html?cms_tabcounter=0) abrufbar.

Die Grippeschutzimpfung kann gemäß STIKO-Empfehlung auch zeitgleich mit einer Corona-(Auffrischungs-)Impfung verabreicht werden. Die Immunisierung wird von vielen Ärztinnen und Ärzten durchgeführt, daher sollte man am besten seine Hausärztin oder seinen Hausarzt kontaktieren.

Mehr Informationen zur Grippe und zur Grippeschutzimpfung unter: www.impfen-info.de/grippeimpfung/ 


 

Mit freundlichen Grüßen

Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg

Henning-von-Tresckow-Straße 2-13

14467 Potsdam

Tel: 0331 866-5044

Internet: https://msgiv.brandenburg.de

Entzündete Neuronen

An der Forschungsgruppe „NeuroFlame – Verteidigung und Untergang von entzündeten Neuronen“ sind neben Wissenschaftler:innen des UKE auch Forschende der Ludwig-Maximilians-Universität, der Universität Heidelberg, der Universitätsmedizin Göttingen, der Humboldt Universität zu Berlin, des Leibniz-Forschungsinstituts für Molekulare Pharmakologie in Berlin und des Karolinska Institutet Stockholm beteiligt.

Prof. Dr. Manuel Friese
Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Telefon: 040 7410-57277
m.friese@uke.de

Ökobilanzierung über die Umweltwirkungen von Abwasserrohrleitungen aus (Stahl-)Beton

Fraunhofer UMSICHT erstellte im Auftrag des FBS (Bundesfachverband Betonkanalsysteme) eine Ökobilanzierung über die Umweltwirkungen von Abwasserrohrleitungen aus (Stahl-)Beton. Diese fungiert gleichzeitig als Verbands-Umweltproduktdeklaration (EPD-Environmental Product Declaration) und ist öffentlich über die ÖKOBAUDAT Datenbank zugänglich. 

Zusätzlich verglich Fraunhofer UMSICHT die Umweltwirkungen von der Rohstoffgewinnung bis zum Recycling von Entwässerungssystemen aus (Stahl-)Beton mit Rohrleitungen aus Kunststoffen.

In der vergleichenden Ökobilanzierung ermittelten die Forschenden von Fraunhofer UMSICHT den Carbon Footprint von Abwasserrohren aus (Stahl-)Beton und vier Kunststoffarten (GFK, PVC, PE, PP)1 über alle verfügbaren Durchmessergrößen. Für den Werkstoffvergleich wurden für einen definierten Durchmesser kommerzielle und öffentlich einsehbare Umweltdaten verschiedener Materialien verwendet und auf eine Lebensdauer von 100 Jahren bezogen.

Bei der Ökobilanzierung berücksichtigten die Forschenden den Energie- und Ressourcenverbrauch für die Herstellungs-, Errichtungs- und Nutzungsphase einschließlich des Recyclings von Abwasserkanalrohren. Die Datengrundlage für Beton- und Stahlbetonrohre wurde durch Fraunhofer UMSICHT als neutrale Institution von den Verbandsmitgliedern des Bundesfachverbandes Betonkanalsysteme erhoben. Weitere Hintergrunddaten stammen aus der »LCA for Experts«-Datenbank und beziehen sich auf Produktionsmengen aus dem Jahr 2021.
Carbon Footprint von Betonrohren vorteilhafter

Die Ergebnisse der Ökobilanzierung für ein Cradle-to-Gate-Szenario (von der Rohstoffgewinnung bis zum Werktor) zeigen: Während der Unterschied zwischen den Werkstoffen im kleinen Nennweitenbereich von 300 mm Innendurchmesser nur gering ist, sind Betonrohre ab einer Nennweite² von 400 mm Innendurchmesser vorteilhafter als Kunststoffalternativen. Betonrohre zeigen auch Vorteile im Carbon Footprint gegenüber Stahlbetonrohren auf, wobei allerdings keine Unterschiede in der Lebensdauer beider Materialien berücksichtigt worden sind. Wird zudem die Entsorgung der Rohre mit einbezogen, zeigen Beton- und Stahlbetonrohre klare Vorteile gegenüber den Kunststoffrohren. »Dies liegt daran, dass Kunststoffrohre vermutlich nur thermisch verwertet – also verbrannt werden – können. Betonrohre könnten teilweise für die Herstellung neuer Betonfertigteile genutzt sowie als gebrochenes Material, beispielsweise im Straßenbau, weiterverwendet werden«, erklärt Dr. Daniel Maga, Abteilung Nachhaltigkeit und Partizipation von Fraunhofer UMSICHT. Nach der Weiterverwendung des Betons findet eine Karbonatisierung von Beton statt, so dass zusätzlich CO2 gebunden wird. Dieser Effekt wurde allerdings aufgrund der Unsicherheit der Daten nicht berücksichtigt.

Die Umweltproduktdeklaration durchlief eine externe Prüfung durch das Institut zur Prüfung und Zertifizierung von Bauprodukten, Sicherheitstechnik und Schutzausrüstung ift in Rosenheim.

1 Glasfaserverstärkter Kunststoff, Polyvinylchlorid, Polyethylen, Polypropylen
2 ungefährer innerer Durchmesser eines Rohrs
Weitere Informationen finden Sie unter
(Daten in Ökobaudat)
(Abteilung Nachhaltigkeit und Partizipation)
(Ökobilanzierung)

Trockenfasten - Blutzuckerspiegel

Ein Forscherteam um Prof. Dr. Olga Ramich vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und der Charité-Universitätsmedizin Berlin hat in einer ersten Pilotstudie die Auswirkungen von religiösem Trockenfasten und zeitlich begrenztem Essen auf den Verlauf und die Höhe des Blutzuckerspiegels untersucht. 

Die Studie ist die erste ihrer Art, bei der eine kontinuierliche Glukosemessung eingesetzt wurde, um diese Fastenmethoden bei einer kleinen Gruppe von Proband*innen ohne Diabetes zu bewerten. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal Nutrients veröffentlicht.

Fasten als religiöses Ritual

Intervallfasten hat in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen. Studien haben verschiedene gesundheitliche Vorteile aufgezeigt, darunter auch die Wirksamkeit bei der Gewichtsabnahme. 


Eine extreme Form des Intervallfastens ist das Trockenfasten, weil hierbei nicht nur auf feste Nahrung, sondern auch auf Flüssigkeit verzichtet wird. Ein Beispiel dafür ist das religiöse Bahá'í-Fasten. Es ähnelt dem Ramadan-Fasten, da es ebenfalls vor Sonnenaufgang startet und nach Sonnenaufgang endet. Die Anhänger der Bahá'í-Religion betrachten das Fasten als eine wichtige spirituelle Pflicht und fasten jedes Jahr im März 19 Tage hintereinander. Das Bahá'í-Fasten wird durchgeführt, wenn die Tage und Nächte ungefähr gleich lang sind. Dies macht es zu einem stabilen Modell für die Erforschung der Auswirkungen von intermittierendem Trockenfasten.

Verbesserter Glukosestoffwechsel

Die zeitlich eingeschränkte Nahrungszufuhr, auch bekannt als Time-Restricted Eating, ist eine weitere Form des Intervallfastens, die in den vergangenen Jahren immer bekannter geworden ist. Sie ist charakterisiert durch ein verkürztes Zeitfenster der Nahrungsaufnahme auf in der Regel weniger als 10 Stunden pro Tag, wobei der Zeitpunkt und die Dauer variieren. 


Viele Studien zeigen Verbesserungen des Glukosestoffwechsels, wie z. B. die Verringerung des mittleren 24-Stunden-Glukosespiegels, und eine verbesserte Insulinsensitivität. 


Es bleibt jedoch unklar, ob das intermittierende religiöse Trockenfasten als eine besondere Form des Intervallfastens vergleichbare Effekte auf den Blutzucker auslösen oder gar negativ wirken kann. Bekannt ist bisher, dass bei Menschen mit Diabetes, die diese Fastenform praktizieren, ein erhöhtes Risiko für Über- und Unterzuckerungen besteht. Welche Effekte bei Menschen ohne Diabetes auftreten, wurde bislang nicht erforscht.

Drei Gruppen im Vergleich

Vor diesem Hintergrund hat das Team um Prof. Dr. Olga Ramich untersucht, wie religiöses Fasten die Blutzuckerkontrolle und -variabilität bei Erwachsenen ohne Diabetes beeinflusst und inwiefern sich die Auswirkungen von denen einer zeitlich eingeschränkten Nahrungszufuhr unterscheiden. An der Pilotstudie nahmen 16 gesunde Männer und Frauen zwischen 18 und 69 Jahren teil. Sie wurden in drei Gruppen eingeteilt: Bahá'í-Fasten, Intervallfasten nach der 16:8-Methode oder Kontrollgruppe. Letztere durfte ihrer gewohnten Ernährung ohne zeitliche Einschränkungen nachgehen. Während der initialen Anlaufphase sowie während des 19-tägigen Interventionszeitraums wurden die Blutzuckerwerte der Teilnehmenden mithilfe eines am Oberarm platzierten Glukosesensors kontinuierlich überwacht. Zudem protokollierten die Proband*innen über den gesamtem Zeitraum ihre Ernährung.

