Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Warum Muskeln schwächer werden und schwinden
Lässt sich neurodegenerativer Muskelschwund bei ALS aufhalten?
Verbindung zwischen Motoneuronen und Muskel im Fokus
Dr. Mehri Moradi erhält DFG-Förderung in Höhe von 420.000 Euro für den
Aufbau einer Forschungsgruppe, um Synapsendegeneration bei der
Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) zu untersuchen und einen
Therapieansatz zu finden.
Die Neurobiologin Dr. Mehri Moradi vom Universitätsklinikum Würzburg
(UKW) erhält eine DFG-Förderung in Höhe von 420.000 Euro für den Aufba Kirstin Linkamp UKW
Gehen, Stehen, Essen, Atmen - all diese Bewegungen werden vom Gehirn gesteuert.
Doch wie landet zum Beispiel der Befehl „Geh!“ aus der Schaltzentrale oben im Gehirn unten in den Füßen?
Und warum kommen manche Befehle nicht an oder können nicht umgesetzt werden?
Dr. Mehri Moradi vom Institut für Klinische Neurobiologie des Universitätsklinikums Würzburg erklärt:
"Die Bewegungsimpulse werden über den motorischen Kortex von motorischen Nervenzellen, den oberen Motoneuronen, vom Gehirn durch das Rückenmark geleitet, wo sie auf die unteren Motoneuronen treffen.
Diese nehmen den Befehl auf und leiten ihn über ihr Axon, eine lange, dünne Nervenfaser, an die Muskeln der Beine und Füße weiter.
An der Verbindungsstelle zwischen Motoneuron und Muskel, der Synapse, wird der elektrische Impuls in einen chemischen Botenstoff umgewandelt.
Dieser bindet sich an die Muskelzellen und löst
die Kontraktion der Muskeln aus, so dass sich die Beine bewegen.“ Die
Motoneuronen sind also wie Telefonleitungen, bei denen es zu Störungen
kommen kann, wie zum Beispiel bei den neurodegenerativen Erkrankungen
Spinale Muskelatrophie (SMA) und Amyotrophe Lateralsklerose (ALS).
Und genau auf diese Störungen konzentriert sich Dr. Mehri Moradi. Für
ihre Forschung zu einem möglichen Pathomechanismus bei ALS und den
Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe hat die 42-Jährige jetzt von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Förderung in Höhe von
insgesamt 420.000 Euro erhalten. Im Fokus steht eine Mutation im Gen
C9orf72, bei der es zu übermäßigen Wiederholungen von DNA-Bausteinen
kommt, welche Proteine verändern und toxische Effekte auf Nervenzellen
haben.
SMA: Durch Gendefekt stirbt zuerst die neuromuskuläre Synapse ab
Grundlage sind frühere Untersuchungen zu den Pathomechanismen der SMA.
SMA ist mit 1:7.000 Neugeborenen in Deutschland eine der häufigsten
autosomal-rezessiv vererbten Erkrankungen und eine der häufigsten
genetischen Ursachen für frühkindliche Sterblichkeit. Die Erkrankung
wird durch Mutationen im SMN1-Gen (Survival Motor Neuron 1) verursacht.
Dieses Gen ist für die Produktion des SMN-Proteins verantwortlich, das
für das Überleben und die Funktion von Motoneuronen notwendig ist. Ein
Defekt im SMN1-Gen führt zu einem Mangel an SMN-Protein und damit zum
Absterben der Motoneuronen. „Wir haben herausgefunden, dass vor den
Motoneuronen die neuromuskuläre Synapse abstirbt, die Verbindung
zwischen Motoneuron und Muskelzelle, die die Übertragung von
Nervenimpulsen ermöglicht, welche die Muskelkontraktion auslösen. Die
Krankheit beginnt also bei den Nervenbahnen“, erklärt Mehri Moradi.
