Spieltheorie erklärt Zusammenleben von Krebszellen

Forschern der Universität Basel und der britischen University of East
Anglia ist es gelungen, anhand von spieltheoretischen Ansätzen das
Zusammenleben von Krebszellen nachzustellen. Ihre Forschungsresultate
wurden in der Zeitschrift «PNAS» veröffentlicht.

Ein Tumor besteht aus einer Population von unterschiedlichen Krebszellen,
die untereinander um Platz und Nährstoffe konkurrieren. Gleichzeitig
kooperieren sie aber auch in ihrem Bestreben nach Überleben, indem sie
beispielsweise überlebenswichtige Wachstumsfaktoren untereinander teilen.
Zellklone, die selber keinen Wachstumsfaktor produzieren, haben einen
Wettbewerbsvorteil, weil sie den Faktor von produzierenden Zellen
verwenden können, ohne selber für die «Produktionskosten» aufzukommen. Wie
genau diese Kooperation zwischen Tumorzellen funktioniert, ist bisher noch
unklar und erschwert medizinische Behandlungen, die versuchen, das
Tumorwachstum zu bremsen.



Public-Goods-Game: Farblose Krebszellen, die keinen Wachstumsfaktor produzieren, ihn aber benötigen, vermehren sich in einer Population von grünen Krebszellen, die IGF-II produzieren und konsumieren.
Public-Goods-Game: Farblose Krebszellen, die keinen Wachstumsfaktor produzieren, ihn aber benötigen, vermehren sich in einer Population von grünen Krebszellen, die IGF-II produzieren und konsumieren.
Universität Basel, Daniela Ferarro

Trittbrettfahrende Krebszellen

Das «Public Goods Game» ist Teil der Spieltheorie und wird in den
Wirtschaftswissenschaften als Modell genutzt, um die Bereitstellung von
gemeinschaftlichen Gütern zu analysieren. Bei der Nutzung dieser Gütern
entsteht ein Ungleichgewicht zwischen denen, die Güter zur Verfügung
stellen und die Kosten dafür tragen, und denen, die nicht bezahlen, aber
die Güter konsumieren – eine Situation, die in der Ökonomie unter dem
Namen Trittbrettfahrerproblem bekannt ist.

Die Basler Forscher haben nun dieses Modell auf das Zusammenspiel zwischen
produzierenden und konsumierenden Mitgliedern einer Krebszellenpopulation
angewandt, um zu untersuchen, ob es auch in biologischen Prozessen wie der
Krebsentstehung eine Rolle spielen könnte. Anhand von entsprechenden
Computersimulationen konnten die Forscher das langfristige Gleichgewicht
zwischen produzierenden und «Trittbrettfahrer»-Zellen berechnen und die
Vorhersage dann im Experiment an Krebszellen der Bauchspeicheldrüse
testen, wo sie sich bestätigte.

«Neben der Erkenntnis, dass biologische Prozesse in Computersimulationen
vorhergesagt werden können, zeigen unsere Resultate auch, dass die
Erforschung der «sozialen» Beziehungen zwischen Krebszellen neue
Erkenntnisse über die Entstehung von Tumoren sowie stabilere Behandlungen
bringen könnte», so Gerhard Christofori, Professor am Departement
Biomedizin der Universität Basel.

Originalbeitrag
Marco Archetti, Daniela A. Ferraro, and Gerhard Christofori
Heterogeneity for IGF-II production maintained by public goods dynamics in
neuroendocrine pancreatic cancer
PNAS 2015; published ahead of print January 26, 2015,
doi:10.1073/pnas.1414653112

Medizin am Abend DirektKontakt

Prof. Dr. Gerhard Christofori, Departement Biomedizin, Universität Basel,
Tel. +41 61 267 35 62, E-Mail: gerhard.christofori@unibas.ch
Universität Basel, Reto Caluori

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