Keine negativen Auswirkungen

Bei der Auswertung der Daten stellten die Forschenden fest, dass die Gruppe mit dem Bahá'í-Fasten zwar weniger Kalorien pro Tag konsumiert und Gewicht abgenommen hatte, sich aber keine nachteiligen Auswirkungen auf den 24-Stunden-Blutzuckerwert oder die glykämische Variabilität zeigten. Auch in der 16:8-Intervallfasten-Gruppe blieb der durchschnittliche Blutzuckerspiegel und die Variabilität während des gesamten Zeitraums unverändert. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sowohl religiöses Trockenfasten als auch zeitlich begrenztes Essen sicher in den Lebensstil von Menschen ohne Diabetes integriert werden können, ohne die Stoffwechselgesundheit zu beeinträchtigen“, sagt Prof. Dr. Olga Ramich, Leiterin der Abteilung Molekularer Stoffwechsel und Präzisionsernährung am DIfE. Wenn Menschen mit Diabetes fasten wollen, müssten sie zunächst mit ihrem Arzt sprechen, insbesondere wenn sie Insulin spritzen. Dieser könne helfen, den Behandlungsplan anzupassen, um sicherzustellen, dass das Fasten bedenkenlos durchgeführt werden kann.

Metabolische Flexibilität als Schlüssel zum Erfolg

Die Studie unterstreicht die metabolische Flexibilität von Menschen ohne Diabetes und zeigt, dass sie den Blutzuckerspiegel auch bei erheblichen Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten stabil halten können. Diese Flexibilität ist eine gute Voraussetzung für ein effektives Gewichtsmanagement und verbesserte Ernährungsgewohnheiten. „Trotz der vielversprechenden Ergebnisse sind weitere Studien mit größeren Kohorten erforderlich, um diese Erkenntnisse zu bestätigen und die langfristigen Auswirkungen des Fastens auf die Stoffwechselgesundheit zu untersuchen“, sagt Studienkoordinatorin und Ernährungsberaterin Beeke Peters, die sich die Erstautorenschaft mit Dr. Christina Pappe von der Charité – Universitätsmedizin Berlin teilt.

Hintergrundinformationen

Glykämische Variabilität

Die glykämische Variabilität beschreibt die Schwankungen des Blutzuckerspiegels im Verlauf der Zeit. Sie kann u. a. durch die Ernährung, das Alter und die körperliche Aktivität beeinflusst werden. Durch das kontinuierliche Glukose-Monitoring (CGM) kann die glykämische Variabilität leicht gemessen und Schwankungen im Blutzuckerprofil aufgedeckt werden. Ein idealer durchschnittlicher Blutzuckerwert innerhalb eines Tages stellt keinen Vorteil dar, wenn der Verlauf des Glukosespiegels von Unter- und Überzuckerungen geprägt ist. So orientiert man sich z. B. bei der Blutzuckerkontrolle innerhalb der Diabetestherapie an dem so genannten „Time in Range“-Wert zwischen 70 und 180 mg/dL, in dem sich die Glukosewerte bestenfalls befinden sollten. 


Im Rahmen einer kontinuierlichen Glukosemessung lassen sich darüber hinaus weitere Metriken bestimmen, mit denen die glykämische Variabilität innerhalb eines Tages und zwischen unterschiedlichen Tagen beschrieben werden kann. Die glykämische Variabilität ist bei Übergewicht und bei Diabetesbetroffenen größer als bei gesunden Erwachsenen.

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Prof. Dr. Olga Ramich
Leiterin der Abteilung Molekularer Stoffwechsel und Präzisionsernährung
Tel.: +49 33200 88-2749
E-Mail: olga.ramich@dife.de

Beeke Peters (M. Sc.)
Studienkoordinatorin und Ernährungsberaterin
Tel.: +49 33200 88-2690
E-Mail: beeke.peters@dife.de

Originalpublikation:
Peters, B.*, Pappe, C. L.*, Koppold, D. A., Schipp, K., Arnrich, B., Michalsen, A., Dommisch, H., Steckhan, N., Pivovarova-Ramich, O.: Twenty-Four Hour Glucose Profiles and Glycemic Variability during Intermittent Religious Dry Fasting and Time-Restricted Eating in Subjects without Diabetes: A Preliminary Study. Nutrients 16(16):2663 (2024). [Open Access] (https://doi.org/10.3390/nu16162663)

* geteilte Erstautorenschaft

Ähnliche Publikationen

Pappe, C. L., Peters, B., Dommisch, H., Woelber, J. P., Pivovarova-Ramich, O.: Effects of reducing free sugars on 24-hour glucose profiles and glycemic variability in subjects without diabetes. Front. Nutr. 10:1213661 (2023). [Open Access]
(https://doi.org/10.3389/fnut.2023.1213661)

Peters, B., Koppold-Liebscher, D. A., Schuppelius, B., Steckhan, N., Pfeiffer, A. F. H., Kramer, A., Michalsen, A., Pivovarova-Ramich, O.: Effects of Early vs. Late Time-Restricted Eating on Cardiometabolic Health, Inflammation, and Sleep in Overweight and Obese Women: A Study Protocol for the ChronoFast Trial. Front. Nutr. 8:765543 (2021). [Open Access]
(https://doi.org/10.3389/fnut.2021.765543)

Schuppelius, B., Peters, B., Ottawa, A., Pivovarova-Ramich, O.: Time Restricted Eating: A Dietary Strategy to Prevent and Treat Metabolic Disturbances. Front. Endocrinol. 12:683140 (2021). [Open Access]
(https://doi.org/10.3389/fendo.2021.683140)

Berliner Universitätsmedizin, aber auch nach 20 Jahren Ethikberatung in unterschiedlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens, rate ich hier zu großer Vorsicht. Schon die Sprache kennt dies: Man kann zwar getötet oder gar ermordet werden, man kann jedoch nicht „gestorben werden“. Der Tod ist etwas höchst individuelles, das Sterben persönlich zu gestalten.


Der „gute Tod“, ein „humanes Sterben“ wird immer wieder angestrebt, aber nicht nur die Pervertierung der „Euthanasie“ im NS-Staat hat dieses Konzept grundsätzlich in Frage gestellt. Die fehlgeleiteten Ideen dazu waren durchaus schon deutlich früher zu sehen, etwa in Büchern wie „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“ des Psychiaters Hoche und des Juristen Binding in einer ersten Auflage 1920 sowie einer zweiten 1922. Die menschenverachtenden Bewertungen und Rassismen sind keineswegs nur eine Erfindung der Nazis. Auch in Zukunft stellen sich große Herausforderungen, etwa durch Altersdiskriminierung oder wenn durch Expertensysteme wie Künstliche Intelligenz Lebensentscheidungen und Ressourcenzuteilungen (Triage) dominiert werden könnten.

Ansprechpartner für Medien:
Prof. Dr. Andreas Frewer
Professur für Ethik in der Medizin
Tel: 09131/85-26430
andreas.frewer@fau.de


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Andreas Frewer
Professur für Ethik in der Medizin
Tel: 09131/85-26430
andreas.frewer@fau.de

Das Herz

Wie genau sich die Herzen von Menschen und nichtmenschlichen-Primaten genetisch unterscheiden, hat ein Team um Norbert Hübner und Sebastian Diecke am Max Delbrück Center gezeigt. Die Studie in „Nature Cardiovascular Research“ liefert neue Erkenntnisse über evolutionäre Anpassung und Herzkrankheiten.

Das Erbgut von Menschen und Schimpansen gleicht sich zu 98 bis 99 Prozent. Warum unterscheiden wir uns dann? Vor allem die Genexpression – also wann, wo und wie stark Gene abgelesen werden – ist zum großen Teil für unsere unterschiedliche Entwicklung im Laufe der Evolution verantwortlich, haben Forscher*innen in den vergangenen Jahren gezeigt.

Wie überraschend verschieden die Genexpression in den Herzen von Menschen und anderen Primaten ist, haben jetzt Forscher*innen der Arbeitsgruppe „Genetik und Genomik von Herz-Kreislauferkrankungen“ von Professor Norbert Hübner und der Technologieplattform „Pluripotente Stammzellen“ unter Dr. Sebastian Diecke am Max Delbrück Center aufgeklärt. Die Studie in „Nature Cardiovascular Research“ gibt Hinweise auf die Anpassungsmechanismen, über die Gene reguliert werden, die unser Herz von dem unserer evolutionär engsten Verwandten unterscheiden. Sie zeigt auch, dass Forschungsergebnisse, die am Tierherzen gewonnen wurden, nicht ohne weiteres auf menschliche Herzen übertragen werden können.

„Uns hat besonders überrascht, wie sehr sich die Genregulation im menschlichen Herzen von der anderer Primaten unterscheidet“, sagt Erstautor Dr. Jorge Ruiz-Orera. Anatomisch sind sich die Herzen der meisten Säugetiere zwar ähnlich. „Aber wir haben viele einzigartige evolutionäre Neuerungen in Bezug auf die Genregulation oder die Übersetzung in Proteine durchlaufen“, fügt er hinzu.

Die Wissenschaftler*innen entdeckten Hunderte von Genen und Mikroproteinen – das sind winzige Proteine, die zuvor in menschlichen Organen identifiziert wurden, deren Funktion jedoch größtenteils ein Rätsel war. Diese Mikroproteine sind im menschlichen Herzen vorhanden, fehlen jedoch in den Herzen anderer Primaten, Ratten oder Mäuse. „Viele dieser menschlichen Gene und Mikroproteine sind auch bei der Herzinsuffizienz ungewöhnlich exprimiert. Das deutet darauf hin, dass sie eine wichtige Rolle für die Herzfunktion und bei Herzerkrankungen spielen und mögliche Angriffspunkte für Therapien darstellen“, erläutert Ruiz-Orera.

