Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Endometriose

In der AWMF-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Endometriose“ wurden neueste Erkenntnisse zu der chronischen Erkrankung eingearbeitet, die maßgeblich in der Patientinnenversorgung Anwendung finden sollen. Ziel ist es, die Lebensqualität der Patientinnen individuell zu verbessern.

Die Endometriose gilt als chronische entzündliche Erkrankung, die zu den häufigsten gutartigen Krankheiten im Bereich der Gynäkologie zählt. Die Inzidenz in Deutschland liegt bei etwa 3,5 pro 1.000 Frauen, wobei im Jahr 2022 laut dem Statistischen Bundesamt 32.000 Krankenhausaufenthalte mit der Indikation Endometriose einhergingen. Jedoch deckt das noch nicht die Gesamtinzidenz ab, da von einer hohen Dunkelziffer sowie nicht ausreichend codierten oder nicht diagnostizierten Fällen auszugehen ist.

Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. wurde nun die S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Endometriose“ aktualisiert, die dabei helfen soll, Frauen mit Verdacht auf oder bereits diagnostizierter Endometriose eine adäquate Diagnostik, Therapie, Versorgung und Aufklärung zu bieten. Darüber hinaus sollen die Leitlinieninhalte zur gemeinsamen Therapieentscheidung und zur Entwicklung von Qualitätsindikatoren dienen.

Grundprinzipien der Diagnostik und Therapie von Endometriose

Laut der Leitlinie gilt die transvaginale Sonographie als primäres Tool zur Diagnosestellung der Endometriose. Dies liegt zum einen an der hohen diagnostischen Genauigkeit und zum anderen an der hohen Verfügbarkeit der Methode. Mit der transvaginalen Sonographie kann eine Adenomyose diagnostiziert werden und auch tiefe Endometrioseherde sowie zystische Befunde an den Eierstöcken lassen sich so gut darstellen.

Wird bei der Patientin die Diagnose Endometriose gestellt, erfordert die Erkrankung eine langfristige Therapieplanung, in der stets individuelle Faktoren (z.B. Symptome, Familienplanung, mögliche Organschäden) berücksichtigt werden müssen.

„Da weder eine Prävention noch eine ursächliche Therapie der Endometriose bekannt ist, zielt die Behandlung darauf ab, eine möglichst lange Beschwerdefreiheit zu erreichen, funktionelle Einschränkungen zu reduzieren, Organschäden zu vermeiden und die Therapie an die individuelle Lebenssituation der Patientin anzupassen, um ihre Lebensqualität zu verbessern.“

- Dr. med. Sebastian D. Schäfer, Leitlinienkoordinator, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ludgerus-Kliniken Münster GmbH, Standort Clemenshospital

Grundlegende Prinzipien der Endometriose-Therapie umfassen unter anderem die hormonelle und die operative Therapie. Die neusten Updates betreffen sowohl die Ausführungen zur Schmerztherapie als auch zur Psychosomatik, sowie zu multimodalen oder komplementären Therapien. Auch weitere Therapiemöglichkeiten werden zum ersten Mal tiefgreifend besprochen. So wird beispielsweise empfohlen, dass Frauen regelmäßige körperliche Bewegung empfohlen werden sollte, dass Physiotherapie mit in das Therapiekonzept von Betroffenen aufgenommen wird oder bei Vorliegen einer sexuellen Dysfunktion eine sexualmedizinische Beratung/Therapie angeboten werden sollte.

„Das Ziel einer Operation ist es, die vorliegenden Beschwerden zu beheben. Dabei sollte eine größtmögliche Lebensqualität erhalten bleiben und eventuell bereits bestehende
funktionelle Beschwerden durch operative Maßnahmen reduziert bzw. eine Entstehung von funktionellen Beschwerden durch operative Maßnahmen vermieden werden. Zur operativen Therapie der Endometriose ist die Laparoskopie der Standardzugang."

- Prof. Dr. Uwe A. Ulrich, Leitlinienkoordinator, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Martin Luther Krankenhaus Berlin

Vordergründig richtet sich die Therapie jedoch nach den aktuellen Bedürfnissen der jeweiligen Patientinnen und dem Untersuchungsbefund. Hier ist entscheidend, ob bei ihnen die Schmerzen im Vordergrund stehen, welche Therapien bereits durchgeführt wurden, ob funktionelle Einschränkungen an den Organen bestehen und ob zusätzlich ein Kinderwunsch besteht.

„Hervorzuheben ist, dass die Therapie der Wahl primär eine hormonelle Therapie ist. Nur, wenn Organdestruktionen, wie beispielsweise von Darm und Harnleiter, abklärungsbedürftige Befunde an den Eierstöcken oder ein unerfüllter Kinderwunsch vorzuweisen sind, wird ein operatives Vorgehen als bevorzugtes Therapieverfahren gewählt.“

- PD Dr. med. habil. Stefanie Burghaus, MHBA, Leitlinienkoordinatorin, Frauenklinik Universitätsklinikum Erlangen

Spezielle Situationen bei Endometriose

Des Weiteren wird auf spezielle Situationen bei Endometriose eingegangen, wobei Endometriose bei Adoleszentinnen, bei Kinderwunsch sowie bei Schwangerschaft und Geburt dargestellt werden. Zudem werden das Risiko von betroffenen Patientinnen, an einem mit der Endometriose assoziierten bösartigen Tumor zu erkranken und die Verbindung von Endometriose mit anderen Krankheitsbildern aufgeschlüsselt. Zu letzterem wird beispielsweise festgehalten, dass Patientinnen mit Endometriose und chronischen Unterbauchschmerzen auf andere chronische Schmerzsyndrome untersucht werden sollen, da diese die Beschwerden ebenfalls bedingen können.

Auch die Anschlussheilbehandlung, Reha-Nachsorge und Selbsthilfe von Betroffenen wird angesprochen. Hierbei geben die Leitlinienautorinnen und -autoren neben entsprechenden Hinweisen gezielt Ansprechpartnerinnen und -partner an die Hand, die von Endometriose-Patientinnen aufgesucht werden können.

Die Reha-Nachsorge ziele stets auf die Sicherung der Erfolge in der akut- und/oder rehabilitativen medizinischen Versorgung durch Stabilisierung und Fortentwicklung von Kompensationsstrategien und Krankheitsbewältigungskompetenzen im Alltag ab. Dabei seien eine nachhaltige Förderung von Kompetenzen im Bereich der Krankheitsbewältigung und des Selbstmanagements, die Unterstützung bei Verhaltens- und Lebensstiländerungen sowie der Erhalt der Erwerbsfähigkeit das Ziel.
Darüber hinaus gilt die gesundheitsbezogene Selbsthilfe als wichtige Säule im Gesundheitssystem, die unter anderem zum Austausch mit anderen anregen soll. Dieser könne laut den Autorinnen und Autoren psychische Belastungen mindern, die Selbstmanagementfähigkeit stärken sowie das Krankheitswissen verbessern und damit die Krankheitsbewältigung unterstützen. Anhand von strukturierten Schulungen, Informationsveranstaltungen oder Selbsthilfeangeboten kann Betroffenen hinsichtlich ihres Umgangs mit der Erkrankung und deren Folgen geholfen werden.

Leitlinien sind Handlungsempfehlungen. Sie sind rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung.

Leitlinienkoordination:

PD Dr. med. habil. Stefanie Burghaus, MHBA
Dr. med. Sebastian D. Schäfer
Prof. Dr. med. Uwe Andreas Ulrich

Originalpublikation:
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-045


Weitere Informationen finden Sie unter

https://www.dggg.de/
https://www.ag-endometriose.de/home

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