Medizin am Abend Berlin - Ma-AB-Fazit: Medizin am Abend Berlin MaAB-Fazit: Vier von fünf Amputationen sind vermeidbar
- 70 Prozent aller Amputationen betreffen Menschen mit Diabetes.
Eine Kampagne aus Kanada findet jetzt Unterstützung in Deutschland.
Prof. Tschöpe, Diabeteszentrum Bad Oeynhausen:
Zur Rettung von Gliedmaßen ist die frühzeitige Vorsorge in zertifizierten Wundheilungszentren unerlässlich.
Vier von fünf Amputationen sind unnötig, wenn früh erkannt und
richtig behandelt wird. So lautet der Ansatz der kanadischen Kampagne
„Save the 4“, die bei den Experten im Diabeteszentrum des HDZ NRW volle
Unterstützung findet (Foto: Marcel Mompour). HDZ NRW
Erst war es nur ein Kribbeln, dann schmerzten die Füße regelmäßig, wenn Werner Sohns als begeisterter Wanderer unterwegs war.
Erst vor
wenigen Jahren erhielt der heute 73-jährige ehemalige kaufmännische
Angestellte beim Hausarzt die Diagnose eines Typ-2-Diabetes.
„Wahrscheinlich zu spät“, sagt er. Denn nach allem, was Werner Sohns im
letzten Jahr durchmachen musste, hat ihn der Diabetes womöglich schon
Jahre zuvor unerkannt begleitet.
„Während die Rate von Amputationen in spezialisierten Zentren bei unter 5
Prozent liegt, kann sie andernorts 20 bis 30 Prozent betragen“, sagt
Prof. Dr. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe, Direktor des Diabeteszentrum am
Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen. „Bei
entsprechender Achtsamkeit und frühzeitiger, fachgerechter Behandlung
insbesondere von Fußwunden und Gefäßproblemen ließe sich ein Großteil
von jährlich über 40.000 Amputationen in Deutschland vermeiden.“ In
Kanada geht man von 80 Prozent vermeidbarer Amputationen aus.
„Save the 4
– Rette vier von fünf Gliedmaßen vor der Amputation“, so lautet deshalb
eine Social Media Kampagne, die im vergangenen Jahr in Kanada gestartet
ist und auch vom Bundesverband klinischer Diabeteseinrichtungen in
Deutschland (BVKD) e.V. und seinen Mitgliedern wie dem HDZ NRW
unterstützt wird.
Bei Werner Sohns war es erst eine kleine Verletzung am rechten Fuß, die
nicht heilen wollte, dann aber massiv die Durchblutung im gesamten Fuß
gefährdete. Im Heimatkrankenhaus wurde ihm schließlich ein Zeh
amputiert. Doch auch diesmal heilte die Wunde nicht. Als man ihm
daraufhin den rechten Vorderfuß entfernen wollte, wollte er eine zweite
Meinung einholen und nahm dafür eine Stunde Fahrtzeit nach Bad
Oeynhausen in Kauf. Heute ist er froh darüber, denn durch die
Wundbehandlung im Diabeteszentrum wurde nicht nur der rechte Fuß
erhalten, sondern auch der Ursache für seine Beschwerden auf den Grund
gegangen:
- Es war die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), die ihm in Begleitung seiner Diabeteserkrankung so große Probleme bereitete und die ihm jetzt auch im linken Bein große Schmerzen bereitete.
„Eine PAVK oder – sogar noch häufiger – das sogenannte diabetische
Fußsyndrom (DFS) sind heute die Hauptursachen für Amputationen“, sagt
Oberärztin Dr. Tania-Cristina Costea, die das zertifizierte
Wundheilungszentrum am HDZ NRW leitet. „Im schlimmsten Fall können auch
Beinamputationen drohen, die nicht nur die Lebensqualität und -erwartung
einschränken, sondern auch hohe Behandlungskosten mit sich bringen.“ Um
individuelle Fragestellungen zu erörtern, trifft sich zwei Mal
wöchentlich ein interdisziplinäres Expertenteam des HDZ NRW und der
Mühlenkreiskliniken Bad Oeynhausen. Werner Sohns klagte zudem über
Ruheschmerzen im linken Bein, die immer schlimmer wurden. Die
Untersuchung bestätigte eine kritische Durchblutungsstörung mit wenig
Chancen auf Verbesserung. Die Amputation des linken Unterschenkels stand
im Raum. Die Diabetologen, Angiologen und Gefäßchirurgen empfahlen
Werner Sohns einen gefäßchirurgischen Eingriff, der im Januar dieses
Jahres im Krankenhaus Bad Oeynhausen durchgeführt wurde. Letztlich
entschied man sich bei Werner Sohns für einen Venenbypass, und dieses
Vorgehen hat ihn vermutlich vor einer Amputation des linken
Unterschenkels bewahrt. „Ich bin gewiss kein Einzelfall“, sagt er. „Als
Betroffener muss man die Risiken einfach besser kennen und geringste
Beschwerden ernst nehmen.“
Professor Tschöpe spricht angesichts der schweren Folgen und
Begleiterkrankungen des Diabetes mellitus von einer schleichenden
Bedrohung, von der allein in Deutschland schätzungsweise zehn Prozent
der Bevölkerung betroffen sind. Deshalb seien breit angelegte,
öffentliche Kampagnen so wichtig, die aufklären und auf die Bedeutung
ausgewiesener Spezialeinrichtungen für Wundheilungstherapie und
Gliedmaßenerhalt hinweisen. „Auch aus gesundheitspolitisch und
ökonomischer Sicht ist es unerlässlich, die Versorgung von Menschen mit
Diabetes und PAVK strukturell zu verbessern. Für den einzelnen
Betroffenen geht dabei entscheidend um den Erhalt seiner persönlichen
Lebensqualität.“
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Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und
Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum
Nordrhein-Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen mit 35.000 Patienten pro
Jahr, davon 14.600 in stationärer Behandlung, zu den größten und
modernsten Zentren seiner Art in Europa.
Im Diabeteszentrum des HDZ NRW unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dr.
h.c. Diethelm Tschöpe werden jährlich rund 2.000 Menschen mit allen
Typen des Diabetes mellitus und seinen Folgeerkrankungen behandelt. Zum
Leistungsspektrum gehört auch die Diagnostik und Therapie
endokrinologischer und gastroenterologischer Erkrankungen. Ein
besonderer Schwerpunkt ist die kardiovaskuläre Risikoabschätzung und
Behandlung von Herz- und Gefäßerkrankungen im integrierten
Versorgungskonzept. Zudem ist das Diabeteszentrum auf die Behandlung von
Nervenschäden und Durchblutungsstörungen spezialisiert, dazu gehört
auch die Wundheilung bei Diabetischem Fußsyndrom.
Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen
Anna Reiss
Georgstr. 11
32545 Bad Oeynhausen
Tel. 05731 97-1955
Fax 05731 97-2028
E-Mail: info@hdz-nrw.de
Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe
Direktor Diabeteszentrum
Dr. medic. Tania-Cristina Costea
Oberärztin Diabeteszentrum
Herz- und Diabeteszentrum NRW
Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum
https://www.woundscanada.ca/docman/public/1821-dfcampaign-englishcontenttable-re...
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