Gentranskription- und translation im Vergleich

Das Team analysierte Herzgewebe von Schimpansen und Makaken, das aus der niederländischen Biobank von Dr. Ivanela Kondova im Biomedical Primate Research Centre in Rijswijk stammte. Zusätzlich untersuchten sie eingelagertes Herzgewebe von Menschen, Ratten und Mäusen, das sie bereits in früheren Forschungsarbeiten genutzt hatten.

Mithilfe der RNA-Sequenzierung kartierten und quantifizierten die Forscher*innen zunächst die RNA-Moleküle des Herzgewebes. Das ermöglichte einen umfassenden Überblick über die Genexpression bei verschiedenen Primartenarten. Um speziell die RNA-Regionen zu identifizieren, die in Proteine übersetzt werden, nutzten die Forscher*innen Ribo-seq. Diese Technik des Ribosomen-Profilings sequenziert die RNA-Fragmente, die in jeder Zelle aktiv übersetzt wurden. Dies gab Aufschluss darüber, welche Gene funktionelle Proteine produzieren. Durch die Integration von Daten aus diesen Technologien schuf das Team die bisher umfassendste Ressource zur Gen- und Proteinaktivität in Herzen von Menschen und nichtmenschlichen Primaten.

Darüber hinaus nutzten das Team Zellkulturen aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC-CM) als Modell und beobachteten, wie Gene während der Herzentwicklung beim Menschen und anderen Primaten abgelesen werden. iPSC-CMs sind ein nützliches Modell, da sie aus erwachsenen Hautzellen von Primaten gewonnen werden können, die in einen Alleskönner-Zustand wie beim Embryo zurückprogrammiert wurden. Diese Zellen verwandeln sich in Kardiomyozyten, also Herzmuskelzellen, sodass Forscher*innen sie in verschiedenen Entwicklungsstadien untersuchen können.

Spezifische Mikroproteine – die von kleinen DNA-Schnipseln, den Open Reading Frames (ORFs), kodiert werden – werden in menschlichen Herzzellen in verschiedenen Entwicklungsstadien auf einzigartige Weise gebildet oder übersetzt. Das deutet darauf hin, dass sich einige dieser genetischen Elemente entwickelt haben, um den Anforderungen des menschlichen Herzens gerecht zu werden, erklärt Ruiz-Orera. (ORFs weisen nicht die klassischen Merkmale von proteinkodierenden Genen auf und werden daher nicht als Gene klassifiziert.)

„Der Energiebedarf unserer Herzen unterscheidet sich von dem kleinerer Primaten wie Makaken, die viel schnellere Herzfrequenzen haben“, erklärt er. 


„Dieser Unterschied spiegelt sich anscheinend auch in der Regulierung von Genen wider, die mit der Energieproduktion im Herzen zusammenhängen. 

Diese evolutionären Anpassungen können auch mit unserem aufrechten Gang, unserem Lebensstil und unserer Ernährung zusammenhängen.“

Das Team identifizierte insgesamt über 1.000 artspezifische Anpassungen im Genom, darunter 551 Gene und 504 Mikroprotein-kodierende Regionen, die nur im menschlichen Herzen nachweisbar sind. Darunter waren 76 Gene, die sowohl bei Menschen als auch bei anderen Primaten und Säugetieren auftreten, sich aber nur bei der menschlichen Spezies so entwickelt haben, dass sie im Herzen exprimiert sind.

Bedeutung für Herzkrankheit und Tierversuche

Die Forscher*innen zeigten, dass einige der Gene und Mikroproteine, die spezifisch für den Menschen sind, bei Erkrankungen wie der dilatativen Kardiomyopathie, fehlreguliert sind. Sie spielen also möglicherweise eine Rolle bei der Entwicklung von Herzkrankheiten und könnten als Angriffspunkte für neue Behandlungsmöglichkeiten dienen.

Die Studie wirft auch wichtige Fragen zur Verwendung von Tieren wie Mäusen auf, um die Genetik menschlicher Herzkrankheiten zu erforschen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Unterschiede zwischen den Arten mitunter zu irreführenden Ergebnissen führen können“, sagt Ruiz-Orera. „Es gibt viele Gene, die im menschlichen Herzen aktiv sind, aber nicht in den Herzen anderer Arten.“

Beim Menschen ist das Gen SGLT1 beispielsweise im Herzen aktiv.


Bei nichtmenschlichen Primaten, Ratten und Mäusen ist dies jedoch nur in den Nieren der Fall. Hemmer von SGLT1 und SGLT2 können erwiesenermaßen Herzinsuffizienz lindern, auch wenn deren genaue Rolle im Herzen noch immer ein Rätsel ist, sagt Ruiz-Orera.


Da es jedoch nicht in den Herzen anderer Arten aktiv ist, können Forscher*innen wenig lernen, wenn sie solche Therapien an Tiermodellen testen. „Es ist wichtig, den evolutionären Kontext in der medizinischen Forschung zu berücksichtigen“, fügt er hinzu.

Max Delbrück Center

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (Max Delbrück Center) gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 70 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organ-übergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das Max Delbrück Center fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am Max Delbrück Center arbeiten 1800 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete Max Delbrück Center zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin.

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Prof. Norbert Hübner
Leiter der Arbeitsgruppe „Genetik und Genomik von Herz-Kreislauferkrankungen“
Max Delbrück Center
nhuebner@mdc-berlin.de

Dr. Sebastian Diecke
Leiter der Technologieplattform „Pluripotente Stammzellen“
Max Delbrück Center
sebastian.diecke@mdc-berlin.de

Dr. Jorge Ruiz-Orera
Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe „Genetik und Genomik von Herz-Kreislauferkrankungen“
Max Delbrück Center
jorge.ruizorera@mdc-berlin.de

Originalpublikation:
https://www.nature.com/articles/s44161-024-00544-7
Weitere Informationen finden Sie unter
– AG Hübner
–„Pluripotente Stammzellen“
– Evolution: Miniproteine aus dem „Nichts“
– Stunde der unerforschten Gensegmente

Vitamin D und Kalzium

Tägliche Vitamin D-Einnahme könnte die Krebssterblichkeit um zwölf Prozent reduzieren. 

Doch Kritiker befürchten gesundheitliche Nebenwirkungen durch die mit der Vitaminsupplementierung verbundenen erhöhten Kalziumwerte im Blut. Forschende aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) zeigten kürzlich: 

Die Einnahme von Vitamin D oder von Multivitamin-Präparaten ist zwar mit erhöhten Kalziumspiegeln verbunden. 

Doch die Personen mit höheren Kalziumwerten erkrankten nicht häufiger an Atherosklerose oder an Nierensteinen, den charakteristischen Folgen langfristig erhöhter Serum-Kalziumspiegel.

Eine Vitamin D-Einnahme könnte die Krebssterblichkeit in der Bevölkerung um zwölf Prozent reduzieren – vorausgesetzt, das Vitamin wird täglich eingenommen. Dies hatte kürzlich eine am DKFZ durchgeführte Zusammenfassung aller aussagekräftigen klinischen Studien zu dieser Frage ergeben.

Vitamin-D-Mangel ist weltweit verbreitet und kommt besonders häufig bei Krebspatienten vor. Über das Jahr gemittelt, liegen die Vitamin D-Blutwerte bei rund 15 Prozent der deutschen Erwachsenen unter dem Schwellenwert für einen ausgeprägten Vitamin D-Mangel*.
Nach derzeitiger Studienlage schützt eine Vitamin D-Einnahme nicht davor, an Krebs zu erkranken, könnte aber die Wahrscheinlichkeit senken, an einer Krebserkrankung zu versterben. Die Voraussetzung dafür ist, dass das Vitamin täglich in niedriger Dosierung eingenommen wird.

Kritiker einer Vitamin D-Supplementierung betonen potentielle Risiken einer Überdosierung mit dem Vitamin, besonders bei unkontrollierter Einnahme ohne ärztliche Verordnung. Im Mittelpunkt ihrer Befürchtungen steht die bekannteste Funktion des Vitamins, die Steigerung der Aufnahme von Kalzium aus dem Darm. Stark erhöhte Kalzium-Spiegel („Hyperkalzämie“) könnten Nierensteine sowie auch Atherosklerose, umgangssprachlich auch als Arterienverkalkung bezeichnet, zur Folge haben.

Die DKFZ-Wissenschaftler Sha Sha, Ben Schöttker und Hermann Brenner untersuchten nun erstmals systematisch die Dosis-Wirkungs-Beziehungen zwischen Vitamin D-Serumspiegeln und gesundheitlich relevanten Aspekten des Kalziumstoffwechsels. Die Forschenden konnten dazu auf die UK Biobank zugreifen, die Gesundheitsdaten von etwa einer halben Million Briten im Alter von 40 bis 69 Jahren enthält. Etwa 4 von 100 Biobank-Teilnehmer berichteten, dass sie regelmäßig Vitamin D-Präparate einnehmen und ca. 20 von 100 gaben an, täglich Multivitaminpräparate einzunehmen, die niedrig dosiertes Vitamin D enthalten.

Ein hoher Vitamin-D-Serumstatus** an sich war nicht mit erhöhten Blut-Kalziumwerten verbunden. Doch bei Einnahme von Vitamin-D- oder Multivitaminpräparaten beobachteten die Forschenden eine signifikant gesteigerte Wahrscheinlichkeit für eine Hyperkalzämie (46 bzw. 11 Prozent). Aber: die Personen mit erhöhten Kalziumspiegeln erkrankten nicht häufiger an Atherosklerose oder an Nierensteinen.