Bisherige Therapieansätze basieren auf der Wiederherstellung des
SMN-Proteins. „Aber diese Behandlungen wirken nicht hundertprozentig,
man braucht eine zusätzliche Therapie für die Synapse“, sagt Mehri
Moradi. Sie hat auch schon ein Ziel: „Wir haben im Mausmodell bereits
gezeigt, dass wir die Synapse retten können, wenn wir bestimmte Proteine
wiederherstellen, die bei der synaptischen Übertragung eine
Schlüsselrolle spielen, zum Beispiel das Protein Munc13-1.“
Führt die Synapsendegeneration auch bei ALS zum Verlust von Motoneuronen?
Bei der ALS, die zu zunehmender Muskelschwäche und Muskelschwund
(Atrophie) führt, ist die Situation ähnlich, aber viel komplexer. Im
Gegensatz zur SMA, die durch einen einzigen Gendefekt verursacht wird,
sind die Ursachen der ALS noch weitgehend unklar. Bislang wurden 40
Gendefekte identifiziert, die mit ALS in Verbindung gebracht werden. 80
bis 90 Prozent der Fälle treten jedoch sporadisch auf, und es ist
möglich, dass eine Kombination aus genetischen und Umweltfaktoren zur
Entstehung der Krankheit beiträgt. „Es gibt vier aggressive Gene, von
denen das Gen C9orf72 die häufigste Ursache für ALS in Europa ist“, sagt
Mehri Moradi. In Europa erkranken jährlich drei von 100.000 Menschen an
ALS. Die meisten Betroffenen erleben innerhalb von drei bis fünf Jahren
nach der Diagnose eine deutliche Verschlechterung ihrer motorischen
Fähigkeiten. Die fortschreitende Schwächung der Atemmuskulatur führt
schließlich meist zum Tod. Eine Heilung ist derzeit nicht möglich, aber
das Fortschreiten der Symptome kann verlangsamt werden.
Im Hinblick auf weitere mögliche Angriffspunkte für therapeutische
Interventionen will Mehri Moradi die Pathogenese der ALS noch besser
verstehen, insbesondere wie es zur Degeneration der Synapse kommt.
Könnte der Funktionsverlust des C9orf72 Proteins ein möglicher
Verursacher der Synapsendegeneration sein? Was passiert, wenn man die
Funktion dieses Proteins umgeht oder andere Proteinpartner
gentherapeutisch überexprimiert? Antworten sucht sie in Mausmodellen,
vor allem aber in menschlichen Stammzellen aus ALS Patienten.
Doktorand oder Doktorandin mit Interesse an Synapsenforschung gesucht
Die gebürtige Iranerin und Mutter einer Tochter studierte in ihrem
Heimatland Genetik und kam 2007 mit ihrem Mann nach Würzburg, um mit
einem Stipendium an der Julius-Maximilians-Universität Neurobiologie zu
studieren. Dort promovierte sie bei Prof. Dr. Michael Sendtner, dem
Direktor des Instituts für Klinische Neurobiologie, und setzte ihre
Arbeit als Postdoc fort. Die Neurobiologin freut sich darauf, nun mit
Unterstützung der DFG eine eigene Arbeitsgruppe zu leiten. Aufgrund der
bevorstehenden Emeritierung von Michael Sendtner wird Mehri Moradi
Anfang nächsten Jahres an den Lehrstuhl für Biotechnologie und Biophysik
von Prof. Dr. Markus Sauer wechseln, wo sie auch von der dortigen
Expertise und Infrastruktur in der Superresolution-Mikroskopie
profitieren kann. Jetzt fehlt ihr nur noch ein Doktorand oder eine
Doktorandin mit Interesse an der Synapsenforschung. Bewerbungen sind
herzlich willkommen.
Warum Muskeln schwächer werden und schwinden
Dr. Mehri Moradi
Institute for Clinical Neurobiology
Tel: +49931 201 44030
Moradi_M@ukw.de
Josef-Schneider-Str. 2
Haus D3
97080 Würzburg
Deutschland
Bayern
Susanne Just
Telefon: 0931/201-59447
Fax: 0931/201-60 59447
E-Mail-Adresse: just_s@ukw.de
Weitere Informationen für aktellutell ´Medizin am Abend Berlin Beteiligte
https://karriere.ukw.de/en/jobs/10545/doctoral-researcher-mfd -
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