Um herauszufinden, ob die Hyperkalzämie durch eine Überdosierung von Vitamin D verursacht worden sein könnte, verglichen die Forschenden die Verteilung der Vitamin D-Spiegel unter den Nutzern von Vitamin D-Präparaten mit und ohne Vorliegen einer Hyperkalzämie. Dabei kam kein statistisch signifikanter Zusammenhang mit den Blutkalziumspiegeln zutage. Das bedeutet, dass die Hyperkalzämie wahrscheinlich nicht durch die Einnahme der Vitaminpräparate ausgelöst wurde, sondern andere Ursachen, evtl. erbliche Faktoren, eine Rolle spielen.

„Aus den Studienergebnissen zeigen, dass die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten in der britischen Bevölkerung als sicher angesehen werden kann. Diese Ergebnisse sind auf Deutschland übertragbar. Das ist für uns nicht überraschend, zu einer Überdosierung von Vitamin D kommt es erst bei Einnahme von extrem hohen Dosen über eine längere Zeit. Die übliche Vitamin D-Dosierung liegt in der EU zwischen 400 und 4.000 internationalen Einheiten (I.E.) pro Tag. Unerwünschte Wirkungen einer Überdosierung wurden dagegen in klinischen Studien erst ab einer Tagesdosis von 10.000 I.E. beobachtet“, sagt Sha Sha.

„Dies ist die weltweit bislang größte Studie, in der Dosis-Wirkungs-Beziehungen zwischen Vitamin D-Konzentrationen im Blut, Vitamin D Supplementierung und Sicherheitsaspekten des Kalziumstoffwechsels untersucht wurden. Erfreulicherweise konnten wir dabei keinen Zusammenhang mit Erkrankungen feststellen, die auf eine erhöhte Kalziumkonzentration im Blut zurückzuführen sind“, fasst Ben Schöttker zusammen. „Diese Ergebnisse sind für die Abwägung von Nutzen und Risiken einer Vitamin D-Supplementierung hoch relevant, denn eine dem Bedarf angepasste Vitamin D Supplementierung in maßvoller Dosierung könnte einen wichtigen und sehr kostengünstigen Beitrag zur Prävention von Krebstodesfällen und verschiedenen Erkrankungen leisten", ergänzt Hermann Brenner.

* Als Schwellenwert für einen Mangel des 25-Hydroxyvitamin D im Blut gilt 30 nmol/L (= 12 ng/ml). Zählt man Personen mit einer weniger gravierenden Vitamin D-Unterversorgung (25-Hydroxyvitamin D-Spiegel im Blut < 50 nmol/L (= 20 ng/ml)) hinzu, weisen etwas mehr als die Hälfte der Deutschen zumindest eine Unterversorgung auf.

** Als hoher Vitamin D-Spiegel gilt eine Serumkonzentration des 25-Hydroxyvitamin D von ≥100 nmol/L

Publikation:
Sha Sha, Miriam Degen, Tomislav Vlaski, Ziwen Fan, Hermann Brenner and Ben Schöttker: The Safety Profile of Vitamin D Supplements Using Real-World Data from 445,493 Participants of the UK Biobank: Slightly Higher Hypercalcemia Prevalence but Neither Increased Risks of Kidney Stones nor Atherosclerosis
Nutrients 2024, DOI: https://doi.org/10.3390/nu16142251

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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Dr. Sibylle Kohlstädt
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2843
E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
E-Mail: presse@dkfz.de
www.dkfz.de

Die Anomalien der Spinalnerven

 Professor Luo entdeckte, dass Anomalien der Spinalnerven zu Krämpfen, Kontraktionen und Verengungen der Herzkranzgefäße führen können, was eine Ischämie des Herzmuskels zur Folge hat. Er betonte, dass eine abnorme Funktion des thorakalen Sympathikusnervs, die oft übersehen wird, eine Schlüsselrolle bei koronaren Herzkrankheiten spielt. 

Da die Koronararterien durch diese Nerven gesteuert werden, kann eine übermäßige Nervenaktivität zu Arterienverengungen führen.

Die Regulierung des Nervensystems kann daher Spasmen und Stenosen der Herzkranzgefäße lindern und damit potenzielle Behandlungsmöglichkeiten für koronare Herzkrankheiten und Herzinsuffizienz bieten, was die Ergebnisse für die Patienten erheblich verbessern würde.


Professor Luo erklärte: "Die Behandlung von Herzkrankheiten sollte sich nicht nur auf die Chirurgie stützen, und meine Forschung deutet darauf hin, dass die Regulierung des Nervensystems in Zukunft ein wichtiger Durchbruch sein könnte. 


Durch die Integration von Theorien aus verschiedenen medizinischen Disziplinen freue ich mich, das Konzept der interdisziplinären Ganzheitsmedizin vorstellen zu können. Dieser Ansatz soll den Ärzten helfen, die Ursachen von Krankheiten besser zu verstehen, so dass sie sich möglicherweise von symptomatischen, einseitigen Behandlungen abwenden und wirksamere, langfristige Heilmethoden anbieten können."

Sterbekultur - Lebensende

Interview mit FAU-Medizinethiker Prof. Dr. Andreas Frewer

Die Corona-Pandemie hat die Kostbarkeit und Endlichkeit des Lebens neu ins Bewusstsein gebracht. 


Zugleich stellte sie etablierte Formen der Begleitung am Lebensende auf die Probe. Die Notwendigkeit einer neuen Sterbekunst (Ars moriendi nova) wurde deutlich. Derzeit wird nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2020 die gesetzliche Neuregelung des Suizids diskutiert. Damit verbunden sind intensive (medizin-)ethische und gesellschaftliche Diskurse. Andreas Frewer, Professor am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), thematisiert aktuelle Fragen der Sterbekultur. Seine Forschungsschwerpunkte sind Ethik und Menschenrechte in der Medizin, Lebensende und „Euthanasie“, Medizingeschichte des 20. Jahrhunderts sowie Ethikberatung.

Welche Facetten des Lebensendes müssen in den Blick genommen werden, wenn wir uns mit dem Thema „Sterbekultur“ auseinandersetzen?

Dies betrifft ein weites Spektrum des Handelns in Kliniken, Stationen für Palliativmedizin und Hospizen, aber natürlich auch die Betreuung in niedergelassenen Praxen und viele soziale Umgangsformen. Letztlich ist die gesamte „Kultur“ einer Gesellschaft relevant, ob wir sowohl bei der fachlichen Seite wie Schmerztherapie, Suizidprävention und Sterbebegleitung wie auch im sozialen Miteinander von ehrenamtlichem Engagement der Bürgerschaft bis hin zur „letzten Hilfe“ professionelle Kompetenz und differenzierte Angebote haben. Auch deswegen beschäftigt sich ein neues Buch, das wir gemeinsam mit Dorothee Arnold-Krüger, Philosophin am Zentrum für Gesundheitsethik in Hannover und Daniel Schäfer, Professor am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Universität zu Köln, herausgebracht haben, mit den Herausforderungen der Sterbekultur und möchte eine „neue Kunst“ am Lebensende stärken: „Ars moriendi nova“.

Welche aktuellen Fragestellungen beeinflussen die Sterbekultur im Jahr 2024?

In der Gegenwart ist gerade die schwierige Phase der Covid-19-Pandemie einigermaßen bewältigt, da steht mit den gesellschaftlichen Debatten und der parlamentarischen Entscheidung zur Regelung des „assistierten Suizids“ eine weitere große Herausforderung an. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom Februar 2020 eine Neugestaltung angemahnt, zwei parteiübergreifende Gesetzesentwürfe haben im Sommer 2023 jedoch keine Mehrheit erhalten. Aus diesem Grund steht die Neuregelung des Paragrafen 217 in Kürze an.

Welche besonderen moralischen Herausforderungen sind damit verbunden?

Die ärztliche Profession sollte aus ethischer Sicht per se für das Leben und eine Unterstützung bei Krankheit und Leiden stehen. Die Möglichkeit von „ärztlich assistiertem Suizid“ könnte hier eine schwierige Änderung der Grundwerte in der Medizin mit sich bringen. Kranke sollten sich eigentlich immer darauf verlassen können, dass die Ärzteschaft alles für Lebenserhalt und Leidensminderung tut. Wenn das Angebot von Lebensverkürzung eine Option ist, stellen sich manche Betroffene und vor allem Menschen in vulnerablen Situationen womöglich viel schneller die Frage, ob sie für andere eine „Last“ darstellen und nicht den „Freitod“ wählen sollten. Auch die Aktivitäten von Suizidhilfe-Organisationen sind aktuell in einem Wandel begriffen mit größerer Ausbreitung von Angeboten. Hier ist die gesamte Gesellschaft stark herausgefordert, denn alle Entwicklungen in diesen Gebieten sind womöglich nicht mehr so leicht oder schnell zu revidieren.

Braucht es hierzulande eine neue Sterbekultur in Zeiten der Hochleistungsmedizin, zunehmender kultureller Diversität etc.?

Das Themenfeld hat in der Tat noch weitere Facetten. Mit der Entwicklung einer immer vielfältigeren und inklusiven Gesellschaft müssen auch mehr interkulturelle Kompetenzen in der Medizin realisiert und neue Fragen beantwortet werden: Wie möchten andere Religionsgemeinschaften bestimmte Rituale am Lebensende gestalten? Welche Handlungen sind in Kliniken und Hospizen für Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen sinnvoll und erforderlich? Wie kann in der Hochleistungsmedizin nicht nur „High Tech“, sondern „High Care“ gewährleistet werden? Und wie sollte man manchmal auch bewusst „Low Tech“ umsetzen, um der direkten menschlichen Begegnung mehr Raum zu geben?

Man sieht schon in der Gegenwart bei einem wichtigen Instrument wie der Patientenverfügung, wie komplex die sich dabei stellenden Fragen in der klinischen Praxis sind und wie wenig Zeit etwa in der hausärztlichen Praxis für wichtige Hintergrundgespräche bleibt. Wie soll der Drang nach immer mehr Selbstbestimmung bis hin zum (assistierten) Suizid durch kompetente Beratung differenziert beantwortet werden, wenn schon kaum Zeit für Beratungen im Sinne eines „Advance Care Planning“ bleibt?

Gibt es postmoderne Konzepte des Sterbens und welche normativen Inhalte tragen sie in sich?

Eine dieser Ideen ist der Transhumanismus: Durch Technik soll der Tod nicht nur bekämpft, sondern langfristig sogar abgeschafft werden. Mittels Kryonik, also dem Einfrieren bis zum erneuten Wiederbeleben, wird auf diese Weise der alte Menschheitstraum der Unsterblichkeit angestrebt. Technikorientierung bis zum unkritischen Optimismus eines möglichen „Uploading“ von Bewusstsein führt zu Lebensmodellen, die unserer Gesellschaft durchaus gefährlich werden können. Sie sind ungerecht und verändern menschliches (Zusammen-)Leben grundlegend. Schon der antike Mythos der Sibylle von Cumä, die sich 1.000 Lebensjahre wünschte, aber dann am unweigerlichen Verfall nur noch mehr litt, zeigen alten Wünsche und gleichzeitig anthropologische Gefahren. Der Tod gibt dem menschlichen Leben Sinn, denn wenn man unendlich leben würde, wäre jede Handlung egal oder könnte auf später verschoben oder revidiert werden. Sterblichkeit ist kostbar, der Tod etwas sehr Besonderes.

Die gesetzliche Neuregelung des assistierten Suizids wird intensiv diskutiert, ein diesbezügliches Gesetz mit Spannung erwartet. Ist der assistierte Suizid in die gegenwärtige Sterbekultur integrierbar oder stellt er gar deren Kontrapunkt dar?

Hier stellen sich grundsätzliche Fragen. Aspekte der ärztlichen Rolle und der Profession mit ihren normativen (Selbst-)Verpflichtungen werden hier neu zu bewerten sein. Aus meiner ärztlichen Erfahrung in verschiedenen Bereichen der Berliner Universitätsmedizin, aber auch nach 20 Jahren Ethikberatung in unterschiedlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens, rate ich hier zu großer Vorsicht. Schon die Sprache kennt dies: Man kann zwar getötet oder gar ermordet werden, man kann jedoch nicht „gestorben werden“. Der Tod ist etwas höchst individuelles, das Sterben persönlich zu gestalten.

Der „gute Tod“, ein „humanes Sterben“ wird immer wieder angestrebt, aber nicht nur die Pervertierung der „Euthanasie“ im NS-Staat hat dieses Konzept grundsätzlich in Frage gestellt. Die fehlgeleiteten Ideen dazu waren durchaus schon deutlich früher zu sehen, etwa in Büchern wie „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“ des Psychiaters Hoche und des Juristen Binding in einer ersten Auflage 1920 sowie einer zweiten 1922. Die menschenverachtenden Bewertungen und Rassismen sind keineswegs nur eine Erfindung der Nazis. Auch in Zukunft stellen sich große Herausforderungen, etwa durch Altersdiskriminierung oder wenn durch Expertensysteme wie Künstliche Intelligenz Lebensentscheidungen und Ressourcenzuteilungen (Triage) dominiert werden könnten.

MaAB -Medizin am Abend Berlin Fortbildung en VOR ORT
Prof. Dr. Andreas Frewer
Professur für Ethik in der Medizin
Tel: 09131/85-26430
andreas.frewer@fau.de

Prof. Dr. Andreas Frewer
Professur für Ethik in der Medizin
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S3-Leitlinie zum Hepatozellulären Karzinom (HCC) und zu biliären Karzinomen

 Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zum Hepatozellulären Karzinom (HCC) und zu biliären Karzinomen aktualisiert. Die nunmehr fünfte Version der Leitlinie zu diesen beiden Tumorentitäten beinhaltet beim HCC insbesondere Aktualisierungen bei der Diagnostik und Systemtherapie. Aktualisierungen bei den biliären Karzinomen betreffen die Risikofaktoren und ebenfalls Empfehlungen zur Systemtherapie.

Die Leitlinie entstand unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und unter Mitwirkung von 36 Fachgesellschaften und Organisationen. Finanziert wurde sie von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie.

Das Hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist die häufigste Form von Leberkrebs und zählt mit rund 9.800 Neuerkrankungen pro Jahr zu den seltenen Krebserkrankungen. Mit zugleich schlechter Prognose und fast 8.200 Todesfällen gehört Leberkrebs zu den häufigsten Krebstodesursachen. Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören die Leberzirrhose und eine chronische Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus.

Neuerungen in der Systemtherapie des Hepatozellulären Karzinoms

„Für nicht operable Patient*innen stehen verschiedene medikamentöse Therapien zur Erstlinienbehandlung zur Verfügung, die in der aktualisierten Leitlinie aufgrund neuer Studiendaten angepasst wurden“, sagt Prof. Nisar Malek, Medizinische Klinik Universitätsklinikum Tübingen. Zusammen mit Prof. Michael Bitzer und Dr. Sabrina Groß – beide ebenfalls vom Universitätsklinikum Tübingen – sowie Prof. Peter Galle, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ist er Koordinator der S3-Leitlinie. Er führt weiter aus: „Bei den Wirkstoffen handelt es sich um Checkpoint-Inhibitoren, VEGF-Inhibitoren und Tyrokinase-Inhibitoren, die in unterschiedlichen Kombinationen oder auch als Monotherapie zur Anwendung kommen.“ Zudem betont Malek, dass Patient*innen mit einem Hepatozellulären Karzinom vor einer Behandlung und auch bei Änderung der Therapiestrategie in einer interdisziplinären Tumorkonferenz vorgestellt werden sollen.

Eine weitere Neuerung in der aktualisierten Leitlinie betrifft die Terminologie: Hier wurde die neue Nomenklatur zur MASLD (Metabolic Dysfunction Associated Steatotic Liver Disease; metabolische Dysfunktion assoziierte steatotische Lebererkrankung) anstelle der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung umgesetzt und die NASH wurde dementsprechend zu MASH (metabolic dysfunction-associated steatohepatitis). „Die neuen Fachbegriffe ermöglichen exaktere Diagnosen, und die vorherigen Bezeichnungen, die als stigmatisierend empfunden werden könnten, werden dadurch vermieden“, erläutert Galle.

Biliäre Karzinome: Epidemiologie und Neuerungen in der Systemtherapie

Zu biliären Karzinomen (auch Cholangiokarzinome, CCA) zählen Gallenblasenkarzinome und Tumoren der Gallenwege. In Deutschland gibt es etwa 7.000 Neuerkrankungen pro Jahr, wobei Frauen häufiger erkranken als Männer. Der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung eines Gallenblasenkarzinoms sind Gallensteine. Neben weiteren Risikofaktoren wurden neu in der Leitlinie bestimmte erbliche Veranlagungen wie das Vorliegen eines Lynch-Syndroms und BRCA-Keimbahnmutationen als Risikofaktoren benannt. Die langfristige Prognose des Gallenblasenkarzinoms ist insgesamt sehr schlecht, mit einer 5-Jahres-Überlebensrate zwischen fünf bis 15 Prozent. Wenn der Krebs jedoch in einem frühen Stadium erkannt und angemessen behandelt wird, können 5-Jahres-Überlebensraten von 75 Prozent erreicht werden. Aktuell bietet die komplette chirurgische Resektion den einzigen kurativen Therapieansatz. Postoperativ sollte eine adjuvante Therapie erfolgen.

Die Empfehlungen zur systemischen Erstlinientherapie wurden erneut modifiziert und um eine Kombinationstherapie mit einem weiteren Antikörper erweitert. 


„Wenn eine Erstlinientherapie nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, sollte spätestens vor Beginn einer Zweitlinientherapie eine molekulare Charakterisierung des Tumors erfolgen und Patient*innen sollten in einem molekularen Tumorboard vorgestellt werden“, so Malek. „Denn diese Tumorentität eignet sich – je nach Art der Veränderungen – in besonderem Maße für eine Behandlung mit einer molekular gerichteten Therapie.“

Die S3-Leitlinie zum Hepatozellulären Karzinom (HCC) und zu biliären Karzinomen ist auf dieser Webseite abrufbar: 

https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hcc-und-biliaere-karzinom...

Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert. Weitere Informationen unter: 


https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app/

Das Leitlinienprogramm Onkologie
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 34 S3-Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen. Mehr unter: 

https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/home

Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e.V.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr fast 7000 in Klinik und Forschung tätige Ärztinnen und Ärzte unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle der Patientinnen und Patienten. https://www.dgvs.de/

Der Schmerz - Dein Hund

Wissenschaftler*innen des Instituts für Psychologie der Humboldt-Universität haben in einer Studie untersucht, wie sich das menschliche Schmerzempfinden in Anwesenheit von Personen oder Hunden verändert

Schmerz ist ein allgegenwärtiges Phänomen, das das Wohlbefinden stark beeinträchtigen kann. Menschen mit chronischen Schmerzen berichten häufig von einem Interessensverlust an alltäglichen Aktivitäten und einer Verschlechterung ihrer sozialen Beziehungen. 


Das Verständnis der psychologischen Faktoren, die die Schmerzerfahrung beeinflussen, ist entscheidend für eine bessere Schmerzbewältigung – besonders die soziale Unterstützung der Patient*innen.

Wie eine Studie von Dr. Heidi Mauersberger zeigt, die unter der Leitung von Prof. Dr. Ursula Hess am Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) durchgeführt wurde, können auch Hunde als Schmerzhelfer sehr wirksam sein: 


Die Anwesenheit von Hunden kann die Wahrnehmung von Schmerz und das Schmerzverhalten von Menschen positiv beeinflussen. „In einer Zeit, in der psychische Belastungen und chronische Schmerzen zunehmen, kann die Interaktion mit Hunden nicht nur emotionalen Trost spenden, sondern sogar die körperlichen Schmerzen lindern“, kommentiert Heidi Mauersberger, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Sozial- und Organisationspsychologie der HU und Erstautorin der Studie. Die Studie „Pet dogs succeed where human companions fail: The presence of pet dogs reduces pain“ wurde jetzt im Open-Access-Journal Acta Psychologica veröffentlicht.

Bessere Schmerzbewältigung durch anwesende Hunde

In der Studie hat Mauersberger gemeinsam mit einem Forschungsteam die Wirkung von Hunden im Vergleich zu menschlichen Begleiter*innen während schmerzhafter Situationen untersucht. Schmerzbewältigung und Schmerzwahrnehmung wurden in zwei Experimenten untersucht.

Im ersten Experiment wurden die Teilnehmer*innen einem sogenannten „Cold Pressor Test“ unterzogen, bei dem sie ihre Hand in eiskaltes Wasser tauchen mussten. Dabei wurden sie entweder von ihrem eigenen Hund, einem*r gleichgeschlechtlichen Freund*in begleitet oder waren allein. Die Ergebnisse zeigen, dass die Anwesenheit des eigenen Hundes die Schmerzintensität signifikant reduziert, die Schmerzbewältigung verbessert und die physiologischen Stressreaktionen verringerte. Im Gegensatz dazu hatte die Anwesenheit einer befreundeten Person keinen so starken positiven Effekt.

Im zweiten Experiment wurde untersucht, ob auch unbekannte Hunde eine schmerzlindernde Wirkung haben können. Die Teilnehmer*innen durchliefen denselben
Schmerztest, begleitet entweder von einem unbekannten Hund, einem unbekannten Menschen oder alleine. Auch hier zeigte sich, dass die Anwesenheit eines Hundes die Schmerzbewältigung verbesserte und die physiologischen Stressreaktionen reduzierte. Dies gilt besonders für Teilnehmer*innen mit einer positiven Einstellung gegenüber Hunden.

Die Ergebnisse der Studien legen nahe, dass Hunde effektivere Schmerzhelfer sind als menschliche Begleiter*innen – möglicherweise aufgrund ihrer nicht wertenden und unterstützenden Natur. Besonders in schmerzhaften Situationen bieten Hunde eine wertvolle soziale Unterstützung, die das Wohlbefinden der Betroffenen verbessert. 


„Es ist erstaunlich zu beobachten, wie stark die Wirkung der Hunde ist. Die Menschen fühlen sich nicht nur emotional unterstützt, sondern erleben tatsächlich weniger Schmerz. Das eröffnet neue Perspektiven für den Einsatz von Therapiehunden in der Schmerztherapie", erklärt Dr. Mauersberger. Hunde könnten etwa zukünftig vermehrt in therapeutischen Kontexten eingesetzt werden, um Menschen bei der Schmerzbewältigung zu unterstützen – sei es in Krankenhäusern, bei Operationen oder in der täglichen Bewältigung von chronischen Schmerzen.

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Dr. Heidi Mauersberger
Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin
heidi.mauersberger@hu-berlin.de

Originalpublikation:
Weitere Informationen zur Studie
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0001691824002956?via%3Dihub

Smartphone und Gesundheit

Dreieinviertelstunde schauen wir im Durchschnitt täglich auf den Bildschirm unseres Smartphones. 

Wer es schafft, diese Zeit um eine Stunde am Tag zu reduzieren, tut nicht nur seiner mentalen Gesundheit etwas Gutes, sondern trägt auch dazu bei, zufriedener und motivierter zu arbeiten. 

Das hat eine Studie mit 278 Teilnehmenden gezeigt, die eine Forschungsgruppe um Privatdozentin Dr. Julia Brailovskaia vom Deutschen Zentrum für psychische Gesundheit und dem Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt hat. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift Acta Psychologica vom 14. September 2024.

Die Erkenntnisse der Studie sind besonders interessant für Arbeitgeber, die mitunter viel Geld investieren, um die Arbeitszufriedenheit und Motivation ihrer Mitarbeitenden zu verbessern. 


„Diese Faktoren sind bedeutend für die Produktivität eines Unternehmens“, erklärt Julia Brailovskaia. Mit den aktuellen Studienergebnissen zeigen die Forschenden einen einfachen und niedrigschwelligen Weg auf, diese Ziele zu erreichen und darüber hinaus zu einer besseren mentalen Gesundheit und Work-Life-Balance beizutragen.

Vier Gruppen im Vergleich:::

Die Forschenden teilten die Versuchspersonen, die in verschiedenen Branchen berufstätig waren, für ihre Studie in vier etwa gleich große Gruppen ein. Für jeweils eine Woche reduzierte die Smartphonegruppe ihre private Nutzung des Smartphones in dieser Zeit um täglich eine Stunde. Die Sportgruppe steigerte ihre tägliche körperliche Aktivität um 30 Minuten. Die Kombinationsgruppe folgte beiden Anweisungen, und die Kontrollgruppe änderte gar nichts an ihrem gewohnten Verhalten.

Vor diesen Interventionen, direkt danach und zwei Wochen nach dem Ende des Experiments füllten alle Teilnehmenden mehrere Online-Fragebögen aus, die Auskunft über ihr Befinden gaben, sowohl was die Arbeit als auch die mentale Gesundheit anbelangt.

Depressive Symptome nahmen ab!

In der Smartphone- und der Kombinationsgruppe konnten die Forschenden feststellen, dass die Arbeitszufriedenheit und die Motivation, die Work-Life-Balance und die mentale Gesundheit sich deutlich verbessert hatten. Außerdem waren das Gefühl von Arbeitsüberlastung und Symptome problematischer Smartphone-Nutzung signifikant zurückgegangen. Alle Interventionen führten dazu, dass depressive Symptome abnahmen und steigerten das Gefühl von Kontrolle messbar.

„Eine bewusste und kontrollierte Reduktion der nicht-arbeitsbezogenen Smartphone-Nutzungszeit könnte in Kombination mit mehr körperlicher Aktivität die Arbeitszufriedenheit und die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden verbessern“, fasst Julia Brailovskaia zusammen. Die Forscherin sieht diese Interventionen entweder als mögliche Ergänzung zu etablierten Schulungsprogrammen oder auch als eigenständiges zeit- und kosteneffizientes niedrigschwelliges Programm.


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Privatdozentin Dr. Julia Brailovskaia
Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), Standort Bochum/Marburg
Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 21506
E-Mail: julia.brailovskaia@ruhr-uni-bochum.de

Originalpublikation:
Julia Brailovskaia, Jakob Siegel, Lena-Marie Precht, Sophie Friedrichs, Holger Schillack, Jürgen Margraf: Less Smartphone and More Physical Activity for a Better Work Satisfaction, Motivation, Work-Life Balance, and Mental Health: An Experimental Intervention Study, in: Acta Psychologica, 2024, DOI: 10.1016/j.actpsy.2024.104494, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S000169182400372X?via%3Dihub

Deine Nahrungsaufnahme

Die Nahrungsaufnahme ist auf Ebene der Nervenzellen offenbar ähnlich organisiert wie ein Staffellauf: 

Im Laufe des Essvorgangs wird das Staffelholz zwischen verschiedenen Teams von Neuronen weitergereicht, bis wir uns schließlich die passende Energiemenge zugeführt haben. Zu diesem Schluss kommen Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) in einer aktuellen Studie. Mit diesem komplexen Mechanismus stellt das Gehirn vermutlich sicher, dass wir weder zu wenig noch zu viel Nahrung zu uns nehmen. Funktioniert er nicht richtig, können möglicherweise Essstörungen wie Magersucht oder Binge-Eating-Attacken die Folge sein.

Die Ergebnisse erscheinen im Journal of Neuroscience.

Um zu überleben, müssen wir uns regelmäßig Energie in Form von Nahrung zuführen. Koordiniert wird dieser Prozess im Hypothalamus, einer wichtigen Steuerzentrale im Gehirn. Bei ihm laufen ständig wichtige Informationen aus unserem Körper und unserer Umgebung ein, etwa ob es Tag ist oder Nacht oder ob sich unser Blutzuckerspiegel gerade auf einem Tiefststand befindet. Auf Basis dieser Daten leitet er dann bestimmte angeborene Verhaltensweisen ein – bei Dunkelheit gehen wir zu Bett, bei Hunger an den Kühlschrank.

Doch wie stellt das Gehirn sicher, dass wir nicht direkt mit dem Essen aufhören, wenn der erste Heißhunger verflogen ist und die Dehnungsrezeptoren im Magen melden, dass Nahrung eingetroffen ist? 

„Beim Essen schalten wir sehr rasch von einem Verhalten, das wir appetitiv nennen, auf ein Konsumverhalten um“, sagt Prof. Dr. Alexey Ponomarenko, Leiter der Professur für Systemische Neurophysiologie am Institut für Physiologie und Pathophysiologie der FAU. „Wir wissen wenig darüber, wie das Gehirn die Dauer dieser Konsum-Phase steuert. Sie darf weder zu lang noch zu kurz sein, damit wir die korrekte Menge Energie zu uns nehmen.“

Unter der Leitung von Prof. Ponomarenko hat das FAU-Team zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der Universitätsklinik Köln untersucht, was sich beim Essvorgang im Gehirn abspielt. Die Forschenden haben sich dazu den Hypothalamus von Mäusen angeschaut. Denn der ist im Prinzip ganz ähnlich aufgebaut wie der des Menschen. „Wir haben die elektrische Aktivität einer bestimmten Hypothalamus-Region mit einem KI-Verfahren analysiert“, erklärt die Mathematikerin Mahsa Altafi, eine Senior-Ko-Autorin der interdisziplinären Studie, die ebenfalls an der Professur für Systemische Neurophysiologie tätig ist. „So konnten wir feststellen, welche Nervenzellen bei der Nahrungsaufnahme zu welchen Zeitpunkten feuern, also elektrische Impulse erzeugen.“

Vier Teams von Neuronen nacheinander aktiv

Die Wissenschaftlerin konnte auf diese Weise vier unterschiedliche Teams von Neuronen identifizieren, die beim Essvorgang nacheinander aktiv werden. Die Nervenzell-Verbünde arbeiten also ähnlich zusammen wie die Läufer einer Staffel, die in unterschiedlichen Phasen des Rennens zum Einsatz kommen. 


„Wir vermuten, dass diese Teams die Informationen, die sie aus dem Körper erhalten – über den Blutzuckerspiegel, über die Menge an Hungerhormonen, über den Füllstand des Magens – unterschiedlich gewichten“, sagt Prof. Ponomarenko. 

Das vierte Team schenkt dann beispielsweise den Dehnungssensoren mehr Beachtung als das erste. „So könnte der Hypothalamus sicherstellen, dass wir weder zu wenig noch zu viel essen.“

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben auch untersucht, wie die Neuronen in den einzelnen Teams miteinander sprechen. Schon lange ist bekannt, dass Nervenzellen einen Aktivitäts-Rhythmus haben: 


Es gibt Zeiten, in denen sie besonders leicht erregbar sind, und andere, in denen sie kaum feuern. Diese Phasen wechseln sich regelmäßig ab – oft zehnmal in der Sekunde oder noch häufiger. 


Um miteinander zu kommunizieren, müssen Neuronen im selben Rhythmus schwingen. Es ist ähnlich wie bei einem Walkie Talkie: Beide Geräte müssen auf dieselbe Frequenz eingestellt sein, sonst hört man nur Rauschen.

„Wir konnten nun zeigen, dass die Teams, die mit der Nahrungsaufnahme zu tun haben, alle auf denselben Frequenzen funken“, sagt Prof. Ponomarenko. „Die Nervenzell-Verbünde, die für andere Verhaltensweisen zuständig sind – etwa für die Erkundung der Umgebung oder die Kontaktaufnahme zu Artgenossen – kommunizieren dagegen vorzugsweise auf einem anderen Kanal.“ Das dürfte es den Neuronen für das Essverhalten leichter machen, Informationen auszutauschen und den Essvorgang zur passenden Zeit zu beenden. Möglicherweise schlummert in dieser Erkenntnis auch therapeutisches Potenzial: Es ist heute schon möglich, den Rhythmus von Nervenzellen von außen zu beeinflussen, etwa durch oszillierende Magnetfelder. Vielleicht ließe sich auf diese Weise die Kommunikation der „Ernährungs-Teams“ verbessern. Falls das klappt, ließen sich damit eventuell Essstörungen abmildern – so zumindest die langfristige Hoffnung.

„Bei Mäusen lässt sich das Schwingungsverhalten von Neuronen durch optogenetische Manipulationen noch sehr viel direkter beeinflussen“, erklärt der FAU-Wissenschaftler.

 „Wir wollen nun in einer Folgestudie untersuchen, welche Auswirkungen das auf ihr Essverhalten hat.“

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Mahsa Altafi
Professur für Systemische Neurophysiologie
mahsa.altafi@fau.de

Prof. Dr. Alexey Ponomarenko
Professur für Systemische Neurophysiologie
Tel: +49913185-29302
alexey.ponomarenko@fau.de

Originalpublikation:
DOI: doi.org/10.1523/JNEUROSCI.0518-24.2024

Lidocain

Lidocain soll in der Kindernotfallmedizin nicht mehr zur Verhinderung eines Punktions- oder Injektionsschmerzes bei Anlage eines intraossären Zugangs angewendet werden. 

So lautet die abschließende Empfehlung aller notfallmedizinischen, pädiatrischen Fachgesellschaften in einer aktuell veröffentlichten Stellungnahme. 

„Wir sollten unbedingt und sofort auf Lidocain in diesem Zusammenhang verzichten“, appelliert Prof. Florian Hoffmann, Vizepräsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) sowie Leiter der Notfallmedizin am Dr. von Haunerschen Kinderspital München an seine Kollegen.

Es seien aus jüngster Vergangenheit wiederholt Zwischenfälle mit teilweise dramatischem Ausgang dokumentiert, weiß Hoffmann. 

Diese hätten den Ausschlag für das Positionspapier gegeben, das unter Federführung der DIVI und in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin (GNPI), der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie (DGAI) und des German Resuscitation Councils (GRC) entstand.

In mehr als der Hälfte der Fälle werde ein intraossärer Zugang bei reanimationspflichtigen Patienten gelegt und bei diesen Fällen spiele die Schmerzhaftigkeit des Verfahrens keine Rolle, heißt es in dem Papier. 

Im Rahmen einer Nutzen-Risiko-Abwägung seien potenziell erwartbare Schmerzen gegenüber einer lebensrettenden Therapie nachrangig.

„Die intraossäre Applikation ist wegen des schnellen Plasmaspiegelanstiegs weder als Lokalanästhesie zu werten – wie es häufig in Rettungsdienstschulen und Notarztkursen gelehrt wird –, noch kann in einer Notfallsituation die erst Minuten später einsetzende Wirkzeit abgewartet werden“, zeigt Hoffmann auf.

Im Notfall bei Anlage eines intraossären Zugangs auf Analgesie verzichten

Entsprechend liege keinerlei Indikation für den Einsatz des Medikaments vor und das Risiko sei viel zu hoch.

So empfehlen die Fachgesellschaften beim Kindernotfall ab sofort:

1. In unmittelbar lebensbedrohlichen Fällen bei meist bewusstseinsgetrübten Kindern soll auf eine primäre Analgesie verzichtet werden.

2. Für alle anderen Situationen wird ein zweizeitiges Vorgehen mit primärer Analgesie über einen alternativen (z.B. intranasalen) Applikationsweg empfohlen.

3. Liegt weder ein unmittelbar lebensbedrohlicher Notfall noch die Möglichkeit einer zweizeitigen Therapiestrategie vor, soll kritisch geprüft werden, ob überhaupt eine Indikation zur intraossären Punktion besteht.

Um die Kehrtwende in der Lehre zu untermauern, führt das Positionspapier drei konkrete Fallbeispiele von Säuglingen und Kleinkindern auf, die nicht wegen der Primärerkrankung, sondern durch die Gabe von Schmerzmitteln bei der Anlage des intraossären Zugangs tödlich oder beinahe tödlich endeten. 

Ein Umdenken in der Prozedur müsse entsprechend sofort Eingang in alle Bereiche der pädiatrischen Notfallmedizin und in alle Ausbildungskonzepte finden, sagt Florian Hoffmann deutlich und im Namen aller Autoren.

 „Es darf kein weiters Kind zu Schaden kommen!“

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Prof. Dr. med. Florian Hoffmann

Präsident Elect bzw. Vizepräsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) sowie

Leiter der Notfallmedizin am Dr. von Haunerschen Kinderspital München

Originalpublikation:

https://www.divi.de/publikationen/alle-publikationen/positionspapier-lidocain-i-...

Telemedizin in der Covid-19-Versorgung: Studie zeigt Potenzial zur Entlastung der Notaufnahmen

Eine kürzlich abgeschlossene, vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) geförderte und am LMU Klinikum in München durchgeführte Studie, hat die Rolle der Telemedizin in der Betreuung von Covid-19-Patienten mit Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf untersucht. 

Die Ergebnisse der COVID SMART-Studie zeigten, dass die Telemedizin zwar nicht die Gesamtzahl der Krankenhausaufenthalte signifikant reduzierte, aber zu einer deutlich geringeren Inanspruchnahme der ambulanten Notfallversorgung führte.

Die COVID SMART-Studie, eine randomisierte, kontrollierte klinische Studie, verglich die Ergebnisse von 607 Covid-19-Patienten, die entweder eine Standardversorgung oder eine zusätzliche telemedizinische Betreuung mittels Smartwatch-Überwachung und ärztlicher Hotline-Anbindung erhielten. Während in der Kontrollgruppe 9,6 Prozent der Patienten innerhalb von 30 Tagen nach der Infektion ins Krankenhaus eingewiesen wurden oder unerwartet die Notaufnahme aufsuchten, waren es in der Interventionsgruppe nur 6,9 Prozent. Trotz dieser Differenz war der Unterschied statistisch nicht signifikant.


Die Studie zeigte jedoch einen signifikanten Rückgang der Inanspruchnahme ambulanter Notfalldienste in der Telemedizin-Gruppe. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Telemedizin insbesondere für weniger schwer erkrankte Covid-19-Patienten von Vorteil sein könnte, indem sie unnötige Besuche in der Notaufnahme reduziert und gleichzeitig eine kontinuierliche Überwachung ermöglicht.


„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Telemedizin ein wertvolles Instrument sein kann, um die Versorgung von Covid-19-Patienten zu verbessern und gleichzeitig das Gesundheitssystem zu entlasten“, sagt der Studienleiter und Letztautor der Studie, PD Dr. med. Moritz Sinner von der Medizinischen Klinik I im LMU Klinikum München. „Besonders bemerkenswert ist die geringere Inanspruchnahme der Notaufnahme, was auf einen Nutzen für Patienten hindeutet, die nicht schwer erkrankt sind, aber dennoch überwacht werden müssen“, fügt Dr. med. Aenne von Falkenhausen, die Erstautorin der Arbeit und Fachärztin an der Medizinischen Klinik I des LMU Klinikums, hinzu.


Die COVID SMART-Studie unterstreicht die Bedeutung innovativer Ansätze in der medizinischen Versorgung, insbesondere in Zeiten einer Pandemie. Die Unterstützung durch das DZHK ermöglichte eine umfassende Untersuchung dieser potenziell lebensrettenden Technologie, die in Zukunft eine entscheidende Rolle in der medizinischen Versorgung spielen könnte.

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Telemedizin in der Covid-19-Versorgung: Studie zeigt Potenzial zur Entlastung der Notaufnahmen

PD Dr. med. Moritz Sinner, Medizinische Klinik und Poliklinik I, LMU Klinikum München, Tel: +49 89 4400-76159, moritz.sinner@med.uni-muenchen.de

Originalpublikation:

Telemedical management of symptomatic Covid-19 outpatients Aenne S von Falkenhausen, Scott Geipel, Antonia Gail, Clemens Scherer, Sven Stockhausen, Lauren E Sams, Finn Becker, Philipp M Doldi, Eric Lemmermöhle, Paul de Villèle, Michael Schleef, Marc Becker, Moritz Lauterbach, Steffen Massberg, Stefan Kääb, Moritz F Sinner

ERJ Open Research 2024;10:00277-2024 https://openres.ersjournals.com/content/early/2024/04/19/23120541.00277-2024

Gürtelrose und Dialyse

 Studie: Gürtelrose-Impfung für immungeschwächte Menschen sehr gut verträglich


Eine Gürtelrose, die heftigen Hautausschlag mit brennendem Schmerz hervorruft, wird durch das Varizella-zoster-Virus ausgelöst, das oft seit der Kindheit im Körper ruht. Wird das Immunsystem im Alter schwächer, kann das Virus reaktiviert werden. Wissenschaftlerinnen der Universität des Saarlandes konnten nun nachweisen, dass eine Impfung gegen den Erreger bei Dialysepatienten, deren Immunsystem ohnehin schwächer ist als bei gesunden Personen, sehr gut wirkt und geringe Nebenwirkungen zeigt. Die Studie wurde nun im Fachmagazin eBioMedicine veröffentlicht.

Bis 2018 gab es für Dialysepatienten und andere immungeschwächte Personen wenig Hoffnung, sich mit fortschreitendem Lebensalter gegen Gürtelrose impfen zu lassen. Bis dahin gab es nur einen so genannten Lebendimpfstoff gegen das Virus „Varizella zoster“ aus der Familie der Herpesviren, das im Kindesalter Windpocken auslöst, sich dann inaktiv im Körper einnistet und später, wenn das Immunsystem schwächer wird, wieder aktiv wird und den schmerzhaften Ausschlag auslösen kann. „Der Lebendimpfstoff, der inzwischen nicht mehr angeboten wird, wirkt ähnlich wie der Erreger selbst und kann bei Immungeschwächten eine heftige Immunreaktion auslösen“, erklärt Martina Sester, Professorin für Transplantations- und Infektionsimmunologie an der Universität des Saarlandes. „Immungeschwächten Personen, darunter zählen zum Beispiel auch Dialysepatienten, sollte dieser Impfstoff nicht verabreicht werden.“ Ausgerechnet bei diesen immungeschwächten Menschen hatte der Erreger bis dahin also noch leichteres Spiel als bei immungesunden Personen im fortgeschrittenen Lebensalter.


Seit 2018 aber gibt es einen so genannten Totimpfstoff, auf den das Immunsystem bei Gesunden deutlich weniger heftig reagiert als auf den Lebendimpfstoff und der daher von der Ständigen Impfkommission (Stiko) für immungeschwächte Personen auch empfohlen wird. Allerdings war bisher noch nicht untersucht worden, wie das Immunsystem von immungeschwächten Menschen wie zum Beispiel Dialysepatienten genau reagiert. Das hat Martina Sester gemeinsam mit ihrer Doktorandin Franziska Hielscher sowie weiteren Kolleginnen und Kollegen untersucht. Die Studie wurde nun im Fachmagazin eBioMedicine veröffentlicht.


„Unterm Strich konnten wir herausfinden, dass die Impfung mit dem Totimpfstoff gegen das Varizella-zoster-Virus bei Dialysepatienten sehr gut wirkt und im Vergleich zu immungesunden Personen sogar leichtere Nebenwirkungen hervorruft“, fasst Franziska Hielscher das zentrale Ergebnis ihrer Studie zusammen. Eine besondere Rolle spielen hierbei die so genannten T-Zellen, die neben den Antikörpern Krankheitserreger im Körper bekämpfen. „Wir haben uns die T-Zellen vor der Impfung angeschaut und dann nochmal die Konzentration der T-Zellen nach der ersten Impfung und nach der zweiten Impfung, die zwei bis sechs Monate nach der ersten Impfung verabreicht wird“, so Franziska Hielscher. Kurz nach der ersten Impfung sieht man demnach einen Anstieg in der Konzentration der T-Zellen sowohl bei Gesunden als auch bei den Dialysepatienten. Zwei Wochen später sinkt die Konzentration der T-Zellen allerdings wieder ungefähr auf das Ausgangsniveau, das die natürliche Immunisierung darstellt, die sich durch die Infektion im Kindesalter entwickelt hat. „Bei der zweiten Impfung sehen wir dann einen deutlich stärkeren Anstieg der T-Zellen als nach der ersten Impfung“, führt Martina Sester weiter aus. „Aufgrund der besonderen Rolle der T- Zellen bei der Abwehr des Virus ist hierdurch auch von einem Anstieg der Wirksamkeit auszugehen“, so die Immunologin weiter.


Die beiden Wissenschaftlerinnen schlussfolgern daraus, dass die Wirkung der Impfung daher sehr gut ist und die immungeschwächten Dialysepatienten nach der Impfung einen ähnlich hohen Impfschutz genießen wie immungesunde Personen. Zwar sprechen immungesunde Menschen noch leicht besser auf die Impfung an und die Immunität ist ein Jahr nach Impfung etwas deutlicher erhalten, aber sehr groß ist der Unterschied nicht.


Auch im Hinblick auf die Nebenwirkungen haben Franziska Hielscher und Martina Sester eine erfreuliche Botschaft für Dialysepatienten: „Insgesamt zeigten die Dialysepatienten sogar weniger starke Impfreaktionen als die gesunde Kontrollgruppe“, fasst Franziska Hielscher zusammen. Rötungen und Schwellungen um die Einstichstelle, Schmerzen, Fieber: All diese unangenehmen Begleiterscheinungen traten bei den immungeschwächten Patienten im Mittel schwächer zu Tage als bei den gesunden Personen.

Ob der Impfschutz bei dieser vulnerablen Gruppe auch genauso lange anhält wie bei den gesunden Probanden, muss allerdings noch untersucht werden. „Falls die Immunantwort dann im Laufe der Zeit zu stark abfällt, könnten sich die betroffenen Menschen ganz einfach mit einer Auffrischungsimpfung boostern lassen, ähnlich wie es vulnerablen Gruppen im Gegensatz zu gesunden Menschen mit einer Corona-Impfung auch empfohlen wird“, so Martina Sester. An der wichtigen Botschaft jedoch ändert das nichts: Die Impfung gegen die Gürtelrose ist auch für immungeschwächte Menschen nachgewiesenermaßen ebenso wirksam wie verträglich.

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Prof. Dr. Martina Sester

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Franziska Hielscher

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E-Mail: franziska.hielscher@uks.eu

und Thorsten Mohr


Originalpublikation:

Hielscher, F., Schmidt, T., Enders, M., Leyking, S., Gerhart, M., van Bentum, K., Mihm, J., Schub, D., Sester, U., and Sester, M. The inactivated herpes zoster vaccine HZ/su induces a varicella zoster virus specific cellular and humoral immune response in patients on dialysis.

eBioMedicine (2024) 108: 105335

https://doi.org/10.1016/j.ebiom.2024.105335